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Donnerstag, 31. Dezember 2009

Sonny erklärt die Eintracht

Nachdem uns Kurt E. Schmidt vor einigen Wochen bei der Veranstaltung "Kurt E. Schmidt erklärt die Eintracht" so viel Freude bereitet hat und für einen der ganz großen Gänsehautmomente im Museum gesorgt hat, wollen wir natürlich mehr erfahren von den Menschen, die seit Jahrzehnten ganz nah dran sind an der Eintracht.

Für den Abend des 6. Januar 2010 haben wir deshalb Helmut "Sonny" Sonneberg eingeladen. Im Gespräch mit Axel Hoffmann wird der 78-Jährige erzählen, wie er in den 1940er Jahren zur Eintracht kam und was er in den vergangenen Jahrzehnten als aktiver Fan so alles erlebt hat.



In den 1950er Jahren gehört Sonny zu den aktivsten Fans der Eintracht, ausgerüstet mit Fahne, Tröte, Glocke oder Regenschirm in Eintracht-Farben treibt er die Mannschaft meistens live und vor Ort nach Vorne. Nach dem Gewinn der Süddeutschen Meisterschaft 1959 hat er die große Ehre, Alfred Pfaff auf den Schultern vom Platz zu tragen. In Berlin beim Finale besticht er dann durch einen extra angefertigten Eintracht-Anzug mit Zylinder, seinen kleinen VW-Käfer dekoriert er mit Eintracht-Motiven. Den Zylinder kann man heute im Museum bewundern, der Anzug und leider auch der VW-Käfer sind leider nicht erhalten geblieben. Und einen Platzsturm nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft verhindern in Berlin die Ordnungshüter...
Auch zum DFB-Pokalendspiel 1964 lässt sich Sonny, einer der Vorreiter der kreativen Fanszene von Heute, etwas ganz besonderes einfallen. Die ganze Gang fährt von Frankfurt aus mit großen Hüten nach Stuttgart und wenn sich alle artig in eine Reihe stellen, bilden die Buchstaben auf den Kopfbedeckungen den Schriftzug Eintracht.

Heute findet man Helmut Sonneberg regelmäßig bei den Riederwaldrentnern, die sich täglich auf der derzeitigen Baustelle zum Kaffee treffen und die Lage des Fußballs analysieren. Samstags ist Sonny bei den Spielen der Eintracht und aufgeregt ist er da noch wie vor fünfzig Jahren.

Wir vom Museum freuen uns immer, wenn wir ein altes Fotoalbum bekommen. Denn wenn die Fotografen damals die Fankurve ablichteten, kann man sich auf die Suche machen. Irgendwo findet man Sonny immer auf dem Bild, und immer hat er ein anderes "Eintrachtkostüm" an. Am Mittwoch wird uns Sonny sicher tolle Geschichten erzählen und wir zeigen einige der vielen Bilder von und mit ihm, die wir mittlerweile gesammelt haben. Und wer weiß: Vielleicht können Autogrammsammler ja ein neues Eintracht-Autogramm ergattern...

„Sonny erklärt die Eintracht“
Mittwoch, 6. Januar 2010
Start: 19.30 Uhr
Eintritt: 5,00 €, erm. 3,50 €

Kontakt:
Eintracht Frankfurt Museum
Waldstadion
Mörfelder Landstr. 362

Drei sind keiner zuviel


Pünktlich zum Jahreswechsel erreichte uns ein Brief von Tom. Vorneweg, es ist ein toller Brief, für den ich mich ganz herzlich bedanke. Und weil er so großartig ist, wird er nun (nicht nur) hier zu lesen sein. Vielen vielen Dank lieber Tom und euch allen ein guten Rutsch.

Pünktlich zum Weihnachtsfest pflegt Frau Tom mit viel Liebe und Herzblut einen Rundbrief zu verfassen, mit dem nahe und weniger nah wohnende Verwandte und Freunde über das ins Bild gesetzt oder an das erinnert werden, was sich im vergangenen Jahr bei Toms so alles zugetragen hat. Das Umfeld von Herrn Tom erwartet die Ankunft dieses Briefs durchaus gespannt, Herr Tom selbst und seine Kids die unvermeidlichen Reaktionen hin und wieder auch mit leicht gemischten Gefühlen. Vor dem Unterschreiben des Werkes durch die ansonsten unbeteiligten Mitglieder der Sippe erfolgt daher akribisches Gegenlesen und Ergänzen, der ein oder andere kleine Seitenhieb wird pflichtschuldig hingenommen, da man es selbstverständlich nicht besser verdient hat. Das ein oder andere kleine Malheur wird behoben, wenn etwa der 50. Geburtstag der besten Freundin – natürlich ist hier nicht die des Ehemannes gemeint!! - aus unerfindlichem Grund vergessen worden ist. Einschübe in epischer Breite sind dabei allerdings unerwünscht. So stieß etwa der berechtigte Wunsch des Filius auf angemessene Würdigung des Saisonverlaufs der A-Jugend von Concordia Eschersheim unverständlicherweise nur auf wenig bis gar keine Gegenliebe.

Wie überhaupt die Behandlung der wichtigsten Nebensache der Welt einen durchaus heiklen Punkt darstellt. Bei der Erwähnung des Besten aller Ehemänner hieß es nämlich an einer Stelle nur weitgehend nebulös, er sei in diesem Jahr an den Wochenenden unverständlicherweise immer häufiger Richtung Waldstadion entschwunden und zudem aus unerfindlichen Gründen auch irgendwelchen Internet-Blogs der Frankfurter Eintracht vollständig verfallen. Gut, es hätte Schlimmer kommen können: Etwa in Gestalt der natürlich absurden Behauptung, Herr Tom käme an diversen Donnerstagen nur noch zu mitternächtlicher Stunde stark alkoholisiert und eine Eintracht-Fahne schwenkend aus Richtung Konstablerwache nach Hause gewankt. Doch auch ohne dieses worst-case-Szenario könnte fälschlicherweise der Eindruck entstehen, es bestehe ernsthaft Grund zur Sorge: Fußball, immer nur Fußball, allenfalls noch unterbrochen von virtuellen Stammtischparolen auf niederem Niveau und einem lauten: „Hopp, hopp, hopp. Schoppe in de Kopp!!!“.

War das so? Ja, da war wirklich was. Wie meistens im Leben ist aber auch hier die Wahrheit komplexer und genaueres Hinschauen lohnenswert. Ausführliche Erläuterungen und Richtigstellungen im Weihnachtsbrief bei der Chefredaktion sind in derart brisanten Fällen allerdings schwierig. Dazu kann Herr Tom nun mal nicht kurz. Schon gar nicht, wenn es um Eintracht Frankfurt geht. Zumindest da ist er nicht ganz allein. Aber jedenfalls: so einfach stehen bleiben kann das nicht. Hier gibt es Erläuterungsbedarf und einiges zu berichten. Und das nicht zu kurz. Wem das Herz voll ist, dem geht eben der Mund über. Und wenn es dabei zu Huldigungen der beteiligten Personen kommt, so sind diese zum Jahreswechsel nicht nur beabsichtigt, sondern teuer verdient und berechtigt. Leben, um davon zu erzählen, heißt ein Buch von Gabriel Marcia Marquez. Es gibt viel zu erzählen. Ich beginne. Aber wo? Vielleicht einfach mit einer Vorstellung der eigentlich Verantwortlichen. Es sind im Grunde drei.

Da ist erst mal Stefan. Stefan ist der Spiritus Rector von Blog_G, dem Blog der Frankfurter Rundschau zu Eintracht Frankfurt. Im Gegensatz zum Forum, dem offiziellen Eintracht-Blog auf der Webside des Vereins, gibt es hier nicht eine Fülle von Themen zum Verein des Herzens, die Tag für Tag in epischer Breite abgehandelt werden. Nein: hier kocht der Chef selbst. Stefan leitet jeden Morgen – und zwar meist am sehr frühen Morgen – mit einem fachkundigen Beitrag ein, dessen Thema zu seinem Leidwesen zwar nicht immer, aber doch sehr oft, begierig aufgegriffen und den Tag über in – ich übertreibe nicht – oft hunderten von Beiträgen diskutiert wird. Untermalt wird das Ganze regelmäßig durch brilliante Fotografien, die auch ohne Worte immer wieder Geschichten erzählen. Denn Stefan hat eine Akkreditierung für den Innenraum des Frankfurter Fußballtempels und entzückt die Gemeinde regelmäßig zu den Spielen mit Aufnahmen vom Spielfeldrand.

Die vielen Schreiber, die regelmäßig ihr oft jahrzehntelang mühsam erworbenes und am Samstag regelmäßig aufgefrischtes Wissen zum Besten geben, an dieser Stelle vorzustellen, würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen, vielleicht auch in ein kleines „Who is Who“ der Frankfurter Anwaltschaft einmünden, worauf wir aus Gründen der Diskretion gerne verzichten. Das Mysterium der ehemaligen Diva vom Main, die seit etlichen Jahren im grauen Mittelfeld der Bundesliga einzementiert ist, hat allerdings noch keiner dieser selbst ernannten Experten ergründe(l)t, was sich nicht selten in grotesken Fehleinschätzungen über Verlauf und Ergebnis des nächsten Spiels niederschlägt. Und Herr Tom ist da natürlich ganz vorne mit dabei.

Zwei weitere Namen dürfen an dieser Stelle allerdings nicht fehlen: Beve und Kid. Diese beiden sind wie viele andere auch regelmäßig durch ihre Beiträge in Blog-G präsent. Aber nicht nur das: Sie haben auch ihre eigenen Blogs. Es ist ähnlich wie bei einer erfolgreichen Fernsehserie, von der es ja oft auch sogenannte spinn-offs gibt. Ein neue Serie, die wegen des großen Erfolges aus der alten heraus kreiert wird. Hier Nebendarsteller, dort schillernde Hauptfigur. Ob Beve und Kid ihre Blogs schon vor Blog-G entwickelten, weiß ich allerdings gar nicht. Es ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist vielmehr, dass sich hier drei ganz eigenständige Kunstwerke gegenüberstehen, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Drei sind hier keinesfalls einer zuviel.

Bei Stefan, Typ knurriger Mahner und Warner mit dem goldenen Herzen, hat die virtuelle Kneipe den ganzen Tag geöffnet. Bei der Arbeit wird kurz reingeschaut (wenn auch nicht von Herrn Tom, der vorwiegend nacht- und wochenendaktiv ist, damit im Reich von Blog-G die Sonne nicht untergeht), jeder kann und darf so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, einfach mal so zu allem Möglichen und Unmöglichen seine Meinung beisteuern kann, am besten kurz und knapp („Tach“), aber pointiert und voller Witz, wobei zumindest tagsüber fast nie ein gewisses intellektuelles Niveau unterschritten wird. Fast nebenbei fungiert der Blog, insbesondere durch diverse Links, als Nachrichtenbörse par excellence. Wer hier mitliest, dem entlockt der Sportteil am nächsten Tag oft nur noch ein müdes Lächeln.

Beve, seines Zeichens Schriftsteller, Taxifahrer, Museumsmitarbeiter, -moderator, und Stadionsprecher der Eintracht-Amateure ist auch und vor allem der Erzähler, herausragend seine ehrlichen, auch mal rauhen Berichte von den Auswärtsfahrten zu den Stadien der Republik, Texte eines Fans für die Fans, nie banal, nie mittelmäßig, immer wortgewaltig, emotional, auch mal zornig, traurig, enttäuscht, ein Traditionalist des Fußballs, der immer ein gutes, angemessenes Wort parat hat.

Ein Analytiker und „Faktenhuber“ vor dem Herrn ist Blogger Nr. 3: Kid aus der Klappergass. Messerscharf und brilliant kommt er daher, ein Virtuose des Wortspiels und der Feder. Ein Meister der Exegese des Frankfurter Blätterwalds zu Eintracht Frankfurt, vor dem kein Widerspruch verborgen bleibt, den vor allem die Zeitung mit den vier großen Buchstaben im Übermaß produziert. Mit einer schier unerschöpflichen Arbeitskraft ausgestattet, bedeutet eine Ankündigung von ihm, er trete nun mal kürzer, meist lediglich, dass jetzt gleich drei Beiträge auf einmal eingestellt werden. So ganz klar wird es zwar nie gesagt, aber: Mit ihm sitzt ein vielbeschäftigter Manager vor dem PC und da wird dann auch schon mal kritisch die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis denn Aufwand und Ertrag zueinander stehen, wenn die Zahl der Kommentare sich in überschaubaren Größen hält. An Herzblut und Emotionalität steht er Beve in nichts nach und persönlich öffnet er sich vielleicht von allen drei am meisten.

Zwischen diesen drei Blogs gibt es vielfältige Vernetzungen, gemeinsame Projekte, Anliegen, gleiche Leser wie Herrn Tom. Man kennt sich, man verlinkt sich, man arbeitet zusammen. So begleiten Stefan und Beve in dieser Saison gemeinsam den Frankfurter Jungprofi Marcel Titsch-Rivero im Nachwuchs-Projekt „18mal18“. Kid engagiert sich in verdienstvoller Weise gemeinsam mit vielen anderen in einem Hilfsprojekt für die kleine Lea. Wo Kid ist, sind Stefan und Axel nicht weit, und umgekehrt. Gute Freunde kann eben niemand trennen.
Um es zusammenzufassen: Ja, ich bin begeistert, wenn schon nicht immer über das Spiel unserer Kicker, so doch über Engagement und Schreibe der drei wackeren Musketiere.

Und dies um so mehr, weil es nicht beim virtuellen Austausch von anonymen Individuen bleibt, sondern durch das Netzwerk der großen Drei ganz real Menschen zusammengeführt und Kontakte geknüpft worden sind und werden, Bekanntschaften, Freundschaften entstanden sind. Für viele sind diese Treffen wichtig geworden. Man kennt sich, man versteht sich, teilt dieselbe Leidenschaft. Und natürlich – zur Freude der stets anwesenden Anwälte - streitet man sich ab und an auch. Wäre ja auch noch schöner ...

Donnerstags an der Konstabler beim Schoppen kommt man – wenn es denn die Zeit erlaubt - zusammen und babbelt über Gott und die Welt. Bei Heimspielen trifft man sich am Parkplatz Gleisdreieck, vom – und wo gibt es das schon noch – „Banker bis zum Hartz IV-Empfänger“ und spricht eine gemeinsame Sprache. Im Eintracht Frankfurt Museum, einem ganz besonderen Kleinod, trifft man sich, tauscht Erinnerungen aus und erlebt Veranstaltungen, von denen noch lange danach geschwärmt wird. Und schön im wahrsten Sinne, dass sich bei all diesen Treffen nicht nur eine reine Männergesellschaft zusammenfindet, ganz im Gegenteil. Ohne Geist und Charme der versammelten Frauenpower wäre das alles nur die Hälfte wert. Wenn überhaupt.

Ja, darüber lässt sich schreiben, ja darüber lassen sich Geschichten erzählen. Von diesem Bazillus kann man sich anstecken lassen, und kriegt dabei doch nur einen Bruchteil von dem mit, was so alles abgeht. Nein, das sind auch nicht immer schöne Geschichten, denn die Frankfurter Eintracht hat auch ein schwieriges Jahr hinter sich, das auch manche Wunde geschlagen hat. Ja, auch Frust, Müdigkeit, sogar Hass waberte teilweise durch die Reihen der Arena, nichts Menschliches und manchmal auch Unmenschliches ist dem Fußball fremd und der ein oder andere fragte sich schon einmal, was denn das eigentlich alles solle. Und ja: immer geht es auch um Zeit, wertvolle Zeit, die nur einmal verschenkt werden kann. Und um viele andere Dinge, die anstehen und warten, getan zu werden.

Die ewige Frage, gerade bei der Eintracht immer wieder mit Inbrunst gestellt: Ist das Glas jetzt halb leer oder halb voll? Für „Seiteneinsteiger“ Tom keine Frage, denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: ja, es hat sich gelohnt. Schon weil es eben nicht nur Fußball war. Ja, es hat Spaß gemacht, darüber zu schreiben: Über freundliche Menschen, die einfach da waren, mit denen man klönen konnte, Menschen mit Humor, die Fußball mögen und noch einiges mehr in der Birne haben: Danke Euch allen. Danke Euch für die Karten (ihr hättet auch andere mitnehmen können). Danke für die tollen Veranstaltungen im Museum, etwa mit Thomas Rohrbach und vor allem: Bernd Hölzenbein (das war einfach „großartig“). Danke für den Vortrag im Jüdischen Museum zum Museumsuferfest. Schade um die vielen tollen Sachen, die ich noch verpasst habe und Danke für die Bilder, die ich mir davon ansehen durfte. Danke für 18mal18. Danke fürs gemeinsame Jubeln, für viele gute Gedanken, Berichte, Erzählungen, Analysen und für allen Nonsense, fürs (zwischenzeitliche) gemeinsame Leiden, für viele Bembel Stöffche, gute Suppen und überhaupt: War schön mit Euch.

Und ganz großes Danke vor allem eben auch an die „Drei von der Tankstelle“ Stefan, Axel und Kid. Ja, Ihr habt hat ein wenig Zeit gekostet, vor allem auch Zeit, um davon zu erzählen. Aber es hat sich gelohnt.Leben, um davon zu erzählen. Nicht das Schlechteste, findet Herr Tom. Und wird diese Zeilen dezent streuen. Vielleicht auch an den ein oder anderen Leser unseres Weihnachtsbriefs. Von denen Herr Tom auch mal gerne den einen oder anderen mitbringt, wenn sie es denn mögen und wenn es die Zeit erlaubt. Im nächsten Jahr.

Auf ein Neues in 2010.

Montag, 28. Dezember 2009

Gestern im Museum


Nachdem am zweiten Weihnachtsfeiertag das Endspiel im Europapokal der Landesmeister von 1960 gezeigt wurde, die Eintracht unterlag bekanntlich Real Madrid mit 3zu7, und leider nur eine Handvoll Interessierte anwesend war; so fischte ich spät in der Nacht eine Mail von Kid aus meinem Postfach, mit dem Hinweis, dass er es zum Spiel gegen West Ham United, welches am Sonntag gezeigt wurde, packen würde.

Da es immer schön ist, Kid zu treffen, machte ich mich also auch am Sonntag Richtung Stadion auf - und sollte es nicht bereuen. Denn nicht nur Kid und Frank waren anwesend; Matze hielt schon hinter dem Tresen die Stellung und ein älterer Herr betrachtete aufmerksam mit seinem Sohn das bereits laufende Spiel. Dazu kam ein Vater aus Kiel, der mit seinem kleinen Bub Weihnachten in der alten Heimat verbrachte sowie zwei weitere Eintrachtfans. Einer davon reiste als Student im Jahr 1976 zum Rückspiel der Eintracht bei West Ham nach London, ein anderer verbrachte sein halbes Leben am Riederwald.

Der ältere Herr, ihr habt es wohl schon erraten, war kein Geringerer als der damalige Eintracht Trainer Dietrich Weise und wir ließen uns natürlich nicht die Gelegenheit entgehen, uns über die vergangenen Zeiten zu unterhalten und erfuhren dabei aus berufenem Munde so manch Neuigkeit. Gemeinsam machten wir uns anschließend zu einem kleinem Rundgang in Richtung Katakomben auf und schauten uns vom Presseraum über die Trainer- und Spielerkabine auch den Spielertunnel an und marschierten durch ihn auf das Spielfeld. Ein tolles Erlebnis, Kid hat seinen Mittag im Eintracht-Museum etwas ausführlicher beschrieben; ihr seht: Das Museum hält immer Überraschungen parat, lasst euch also die kommenden Ereignisse nicht entgehen: wer weiß, was so alles passiert.

Donnerstag, 24. Dezember 2009

Schwarz-Weiß rieselt der Schnee


Weihnachten, unter dem Gabentisch liegen 24 Punkte für die Eintracht und ein Päckchen mit Hoffnung, sowie eines mit Fragezeichen. Mögen eure Wünsche alle in Erfüllung gehen und die Zeit mit euch sein. Ich bedanke mich bei allen, die übers Jahr diesen Blog gelesen, kommentiert und lebendig gemacht haben. Bleibt mir kritisch gewogen; wir sehen uns; im Herzen von Europa, in Auswärtsland oder wo auch immer.

Fröhliche und besinnliche Weihnnachten wünsche ich euch mit einer Zeichnung von Michael Apitz, der schon länger im Stadionmagazin mit seinen Comics präsent ist und meist ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Möge er mir verzeihen, dass ich sein Bild ausgeborgt habe.

Bis bald

Beve

Dienstag, 22. Dezember 2009

Wort des Monats November 2009



Mittlerweile hat die Eintracht vier Spiele am Stück nicht verloren - dies sah vor wenigen Wochen noch etwas anders aus, vor allem die ernüchternden Niederlagen gegen die Bayern im Pokal sowie das Debakel in Leverkusen ließ die Laune der Fans in den Keller sinken, wenig zur Besserung trug dazu ein 1:2 gegen Borussia Mönchengladbach bei. Trainer Skibbe ließ seinem Frust vor laufenden Kameras freien Lauf und stellte vieles in Frage - außer sich selbst. Im Museum hielt derweil Prof. Dr. Steinacker einen erfrischenden Vortrag zum Thema Begeisterung. Die jedoch war uns zu diesem Zeitpunkt flöten gegangen. Gerade mal 2% von euch stimmten für das Wörtlein, und so landete die Begeisterung abgeschlagen auf dem letzten Platz. Zu diesem Zeitpunkt völlig zu Recht will ich meinen.

An der Spitze entwickelte sich ein Dreikampf, welcher den Pausensport denkbar knapp als Verlierer erlebte. Ein Wort, geprägt vom Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen auf der Jahreshauptversammlung der Eintracht. Während Vertreter von Eintracht Frankfurt e.V. über die Erfolge des Vereins im vergangenen Jahr referierten (Tischtennis mit Roland Koch, Händeschütteln mit Angela Merkel, Partnerschaft mit einem Autohaus sowie Kooperation mit einer Krankenkasse im Rahmen der Pausenliga) trat Bruchhagen ans Rednerpult. Wissend um das Defizit des Vereins, welche über eine für ihn überraschende Gewinnausschüttung seitens der AG ausgeglichen wurde, stellte er fest, dass sich der Vorstand der AG nicht mit Pausensport sondern mit Bundesligafußball beschäftigt; fürwahr etwas Anderes. 22% von euch votierten für diesen Begriff - Bronze im Dezember. Falls ihr mal Zeit habt, geht mal auf die Homepage der Eintracht, sucht im Pressespiegel nach dem Stichwort Pausensport - und betrachtet das Ergebnis. Vor allem das Aufrufen der verlinkten Artikel.

Mit 23% eurer Stimmen landete das Scouting auf dem silbernen Treppchen. Arg in die Kritik gerieten unversehens Bernd Hölzenbein und sein Team nicht zuletzt durch süffisante Bemerkungen des Trainers, der später jedoch klar stellte, dass Holz und Co gute Arbeit abliefern. Die Eintracht hat ein kleines Scoutingteam, der 1.FSV Mainz 05 gar keines und der 1.FC Köln arbeitet gar mit der Kölner Sporthochschule zusammen; modernste Technik und aufwendiges Datenmaterial fanden dort zum Beispiel den Spieler Lukas Podolski. Die Spieler Kweuke und Petkovic, welche zu Beginn des Jahres zur Eintracht gestoßen waren, dürfn wir im Nachhinein getrost als Fehlgriff bezeichnen; doch zeigt die Entwicklung der letzten Jahre, dass die Eintracht mit solchen Entscheidungen nicht alleine dasteht. Und inwiefern das Scouting ursächlich dafür verantwortlich ist und nicht etwa der Wille eines Trainers oder eines Aufsichtrates oder gar der sportlichen Leitung, ist noch zu klären. Scouting, Silber im November 2009.

Kommen wir zum Spitzenreiter, der sich letztlich mit 29% der Stimmen verdient durchgesetzt hatte. Depression. Ein Wort, das jeder von uns kennt und dem verschiedene Bedeutungen anhaften; umgangssprachliche, wissenschaftliche, philosophische, medizinische. Der Selbstmord des Nationaltorhüters Robert Enke, der im November nicht nur die Fußballnation schockierte, basierte auf dem Leiden an Depression. Eine ultimative Begriffsdefinition steht noch aus, für die Einen ist es eine Krankheit, für andere die natürliche und einzige legitime Reaktion auf den Gang der Welt. Werden uns als Kinder Osterhase, Christkind und der Weihnachtsmann versprochen, so wissen wir nur wenig später, dass es diese gar nicht gibt - statt dessen aber Massenvernichtung, Konzentrationslager und hungernde Kinder in Afrika. Da muss der Mensch erstmal mit klar kommen. Manch einer sagt, der Mensch ist wie er ist, krank die Welt in der er lebt. Nun gut, im Anschluss an den Tod Enkes wussten viele, dass es so nicht weiter gehen könne, dass sich Dinge ändern müssen und überhaupt. Dass es natürlich genau so weiter geht, hätte man wissen können. Weiterhin hungern Kinder, fallen Bomben und besteht diese unsere Welt aus den Lügen, welche nicht zuletzt die Gier als sozial und wirtschaftliche notwendige Basis eines funktionierenden Kapitalismus/Sozialismus/Irgendeinismus verkleistern. Wer Dinge dunkel sieht, bleibt weiterhin alleine mit sich und der Welt und bei näherer Betrachtung sind wir alle alleine mit uns und der Welt. Die finale Heilung ist der Tod. Zwischendrin passiert etwas. Das ist unser Leben. Depression. Gold im November 2009.

Danke fürs Mitmachen, genießt die glücklichen Momente und macht euch nichts vor. Der Weihnachtsmann ist eine Erfindung der Werbeindustrie.

Sonntag, 20. Dezember 2009

Eis im Apfelwein


Das Spiel der Eintracht gegen den VfL Wolfsburg dürfte ähnlich wie die Partien gegen Kaiserslautern am 29.05.1999 und gegen Waldhof Mannheim am 27. Januar 2002 in die Geschichte eingehen. War das Spiel gegen Lautern wohl das heißeste, was ich je im Stadion gesehen habe und gegen Waldhof das nasseste so fällt mir spontan kein Besuch in einem Fußballstadion ein, an dem es kälter gewesen ist. Annähernd -10° zeigte das Thermometer - die ideale Temperatur, um bei Lebkuchen und Tee warm eingepackt auf dem Sofa drei Nüsse für Aschenbrödel zu sehen. Statt dessen tuckerten wir im eisgekühlten silbernen Golf in Richtung Louisa, die Coffinshakers sangen von fliegenden Hexen und erwachenden Dämonen, von Leuchtfeuern und der Walpurgis Nacht, während Menschen in den Fußgängerzonen umher eilten, um die Gabentische zu füllen.

Es war relativ früh, etwa 13:00 Uhr, als wir an der Louisa parkten und durch den Stadtwald stapften: noch vor Spielbeginn warteten einige Aufgaben im Museum auf uns - und ein heißer Kaffee dazu. Obgleich die Tore noch geschlossen waren. schafften wir es problemlos aufs Gelände zu kommen. Die Verkäufer in den mobilen Verkaufsständen bereiteten sich ebenso wie die Ordner auf den kommenden Ansturm vor, das Museumsfähnchen flatterte schon im Eiswind und nur wenige Minuten später stand Pia fröstelnd vor dem Museum und verkaufte Devotionalien, während ich eine Gruppe Jugendlicher durch die Historie der Eintracht führte und Geschichten erzählte; Geschichten von Fritz Becker, dem ersten Frankfurter Nationalspieler und erstem Torschützen in einem Länderspiel Deutschlands; Geschichten von dem verlorenen Finale um die Deutsche Meisterschaft 1932 oder dem La Coruna Pokal, dem größten und schwersten Pokal, den die Eintracht je errungen hatte. Natürlich durften Bilder vom Endspiel 1959 nicht fehlen, damals als die Eintracht Meister wurde.

Heutzutage heißt der amtierende Deutsche Meister VfL Wolfsburg, es ist kaum zu glauben - und eben jener VfL gastierte heute im Waldstadion zum letzten Spiel des Jahres 2009. Ich löste Pia beim Verkauf ab, Sitzkissen waren der Renner, und allerlei bekannte Gesichter schneiten auf einen Besuch vorbei, viel mehr Zeit als eine Umarmung oder ein Händedruck blieb jedoch nicht. Mein Dad war mittlerweile eingetrudelt, schwere Stiefel und ein langer Mantel schützten ihn vor der klirrenden Kälte und das war auch gut so. Ich selbst hatte meinen Schal zu Haus vergessen - das war natürlich weniger gut.

Kurz vor Spielbeginn eilten wir die Stufen zu unserem Block hinauf, sangen Im Herzen von Europa und schon ging es los. Die Wolfsburger sahen aus wie eine Ansammlung von Textmarkern, zehn leuchtend gelbe kickten auf dem Feld, ein orangener stand im Tor - und mein Fotoapparat lag noch im Museum; ich hatte ihn extra mitgenommen, um ihn noch aufzuladen - und so lud er nun. Mückenhirn.

Die Eintracht begann mit Franz für Jung und Spycher für Köhler, der auf Grund des Ausfalls von Korkmaz im linken Mittelfeld begann. Wolfsburg bot im Strurm die Herren Dzeko und Grafite auf, welche in der letzten Saison sage und schreibe 56 Tore geschossen hatten; eine Marke, die Eintracht Frankfurt in der Bundesliga zuletzt 1993/1994 erreicht hatte.

Gott war's gedankt, dass sich die beiden in dieser Saison mit dem Treffen etwas schwerer tun. Während sich die Eintracht engagiert über das Spielfeld schaufelte, konterte der VfL ein ums andere Mal, stieß unvermittelt in die Spitze vor und schaffte es nicht, Opa Nikolov aus kürzester Distanz zu überwinden. Eine Chance für die Eintracht war bis dahin zu bewundern, Tebers Distanzschuss konnte Benaglio noch abwehren.

In der 26. Minute zirkelte Köhler einen Freistoß schön in den Strafraum; Maik Franz stieg in die Luft, köpfte und der Ball landete im Netz; der fünfte Treffer unseres Verteidigers, der jubelnd abdrehte. Wir hüpften umeinander - wie hüpfen generell ein probates Mittel war, um dem Frost etwas entgegen zu setzen. Wir wollen hüpfen hüpfen hüpfen wollen wir.

Knapp zehn Minuten später hüpften die Gäste, Dzeko stand urplötzlich alleine vor Nikolov - und ließ sich diesmal die Chance nicht nehmen. Ausgleich. Aus dem Wolfsburger Block flackerte ein kleines Feuerchen auf, während der Apfelwein in den Händen unserer Sitznachbarn im Becher gefror. Noch vor der Halbzeit hatte der VfL die nächste Chance doch es blieb beim schmeichelhaften 1:1; hätte es 1:4 gestanden, es wäre auf Grund der Chancen nicht einmal unverdient obgleich die Eintracht spielerisch tapfer mitgehalten hatte.

Die zweite Halbzeit brachte ein unruhiges Spiel, Ochs wuselte sich nach vorne, Schwegler und Chris hatten hinten alle Füße voll zu tun und wir fühlten uns wie in einer Tiefkühltruhe; Pia saß mittlerweile schweigend auf ihrem Platz, den Schal vor dem Mund, hätte Schiedsrichter Stark die Partie abgepfiffen, hätte sich wohl niemand beschwert, so aber nahmen wir ein 1:2 hin, welches Josué humorlos aus der Strafraummitte erzielte. Köhler, der zuvor eine unverhoffte Chance auf dem Fuß hatte, als er freistehend vor Benaglio nicht wusste, ob er abseits stand, schießen oder passen sollte und sich für irgendwas entschied, wurde später gegen Caio ausgewechselt. Es war nicht Caios Wetter.

Aber es war das Wetter von Alex Meier. Die Eintracht bemühte sich um den Ausgleich, kam jedoch kaum zu Chancen, es fehlte in der Mitte ein Spieler, für den Bälle aufgelegt werden können; es ist zwangsläufig, dass sich Chancen für die Eintracht entweder aus Standards oder Fernschüssen ergeben, so auch in der 79. Minute als Liberopoulos es geschafft hatte, den Ball irgendwie zu Meier zu schaufeln, der von der Strafraumgrenze überlegt einschoss. Meier, dessen Fuß weiß, wo der Ball hinfliegen soll. Ausgleich. Einer wusste wohl nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Marcos Alvarez, unser U-19 Stürmer wartete schon in seinem Trikot mit der Nummer 35 an der Außenlinie und stand Zentimeter vor seinem ersten Bundesligaeinsatz; ein weiterer Lebenstraum schickte sich an, in Erfüllung zu gehen - bis Meiers Treffer Trainer Skibbe bewog, mit den gleichen Elf zu Ende zu spielen. Alvarez zog sich wieder an und betrachtete den Schlusspfiff von der Bank.

Meier hatte sogar noch eine Möglichkeit, verzog aber knapp, so dass es am Ende beim 2:2 blieb, ein Ergebnis mit dem alle leben können - auch wenn der Punkt glücklich für die Eintracht war; verdient war er allemal.

Das war's also im Jahr 2009, die Eintracht hat 24 Punkte und steht ordentlich da; besser als die letzten 15 Jahre, das ist doch schon mal was. Weihnachten steht vor der Tür, vielleicht bringt das Christkind ja einen Stürmer - wir jedoch hatten nur ein Ziel: Wärme. Und so wanderten wir durch den nachtkalten Stadtwald, stießen vereiste Atemluft in die Dunkelheit bekamen von Daddy noch eine Tüte von Mama gebackener Plätzchen in die Hand gedrückt und verabschiedeten uns mit einem Punkt und Platz 10 in der Tasche.

Stefan hat tolle Fotos vom Spiel in seinem Blog, schaut sie euch an und genießt die Situation bei der Eintracht, im Winter 2009. Wenn ihr wollt, könnt ihr ja auch mal wieder bei Kid oder Frank vorbei schauen. Kid macht zwar gerade Pause, aber die Spielberichte über die ruhmreichen Taten der Schlappekicker müssen ja auch geschrieben und vor allem: gelesen werden


Dienstag, 15. Dezember 2009

Erster Bundesligaeinsatz für die Nummer 36.


Mehr über und von Marcel-Titsch-Rivero auf 18mal18.

Richtig blöd


Wie in jedem Jahr, so gibt es auch heuer einen feinen Audio-Adventskalender auf der Heimseite der Sportschau, ein netter Spaß und durchaus hörenswert. Ich habe mir einmal erlaubt, ein kleines Best-Of zusammen zustellen; viel Vergnügen:




Samstag, 12. Dezember 2009

Heimspiel in Sinsheim oder so. Handwerklich sauber gemacht.


Müde. Feucht. Kalt. Rotz.

Trotz relativ kurzfristigem Entschluss, doch in den beschaulichen Kraichgau zu fahren, konnte ich noch ein Ticket und eine Mitfahrgelegenheit ergattern. Pia war im Auftrag der Kinder unterwegs - und so blieb sowohl sie als auch der silberne Golf in der Metropole des Traditionsvereins; ein herber Verlust für eine Auswärtsfahrt.

Aber Stefan und Christian warteten schon auf mich, als ich gegen halbelf durch die Günthersburgallee marschierte; Mütze und Handschuhe inklusive. Ein kurzer Stopp an der Tankstelle und schon ging es auf die Autobahn - das erste Mal führte uns der Weg nach Sinsheim; zu einem Ort den noch niemals zuvor ein Frankfurter betreten hatte. Wir rauschten problemlos nach Baden-Württemberg; vorbei an Mannheim, Heidelberg und dem Hockenheimring, dessen skurrile Tribüne an eine zerschnittene Konservendose erinnerte. Am weißen Stock hieß ein Parkplatz und es sei nur ein übles Gerücht, dass sich hier die Schiedsrichter zur Weiterfahrt treffen.

Direkt an der Autobahn liegt nicht nur das Industriegebiet von Sinsheim, sondern auch das Technik Museum; dazu ein neu erbautes Stadion in dem von Zeit zu Zeit Bundesligafußball simuliert wird, dazu später mehr.

Wir rollten an den ausgestellten Concordes des Museums vorbei in Richtung Sinsheim-City und parkten auf dem alkoholfreien Parkplatz der hiesigen Sparkasse. Ein Spaziergang durch den Ort führte uns zwischen Hauptstraße und zerfallenen Fachwerkhäuslein in die Fußgängerzone, ein Weinachtsmärktlein lockte zum Weitergehen bis uns die Gastwirtschaft Linde mit einer Freundschaftstafel mit Frankfurter und Hoffenheimer Freundschaftsbändchen zum Verweilen einlud. Die Linde grüßt Frankfurt und Hoffe. Da setzt man sich gleich hin beim Pinkeln.

Hinter dem Fenster floss gemächlich die Elsenz, ein selbstverständlich nichtschiffbares Flüsslein, was niemanden hier störte. Unbekümmert verspeisten wir die Schnitzel des Tages, umgeben von freundlichen Frankfurtern und ebenso freundlichen Einheimischen und dackelten anschließend zum Bahnhof, wo der Sonderzug schon der Dinge harrte. Aus dem Fenster grüßte Ben, ein kurzer Plausch - und schon durchbrachen wir die Polizeisperre mit einem dezenten Hinweis auf unsere Herkunft.

Gegen die Empfehlung der Polizei, die bereitgestellten Busse zu nutzen, wanderten wir inmitten blau gewandeter Fußballschauer vorbei an Elektromärkten, einem Minarett, durch eine dufte Fanmeile und folgenden Unterführungen Richtung Stadion.

Dort angekommen blökte uns eine Ordnerin freundlich den Weg und schwupps tummelten wir uns zwischen den Eintrachtbussen Richtung Eingang Nordost. Hier ein Hallo, dort ein Guude und schon waren wir inmitten des Gästebereichs. Wir trafen auf Marc der auf seine Schäfchen achtete, und auf Stefan von der FuFa, der mit seinem Jüngsten etwas irritiert ob der geringen Kapazität der Parkplätze für Gästebusse den Kopf schüttelte und gelangten flott und unbedrängt ins Innere. Andi zupfte an meiner Mütze und verschwand auf der Suche nach einer Toilette, während wir frohgemut die Stehplätze erklommen. Recht steil führten uns die Stufen nach oben, die Sitze waren brav nach hinten geklappt und verschraubt und wir sicherten uns ein Plätzlein in lichter Höhe. Der Blick ins weite Rund bescherte uns eine naturgetreue Nachbildung eines Stadions oder besser gesagt Arena die mich ob der Außendachkonstruktion, der rückwärts abschließenden Plexiglaserhöhung, den blauen Sitzen und den Marathontoren dezent an unser städtisches Stadion erinnerte, wobei der Oberrang fehlte und statt eines Videowürfels feat. Innendach an den Diagonalen zwei Anzeigetafeln prangten.

Etwas überdimensioniert die Glasfassaden der Logen, die sicherlich derzeit gut besucht sind, aber ansonsten wirkte das Bauwerk am Rande der Autobahn weder protzig noch peinlich. Handwerklich sauber gemacht. Etwas irritierend vielleicht an der Außenfassade die Reklame für die Zeitgeist at work; machen wir uns nichts vor, die Zeit des Sportplatzes ist vorbei; früher oder später wird es in Karlsruhe genau so aussehen. Dort jedoch weht ein Hauch von Fußballgeschichte, geprägt von Freud und Leid vieler und nicht die Ambition eines Mannes der geliebt werden will.

11 Frankfurter Feldspieler liefen sich warm; sollte Trainer Skibbe so spielen wollen, liefen Dinge grundsätzlich falsch; später zeigte sich, dass Spycher nicht auflaufen konnte, Köhler sollte dessen Position übernehmen. Ein gelbes, aufblasbares und meterhohes Plastikmännchen wackelte sinnfrei vor dem Gästeblock auf und nieder; ein Mensch in grünem Drachenkostüm erwarb seinen Lebensunterhalt, indem er für eine Krankenkasse am Spielfeldrand Reklame lief, derweil eine debile Uffta-Version von You'll never walk alone über die Boxen schlich. Laut war es nicht, aber zu laut. Einem Lied die Seele zu rauben ist ein Verbrechen. Es folgten Blurs Song2 und die 7Nation Army, so toll sie auch waren die Songs, damals; so langweilig ist nun, just diese zu spielen - die durch das Abnudeln in so ziemlich jedem Zusammenhang mit Fußball jeden Charme verloren haben. Passt. Der Versuch der Anbiederungen an vermeintlich alle. Doch: Jeder Faust trifft seinen Mephisto.

Hoffi trifft mitten ins Herz. Oder besser: man möge Hoffi dorthin treffen. Hoffi ist das Maskottchen der Einheimischen, wohl als Elch definiert. Aus Plüsch. Wollen wir nicht so streng sein, In Stuttgart heißt es Fritzle und ist ein Krokodil und ähnlich wie in Sinsheim noch nie ein freilaufender Elch gesichtet wurde, so sah je ein Stuttgarter ein lebendiges Krodkodil in Cannstadt[s freier Wildbahn]. In Leverkusen gibt es einen Plüschvirus. Deppenmaskottchen sind nichts Neues, auch hier wurde der Ortsansässige Verein naturgetreu geklont. Hoffi. Handwerklich sauber gemacht.

Nicht fehlen durften dann das Badenerlied mit den Textzeilen:

In Karlsruh’ ist die Residenz,
in Mannheim die Fabrik.
In Rastatt ist die Festung
und das ist Badens Glück.

Ich stelle mir vor, die Kölner würden singen, in Gladbach ist die schönste Kirch, und Altbier unser Glück oder so einen Schmarrn - undenkbar. Ein Frankfurter würde sich denken, in Offenbach isses Gheddo un sonst nix. Naja, der Badener ist schmerzfrei und weltoffen, zumindest bis Stuttgart. Mitgesungen haben eh nur wenige - und das obgleich der Text auf den Anzeigetafeln eingeblendet wurde. Dann kam der Hoffesong. Wir sind Hoffe. Dort sollten sie singen: Der Kraichgau tobt und wir sind mittendrin und stimmen alle (ein). Ich war dort; kann euch reines Gewissen verkünden: Nein, das stimmt nicht. Schwamm drüber. Unterdessen forderte der Stadionsprecher die heimischen Zuschauer auf, aktiv am Ereignis teil zu haben. Diese wedelten daraufhin mit ihren Schals. Wie beim Fußball. Hier wird Stimmung im wahrsten Sinne des Wortes gemacht. Man kann den Zuschauern nicht böse sein, eigentlich wollen sie nichts Arges. Außer Dabeisein. Vor dem Spiel grüßte aus der Heimkurve ein Banner die Gästefans freundlich auf Latein; hätten wir es verstanden hätte die Antwort zweifelsfrei: Huurensöööhne gelautet. Ich kann kein Latein und bin in manchen Filmen schamhaft für die Bösen.

Wie gesagt, Spycher auf der Tribüne, Köhler hinten links. Hinten rechts Sebastian Jung, vor ihm Ochs. Innen Russ und Chris, davor Schwegler und Teber. Links Korkmaz, Mitte Meier und Liberopoulos und im Kasten Nikolov, fehlerfrei vorweg. Die Eintracht ganz in Weiß.

Ein voller Gästeblock war guter Dinge - bis Ibisevic über den Ball säbelte und hinfiel. Schiedsrichter Günter Perl aus Pullach verübelte dies überraschenderweise Selim Teber und entschied auf Strafstoß, der unhaltbar für Nikolov einschlug. 1:0 Salihovic, neunte Minute. SMS Pia: Das war kein Elfer! Doch die Eintracht ließ sich nicht hängen; Chris kämpfte wie ein Wolf, Korkmaz knorzelte sich durch die Reihen der Einheimischen in Blau; nur Hildebrand hatte sich für einen grauen Sweater mit gelber Ziffern entschieden. Pirmin Schwegler behielt die Übersicht. Köhler hielt tapfer gegen Obasi, Ochs und Jung beliefen die rechte Seite. Die Blauen spielten hart, Fouls im Mittelfeld, Fouls in Strafraumnähe. Freistoß Teber, knapp vorbei. Auf anderen Plätzen fielen die Tore im Minutentakt, hier wollte die Kugel trotz beherztem Spiel der Eintracht nicht mehr bis zur Pause ins Netz.

Halbzeit zwei brachte ein ähnliches Bild; Zwingende Chancen erarbeitete sich die Eintracht nicht; ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt einen Elfmeter gewünscht. Die Gastgeber stießen eins- zweimal gefährlich durch, folgenlos. Nach 61 Minuten jedoch wurde die engagierte Leistung der Eintracht belohnt, Schwegler hatte 25 Meter vor dem Tor schön viel Platz, zog kultiviert ab , der Ball meinte es gut, wurde abgefälscht und senkte sich über Hildebrand ins Netz. Wahnsinn. Ausgleich. High Five und breite Freude allenthalben. Der Gästeblock, der bis dato relativ konsequent im Frankfurter Charme durchsupportet hatte, ohne jedoch Sinnsheim in Schutt und Asche zu legen, tobte.

Glück dass Schiedsrichter Perl aus Pullach bei einer Szene, welche Marco Russ später im Fernsehen wie folgt kommentieren sollte: Man sieht glaube ich, dass mein Arm zur Hand geht keinen Elfer gegen die Eintracht pfiff. Heimtrainer Rangnick zornte, grollte, wandelte am Rande eines Stadionverbotes - daraufhin fielen Spieler der Blauen von Zeit zu Zeit im Strafraum hin, wirkungslos, zu Recht. Von oben fiel leichter Schnee.

Ochs auf Jung, schönes Kombinationsspiel; die Flanke findet keinen Abnehmer. Und dann kommt die 84. Minute. Der Schweizer Korkmaz, wie später im HR zu hören war, hatte sich verletzt und für ihn sollte ein Spieler kommen, dessen allerersten Minuten in der Bundesliga nun bevorstanden. Marcel Titsch-Rivero, den Stefan Krieger und ich in dieser Saison im Blog 18mal18 begleiten, hatte geschafft, wovon er noch vor wenigen Tagen geträumt hatte: Sein erster Profieinsatz wurde Wirklichkeit für den Jungen, der schon wie Jung, Ochs, Preuß und Russ in der U17 für die Eintracht gekickt hatte. Die Nummer 36 stand auf dem Platz; ich habe mich riesig für ihn gefreut. Herzlichen Glückwunsch, die Reise geht weiter.

Marcel hatte sogar noch eine Chance auf dem Fuß, drang in den Strafraum ein - und scheiterte am Schlussmann des Gastgebers. Liberopoulos ärgerte sich, schimpfte mit ihm, Titsch-Rivero hätte wohl abspielen sollen. Doch dann munterte der alte Fuchs den jungen Dachs mit einem freundschaftlichen Klapps wieder auf: Weiter geht's. Um ein Haar hätte Chris dann noch das Siegtor erzielt.

In der 89. Minute wurde ein weiterer Traum Wirklichkeit. Christoph Preuß , unsere Nummer 20, stand an der Außenlinie, bereit zum Wechsel. Bald zwei Jahre hatte Christoph auf diesen Moment gewartet, hingearbeitet; Rückschläge weggesteckt und kleine Erfolge erzielt. Das erste Laufen, Einzeltraining, Laktattest, leichtes Mannschaftstraining, Freundschaftsspiel, U23 und nun wieder Bundesliga. Die Kurve feierte die Einwechslung (Teber ging) mit Sprechchören: Chriiistoph Preuuuß tönte es durchs Stadion, ein toller Moment; ein grandioser Moment.

Dann war Schluss, die Eintracht hatte sich einen Punkt redlich verdient; einen Punkt, den wir auch schön feierten. Stefan, Christian und ich verließen das Stadion erhobenen Hauptes und blieben an einer Straßensperre hängen. Die Ordner waren selbst irritiert über ihre eigene Tätigkeit, Heimfans schlüpften auf unsere Seite; wir jedoch glotzen auf die Lichter der auf der anderen Seite wartenden Autos. Bald schlupften wir ebenfalls auf die andere Seite, grüßten Frauke und Öri und liefen wohlgelaunt unseres Wegs. Ziel, wie kann es anders sein, die Fanmeile. Naja, ein paar Buden, Glühwein für zwei Euro und Menschen am quasseln. Zaun drumrum, Fanmeile. Gehört halt dazu. So wie vieles für die Installateure des Ereignisses Fußball im Kraichgau dazugehört. Handwerklich sauber gemacht. Oder anders: Überall ein bisschen abgeschaut, hochgradige Peinlichkeitsfaktoren fließen zwar mit ein (Wir sind Hoffe), im Großen und Ganzen jedoch scheint die Inszenierung nicht ungeschickt gemacht. Zeitgeist at work, so könnte das Erlebnis Erstliga-Fußball simuliert werden.

Jedoch: So ist es aber nicht. Es fehlt die Seele, die wirkliche Leidenschaft, das Durchdringen und Erleben und das eigene Profil. Die heimatlichen Zuschauer lernen Bundesliga, sind ruhig, und sauber, pfeifen Schmähgesang brav aus und sind bei einem Ereignis dabei, das den Charakter der Gegend irritiert. So ählich wie ein überdimensionalern Vergnügungspark auf dem Lande, der allen Arbeit gibt und Narrenmasken dazu.

Auf dem Heimweg erinnerten wir uns an vergangene Spieler der Eintracht und deren Herkunft, an die Österreicher Pezzey und Huberts oder Lexa, an die Tschechen Rada und Obajidin oder den Brasilianer Nascimento. An Yeboah und Okocha, Tore Pedersen oder Jörn Andersen, Tibor Dombi und Lajos Detari. Ne ganze Menge Namen fielen uns ein; Schweizer, Spanier, Polen, Albaner. Doch welcher Holländer spielte bei der Eintracht?



Genau, Arie van Lent.

Ein kurzer Stopp bei einem Baumarkt in Mannheim folgte. Während Stefan ein Teppichmesser besorgte, verkündete der Marktlautsprecher: Herr Hildebrand bitte zur Werkstattinformation oder so ähnlich. Das lassen wir dann mal so stehen.

Flott sausten wir Richtung Frankfurt, über A5 und A3 und A661 nach Bornheim und oben am Günthersburgpark verabschiedete ich mich von meinen beiden Begleitern Christian und Stefan, bedankte mich für die schöne Fahrt, vergaß meine Handschuhe im Auto und dackelte zu Pia. Schön war's. Aber mir war kalt. Da bisde wieder. meinte sie lachend . Ja. Und das ist auch schön.





Donnerstag, 10. Dezember 2009

Fies. Ganz fies.


Eigentlich wollte ich zu den Vorfällen rund um das Spiel der Eintracht gegen Mainz nichts weiter schreiben, als hier geschrieben steht. Aber gut; es gab das ein oder andere, was man durchaus hätte näher beleuchten können - und dieses Beleuchten gipfelte in einem Kommentar der Nürnberger Nachrichten; einen Auszug seht ihr hier als Screenshot:

Was hat sich eigentlich zugetragen, während des Spiels? Die Eintracht hatte Mainz 05 glücklich aber nicht unverdient mit 2:0 besiegt; es gab einige hitzige Wortgefechte, das ein oder andere Foul, mehrere Gelbe und eine Gelb-Rote Karte, obgleich es alles andere als ein überhartes oder unfaires Spiel war. Im Anschluss an die Partie reckte der Mainzer Stürmer Arisitide Bancé seinen Mittelfinger in die Luft. Soweit - so gut könnte man meinen.

In Interviews erwiesen sich Manager und Trainer von FSV Mainz 05 als schlechte Verlierer, anders als der Mainzer Kapitän Hoogland, der in einem Interview nach Spielende die Dinge abhakte. Während Heidel über Frankfurts Spieler Maik Franz herzog, brachte Trainer Tuchel den Schiedsrichter ins Gespräch, der jedoch alles andere als eine skandalöse Leistung ablieferte. Die Ampelkarte für Amri kann man geben, wiederholtes Foulspiel, taktisches Foul im Mittelfeld etcpp. - also alles im grünen Bereich. Wenn Narren jammern, rinnt die Schminke, heraus kommt ein Gesicht. Kein Schönes.

Richtig böse wurde es erst in den Tagen danach, als von Mainzer Seite zum Schutze Bancés Maik Franz rassistische Äußerungen unterstellt wurden; ein gewagter - und wie sich am End herausstellte ein unhaltbarer Vorwurf. Maik Franz wurde vom Sportgericht freigesprochen; niemand konnte die Unterstellungen belegen - aber wie so oft: wirf mit Dreck, es wird schon etwas hängen bleiben.

Mainz 05 hatte Angst; Angst davor, dass der Spieler Bancé, der schon im Trikot der Offenbacher Kickers zu merkwürdigen Gesten neigte und zudem außerhalb des Platzes nach vorausgegangener Provokation eine Frau geschlagen hatte, als Rabauke kategorisiert und länger gesperrt wird. Durch die inszenierte Relativierung des Vorgehen Bancés durch vermeintlich rassistische Provokation erhofften sich die Verantwortlichen Strafmilderung - und nahmen dabei die Stigmatisierung von Franz als Rassist in Kauf; ein perfides Vorgehen. Ein schmutziges Vorgehen.

Dass im End aber der Spieler Bancé auf Grund seines Mittelfingers nicht gesperrt wird, halte ich für völlig in Ordnung - da hätte es auch die perfide Vorgehensweise der Mainzer nicht gebraucht. Klar, so etwas macht man nicht - aber mein Gott, es war ein Fußballspiel, Bancé hatte keinen Stich gemacht, war entnervt und verärgert, so what? 6.000 Euro Geldstrafe, ein Profi wird es verschmerzen; die Sache ist abgehakt könnte man meinen, freuen wir uns aufs Rückspiel.

Und dann kommt oben gezeigter Screenshot aus Nürnberg ins Spiel, beginnend mit der Überschrift: Täter Franz. Dass die weltliche Gerichtsbarkeit ein wenig anders entschieden hat, spielt für W. Laaß keine Rolle, da versagt kurzerhand die DFB-Justiz. Da braucht es keine Beweise; keine Zeugen. Laaß behauptet einfach mal, Franz habe Bancé mit fiesen Tritten und fiesen Gesten provoziert. Dass nachweislich kein einziger Tritt von Franz im Spiel zu sehen war, auch dies spielt keine Rolle, ebenso wenig wie eine fiese Geste, was immer das sein soll. Und das Bancé Franz geschubst hat (in der Szene an der Bande) wird mirnichts, dirnichts ins Gegenteil verkehrt. Großartig.

Dass aber noch immer von rassistischen Äußerungen die Rede ist, elegant mit angeblich gemildert, der Begriff aber dennoch trotz anders lautendem Urteil erneut verwendet wird, ist eine demagogische Unverschämtheit zum Zwecke den Spieler Franz zu desavouieren. Welche Motivation hinter solchen Kommentaren steckt bleibt fraglich; vor allem wenn absichtliche Lügen wie die fiesen Tritte Verwendung finden. Aber vielleicht hält Laaß nur dem Spieler Bancé die Stange, so vom Nürnberger zum Mainzer Stürmer.

Dienstag, 8. Dezember 2009

Christoph Preuß im Gespräch


Nach dem Spiel der U23 gegen Sonnenhof/Großaspach hatte ich die Gelegenheit, mich mit unserem Rückkehrer Christoph Preuß zu unterhalten. Leider wurden die Flutlichter gelöscht - auch das Rauschen im Hintergrund ist nicht das Frankfurter Meer, sondern ganz profan die A661 von Egelsbach nach Oberursel. Die Kamera bediente Kid Klappergass, vielen Dank dafür. Und nun viel Spaß mit Christoph Preuß, der nach knapp zwei Jahren wieder auf Frankfurter Rasen in einem Pflichtspiel zurückehrte. Auch ihm gilt mein Dank.




Montag, 7. Dezember 2009

Marcel Titsch-Rivero im Gespräch


Nach dem enttäuschenden 1:1 der U23 von Eintracht Frankfurt gegen die SG Sonnenhof Großaspach stand uns Marcel Titsch-Rivero, Jungprofi bei Eintracht Frankfurt, für ein kleines Interview zur Verfügung."

Mehr bei 18mal18.de

Sonntag, 6. Dezember 2009

Whatever works!


Samstag Morgen, ich liege auf dem Sofa, rotze vor mich hin und draußen dreht die Welt ihre Runden; noch weiß ich nicht, ob ich es ins Stadion packe. Derbyfieber? Derby? Gegen Mainz? Derby, das ist FSV Frankfurt gegen die Eintracht, so haben es die Großväter erlebt. Jener FSV der 1925 als erste Frankfurter Mannschaft das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft erreicht hatte. Derby, das ist Eintracht Frankfurt gegen Kickers Offenbach. Jene Kickers, die 1959 unseren Sieg im Finale in Berlin als Gegner versüßten. So haben es die Väter erlebt. Aber Mainz? Eine Bereicherung für die Liga ... wird gerne kolportiert - gemeint ist damit eine Bereicherung für die Medien; eine Bereicherung für den Mainzer Sender ZDF um genau zu sein, dazu später mehr.

In Woody Allens neuem Film Whatever works gibt es eine kurze Szene, in der die naive junge Melodie dem alternden Boris vorschlägt, irgendwohin zu gehen, wo es Spaß macht. Die sarkastische Antwort lautet mit Fragezeichen versehen: Ins Holocaustmuseum?

Wenn es funktioniert.

Es regnet, der BvB hat den Club mit 4:0 abgefidelt, Stuttgart kam über ein 1:1 gegen den VfL Bochum nicht hinaus und Hannover trotzte Bayer ein Pünktchen ab. Na gut, ich ziehe mich warm an, Stau auf der A661, Pia fährt, ich maule wegen der Fahrbahnverengung und rotze.

Louisa, Daddy ist schon da. Dunkel, Regen. Das Fanhaus liegt verlassen an den Gleisen, wir marschieren durch den Wald, nehmen beim Bratwurst-Walter eine Wurst und ein Bier, passieren erstaunlich flott den Eingang, und entern den Block: 41 G, wie immer. Die Kurve singt Im Herzen von Europa, einige tragen Nikolausmützen andere Hoffnung.

Anpfiff. Die Eintracht im Schwarz-Rot, die anderen in Grün; Fußball. Es geht hin und her, in der Mainzer Kurve wedeln fünf Fähnchen, später raucht es und der ein oder andere Karnevals-Bengalo illuminiert die Arena. So es Frankfurter gewesen wären, hätte es gehießen: unbelehrbare Chaoten, die sich nicht für Fußball interessieren; da es aber im hiesigen Falle die netten Mainzer waren, heißt es später im ZDF: Super Stimmung. Der Mainzer Torhüter Heinz Müller, geboren in Frankfurt, pariert großartig einen Kopfball von Liberopoulos; im Gegenzug hält Nikolov einen Schuß von Bancé, den Abpraller versemmelt Amri.

Super Stimmung. Die gab es dann in der 29. Minute, als Marco Russ einen weiten Ball in den Strafraum schlug und Maik Franz, der bis dato mit Bancé seinen Spaß hatte in den Ball rutschte und zum viel umjubelten 1:0 für die Eintracht traf. Narhallamarsch.

Fußball, Meier rackerte, Ochs machte Dampf, Korkmaz wuselte und Maik Franz gab alles; ließ sich nichts gefallen und sorgte für die Momente, die den Fan mitreißen und die den Fußball mit den Emotionen versehen, die uns die Zeit vergessen lassen.

In Halbzeit Zwei nahm Mainz das Zepter in die Hand; der hochgelobte Ivanschitz duschte sich bereits und die Eintracht wehrte sich halbherzig gegen die Mainzer Angriffe; hatte Glück, dass sich Bungert und Hoogland bei einem Kopfball gegenseitig behinderten. Selbst als Amri mit Gelb-Rot vom Platz musste, dem Schiedsrichter Beifall klatschte und Bajramovic den Ball aus der Hand schlug, konnte die Eintracht zunächst nicht dominieren. Nikolov wehrte einen erneuten Kopfball in letzter Sekunde ab; Franz wurde von einem Mainzer am Kopf getroffen, blieb liegen; mehrfache Rudelbildung sorgte für heitere Rufe aus der Frankfurter Ecke. Franz und Bancé, Franz und Pekovic; man muss zeigen, wer Herr im Hause ist. Whatever works. Verreck, verreck, Mainzer Dreck ...

In den letzten Minuten konterte die Eintracht endlich so, wie es sich für Elf gegen Zehn gehört und als der kurz vor Ende eingewechselte Teber schön per Hacke auf Ochs verlängerte, dieser nach vorne flitzte und dann clever auf Meier ablegte, der überlegt ins lange Eck schob, war in der 90. Minute der Geck erlegt; Narhallamarsch zum Zweiten.

Die Mainzer Humba fiel aus, die Einracht hatte ihren Job erledigt und die Medienwelt ihre Bilder. Feindbilder.

Wir trafen Kid: trotz Rotz und Kopfweh hatte es sich gelohnt, ins Stadion zu gehen waren wir uns einig - und auch in der Sicht der Dinge, dass wir in der ersten Hälfte Fußball gesehen hatten.

Vor dem Stadion hielt ein Reporter des "Bewusstlos durch den Vormittag-Senders" FFH einigen Eintrachtfans das Mikro unter die Nase, die würdelos den Blutsauger umtanzten anstatt diejenigen zu ignorieren, die stets dann präsent sind wenn Spektakel erhofft wird. Gegen Wolfsburg sind sie dann wieder auf dem Weihnachtsmarkt. Last Christmas und so.

Szenenwechsel, Sofa feat. Rotz.

Zweites Deutsches Fernsehen. Ansässig in Faschingshausen, verantwortlich für die Berichterstattung im Sinne der hiesigen Fußballer; zu Gast Formel1 Fahrer Sebastian Vettel, gebürtiger Heppenheimer und bekanntermaßen Eintrachtfan sowie Thomas Tuchel, Mainzer Übungsleiter - auch durchgehend als Sänger einer Hamburger Band der 90er Jahre.

Vettel überreichte Tuchel ein Präsent; einen Becher vom Spieltag mit der schriftlichen Erinnerung an das Ergebnis des heutigen Tages. Moderator Steinbrecher fragte den Formel1 Helden nahezu verständnislos wie man denn Eintrachtfan wird; mit dem gleichen Duktus hätte er auch fragen können, wehalb man denn Affenhirn essen würde. Der gute Mensch sollte von Geburt an Mainzfan werden, so lieb so nett und so drollig die Kerlchen; da übersieht man gerne einen gestreckten Mittelfinger von Bancé nach Spielende oder die Tatsache, dass aus der Mainzerfankurve wie eingangs erwähnt Rauch und Bengalos aufstiegen. Nicht, dass es mich groß stören würde, alleine die Doppelmoral Superstimmung versus unbelehrbare Chaoten je nach Gusto irritiert gewaltig.

Tuchel durfte sich über vermeintliche Ungerechtigkeiten ausweinen, Steinbrecher triefte vor Verständnis und so langsam können wir zur Normalität zurückkehren. Die heißt im Frankfurter Falle nächste Woche Hoffenheim und das Schlimmste ist zu befürchten: Hier die lustigen Hoppes und dort die bösen Franzfurter; wir, die schwarzgekleideten Fußballdesinterssierten Unbelehrbaren. Ich entschuldige mich schon jetzt für meine kommenden Entgleisungen.

Dass die Frankfurter Rundschau zum Spiel gegen Mainz Franz zum Buhman machen will, einen schmutzigen Sieg gesehen haben will und einen Mainzer unwidersprocen mit den Worten zitiert: Der Mainzer Manager Christian Heidel war zutiefst erschüttert vom Auftreten des Frankfurter Verteidigers passt ins Bild.

Nein, es war nicht schmutzig meine Herren; niemand hat an den Haaren gezogen, niemand hat hinterhältig gefoult, keiner ging auf die Knochen und kein Ellbogencheck war zu sehen. Das wäre schmutzig. Es war ein Fußballspiel; ein emotionales Fußballspiel - und es ist nicht Aufgabe der Medien, einen Spieler, der alles für die Eintracht getan hat, ohne unfair zu sein, durch den Dreck zu ziehen; schon gar nicht die Aufgabe der Frankfurter Medien.

Aber das könnte nach dem 2:0 gegen ZDF Mainz 05 auch egal sein. Ich habe es gestern schon geschrieben: Danke an die, die es möglich gemacht haben. Danke Maik Franz, danke Alex Meier aber auch Dank an Patrick Ochs, Oka Nikolov, Ümit Korkmaz, Marco Russ, Christoph Spycher, Nikos Liberopoulos, Zlatan Bajramovic, Pirmin Schwegler, Chris, Benny Köhler und Selim Teber.

Heute Morgen wehte noch der Geist des Sieges durch das Frankfurter Stadion; gleich, am Bornheimer Hang wird ein anderer im Mittelpunkt stehen: Christoph Preuß. Und darauf freue ich mich.



Whatever works.

Danke!


Eintracht Frankfurt - ZDF Mainz 05 2:0


1:0 Franz 29.

2:0 Meier 90.


Danke!




Die Autogrammkarte stamt vom Eintracht-Archiv. Woher sonst?

Donnerstag, 3. Dezember 2009

Antwort auf einen Blogbeitrag von eintrachtfans.tv


Es folgt eine Antwort auf einen Blogbeitrag von Andy aka Rigobert_G, runtergerotzt ohne Anspruch auf Recht oder Applaus. Leider konnte ich aus technischen Gründen diesen Betrag nicht in Andys Blog unterbringen; so ist es also ratsam, zunächst den Blog zu wechseln, um später hierher zurück zu kehren:

Ich habe meine ganze Jugend im Verein Fußball gespielt, wie so viele Jungs. Unsere Gegner haben wir auf dem Platz geschlagen - manchmal. Haare ziehen oder Pussygehabe gab es nicht, wenn sich jemand dreimal hat fallen lassen, gab es beim vierten mal einen Grund dazu. Wir wollten Spaß - lernten aber auch Fairplay und hockten nach Turnieren in Festzelten und feierten.

Musikgeschmack hatten wir, hörten Led Zeppelin, Pink Floyd und Motörhead - manchmal aber auch nicht, dann hörten wir Abba oder Barclay James Harvest.

Als ich neun war, wurde Deutschland Weltmeister mit Grabi und Holz, dennoch war Gerd Müller ein Großer, Overath, Netzer; auch Cruyff, Neeskens oder Rensenbrink, Lato oder Tomaszewski.

Später im Waldstadion haben mir die Großen immer die Sicht genommen; identifiziert habe ich mich nie mit den Eintrachtfans. Auch nicht mit den Hertha-Fröschen oder Schalke-Knappen. Meistens stand ich mit meinem meterlangen Schal irgendwo rum und freute mich über jedes Tor - wenn ich es denn gesehen hatte. Auf die Idee, dass mir jemand meinen Schal wegnehmen könnte, wäre ich nie gekommen. Da ich Samstags stets selbst kickte, kam ich nur selten in den Genuss, vor Ort zu sein; meist hing ich am Radio und zitterte.

Die Jahre kamen und gingen, mal war ich ein ganzes Jahr bei jedem Heimspiel (85/86) mal ein ganzes Jahr gar nicht (87/88); auswärts war ich selten, mir fehlte das Geld - und die Mitfahrer. Stimmung oder Neudeutsch Support war mir völlig egal, wenn alle Eintracht gerufen haben, hab ich mitgemacht - nur manchmal habe ich mich gewundert, woher die alle wissen, wann was gesungen wird.

Richtig regelmäßig ging ich dann ins Stadion, als ich Andi (aka kreuzbuerger) kennenlernte, ab 1994 bis heute war ich nahezu bei jedem Heimspiel; aber wir waren stets unter uns - noch mit ein paar Kumpels. Die anderen, das waren die Schnösel auf der Haupttribüne oder seltsame Assis, die mit New Model Army, Blue Velvet oder Thomas Mann wahrscheinlich genau so wenig anfangen konnten, wie ich mit dem Gemotze über die eigenen Spieler oder den ausländerfeindlichen Sprüchen. Dachte ich

Immerhin konnten wir uns im und ums Stadion frei bewegen, gegnerische Fans und deren Auftreten waren uns völlig egal; wir kannten keinen Support und kein Rumgehüpfe, wir feuerten unsere Mannschaft an; na gut, bei Schupp und Mornar hörte die Lust auf. Zehn Jahre und länger musste ich aber auch mit anhören, wie Bindewald beschimpft wurde.

Das habe ich nie verstanden.

Plötzlich kickte die Eintracht in der zweiten Liga - wir waren dabei, wir haben eine Niederlage gegen Oldenburg gesehen - aber auch später einen Sieg gegen Fortuna Köln. Wir haben uns im strömenden Regen bis auf die Knochen nass regnen lassen, um ein zähes 2:2 gegen Waldhof zu sehen, sind nach Schweinfurt gefahren. Wir brauchten kein Event, kein Maskottchen, kein Kasperletheater, keine Gruppendynamik; wichtig war, dass die Eintracht gewinnt. Mainz? Hatte und hat die gleiche Bedeutung wie Meppen.

Mit dem Einzug des Privatfernsehens hielten nicht nur merkwürdige Trikots Einzug in die Stadien, auch die Fankurven standen immer mehr im Brennpunkt. Zuvor war eigentlich nur die Katastrophe in Brüssel ein Thema, ansonsten waren wir uns selbst überlassen. Kein Mensch hat dir gesagt, wie du dich wo verhalten sollst, wozu auch, wir wollten Fußball gucken, wollten die Eintracht sehen.

Hooligans waren eine völlig andere Welt, wir hatten keine Berührung, wir brauchten sie auch nicht, genauso wenig wie die Berührung mit den Vip-Räumen.

Sportschau, Rundschau, Kicker - daraus wussten wir, was sich bei der Eintracht über das Spiel hinaus zutrug, die Finanzen, die Spielerwechsel. Bücher gab es wenig; Neumann, Scherzer; später dann der erste Matheja - Großartig, wir lernten Spielernamen aus längst vergangenen Zeiten kennen; Pfaff und Kress und Loy.

Großen Respekt hatten wir vor Dietrich Weise, kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, Weise raus zu brüllen.

Über das Internet stellte ich zu Beginn des Jahrtausend fest, dass es noch andere Verrückte gibt; einen Stefan Minden, einen Frank Gotta, einen Andy Klünder um nur ein paar zu nennen - von da an begann eine andere Zeit; ich identifizierte mich mit der Fanszene, wurde Teil von ihr. Ich wurde Stadionsprecher bei den Amas, lernte immer mehr Leute kennen, Präsidenten und Abteilungsleiter, Spieler und ganz andere Fans, die im Hintergrund blieben, aber immer da waren; Kurt Schmidt oder Roland Gerlach oder Jürgen Gerhardt. Plötzlich kannte ich Armin Kraaz, Klaus Lötzbeier, Bernd Hölzenbein; wir machten Eintrachfans TV, stiegen auf und ab - und eines Tages war das Waldstadion weg. Ich habe mich bis heute nicht mit der neuen Arena angefreundet.

Fankurven sind Teil des Geschäfts geworden und mit der Inszenierung von Support und Choreos werden genau die Elemente des Eventfußballs bedient, die nur durch die Medienpräsenz bestand haben. Das Fußballspiel mutierte auf der einen Seite zur Grundlage inszenierter Reklame fußballfremder Firmen - aber auch die Kurve wand sich ab vom Spiel. Statt die Mechanismen des Kapitalfußballs zu torpedieren, sich den Bildern zu verweigern, behauptet man, gegen den modernen Fußball zu sein - interessiert sich aber nicht für das Spiel - sondern für die eigene Stimmung. Wussten wir früher, weshalb Möller oder Heynckes, Ritschel, Kahn, Weise oder Gelsdorf beschimpft wurden, so ist der Grund weggefallen. Das war bei Thurk so und auch nun bei Funkel.

Das ist Partyfußball, es ist egal, ob die Eintracht gewinnt oder verliert, Hauptsache, es passiert irgend etwas, was nachher auf youtube zu sehen ist. Anfeuern zum Zweck die Mannschaft zu unterstützen? In seltenen Fällen kann man es erleben, ansonsten wird gehüpft und geträllert - egal was gerade passiert. Ritualisierte Abläufe; immergleich und kaum noch auseinander zu halten. Spontan? Anarchisch? Witzig? Hintergründig?

Die Funkel Raus Rufe in Berlin, die ich auch nur im TV mitbekommen habe, weil ich derzeit weder auf Kommerzfußball noch auf Ballermanneske Massenparty stehe (aufstehen, setzen, hüpfen, links um, rechts rum blablabla), sind so dämlich wie nur was. Sie basieren auf keinem Hintergrund, stützen nicht das eigene Team, schütten auch keine Häme über den Gegner. Sie sind dumpf und respektlos gegenüber einem Mann, der die Eintracht über Jahre etabliert hat. Es ist die Lust an der eigenen Berauschung, der der Gegenstand egal ist. Für was stehen diese Rufe? Für Kritik am modernen Fußball? Für "unterstützen des eigenen Teams"? Sie stehen für meinen Geschmack für Blödheit. Gleiche Qualität wie Junggesellenabschied in Sachsenhausen. Einfach nur Scheiße. Unkorrekt ist in Ordnung, wenn eine Substanz dahinter steckt; Heynckes, Jones, Möller.

Sieht so das Auflehnen gegen den modernen Fußball aus? Nein, die Eintracht soll gefälligst den Fußball zaubern, wie einst Grabi, Nickel, Holz oder später Bein, Stein, Falke und Yeboah. Und wenn dies nicht mehr der Fall ist, dann wird halt kollektiv ein Sündenbock gesucht, in dem Fall Funkel und ein Erlöser dazu, im letzten Jahr Caio, heuer Skibbe. Man muss uns nur irgendwas erzählen und schon singen wir und hüpfen dazu weil das ja so originell ist. Genauso wenig, wie man mittlerweile die Arenen unterscheiden kannst, kann man heute die Fankurven auseinander halten.

Dass ein Grabi, ein Holz, ein Yeboah oder ein Bein nicht zu bezahlen ist, wird weitestgehend ignoriert. Dann muss halt investiert werden ... lautet der Tenor. Dass dies aber noch mehr Plüschmaskottchen, Flackerwerbung, Logen und Sicherheitsmaßnahmen beinhaltet, fällt bei solchen Forderungen unter den Tisch. Funkel Raus. Darauf kann man sich einigen; dann braucht es auch keinen Ansatz, sich zu überlegen, wie denn die nackte Realität aussieht.

Gegen die Verhältnisse, die den Kommerzfußball etabliert haben, wird nicht protestiert. Fußball soll Spaß machen, uns ablenken von den Schweinereien die uns tagtäglich das Leben schwer machen, von verlogenen und verkommenen Politikern, von der Macht der Banken, die Milliarden an Steuergeldern einstreichen, von den Werbeagenturen, die nichts als Lügen verbreiten und von dem Sicherheitswahn, der alles verbieten will - außer Massenarmut, Naturzerstörung und Krieg. Solange wir noch ein paar Kröten bekommen, machen wir mit. Und wenn nicht, dann fliegen wir raus aus der großen Zentrifuge - mit einem wilden Lachen und Funkel Raus auf den Lippen. Närrisch.

Dein Fußball hat nie existiert, Andy; es ist ein Lebensgefühl, das gegangen ist. Und seit Hoffenheim ist auch das meinige in Bezug auf Fansein Geschichte. Wirklich ändern müssen sich aber die Verhältnisse, die uns gemacht werden, damit einige aus den Speisekarten mit Goldrand bestellen können. Dazu braucht es mehr, als besoffen auf den Stehrängen rumzustolpern um am nächsten Montag wieder in einem Alltag zu stehen, der uns die Lust zum Träumen genommen hat.

Dienstag, 1. Dezember 2009