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Sonntag, 31. Januar 2010

Sick of it all


Als nachts in eisiger Kälte die Seitenscheibe der Fahrerseite des silbernen Golfs mit einem knackenden Geräusch aus der Halterung sauste und in die Tür fiel; wir also bei offenem Fenster über das Glatteis schlingerten und ich wenige Minuten später hinter dem Haus das offene Fenster verklebte, da entfuhren mir zum gefühlt fünfzigsten Mal die Worte: Ach Scheiße.

Dabei fing alles eigentlich ganz gut an; schon gegen 13:00 parkten wir an der Louisa, wanderten durch den verschneiten Stadtwald, gegen 13:30 öffnete das Museum seine Pforten und wir hatten ein bisschen was zu tun. Der Weg durch den Winterwald bot poetische Bilder, prosaisch wurde es erst, als wir in die Zivilisation zurück kehrten und über kaum geräumte Wege parallel zur Straßenbahn zum Haupteingang marschierten. Einige Wenige standen schon beim Bratwurst-Walter, andere hielten Tickets zum Verkauf in die Höhe - der Einlass aber war kurz und schmerzlos.

Neulich hatte ich ja ein kleines Rätsel veröffentlicht; ihr solltet anhand gemalter Beine und Schuhe Eintracht-Spieler erraten. Im Verlauf des Postings wünschte sich Schnellinger die obere Hälfte des Bildes; dies hole ich hiermit nach, obgleich - um der Wahrheit die Hand zu reichen - es in Wirklichkeit zwei Bilder sind.

Who is who?

Zu schwer, ich weiß.

Ich nestelte mir noch ein Christoph-Preuß-Button an meine Winterjacke, als mich mein Vater im Museum abholte und wir in Richtung unserer Plätze dackelten. Wir wussten schon, dass unser Neuzugang Halil Altıntop von Beginn an spielte; was dies aber insgesamt zu bedeuten hatte, wurde uns erst im Verlauf der Partie klar. Kurz darauf kam auch Pia, die noch einige Museums-Flyer verteilt hatte. Laune: gut.

Mitgedacht hatte die Eintracht; Christoph Preuß, der unter der Woche seinen bewegenden Abschied vom Profi-Fußball verkündet hatte, bedankte sich unter prasselndem Applaus für all die Jahre und Unterstützung und verkündete die Manschaftsaufstellung per Mikrofon; Wir sind alle Frankfurter Jungs schallte es von den Rängen, die mit insgesamt 45.100 Zuschauer wiederum relativ schwach besetzt waren.

Los gings, die Eintracht gegen den 1.FC Köln, ein Klassiker mit unvorhersehbarem Ausgang. Nicht dabei waren verletzungsbedingt: Amanatidis, Bajramovic, Fenin, Schwegler, Vasoski und natürlich auch Preuß, während auf Kölner Seite Podolski fehlte. Vasoski gegen Podolski, das war ein Duell, erinnert ihr euch? Hier zum Beispiel oder auch hier. Sebastian Jung war wieder auf die Bank gerutscht; Franz nahm dessen Position in der rechten Verteidigung ein, Chris rückte nach Gelbsperre wieder nach innen und Teber versuchte sich auf Schweglers Position.

Von Zeit zu Zeit segelten sich lösende Schneeschichten vom Dach aufs Spielfeld; der Videowürfel verkündete ein Gladbacher Tor nach dem anderen gegen Bremen und urplötzlich zeigte die eingeblendete Tabelle eine Eintracht auf dem sechsten Platz. Europapokal hallte es kurz darauf durch Stadion; nicht sonderlich ernst gemeint; von uns - aber auch von den Akteuren, die nichts dafür taten, uns zu erwärmen. Eine Chance von Ochs, ein Kopfball von Russ - das war's in einer lahmen ersten Halbzeit. Meier, Liberopoulos und Altıntop teilten sich eine Position und wussten nicht so recht wohin mit sich und der Welt.

Halbzeit. Seitenwechsel.

Nikolov zeichnete sich während des gesamten Spiels durch mindestens drei beherzte Sprints außerhalb des Strafraumes aus - und klärte vor den heraneilenden Kölnern in ungewohnter Manier. Machtlos aber war er in der 59. Minute, als Maniche von Freis schön freigespielt die Kugel im Eintrachtherz versenkte. Skibbe reagierte, brachte Korkmaz für Köhler - und nur wenig später wälzte sich Korkmaz auf dem Boden; Neu-Kölner Tosic hatte ihm eine mitgegeben und es sah zunächst schwer danach aus, dass der Einsatz von Üüüüüüüümit nach wenigen Minuten schon wieder ein Ende gefunden hatte. Korkmaz aber biss sich durch. Das bittere Ende kam nach Abpfiff: Jochbeinbruch - eine erneute längere Pause wird folgen. Hatte schon letzte Woche der Nürnberger Andreas Wolf Pirmin Schwegler schwer verletzt, so war nun der nächste Ausfall zu beklagen. Sowohl Wolf als auch Tosic waren mit Gelb mehr als gut bedient.

Schwer flockte nun der Schnee durchs Flutlicht ins Stadion, endlich kam Farbe ins Spiel: Ein orangener Flutlichtball. Dann kam Caio für Liberopoulos und Bewegung in die Partie; die Eintracht erinnerte sich an Fußball, Meier und Teber scheiterten aus der Distanz an Mondragon, und holte sich dann doch den Ausgleich; im dritten Anlauf drosch Chris die Kugel resolut ins Netz, zuvor hatten Mondragon und ein Kölner noch die Versuche der Frankfurter abwehren können. Jawoll. Verdient. Endlich. High Five. Jawoll.

Altıntop hatte kurz darauf die Führung auf dem Schlappen, rutschte weg und sie war dahin; die Gelegenheit.

84. Spielminute; Stadiondurchsage. Zwei zu Eins für den 1. FC Köln durch ein Eigentor. Dass es Russ gewesen ist, zeigten uns erst die Bilder der Sportschau; dass es aber ein Treffer war, dem selbst einem Stürmer aus dieser Position aufs gegnerische Tor höchst selten gelingt, war schon im Stadion sichtbar. Flugkopfball, schräg, aus geschätzten zwölf Metern.

Scheißescheißescheißescheiße.

Die letzten Minuten, sie gingen sinnlos dahin, auch der erste Bundesligaeinsatz von Marcos Alvarez brachte nicht viel; Schlusspfiff; Abmarsch. Ausgerechnet gegen die Scheiß-Kölner murmelte ich vor mich hin; unterbrochen von einem seufzenden ach Scheiße.

Die Läuferin am Stadioneingang betrachtete leichtbekleidet und verschneit unseren Abgang, wir rutschten übers Eis durch den Wald zurück zu den Autos, die letzten Weihnachtsplätzchen wurden ausgetauscht; die Scheiben gekratzt und so schlingerte ein Golf Richtung Nordend und ein Mitsubishi nach Dietzenbach.

Nach einem Tee und der Sportschau ging's rüber nach Offenbach, die Dropkick Murphys gaben sich die Ehre, zuvor performten Sick of it all. Jede Menge Eintrachtler waren anwesend, ob sie die nachmittäglichen 90 Minuten vergessen konnten ist nur zum Teil überliefert; das Konzert jedoch war um Längen besser als der Kick.

Naja, dann sauste die Scheibe runter; das war's. Sick of it all.




Dank Stefan habe ich im Header einen neuen Adler. Legal. Danke.

Donnerstag, 28. Januar 2010

Ein Traum ist aus...


... ein neuer muss geträumt werden. Christoph Preuß hat heute auf der Pressekonferenz der Eintracht wie befürchtet halbwegs gefasst seinen Abschied vom Profifußball verkündet. Ein Einriss im Meniskus des gerade halbwegs hergestellten Knies - so lautete am Dienstag die ernüchternde Diagnose der Ärzte. Nach der zum Teil übermenschlichen Belastung in den letzten zwei Jahren möchte es Christoph sich und seiner Familie eine erneute Operation nicht zumuten.

Eine traurige Meldung - wir werden sehen, ob und wie es für Christoph bei der Eintracht weiter geht. Wir aber haben ihn in den letzten Tagen und Wochen sehr schätzen gelernt und werden ihn nicht aus den Augen verlieren. Alles Gute und viel Glück wünsche ich dir - und Danke für Alles.



Nachtrag: Kid hat seine Worte gefunden: Der Kampf ums Glück

Mittwoch, 27. Januar 2010

24 Stunden


Gestern war es, so gegen 16:00 Uhr. Warm eingepackt verließ ich mein Zuhause und ließ mich mit der Trambahn nach Sachsenhausen rumpeln, ein heißer Apfelwein und nettes Nachmittagsgeplauder wartete auf mich. Wir saßen und schwatzen über dies und jenes und über die Eintracht sowieso, großartig Neues kam nicht auf den Tisch, außer heiße Leberwurst und Sauerkraut. Der Abend brachte einen Film über den Serienmörder John Wayne Gacy sowie Inglorious Basterds mit einem groß aufspielendem Christoph Waltz; der Morgen danach Aufräum- und Sortierarbeiten; da ist es ganz praktisch, dass man derzeit keinen Internetanschluss besitzt und sich nicht groß irritieren lässt; was soll auch an einem eisigen Mittwoch schon groß passieren? Von Zeit zu Zeit liebe ich es ja, abgeschnitten von der Welt in meiner Hinterhauswohnung zu sitzen und mich um meinen Kram zu kümmern; manchmal fällt mir eine ewig ungehörte CD in die Finger, manchmal eine alte Eintrittskarte und die Gedanken lösen sich von der Wirklichkeit - oh heilige eigene kleine Welt.

In der Küche hing mein Handy am Ladegerät, während ich nebenan rumorte - eingehende SMS werden da gerne überhört; doch Pia ließ nicht locker - und rief an:

Altintop kommt.

Nikolov geht.

Preuß verletzt.

?

Einmal nur knapp 24 Stunden nicht online - und schon passiert's. Im Ernst, es passiert natürlich auch sonst jede Menge; alle naslang werden Kinder geboren, sterben Menschen, gehen Landstriche zu Grunde. Dies geschieht aber nur, wenn man davon in Kenntnis gesetzt wird und - ich gebe es zu: Ich will eigentlich gar nicht dauernd und ständig in Kenntnis gesetzt werden. Oder mich gar dazu äußern. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß sagt der Volksmund, der es ja wissen müsste und wer will schon permanent überhitzt durchs Dasein laufen.


Altintop kommt.

Nikolov geht.

Preuß verletzt.

?

Das sind natürlich drei Nachrichten von ungeheurer Qualität. Dass die Eintracht einen neuen Stürmer verpflichtet, ist wenig überraschend; schließlich läuft die Transferphase noch bis zum nächsten Montag - alle Beteiligten wissen ob der Verletztenmisere und kennen die finanziellen Verhältnisse, die es zwar nicht erlauben einen Herrn Kießling oder Gomez zu verpflichten aber durchaus einen unzufriedenen Bankdrücker eines anderen Bundesligisten. Dies dürfte zwar unsere Nachwüchslinge vom Schlage eines Marcos Alvarez nicht entzücken, aber dieser kam ja auch ohne Neuverpflichtung zu keiner einzige Bundesligaspielminute. Und das, obwohl der Trainer ja mit Jungen kann. Sagt er. Jetzt also Halil Altintop.

Dank meines türkischen Freundes Ergin bin ich auch sofort über die wesentlichen Dinge aufgeklärt worden.

Punkt 1: Altin heißt auf deutsch Gold und Top heißt Ball. Oder Kanone. Das muss doch Glück bringen. Halil Goldball. Bei gleicher Gelegenheit erfuhr ich übrigens, dass Korkmaz hat keine Angst bedeutet. Auf geht's ihr Buben.

Und so ganz nebenbei gibt es hier unentgeldliche Spachtipps von Ergin, der es ja wissen muss:

Altintop sprechen ALLE - ausnahmslos ALLE - Deutschen falsch aus. Richtig wird es ausgesprochen wie "Altentop", mit einem stimmlosen "e" wie in "Blume" zum Beispiel. Weil über dem i der Punkt fehlt -> "ı" -> Altıntop.

Jetzt wisst ihr's.

Auf geht's könnte es auch demnächst für Oka Nikolov heißen. Die New York Red Bulls locken ihn über den großen Teich - und wenn ich Oka wäre, ich würde den Abflug machen. Dies dachte sich Oka selbst auch und lehnte ein zweijähriges Angebot der Eintracht ab. Blöd nur, dass die Liga in den Vereinigten Staaten schon am 15. März beginnt, die Eintracht ihn aber bislang nicht ziehen lassen will - was ich auch gut verstehen kann.

Mensch, wenn Oka die Eintracht verlässt , das wär ein Ding. Aber mit 35 noch zwei, drei Jährchen in New York zu kicken und zu leben und dabei noch gutes Geld zu verdienen, nebenbei noch Englisch lernen - das sind doch unschätzbare Erfahrungen, um die - so sie denn eintreffen - ich ihn beneide. Und sollte es wirklich so kommen, dann tritt er bei der Eintracht mit einem Standing ab, das ihn für alle Zeit den ewigen Oka bleiben lässt. Besser, als vielleicht schon in der nächsten Saison nach einigen Patzern in Frankfurt auf der Tribüne zu hocken. Ein Tränchen dürfen wir aber schon verdrücken; vor allem die Jüngeren - viele von ihnen sollen ja tatsächlich glauben, Oka hätte schon bei Gründung der Victoria anno 1899 im Tor gestanden.

Christoph Preuß verletzt; das ist natürlich eine niederschmetternde Neuigkeit; Einriss im Meniskus des rechten Knies lautet eine mögliche Diagnose und wer die Vorgeschichte kennt (und welcher Eintrachtler kennt sie nicht) der ahnt, was es für Christoph bedeutet. Noch weigere ich mich schlimm zu denken und drücke die Daumen, dass alles halb so wild ist. Alles andere sehen wir wenn es an der Zeit ist. Gute Besserung wünsche ich von dieser Stelle von ganzem Herzen. Und grüße an dieser Stelle auch ganz herzlich meinen Freund Kid Klappergass, der keine Worte findet.



Die Zeichnung von Oka zeigt einen Ausriss aus einem Comic von Michael Apitz
Die Autogramkarte von Christoph stammt, wen wunderts, von Franks Archiv

Sonntag, 17. Januar 2010

Ein Abend mit Christoph Preuß im Museum - Teil Zwei


Wurde Christoph Preuß in den ersten Partien der Saison 2006/07 jeweils eingewechselt, so setzten ihn schon im September 2007 Schmerzen im Knie außer Gefecht; der Meniskus wurde geglättet und während sich die Eintracht in den beiden Spielen gegen Brödby IF im Uefa-Cup durchsetzte, um in der Zwischenrunde gegen Newcastle, in Vigo, gegen Palermo und bei Fenerbahce Istanbul denkbar knapp auszuscheiden (sieben Minuten fehlten letztlich zum Weiterkommen) bereitete sich Preuß nach der Operation auf die Rückrunde vor.

Bereits am 19. Spieltag, am 30.01 2007 stand er wieder auf dem Platz, wenn auch nur für eine Minute; Trainer Friedhelm Funkel wechselte ihn in der 90. Minute für Takahara ein, kurz danach hatte sich die Eintracht den ersten Bundesligapunkt in Wolfsburg gesichert.

Den unvergessenen Höhepunkt des Jahres - und wohl eines der Highlights seiner Karriere - erlebten 51.500 Zuschauer am 17. März 2007 im ausverkauften Frankfurter Stadion eine Situation, die Rüdiger Schulz aka Kid Klappergass am Tag danach wie folgt beschreiben sollte: Zwei Frankfurter Buben und ein magischer Moment.

Bis zur 77. Minute hielt die Eintracht ein 0:0 gegen die Bayern als Patrick Ochs eine Flanke stramm in den Strafraum zog, wo Christoph Seit an Seit mit Lucio auf den Ball wartete. Wie aus dem Nichts sprang er aus dem Stand mit dem Rücken zum Tor dem Ball entgegen, und wuchtete ihn per Fallrückzieher unhaltbar für Oliver Kahn ins Netz; ein Treffer, der nicht nur den 1:0 Endstand bedeutete, sondern in der Sportschau zum auch Tor des Monats im März 2007 gewälht wurde - und zudem den zweiten Platz bei der Wahl zum Tor des Jahres 2007 belegte.

Noch am Morgen vor dem Spiel lagen Ochs und Preuß gemeinsam im Hotel auf dem Zimmer und sahen sich im TV die schönsten Tore Europas an. Wir waren beide der Meinung: Wer nichts wagt, der nichts gewinnt. Ich hab's damals probiert - und es hat geklappt.

Schon beim 2:5 in München hatte Preuß per Seitfallzieher zum zwischenzeitlichen Ausgleich getroffen - und sogar neulich im Training, als wir zufällig kibitzten, gelang ihm erneut ein Treffer per Fallrückzieher.

Zwei Wochen nach dem Sieg gegen die Bayern stand Christoph erneut im Blickpunkt; diesmal jedoch unter äußerst schmerzhaften Bedingungen: Bei einem Zusammenprall mit Torhüter Oka Nikolov im Spiel gegen Cottbus blieb Preuß im eigenen Strafraum liegen; sein erster Gedanke: Pferdekuss wurde schnell durch die traurige Gewissheit ersetzt, dass der Stollen Okas den Oberschenkel von Christoph Preuß zentimetertief aufgeschlitzt hatte. Beim Entknäulen der beiden platzte noch die letzte Schicht vor dem Muskel und das Blut spritzte nur so heraus.

Man konnte die Stille im Museum förmlich hören, als Christoph von den nun folgenden Momenten erzählte. Empfand er zunächst keine Schmerzen, so wurde er nach ärztlichen Sofortmaßnahmen durch Dr. Seeger umgehend in die Unfallklinik nach Seckbach gefahren. Schon auf dem Weg dorthin wurden die Schmerzen im Oberschenkel unerträglich, auch der Rücken meldete sich wieder. Im Krankenhaus wurde zunächst sogar ein offener Bruch befürchtet, erst die Röntgenbilder zeigten, dass es sich nur um einen aufgerissenen Oberschenkel handelte, der mit 50 Stichen genäht wurde. Drei Tage später wurde Christoph aus dem Krankenhaus entlassen, einige Wochen später stand er wieder auf dem Platz; eingewechselt in der 75. Minute in Bremen, als die Eintracht durch einen unerwarteten Auswärtssieg vorzeitig den Klassenerhalt sichern konnte - und Werder den Meistertitel verdarb. Im Nachhinein sagt Christoph, dass er - nach allem was danach geschehen ist - lieber noch eine Narbe am anderen Oberschenkel hätte, als die Erinnerung an die nun folgenden Erlebnisse.

In der Saison 2007/08, am neunten Spieltag in der Partie gegen Leverkusen, erlitt Preuß bei einem Zweikampf mit Sergej Barbarez einen Nasenbeinbruch; Barbarez selbst forderte am nächsten Tag die Handynummer von Christoph ein und erkundigte sich nach dessen Wohlergehen; ein nicht selbstverständliches Vorgehen unter Profis.

Wenig später, die Nase war noch nicht ganz ausgeheilt, erhielt Preuß bei einem Trainingsspiel einen Tritt ans Knie, dessen Folge zunächst als Prellung vermutet wurde, die alsbald nachließ. Medizinische Bilder zeigten keine größere Schädigung im Knie.

Kurz danach, nach dem Spiel gegen Dortmund, zwickte zunächst die Wade und ein Muskelfaserriss wurde in Betracht gezogen. Wenige Tage später zog der Schmerz ins Knie und eine erneute Untersuchung brachte die traurige Diagnose: Knorpelschaden. Ob der Tritt im Freundschaftsspiel dafür ursächlich war, ist bis heute unklar.

Der Versuch, das Knie konventionell zu behandeln wurde nach kurzer Zeit abgebrochen; eine Operation war unumgänglich, zumal Dr. Bönisch in Augsburg die Diagnose bestätigte. Letztlich entschieden sich die Ärzte für die Mikrofakturierung, eine Methode, welche zuletzt bei Vasoski und Amanatidis angewandt wurde, welche ebenfalls mit Knorpelschäden zu kämpfen hatten und haben. Am 4. Dezember 2007 kam Christoph Preuß unters Messer; der Plan sah vor, dass er bei optimalem Heilungsverlauf Ende April, Anfang Mai 2008 wieder auf dem Platz stehen könne, allein - es kam alles ganz anders.

Obgleich die Reha zunächst nach Plan verlief, merkte Preuß, als er wieder mit leichtem Training begonnen hatte, dass etwas nicht stimmt. Obwohl sich der Knorpel auf Röntgenbilder in guter Verfassung gezeigt hatte, wurde dass Knie bei Belastung wieder dick. Zu diesem Zeitpunkt konnte sich Preuß im Alltag normal bewegen; den Anforderungen des Leistungssports aber war er zu diesem Zeitpunkt nicht gewachsen.

Die Schale, die den Knorpel umfasst, bekam so einen großen Druck, dass der neugebildete Knorpel diese Belastung nicht aushalten konnte.

Schon bei der ersten Diagnose im Winter war klar, dass es sich um eine schwerwiegende Verletzung handelte, der erneute Rückschlag aber verdunkelte Christophs Welt: Dann ist alles für mich zusammen gebrochen. Gedanken an ein Karriereende überwogen phasenweise.

Nach dem ersten Rückschlag setzte sich Christoph noch intensiver mit der Verletzung auseinander - und kam unter Anderem zu der Erkenntnis, dass er zu früh mit der Belastung angefangen hatte - obgleich dies nach dem Heilungsverlauf damals nicht abzusehen war.

Christoph fuhr zunächst in Urlaub, um die neue Situation zu verarbeiten und den Kopf klar zu bekommen. Die Bilder des geschädigten Knies aber wurden nach Amerika zu Dr. Steadman geschickt; eine Koryphäe auf dem Gebiet und auch dieser kam zu dem Entschluss, dass die deutschen Ärzte bislang eigentlich richtig ge- und behandelt hatten.

Zu diesem Zeitpunkt packte Christoph das eigene Schicksal am Schopf und entschied sich, nach Amerika zu reisen, um sich von Dr. Steadman behandeln zu lassen. Als Teil des Mannschaft fühlte er sich zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich.

Relativ kurzentschlossen setzte Christoph, den Gedanken, alleine nach Amerika zu fliegen in die tat um; unsicher ob er überhaupt operiert werden würde, suchte er das Gespräch mit dem Arzt. Nachdem er einen Tag im Büro verbracht hatte, bekam er abends um halb sieben das ok; schon am nächsten Morgen erfolgte die Operation - eine zweimonatige Reha schloss sich an; eine Zeit, die Preuß ohne Familie und Bekannte durchstehen musste. Dienstags war das Gespräch, Mittwochs die Operation und Donnerstags begann die Reha. Auf Krücken bewegte er sich die folgenden Tage und Wochen und kam im Laufe der Zeit immer besser zu Recht, auch verbesserte sich sein Englisch Tag für Tag. Dies führte dazu, dass er bei Telefonaten teilweise nach deutschen Worten suchen musste. Auch setzte sich Christoph intensiver mit dem Internet auseinander; heute hat er seine eigene Homepage und nutzt Dienste wie Twitter oder Facebook ganz selbstverständlich.

Anfang Oktober 2008 kehrte Christoph Preuß nach Deutschland zurück.

Es ist, wie es ist - aus den Augen, aus dem Sinn - könnte man meinen. Obgleich Christoph Preuß bei vielen Eintrachtfans nicht vergessen war, so erinnerten uns die Blogeinträge von Kid Klappergass an die Leidensgeschichte von Christoph. Auch für Christoph selbst waren die Beiträge von Kid von außerordentlicher Bedeutung; die Hoffnung und das Erinnern daran, dass man den Glauben nie aufgeben solle, motivierten unsere jetzige Nummer 20 auch weiterhin alles für das Comeback zu geben. Christoph bedankte sich nicht nur im Internet, sondern auch im Museum unter prasselndem Applaus bei Kid, der eigentlich gar nicht so gerne im Focus steht - sich diesen Dank aber redlich verdient hat.

Christoph wusste, dass er mindestens ein Jahr Pause einkalkulieren musste - und er dennoch keine Garantien besitzt, jemals wieder Bundesligafußball zu spielen. Entsprechend weiträumig wurde der Zeitplan terminiert. Der wesentlich Unterschied im Umgang mit dem Heilungsprozess bestand darin, dass Christoph nun mit amerikanischer Gelassenheit an die Sache heran ging und sich selbst nicht unter Druck setzte. Wichtig war nicht, wann ich zurück komme, wichtig ist dass ich es überhaupt noch einmal packe. So schaute ich von Tag zu Tag - wie ich es auch heute noch mache.

Derweil wurde bei Ioannis Amanatidis ebenfalls ein Knorpelschaden diagnostiziert; auch Ama wandt sich nach Gesprächen mit Preuß an Dr. Bönisch.

Bislang kam es bei Christoph zu keinerlei Rückschläge, einzig die Anpassung der Einlagen gestaltete sich über ein paar Tage etwas schwierig. Schritt für Schritt entwickelte Christoph ein Trainings- und Rehaprogramm und schaute von Tag zu Tag, wie sich die Dinge entwickeln - und dokumentierte die Entwicklung auch auf seiner Homepage. Über die ersten Gehversuche, das leichte Jogging, die Vertragsverlängerung bis zum Jahr 2010, die Freude auf den ersten Laktattest, das erste (noch geschützte) Mannschaftstraining, der erste Einsatz in einem Freundschaftsspiel in Eschersheim, der erste Auftritt bei der U23 in Ulm, das erste Heimspiel für die U23 am Bornheimer Hang - bis hin zur Einwechslung in Hoffenheim unter großem Applaus der mitgereisten Eintrachtfans. Über zwei Jahre nach der ersten Verletzung und nach einer unvorstellbaren Leidenszeit stand Christoph Preuß wieder in einem Bundesligaspiel auf dem Platz; Als die Hölle zufror schrieb Kid anlässlich dieses Anlasses.

Im Winter 2010 nahm Christoph zum ersten Mal seit Sommer 2007 an einem Trainingslager der Eintracht teil, diesmal in Belek, Türkei - ein weiterer Meilenstein, da die Belastung im Trainingslager die intensivste für einen Fußballer ist - und auch dieser Belastung hielt das Knie stand. Wohlwissend, dass ihn auch fürderhin das Knie beschäftigen und er auch weiterhin sehr sorgsam für die Gesundheit arbeiten wird, und spezielle Übungen absolviert, steht in der Rückrunde ein Neuangriff auf dem Plan - und wir können uns auf einen Neuzugang freuen, der ein alter Bekannter ist: Christoph Preuß.

Christoph stellte sich noch den freundlichen Fragen aus dem Publikum - und blieb noch lange nach Ende der Veranstaltung im Museum, um im kleinen Kreise noch aus seiner bewegten Geschichte zu erzählen.

Großartig war es, vielen Dank dafür.




Fotos: Stefan Krieger


Foto Fußballschuh: Pia Geiger

Freitag, 15. Januar 2010

Ein Abend mit Christoph Preuß im Museum - Teil Eins



Zum ersten Mal in der über zweijährigen Geschichte des Museums war am 14. Januar ein aktiver Spieler bei einer Abendveranstaltung im Museum zu Gast, sieht man einmal von der langen Nacht der Museen ab, als ebenfalls Christoph Preuß uns besuchte.

Bislang standen Besuche Aktiver ausschließlich im Rahmen der Kinderpressekonferenzen an, die das Museum zu großer Freude des Nachwuchses vor allem in den Ferien anbietet. Den Beginn machte seinerzeit wiederum Christoph, gefolgt von Mehdi Mahdavikia, Markus Pröll, Oka Nikolov, Maik Franz und Alex Meier, die sich vom Nachwuchs löchern ließen.
Nun aber sollte Christoph Preuß vor Fans jeglichen Alters aus seiner Karriere, von Höhen und Tiefen erzählen und - soviel sei vorweg genommen - es folgte ein großartiger und stellenweise bewegender Abend.

Annähernd siebzig Zuhörer fanden sich bei nasskalter Witterung im Museum ein, darunter Kurt E. Schmidt, Sonny, Kid Klappergass oder Frank Gotta, aber auch Christophs ehemaliger Jugendtrainer Kurt Baumann. Stühle wurden heran geschleppt, während ich wieder einmal das Privileg hatte, Christoph durch den Abend zu begleiten. Während unserer Unterhaltung liefen auf dem Monitor Szenen seiner Karriere, die Frank Wagner dankenswerterweise für uns gesichtet und bearbeitet hatte.

Christoph begann seine Karriere in Großen-Linden, wo er in den letzten Jahren von Kurt Baumann trainiert wurde. Er spielte sich über die Kreis- und Bezirksauswahl auch in die Hessenauswahl; dort fiel er Holger Müller auf, der bis heute die Nachwuchsspieler für den Verein Eintracht Frankfurt sichtet und sollte zur Eintracht gelotst werden. Zunächst blieb Christoph noch eine Weile in Großen-Linden, zum einen wollte er einen Zehenbruch auskurieren und zum anderen seinen Heimatverein in die Landesliga schießen, zur U17 jedoch wechselte er an den Riederwald. Mitspieler bei der Eintracht waren Jermaine Jones, Giuseppe Gemiti, Mimoun Azaouagh oder Daniel Gunkel.

Sportlich eine Verbesserung, die Sportplätze jedoch waren in Großen-Linden um einiges gepflegter. Dennoch reifte Preuß zum Jugendnationalspieler im Trikot des DFB, Höhepunkt war sicherlich die Teilnahme an der U-20 Weltmeisterschaft in Argentinien im Jahr 2001, zusammen mit Gemiti und Jones aber auch mit Selim Teber. Das Trainerteam Stielike/Hrubesch hinterließ einen starken Eindruck, vor allem Stielikes takische Fähigkeiten prägten Preuß nachhaltig. Interessierter Nationaltrainer war seinerzeit Michael Skibbe; man kennt sich also schon länger.

Schon als Jugendlicher kam Preuß unter Trainer Bene Lippert zu seinen ersten Oberliga-Einsätzen, bevor ihn Felix Magath zu den Profis beorderte. 21 Spiele standen nach der ersten Bundesligasaison 2000/01 zu Buche und leider auch der zweite Abstieg der Eintracht. Magath, der nach einem 1:5 gegen den 1. FC Köln seinen Stuhl räumen musste, schickte die jungen Spieler nach Ende der Hinserie zunächst wieder in die zweite Mannschaft, dessen Nachfolger Rolf Dohmen besann sich jedoch eines Besseren - erlebte die Saison dennoch nicht bis zum Ende. Friedel Rausch hieß der dritte und letzte Trainer im ersten Profijahr.

Mit Martin Andermatt ging es in der Zweiten Liga zunächst um den direkten Wiederaufstieg, Christoph Preuß absolvierte dabei 30 Spiele und als das anvisierte Ziel in weite Ferne gerückt war, wurde Andermatt durch Armin Kraaz ersetzt; am Ende belegte die Eintracht einen enttäuschenden siebten Platz - und verlor Christoph, der nach Ende der Saison auf Grund leerer Kassen nach Leverkusen wechseln musste; ein Transfer, der der Eintracht das finanzielle Überleben im Profifußball sichern sollte.

Der Wechsel nach Leverkusen stand für Preuß unter keinem guten Stern; schon in der Vorbereitung musste er an beiden Knöcheln operiert werden - auch der Trainerwechsel von Toppmöller zu Augenthaler, der von dem jungen Spieler augenscheinlich nicht allzuviel hielt förderte seine Karriere nicht. Immerhin kam er in drei Championsleaguepartien zum Einsatz, spielte bei Manchester United in Old Trafford sowie in den beiden Partien gegen Newcastle United - wobei ihm der Support der Fans von Newcastle weit mehr imponierte als die hochgelobte Stimmung in Manchester. Das Besondere an den Championsleaguespielen war neben einer frühzeitigen Anreise und dem Training im Stadion sicherlich auch der komplett durchorganisierte und minutiös geplante Ablauf der Veranstaltung.

Vier Bundesligaspiele konnte Christoph für Leverkusen absolvieren, dazu kamen 14 Partien in der Regionalligamannschaft. Da Augenthaler auch für die kommende Saison nicht mit Christoph plante, wurde dieser ob des Bemühens von - man höre und staune - Peter Schuster zur Eintracht ausgeliehen, Ende August 2003 kehrte Preuß nach dem dritten Spieltag in den Kader der von Willi Reimann trainierten Eintracht zurück, nahezu zeitgleich wurde Chris verpflichtet und auch Andy Möller, der schon seine Karriere beendet hatte, sollte noch einmal das Trikot der Eintracht tragen. Der Vertrag jedoch wurde von Christoph Preuß in Höchst vor einem Hotel auf dem Autodach unterschrieben.

Andy Möller, der spätestens nach seinem Wechsel zu Juventus 1992 von den meisten Eintracht-Anhängern mindestens kritisch gesehen wurde - und der auch nach seinem überraschenden Angebot der Eintracht im Jahr 2003 zu helfen, keineswegs mit offenen Armen empfangen wurde, war der Zimmernachbar von Preuß, welcher wiederum gut mit ihm klar kam und durchaus gute Gespräche mit Möller hatte. Er hat versucht, eine Erfahrung weiter zu geben, leider hat dies nach Außen nicht so geklappt.

Die Eintracht bewahrte sich die Chance auf den Klassenerhalt bis zum letzten Spieltag und musste nach einem 1:2 in Hamburg zum bislang letzten Mal den Gang in Liga zwei antreten. Negativer Höhepunkt der Saison war der Schubser von Willi Reimann gegen den vierten Schiedsrichter, der dem Trainer ein Fünf-Spiele-Sperre einbrachte, die dieser nicht auf der Tribüne absaß, sondern in einem Container auf der Baustelle der Haupttribüne. Die folgenden vier Spiele verlor die Eintracht und auch ein zwischenzeitliches 3:0 gegen Freiburg sollte am End nichts nutzen. Preuß abslovierte 29 Spiele, das erste am vierten Spieltag gegen die Hertha - und erzielte drei Tore.

Da Preuß von Leverkusen nur geliehen war und bei Bayer noch zwei Jahre einen Vertrag hatte, musste er formal nach Leverkusen zurück und wurde von dort im Tausch gegen Paul Freier nach Bochum transferiert; immerhin ergab sich dadurch für Christoph die Möglichkeit, international zu spielen - der VfL hatte sich durch einen fünften Platz in der Liga tatsächlich für den Uefa-Cup qualifiziert.

Kam der VfL unter Coach Peter Neururer mit fünf ungeschlagenen Spielen in der Liga noch ganz ordentlich aus den Startlöchern, so folgten binnen weniger Tagen zwei Nackenschläge, von denen sich das Team während der gesamten Saison nicht erholen sollte. Kassierte Bochum beim Pokalspiel in Freiburg in letzter Sekunde den Ausgleich, um in der Verlängerung noch zu verlieren, so kam es neun Tage später im Rückspiel des Uefa-Cups gegen Lüttich noch härter. Es galt ein 0:0 zu verteidigen und der VfL führte lange Zeit sogar mit 1:0 - ein erneuter Gegentreffer in der Schlussminute ließ alle internationale Träume platzen - und am Ende stand für Christoph ein weiterer Abstieg fest, zumal den Neuzugängen relativ bald die Unterstützung des Publikums versagt blieb, sie gar ausgepfiffen wurden. 30 Spiele und zwei Treffer konnten nichts daran ändern.

Da sich Christoph in Bochum nur bedingt wohlgefühlt hat und er zudem schon seit geraumer Zeit mit Heribert Bruchhagen in Kontakt stand, war schon im Winter 2004/05 klar, dass ein erneuter Wechsel zur Eintracht nach Saisonende immer wahrscheinlicher wird - und letztlich auch Wirklichkeit wurde.

Christoph selbst war mit Saison 2005/06 nicht recht glücklich, schwankende Leistungen führten dazu, dass er in der Liga "nur" zu 23 Einsätzen kam und ein Bandscheibenvorfall gegen Ende der Saison verhinderte letztlich die Teilnahme am Pokalfinale gegen die Bayern in Berlin, obgleich die gesamte Mannschaft natürlich im Olympiastadion anwesend war. Glück im Unglück bedeutete für ihn der Umstand, dass er nicht operiert werden musste. Letztlich hielt die Eintracht die Klasse und startete auch in der Saison 2006/07 in der ersten Liga. Durch das Double der Bayern, die nach dem Pokalsieg auch Meister wurden, hatte sich die Eintracht trotz der Niederlage im Pokalfinale für die Teilnahme am Uefa-Cup qualifiziert.


Fotos: Stefan Krieger

Dienstag, 12. Januar 2010

Christoph Preuß im Eintracht Frankfurt Museum


Zwei lange Jahre kämpfte Christoph Preuß nach einer schweren Verletzung um sein Comeback und zahlreiche Fans haben unserer Nummer 20 während dieser Zeit kräftig die Daumen gedrückt. Ende Oktober 2009 kehrte er endlich in das Mannschaftstraining zurück und bereits wenige Wochen später erzielte er in seinem zweiten Einsatz bei der U23 sein erstes Pflichtspieltor nach der Verletzung. Am 16. Spieltag der Hinrunde war es dann soweit. Christoph Preuß kehrte als Einwechselspieler für wenige Sekunden in die Bundesliga zurück.

Über seine Leidenszeit, seine Erfahrungen, Rückschläge, Hoffnungen und großartige Momente seiner Karriere wie das "Tor des Monats" beim Spiel gegen die Bayern im März 2007 berichtet Christoph Preuß am 14. Januar um 19.30 Uhr im Eintracht Frankfurt Museum.

Donnerstag, 14. Januar
Start: 19.30 Uhr
Eintritt: 5,00 €, erm. 3,50 €

Samstag, 12. Dezember 2009

Heimspiel in Sinsheim oder so. Handwerklich sauber gemacht.


Müde. Feucht. Kalt. Rotz.

Trotz relativ kurzfristigem Entschluss, doch in den beschaulichen Kraichgau zu fahren, konnte ich noch ein Ticket und eine Mitfahrgelegenheit ergattern. Pia war im Auftrag der Kinder unterwegs - und so blieb sowohl sie als auch der silberne Golf in der Metropole des Traditionsvereins; ein herber Verlust für eine Auswärtsfahrt.

Aber Stefan und Christian warteten schon auf mich, als ich gegen halbelf durch die Günthersburgallee marschierte; Mütze und Handschuhe inklusive. Ein kurzer Stopp an der Tankstelle und schon ging es auf die Autobahn - das erste Mal führte uns der Weg nach Sinsheim; zu einem Ort den noch niemals zuvor ein Frankfurter betreten hatte. Wir rauschten problemlos nach Baden-Württemberg; vorbei an Mannheim, Heidelberg und dem Hockenheimring, dessen skurrile Tribüne an eine zerschnittene Konservendose erinnerte. Am weißen Stock hieß ein Parkplatz und es sei nur ein übles Gerücht, dass sich hier die Schiedsrichter zur Weiterfahrt treffen.

Direkt an der Autobahn liegt nicht nur das Industriegebiet von Sinsheim, sondern auch das Technik Museum; dazu ein neu erbautes Stadion in dem von Zeit zu Zeit Bundesligafußball simuliert wird, dazu später mehr.

Wir rollten an den ausgestellten Concordes des Museums vorbei in Richtung Sinsheim-City und parkten auf dem alkoholfreien Parkplatz der hiesigen Sparkasse. Ein Spaziergang durch den Ort führte uns zwischen Hauptstraße und zerfallenen Fachwerkhäuslein in die Fußgängerzone, ein Weinachtsmärktlein lockte zum Weitergehen bis uns die Gastwirtschaft Linde mit einer Freundschaftstafel mit Frankfurter und Hoffenheimer Freundschaftsbändchen zum Verweilen einlud. Die Linde grüßt Frankfurt und Hoffe. Da setzt man sich gleich hin beim Pinkeln.

Hinter dem Fenster floss gemächlich die Elsenz, ein selbstverständlich nichtschiffbares Flüsslein, was niemanden hier störte. Unbekümmert verspeisten wir die Schnitzel des Tages, umgeben von freundlichen Frankfurtern und ebenso freundlichen Einheimischen und dackelten anschließend zum Bahnhof, wo der Sonderzug schon der Dinge harrte. Aus dem Fenster grüßte Ben, ein kurzer Plausch - und schon durchbrachen wir die Polizeisperre mit einem dezenten Hinweis auf unsere Herkunft.

Gegen die Empfehlung der Polizei, die bereitgestellten Busse zu nutzen, wanderten wir inmitten blau gewandeter Fußballschauer vorbei an Elektromärkten, einem Minarett, durch eine dufte Fanmeile und folgenden Unterführungen Richtung Stadion.

Dort angekommen blökte uns eine Ordnerin freundlich den Weg und schwupps tummelten wir uns zwischen den Eintrachtbussen Richtung Eingang Nordost. Hier ein Hallo, dort ein Guude und schon waren wir inmitten des Gästebereichs. Wir trafen auf Marc der auf seine Schäfchen achtete, und auf Stefan von der FuFa, der mit seinem Jüngsten etwas irritiert ob der geringen Kapazität der Parkplätze für Gästebusse den Kopf schüttelte und gelangten flott und unbedrängt ins Innere. Andi zupfte an meiner Mütze und verschwand auf der Suche nach einer Toilette, während wir frohgemut die Stehplätze erklommen. Recht steil führten uns die Stufen nach oben, die Sitze waren brav nach hinten geklappt und verschraubt und wir sicherten uns ein Plätzlein in lichter Höhe. Der Blick ins weite Rund bescherte uns eine naturgetreue Nachbildung eines Stadions oder besser gesagt Arena die mich ob der Außendachkonstruktion, der rückwärts abschließenden Plexiglaserhöhung, den blauen Sitzen und den Marathontoren dezent an unser städtisches Stadion erinnerte, wobei der Oberrang fehlte und statt eines Videowürfels feat. Innendach an den Diagonalen zwei Anzeigetafeln prangten.

Etwas überdimensioniert die Glasfassaden der Logen, die sicherlich derzeit gut besucht sind, aber ansonsten wirkte das Bauwerk am Rande der Autobahn weder protzig noch peinlich. Handwerklich sauber gemacht. Etwas irritierend vielleicht an der Außenfassade die Reklame für die Zeitgeist at work; machen wir uns nichts vor, die Zeit des Sportplatzes ist vorbei; früher oder später wird es in Karlsruhe genau so aussehen. Dort jedoch weht ein Hauch von Fußballgeschichte, geprägt von Freud und Leid vieler und nicht die Ambition eines Mannes der geliebt werden will.

11 Frankfurter Feldspieler liefen sich warm; sollte Trainer Skibbe so spielen wollen, liefen Dinge grundsätzlich falsch; später zeigte sich, dass Spycher nicht auflaufen konnte, Köhler sollte dessen Position übernehmen. Ein gelbes, aufblasbares und meterhohes Plastikmännchen wackelte sinnfrei vor dem Gästeblock auf und nieder; ein Mensch in grünem Drachenkostüm erwarb seinen Lebensunterhalt, indem er für eine Krankenkasse am Spielfeldrand Reklame lief, derweil eine debile Uffta-Version von You'll never walk alone über die Boxen schlich. Laut war es nicht, aber zu laut. Einem Lied die Seele zu rauben ist ein Verbrechen. Es folgten Blurs Song2 und die 7Nation Army, so toll sie auch waren die Songs, damals; so langweilig ist nun, just diese zu spielen - die durch das Abnudeln in so ziemlich jedem Zusammenhang mit Fußball jeden Charme verloren haben. Passt. Der Versuch der Anbiederungen an vermeintlich alle. Doch: Jeder Faust trifft seinen Mephisto.

Hoffi trifft mitten ins Herz. Oder besser: man möge Hoffi dorthin treffen. Hoffi ist das Maskottchen der Einheimischen, wohl als Elch definiert. Aus Plüsch. Wollen wir nicht so streng sein, In Stuttgart heißt es Fritzle und ist ein Krokodil und ähnlich wie in Sinsheim noch nie ein freilaufender Elch gesichtet wurde, so sah je ein Stuttgarter ein lebendiges Krodkodil in Cannstadt[s freier Wildbahn]. In Leverkusen gibt es einen Plüschvirus. Deppenmaskottchen sind nichts Neues, auch hier wurde der Ortsansässige Verein naturgetreu geklont. Hoffi. Handwerklich sauber gemacht.

Nicht fehlen durften dann das Badenerlied mit den Textzeilen:

In Karlsruh’ ist die Residenz,
in Mannheim die Fabrik.
In Rastatt ist die Festung
und das ist Badens Glück.

Ich stelle mir vor, die Kölner würden singen, in Gladbach ist die schönste Kirch, und Altbier unser Glück oder so einen Schmarrn - undenkbar. Ein Frankfurter würde sich denken, in Offenbach isses Gheddo un sonst nix. Naja, der Badener ist schmerzfrei und weltoffen, zumindest bis Stuttgart. Mitgesungen haben eh nur wenige - und das obgleich der Text auf den Anzeigetafeln eingeblendet wurde. Dann kam der Hoffesong. Wir sind Hoffe. Dort sollten sie singen: Der Kraichgau tobt und wir sind mittendrin und stimmen alle (ein). Ich war dort; kann euch reines Gewissen verkünden: Nein, das stimmt nicht. Schwamm drüber. Unterdessen forderte der Stadionsprecher die heimischen Zuschauer auf, aktiv am Ereignis teil zu haben. Diese wedelten daraufhin mit ihren Schals. Wie beim Fußball. Hier wird Stimmung im wahrsten Sinne des Wortes gemacht. Man kann den Zuschauern nicht böse sein, eigentlich wollen sie nichts Arges. Außer Dabeisein. Vor dem Spiel grüßte aus der Heimkurve ein Banner die Gästefans freundlich auf Latein; hätten wir es verstanden hätte die Antwort zweifelsfrei: Huurensöööhne gelautet. Ich kann kein Latein und bin in manchen Filmen schamhaft für die Bösen.

Wie gesagt, Spycher auf der Tribüne, Köhler hinten links. Hinten rechts Sebastian Jung, vor ihm Ochs. Innen Russ und Chris, davor Schwegler und Teber. Links Korkmaz, Mitte Meier und Liberopoulos und im Kasten Nikolov, fehlerfrei vorweg. Die Eintracht ganz in Weiß.

Ein voller Gästeblock war guter Dinge - bis Ibisevic über den Ball säbelte und hinfiel. Schiedsrichter Günter Perl aus Pullach verübelte dies überraschenderweise Selim Teber und entschied auf Strafstoß, der unhaltbar für Nikolov einschlug. 1:0 Salihovic, neunte Minute. SMS Pia: Das war kein Elfer! Doch die Eintracht ließ sich nicht hängen; Chris kämpfte wie ein Wolf, Korkmaz knorzelte sich durch die Reihen der Einheimischen in Blau; nur Hildebrand hatte sich für einen grauen Sweater mit gelber Ziffern entschieden. Pirmin Schwegler behielt die Übersicht. Köhler hielt tapfer gegen Obasi, Ochs und Jung beliefen die rechte Seite. Die Blauen spielten hart, Fouls im Mittelfeld, Fouls in Strafraumnähe. Freistoß Teber, knapp vorbei. Auf anderen Plätzen fielen die Tore im Minutentakt, hier wollte die Kugel trotz beherztem Spiel der Eintracht nicht mehr bis zur Pause ins Netz.

Halbzeit zwei brachte ein ähnliches Bild; Zwingende Chancen erarbeitete sich die Eintracht nicht; ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt einen Elfmeter gewünscht. Die Gastgeber stießen eins- zweimal gefährlich durch, folgenlos. Nach 61 Minuten jedoch wurde die engagierte Leistung der Eintracht belohnt, Schwegler hatte 25 Meter vor dem Tor schön viel Platz, zog kultiviert ab , der Ball meinte es gut, wurde abgefälscht und senkte sich über Hildebrand ins Netz. Wahnsinn. Ausgleich. High Five und breite Freude allenthalben. Der Gästeblock, der bis dato relativ konsequent im Frankfurter Charme durchsupportet hatte, ohne jedoch Sinnsheim in Schutt und Asche zu legen, tobte.

Glück dass Schiedsrichter Perl aus Pullach bei einer Szene, welche Marco Russ später im Fernsehen wie folgt kommentieren sollte: Man sieht glaube ich, dass mein Arm zur Hand geht keinen Elfer gegen die Eintracht pfiff. Heimtrainer Rangnick zornte, grollte, wandelte am Rande eines Stadionverbotes - daraufhin fielen Spieler der Blauen von Zeit zu Zeit im Strafraum hin, wirkungslos, zu Recht. Von oben fiel leichter Schnee.

Ochs auf Jung, schönes Kombinationsspiel; die Flanke findet keinen Abnehmer. Und dann kommt die 84. Minute. Der Schweizer Korkmaz, wie später im HR zu hören war, hatte sich verletzt und für ihn sollte ein Spieler kommen, dessen allerersten Minuten in der Bundesliga nun bevorstanden. Marcel Titsch-Rivero, den Stefan Krieger und ich in dieser Saison im Blog 18mal18 begleiten, hatte geschafft, wovon er noch vor wenigen Tagen geträumt hatte: Sein erster Profieinsatz wurde Wirklichkeit für den Jungen, der schon wie Jung, Ochs, Preuß und Russ in der U17 für die Eintracht gekickt hatte. Die Nummer 36 stand auf dem Platz; ich habe mich riesig für ihn gefreut. Herzlichen Glückwunsch, die Reise geht weiter.

Marcel hatte sogar noch eine Chance auf dem Fuß, drang in den Strafraum ein - und scheiterte am Schlussmann des Gastgebers. Liberopoulos ärgerte sich, schimpfte mit ihm, Titsch-Rivero hätte wohl abspielen sollen. Doch dann munterte der alte Fuchs den jungen Dachs mit einem freundschaftlichen Klapps wieder auf: Weiter geht's. Um ein Haar hätte Chris dann noch das Siegtor erzielt.

In der 89. Minute wurde ein weiterer Traum Wirklichkeit. Christoph Preuß , unsere Nummer 20, stand an der Außenlinie, bereit zum Wechsel. Bald zwei Jahre hatte Christoph auf diesen Moment gewartet, hingearbeitet; Rückschläge weggesteckt und kleine Erfolge erzielt. Das erste Laufen, Einzeltraining, Laktattest, leichtes Mannschaftstraining, Freundschaftsspiel, U23 und nun wieder Bundesliga. Die Kurve feierte die Einwechslung (Teber ging) mit Sprechchören: Chriiistoph Preuuuß tönte es durchs Stadion, ein toller Moment; ein grandioser Moment.

Dann war Schluss, die Eintracht hatte sich einen Punkt redlich verdient; einen Punkt, den wir auch schön feierten. Stefan, Christian und ich verließen das Stadion erhobenen Hauptes und blieben an einer Straßensperre hängen. Die Ordner waren selbst irritiert über ihre eigene Tätigkeit, Heimfans schlüpften auf unsere Seite; wir jedoch glotzen auf die Lichter der auf der anderen Seite wartenden Autos. Bald schlupften wir ebenfalls auf die andere Seite, grüßten Frauke und Öri und liefen wohlgelaunt unseres Wegs. Ziel, wie kann es anders sein, die Fanmeile. Naja, ein paar Buden, Glühwein für zwei Euro und Menschen am quasseln. Zaun drumrum, Fanmeile. Gehört halt dazu. So wie vieles für die Installateure des Ereignisses Fußball im Kraichgau dazugehört. Handwerklich sauber gemacht. Oder anders: Überall ein bisschen abgeschaut, hochgradige Peinlichkeitsfaktoren fließen zwar mit ein (Wir sind Hoffe), im Großen und Ganzen jedoch scheint die Inszenierung nicht ungeschickt gemacht. Zeitgeist at work, so könnte das Erlebnis Erstliga-Fußball simuliert werden.

Jedoch: So ist es aber nicht. Es fehlt die Seele, die wirkliche Leidenschaft, das Durchdringen und Erleben und das eigene Profil. Die heimatlichen Zuschauer lernen Bundesliga, sind ruhig, und sauber, pfeifen Schmähgesang brav aus und sind bei einem Ereignis dabei, das den Charakter der Gegend irritiert. So ählich wie ein überdimensionalern Vergnügungspark auf dem Lande, der allen Arbeit gibt und Narrenmasken dazu.

Auf dem Heimweg erinnerten wir uns an vergangene Spieler der Eintracht und deren Herkunft, an die Österreicher Pezzey und Huberts oder Lexa, an die Tschechen Rada und Obajidin oder den Brasilianer Nascimento. An Yeboah und Okocha, Tore Pedersen oder Jörn Andersen, Tibor Dombi und Lajos Detari. Ne ganze Menge Namen fielen uns ein; Schweizer, Spanier, Polen, Albaner. Doch welcher Holländer spielte bei der Eintracht?



Genau, Arie van Lent.

Ein kurzer Stopp bei einem Baumarkt in Mannheim folgte. Während Stefan ein Teppichmesser besorgte, verkündete der Marktlautsprecher: Herr Hildebrand bitte zur Werkstattinformation oder so ähnlich. Das lassen wir dann mal so stehen.

Flott sausten wir Richtung Frankfurt, über A5 und A3 und A661 nach Bornheim und oben am Günthersburgpark verabschiedete ich mich von meinen beiden Begleitern Christian und Stefan, bedankte mich für die schöne Fahrt, vergaß meine Handschuhe im Auto und dackelte zu Pia. Schön war's. Aber mir war kalt. Da bisde wieder. meinte sie lachend . Ja. Und das ist auch schön.





Dienstag, 8. Dezember 2009

Christoph Preuß im Gespräch


Nach dem Spiel der U23 gegen Sonnenhof/Großaspach hatte ich die Gelegenheit, mich mit unserem Rückkehrer Christoph Preuß zu unterhalten. Leider wurden die Flutlichter gelöscht - auch das Rauschen im Hintergrund ist nicht das Frankfurter Meer, sondern ganz profan die A661 von Egelsbach nach Oberursel. Die Kamera bediente Kid Klappergass, vielen Dank dafür. Und nun viel Spaß mit Christoph Preuß, der nach knapp zwei Jahren wieder auf Frankfurter Rasen in einem Pflichtspiel zurückehrte. Auch ihm gilt mein Dank.




Montag, 27. April 2009

Matchdayfeeling: Endlich wieder Fußball


Es sollte ein sonniger Tag werden, der Duft von frischem Kaffee zog durch die Wohnung, die Wahl fiel auf kurze Hosen und die Erinnerung an den gestrigen Tag purzelte ins Hirn:

War die erste Halbzeit der Eintracht beim VfB noch ganz ansehnlich, so war nach dem zweiten Treffer der Stuttgarter kurz nach Wiederbeginn die Luft raus. Ich nutzte die Gelegenheit für ein kleines Nickerchen und wachte pünktlich zum Schlusspfiff auf, manchmal ist der liebe Gott gnädig und schenkt dir Träume, wenn die Gegenwart jegliche Illusion verbietet.

Halbwegs ausgeruht machte ich mich auf den Weg ins Eintracht Museum und installierte die Technik für die lange Nacht der Museen - an der sich die Eintracht wie im letzten Jahr beteiligten sollte. Peu a peu rollten die Besucher in den Shuttle Bussen an, viele nutzten die Gelegenheit und nahmen an den verkürzten Stadionführungen teil, andere kauften Buttons bei uns und warteten auf unsere Gäste.

Zunächst kam Christoph Preuß, unsere schon lange verletzte Nummer 4, mit dem ich vor den versammelten Museumsbesuchern kurz plauderte. Christoph wird in den nächsten Tagen mit dem Joggen beginnen, dies ist die gute Nachricht - aber es wird natürlich noch eine ganze Weile dauern, bis er wieder richtig Fußball spielen kann - dies ist die schlechte. Er blieb noch eine ganze Weile bei uns, unterhielt sich mit Kid Klappergass, schrieb Autogramme und ließ sich mit vielen Fans fotografieren, während die Spieler der Meistermannschaft ins Museum marschierten. Dieter Lindner, Egon Loy, Istvan Sztani, und Dieter Stinka waren erschienen, zu denen sich noch der zweimalige Torschütze im Europapokalfinale 1960, Erwin Stein gesellte, auch der fliegende Zahnarzt Dr. Peter Kunter stieß dazu; unser Keeper, der 1974 den DFB-Pokal gewonnen hatte und alle gemeinsam lauschten wir dem Polizeichor, der traditionell vor dem Museum Im Herzen von Europa anstimmte.

Es folgte Im Wald da spielt die Eintracht und die Frau Rauscher aus de Klappergass, später erschien ein gutgelaunter Alexander Schur und erzählte uns von Quälix, dem Trainer, der seinerzeit nicht gerade für Begeisterung im Team sorgte, ähnlich wie Jahre zuvor Trainer Ribbeck bei den Mannen um Dr. Peter Kunter nicht gerade geliebt war. Spät in der Nacht zogen wir Bilanz: Die Buttons mit dem Konterfei von Trainer Friedhelm Funkel waren ausverkauft.

Sonntag morgen. Sonne. Kaffee. Kurze Hosen.

Seit Wochen wurde in Bornheim für das große Spiel geworben 84 Jahre später - Die Revanche war auf dem Ankündigungsplakat zu lesen, welches in vielen Schaufenstern und Litfaßsäulen pappte. Abgebildet war die Mannschaft des FSV Frankfurt, die 1925 im Endspiel gegen den 1.FC Nürnberch im Waldstadion um die deutsche Meisterschaft spielte - und in der Verlängerung unglücklich mit 0:1 verloren hatte. André, der für die Spieltagsorgansiation verantwortlich ist, hatte es mir im Rahmen eines Regionalligaspiels unserer U23 geschenkt; mein zweites schwarz-blaues Souvenir neben dem schon in einem anderen Blogbeitrag erwähnten Feuerzeug mit der Aufschrift Wir bringen Feuer ins Spiel.

Fußball im Waldstadion, Traditionsmannschaften, Sonnentag - das erinnert an einen Begriff, an ein Gefühl, welches ältere Eintrachtler noch kennen und das ein Bekannter von mir neulich treffend mit Matchdayfeeling beschrieben hatte. Matchdayfeeling; diese Stille in den Straßen, das von einem Kribbeln durchzogen wird; dieses Es liegt was in der Luft. Gar nicht lange her, dieses Gefühl - heutzutage hört man eher: Ich bin froh, wenn Sommerpause ist. Eintracht Frankfurt im Frühling 2009.

Ich wuchtete unsere Räder aus dem Keller und stellte fest, dass Pias Radel leicht platt war. In der Hoffnung, dass die Pumpe eine Lösung wäre, pumpte ich das Rad auf und frohgemut rollten wir durch den Anlagenring an sprudelnden Brunnen vorbei, über die Kaiserstraße Richtung Moselstraße, am Moseleck vorbei in Richtung Holbeinsteg.

Pias Rad war mittlerweile völlig platt, ein erneutes Pumpen brachte uns über den Steg am Main entlang zur Uniklinik und von dort schoben wir die Räder zur Straßenbahnhaltestelle Bruchfeldstraße, ketteten sie am einem Metallbügel fest und warteten auf die Straßenbahn. Die Luft ist raus. Ich werde Buttons basteln müssen.

Obgleich der Anpfiff nicht allzufern lag, war das ankommende Bähnchen relativ leer. Neeko saß mit ein paar Kumpels im Wagen, wir rollten am Oberforsthaus vorbei, stiegen an der Endstation "Stadion" aus und wanderten zum Haupteingang; der Bratwurst Walter, der sonst die Eintrachtfans verköstigt, hatte heute frei.

Am Kassenhäuschen erwarben wir nach dreiminütigem Anstehen eine Stehplatzkarte für Block 40 - genau so bin ich über all die ganzen Jahre ins Stadion gepilgert, damals, als es noch Waldstadion hieß und nicht nach einem staatlich gesponserten Unternehmen, dass angeblich nahezu pleite ist. Aber weshalb soll es denen anders gehen als mir. Mit dem Unterschied, dass ich mir von keinem Geld den Stadionnamen nicht kaufen kann, da kann ich bei Papa Staat bitteln und betteln, wie ich will.

Am Haupteingang war es ruhig, viele Nürnberger und einige Bornheimer warteten geduldig in langer Schlange am einzig offenen Eingang; an den anderen Eingängen, wo sonst die Menschenmassen der Eintracht klebten parkten Fahrräder - und dennoch schlüpften wir zügig durch die peniblen Kontrollen hindurch und wanderten wie so oft durch das Areal des Waldstadions, an den Bäumen vorbei in Richtung Nordwestkurve. Diesmal allerdings ging es nicht nach oben in den Einunvierziger, wo mein Daddy, Pia und ich seit Jahren dem Geckicke der Eintracht zusehen; diesmal ging es hinein in das vermeintliche Herz unserer Kurve, in den Block 40, wo sonst dicht gedrängt die Ultras der Eintracht ihr Revier sehen.

Niemals zuvor haben wir so viele Gästefans bei uns im Stadion gesehen. Der komplette Unterrang der Ostkurve war geschlossen voll mit Nürbergern, sogar Teile des Oberranges im Osten (der sonst wie der gesamte Oberrang während der Heimspiele der Bornheimer geschlossen ist) war mit Clubberern belegt, ebenso die Hälfte der Gegentribüne - Aufstiegseuphorie im Frankenland, schätzungsweise 13.000 Nürnberger hatten das Stadion geentert, dagegen verlor sich ein Häuflein Bornheimer im 38er, einge saßen auf den Tribünen - insgesamt waren knapp über 16.000 Zuschauer anwesend, Saisonrekord für Bornheim.

Matchdayfeeling. Wie anders noch zu Beginn der Saison, als Pia und ich den 2:0 Pokalerfolg des FSV gegen den VfL Osnabrück vor knapp 3.500 Zuschauern erlebten. Viele davon waren Eintrachtler - und auch heute entdeckten wir etliche Adler im weiten Rund.

Pünktlich zum Anpfiff lehnten wir entspannt an einem Wellenbrecher und sahen nicht nur ehemalige Eintrachtler im Schwarz-blauen Trikot wie Lars Weißenfeldt oder den klasse haltenden Torhüter Patric Klandt, sondern auch einen hervorragend aufspielenden Youssef Mokhtari, der sich später schwer verletzen sollte.

Die Nürnberger Fans waren laut - einzig die Musik und die Ansagen über die Lautsprecher überboten die Lautstärke noch - der FSV-Block bemühte sich, dagegen zu halten (ein Vorsänger mit Megaphon hockte auf dem Zaun und gab sein bestes), Kinder sausten durch die Stehplätze und Stefan hockte am Spielfeldrand und schoss Fotos für die FR.

Der erste Nürnberger Konter brachte nach einem beherzten Sprint von Eigler das 0:1, doch nur wenig später erzielte Barletta, der Kaptän der Bornheimer, der für den verletzten Ex-Eintrachtler Markus Husterer von Beginn an spielte, nach einer Ecke den Ausgleich. 1:1. Über Lautsprecher brach ein Inferno über uns herein, Oh wie ist das schön dröhnte es aus den Boxen, dass jegliche Freude aus Angst vor Spontanertaubung erstickte.

Interessant waren die Spielstände auf den anderen Plätzen, insbesondere das Spiel Ingolstadt gegen Mainz hatte besondere Bedeutung. Während die Ingolstädter mit den Bornheimern um den Klassenerhalt konkurrieren, zählt Mainz wie der Club zu den Aufstiegsaspiranten - und so bejubelten die Frankfurter die Mainzer Tore, während Nürnberg den Ingolstädtern die Daumen drückte - eine Konstellation, die eher selten ist.

Die Halbzeitpause brachte ein Bobbycar-Rennen und ein Chillen auf den Rängen, die Sonne quetschte sich durchs Stadiondach und weiter gings mit den zweiten fünfundvierzig Minuten.

Wer gedacht hätte, dass der Club aufdrehen würde, sah sich getäuscht; Bornheim hielt dagegen und erarbeitete sich etliche gute Chancen. Mokhtaris Ausfall brachte die Einwechslung von Markus Kreuz und nur wenig später wurde der Spieler Junior Ross eingewechselt, der für mächtig Dampf auf Linksaußen sorgte. Cenci, die Frisur des Tages, scheiterte an Schäfer, dem starken Nürnberger Schlussmann, der wiederum gegen den strammen Schuß von C. Mikolajczak aus spitzen Winkel machtlos war. 81.Minute - 2:1 für den FSV.

Der Nürnberger Pinola (zweiter in der Frisurenwertung) zürnte, der Club versuchte alles, Bornheim hielt clever und leidenschaftlich dagegen, Mintal moserte und flog in der 93. Minute vom Platz und so hieß es am Ende 2:1 für den FSV Frankfurt gegen den 1.FC Nürnberg; die Revanche war gelungen.

Die Bornheimer tanzten ausgelassen und feierten mit den Fans, die überglücklich am Zaun hingen, Humba hier, Humba dort, während der (gegen Spielende immer leiser werdende Nürnberger Anhang) doch recht flott das Stadion verließ. Die Bornheimer Fans aber riefen: Auswärtssieg.

Wir hockten uns noch ein wenig auf die Treppenstufen vor der West in die Sonne, beobachteten das entspannte Treiben selbst höchst entspannt und wanderten dann durch die vom damaligen Gartenbaudirektor Max Bromme erbaute Anlage Waldstadion am Denkmal der unbekannten Läuferin vorbei in Richtung Straßenbahn, die uns zurück zu den Rädern brachte. In der Bahn trafen wir das Eintracht-Urgestein Roland Gerlach, der es sich ebenfalls nicht hatte nehmen lassen, das geschichtsträchtige Spiel zu sehen, an der Bruchfeldstraße verabschiedeten wir uns, sprangen aus der Bahn und flickten nur wenig später Pias Rad an der Tankstelle am Oberforsthaus und radelten dann an den Sandhöfer Wiesen vorbei.

Dieser unscheinbare Sportplatz nahe des Geländes der Uniklinik war 1920 Austragungsort des Endspiels um die deusche Meisterschaft. Damals sahen hier 35.000 Zuschauer ein 2:0 des 1. FC Nürnberg gegen die Spielvereinigung Fürth - die wiederum 1926 im Waldstadion durch ein 4:1 gegen die Hertha selbst deutscher Meister wurde.

Über einen Thai in Sachsenhausen, bei welchem wir vom 2:0 der Cottbusser gegen den VfL Magath erfuhren, ging es bei Sonnenschein zurück in die Hochhausschluchten, zurück ins Nordend - der Reifen hielt. Ein Blick ins Internet zeigte später, dass das Forum Unsere Eintracht geschlossen war - vielleicht das beste, was diesem Verein in diesen Tagen passieren konnte.

Selten habe ich in den letzten Jahren dermaßen entspannt ein Heimspiel gesehen, keine Lautsprecheranlage im Block, keine sinnfreie anlasslose Beschimpfungen des Gegners oder der eigenen Mannschaft, kein sich-selbstfeiern und auch kein seelenloses Rumgekicke, sowie kein Monate-vorher-Ticket-kaufen. Fußball. Einfach nur Fußball. Schön war's.