Das erste Ligaspiel unter Trainer Fanz ging mit 1:4 nach 0:4 Pausenrückstand bei 1860 völlig in die Hose, es folgten deprimierende Spiele gegen Gladbach (0:0), den VfB (1:2) oder Leverkusen (1:2). Gegen Leverkusen trat die Eintracht ohne Stürmer an. Am 27. Spieltag unterlag die Eintracht in München mit 1:3 und Präsident
Rolf Heller zog die Reißleine. Reinhold Fanz wurde durch
Jörg Berger ersetzt - und sollte das Wunder möglich machen: Den Klassenerhalt. Auch Gernot Rohr durfte seine Koffer packen. Viel zu spät wurde gemutmaßt.
Im ersten Spiel unter Berger schaffte die Eintracht in letzter Sekunde den Ausgleich gegen Rostock (2:2 durch Westerthaler) und im zweiten Spiel gab es ein 0:2 beim Mitkonkurrenten SC Freiburg. Als Hoogma ebenfalls in letzter Sekunde den Ausgleich für den HSV erzielte (die Eintracht hatte 2:0 geführt) schien das Unternehmen Klassenerhalt gescheitert: Bei vier noch ausstehenden Spielen betrug der Rückstand auf das rettende Ufer sechs Punkte.
Es folgte ein 2:1 Auswärtssieg beim ebenfalls gefährdeten SV Werder Bremen, das letzte Spiel von Trainer Magath in Bremen. Dessen Nachfolger wurde Thomas Schaaf.
Die Freude über den folgenden 2:0 Sieg gegen Dortmund währte nur kurz. Als die Ergebnisse der Mitkonkurrenten bekannt gegeben wurden, herrschte Entsetzen. So hatte der bereits feststehende Deutsche Meister Bayern München sang und klanglos gegen den Club mit 0:2 verloren; der Sieg gegen den BVB schien wertlos.
Im vorletzten Spiel auf Schalke lag die Eintracht mit 0:2 hinten - und konnte dennoch die Partie durch Treffer von
Fjörtoft, Sobotzik und Janßen mit 3:2 gewinnen. Da die Konkurrenten diesmal für die Eintracht spielten, sollte es am letzten Spieltag der Saison zu einem Krimi kommen.
12. 1. FC Nürnberg - Torverhältnis -9 - Punkte 37
13. VfB Stuttgart - Torverhältnis -8 - Punkte 36
14. SC Freiburg - Torverhältnis -9 - Punkte 36
15. Hansa Rostock - Torverhältnis -10 - Punkte 35
16. Eintracht Frankfurt - Torverhältnis -14 - Punkte 34
17. VfL Bochum - Torverhältnis -24 - Punkte 29
18. Borussia M'gladbach - Torverhältnis -36 - Punkte 21
Bochum und Gladbach waren abgestiegen. Folgende Paarungen sollten also entscheidend werden:
VfB Stuttgart - Werder Bremen
1.FC Nürnberg - SC Freiburg
VfL Bochum - Hansa Rostock
Eintracht Frankfurt - 1.FC Kaiserslautern
In Bochum hieß der Trainer
Klaus Toppmöller, ebenso wie
Torhüter Ernst ein alter Bekannter in Frankfurt; in Nürnberg war sich Trainer
Rausch sicher, dass nichts mehr passieren könne, eine große Feier war geplant, der Dauerkartenverkauf für eine weitere Bundesligasaison hatte begonnen.
Mein Kumpel Andi, mit dem ich (nicht nur) damals im Waldstadion war, hat einen wunderbaren
Bericht über den legendären 29.Mai 1999 geschrieben - von daher spare ich mir eine Schilderung des Tages; nur soviel sei gesagt: der 1.FC Nürnberg musste umdisponieren, die Eintracht aber besiegte Kaiserslautern durch Treffer von
Chen Yang, Thomas Sobotzik, Marco Gebhardt, Bernd Schneider und
Jan Aage Fjörtoft bei einem Gegentor durch Michael Schjönberg mit 5:1 - und blieb der Liga erhalten.
Zehn Jahre nach dem sensationellen Klassenerhalt kam es im Stadion auf Einladung der
Fan- und Förder-Abteilung und des
Eintracht Frankfurt Museums zu einem Wiedersehen mit vielen Beteiligten von damals -
Tradition zum Anfassen, so lautete das Motto schon vieler Veranstaltungen - und auch am 28-05-2009 wurde dieses Moto Wirklichkeit.
Knapp 700 Fans hatten die Gelegenheit genutzt und tummelten sich nun im Businessbereich des neuen Waldstadions. Die Firma Aramark bot dankenswerterweise Getränke und Würstchen zu fanfreundlichen Preisen an, eine kleine Musikanlage war aufgebaut, die Mikros getestet - und der Videowürfel ein wenig abgesenkt: Auf ihm nämlich sollte das Spiel in voller Länge übertragen werden.
Frank Wagner hatte dazu den Radiokommentar der zweiten Halbzeit über das Spiel gelegt, so dass die Spannung durch die vielen Tore auf den anderen Plätzen noch einmal vermittelt werden konnte.
Ich selbst hatte die große Ehre, als Moderator durch den Abend zu führen - von daher bitte ich um Verständnis, dass ich nicht alle Details behalten konnte, zu groß war die Konzentration auf den Abend - und es ist in etwa so, wenn du selbst ein Fest feierst - Am Ende sind alle glücklich, du selbst aber weißt gar nicht so genau, was eigentlich geschehen ist, da du permanent beschäftigt bist.
Petra Bärmann und
Matthias Thoma hatten wochenlang die Veranstaltung vorbereitet, es gab Treffen mit dem Stadionbetreiber, der Technik und vielen anderen, die uns insgesamt sehr bei der Arbeit unterstützt haben. Flyer mussten gedruckt werden, der Ablauf geplant und natürlich die Spieler und Verantwortlichen von damals eingeladen werden - und am Mittag des Veranstaltungstages blieb nur noch das Bangen, ob alles klappt.
Leider erreichte uns noch die Absage von
Marco Gebhardt und auch
Thomas Epp litt unter starken Zahnschmerzen und konnte nicht dabei sein. Aber um 18:00 hieß es dann: Wir öffnen. Und dann strömten die Fans (unter ihnen mein
Daddy) in den Bereich, den die meisten nur vom sehen kennen - strömten auf die Terrasse und die schwarz-ledernen Business-Sitze. Merchandising-Stände waren aufgebaut, nagelneu im Sortiment waren T-Shirts mit der Aufschrift
Ü|ber|stei|ger - 29-05-1999, und bald herrschte ein emsiger Trubel.
Die Museumsmitarbeiter
Frauke, Pia, Billy und Steffen umsorgten unsere Gäste, viele Helfer der FuFA sorgten für einen reibungslosen Ablauf - und so marschierten die anwesenden Spieler und Verantwortlichen über einen geheimen Gang in die Mixed-Zone - sie wussten ja nicht, was sie erwartete. Ich stand bei ihnen und wartete auf meinen Einsatz.
Matze Thoma legte einen Ball auf den Anstoßpunkt und alsbald begrüßte er zusammen mit Abteilungsleiter
Stefan Minden die Zuschauer, verwiesen auf das Tippspiel, und erinnerten an den 100. Geburtstag der Eintracht am 8.März 1999 - und als mein Name fiel, musste ich raus.
Da stand ich nun unten vor euch, das Mikro in der Hand und auf mich alleine gestellt. Ich erinnerte kurz an Einzelheiten des Jahres (Nummer 1 in den Charts,
Lou Bega - Mambo #5, Vogel des Jahres:
die Goldammer und warf einen Rückblick auf das Champions-League-Finale vor drei Tagen (26.05.1999), das Bayern München lange Zeit dominierte, Sekunden vor Schluss mit 1:0 führte, um dann doch noch gegen Manchester United mit 1:2 zu verlieren) ich verkündete die Lottozahlen des Abends vor zehn Jahren und zählte zunächst diejenigen auf, die heute Abend nicht dabei sein konnten:
Oka Nikolov, Bernd Schneider, Olaf Janßen, Alexander Kutschera, Chen Yang, Trainer Berger, Co-Trainer Lippert sowie die bereits erwähnten
Thomas Epp und
Marco Gebhardt.Und dann folgte unter frenetischem Beifall der Einmarsch der Helden von damals:
mit der Nummer sechs: Thomas Zampachmit der Nummer acht, unser Kapitän: Ralf Webermit der Nummer neun: Jan Aage Fjörtoftmit der Nummer zehn: Thomas Sobotzikmit der Nummer zwanzig: Uwe "Zico" Bindewaldmit der Nummer vierundzwanzig: Alexander Schurmit der Nummer dreißig: Christoph Westerthalermit der Nummer zweiunddreißig: Ansgar Brinkmannunsere Physios: Gunther Ronconi und Lutz Meinlunser Arzt: Dr. Günter Gollunser Stadionsprecher: André Rotheunser Leiter der Lizenzspielerabteilung: Rainer Falkenhainunser Ehrenmitglied und die gute Seele: Kurt Schmidtunser Präsident: Rolf Heller.Nacheinander marschierten die Helden aus dem Tunnel vor die Tribüne und sie alle freuten sich, dass ihr so zahlreich erschienen ward. High Five, Arme hoch, Freude.
Wir wanderten auf unsere Plätze, Blitzlichtgewitter zeugte von großem Interesse - und schon startete auf dem Videowürfel die Partie.
Alex Schur drosch den Ball nach einer Minute weit über das Tor - und fortan nutzte ich die Gelegenheit und sprach mit den Jungs über die vergangene Zeit; über die Sperre von
Ralf Weber, der nach dem Hinspiel in Lautern schimpfte, dass es typisch DFB, typisch Betzenberg sei, solch einen
Blindfisch als Schiri zu schicken. (Die Eintracht hatte das Spiel in der Nachspielzeit mit 1:2 verloren) Ralf bekannte sich zu dem Spruch, obgleich er zunächst meinte, dass er es nicht gewesen sein könne;
so etwas Harmloses sage er nicht. Auch
Alexander Schur hatte seinen Auftritt: als die Bayern gegen Nürnberg unterlagen;
alles Mafia schimpfte er damals - und möglicherweise hatte er recht.
Thomas Sobotzik war der Mann für die entscheidenden Tore, das 1:0 gegen die Bayern und auch das 1:0 gegen den HSV hatte er seinerzeit erzielt, während
Uwe Bindewald sich immer noch wundert, dass er sich so großer Beliebtheit erfreut: Bei seinem Auftritt schallten
Uwe Bindewald-Sprechchöre durchs weite Rund. Uwe muss man immer ein bisschen nach vorne schieben - er selbst bleibt eigentlich lieber im Hintergrund - aber da musste er durch.
André Rothe gab zu, dass es ihm noch zwei Tage nach dem Spiel speiübel gewesen sei - und er vor allem mit der finalen Durchsage damals gewartet hatte, bis der Videotext die definitiven Endergebnisse weiß einblendete - während
Rolf Heller zugab, dass die Entlassung von
Horst Ehrmantraut im Nachhinein ein Fehler gewesen sei.
Stefan Minden, heute Abteilungsleiter der damals noch nicht existenten FuFA, erzählte die Anekdote, dass die Rundschau seinerzeit geschrieben hatte, dass die Eintracht den Klassenerhalt nicht mehr aus eigener Kraft hätte schaffen können. Stefan wusste es besser: Bei einem 5:0 der Eintracht gegen den FCK wäre die Eintracht definitiv gerettet. Er schickte ein Fax an die Redaktion und verlangte eine
Gegendarstellung: Man stelle sich vor, Fjörtoft trifft zum 3:0 und die Eintracht spielt auf Ergebnishalten - weil niemand ob des Sachverhaltes weiß. Die FR druckte die Gegendarstellung ab - aber wer glaubte schon daran, dass die Eintracht gegen den Championsleague-Aspiranten Lautern fünf Tore machen würde.
Roberto Cappelutti, der seinerzeit das Spiel in einer Kneipe verfolgt hatte, sollte in der kommenden Woche in seiner damals ganz frischen HR-Sendung
Late-Lounge an jedem Tag die Bilder des Spiels zeigen - leichter fiel die Wahl der Themen für die Late-Lounge nie wieder. Und
Kurt Schmidt erzählte, dass sich Lauterns Trainer Rehagel zunächst geweigert hatte, an der Pressekonferenz teilzunehmen. Kurti sprach mit Rehhagels Frau Beate - Sekunden später stapfte Rehhagel doch noch zu dem Pflichttermin. Noch vor Spielbeginn kochte
Ansgar Brinkmann, der auf die Ersatzbank musste; für einen wie ihn sicherlich kein Vergnügen.
Ruckzuck ging die erste Halbzeit vorbei - und nun folgte ein Drama, wie es der Fußball nur selten zu bieten hat - und an dessen Ende die Eintracht das glückliche Ende für sich hatte. Der Hammer von
Chen Yang, das unglückliche Handspiel von
Alex Schur, welches den Elfmeter für den 1.FCK und den Ausgleich zur Folge hatte, der Kopfball von
Thomas "Hrubesch" Sobotzik, der geniale Hackentrick von
Marco Gebhardt, der kluge Treffer von
Bernd Schneider und dann: unvergessen die Worte des Reporters Günther Koch: Hier ist Nürnberg, wir melden uns vom Abgrund, während Dirk Schmitt, der damals nicht nur für den HR moderierte, sondern gleichfalls den Ex-Tainer der Eintracht, Reinhold Fanz rechtsanwaltlich beraten hatte, legendär wurde:
... Wo die Frankfurter Eintracht natürlich nach wie vor Druck macht, sie weiß, ein Tor könnte wieder den 1. FC Nürnberg in den Abgrund stoßen, überhaupt keine Frage. Und sie kommen jetzt wieder mit Christoph Westerthaler in der zentralen Position, nur Sforza hat er noch vor sich dann ist es Fjörtoft, der ist im Strafraum, und er trifft, Tooor, Tooooor für die Frankfurter Eintracht - fünfzueins - Herrje, welche Leistung ...
Großer Jubel brandete auf, selbst die Spieler von damals starrten gebannt auf den Videowürfel, viele von ihnen sahen die Szenen zum ersten Mal und sie waren hin und weg. Alsbald marschierten wir auf den Rasen, der Ball lag noch immer im Mittelkreis und Stefan Minden verlas eine Mail von
Bernd Schneider, dass
Fjörtoft bitteschön den Übersteiger nicht wiederholen möge, er könne sich nun dabei verletzen.
Zampach flitzte ins Tor und gab den Reinke, während
Westerthaler mit dem Ball ein paar Schritte lief - und zu
Fjörtoft passte, der erneut den Ball am herauslaufenden
Zampach per Übersteiger im Netz unterbrachte - sensationell und große Freude auf den Rängen dazu. Jan Aage schnappte sich das Mikro, erinnerte an den Walzer, den mit der Oberbürgermeisterin Petra Roth auf der Tribüne hingelegt hatte und erinnerte ebenfalls daran, dass der Verein auch stets der Verein der Fans sei - eine Weisheit, die nicht immer zu allen durchdringt.
Nun wurden die Verlosung der Gewinne über die Bühne gebracht, eine Sonnenbrille in Erinnerung an
Thomas Epp, der die seinige damals vor Erregung (die Eintracht brauchte noch einen Treffer) auf den Rasen pfefferte, ein Spielankündigungsplakat sowie der Ball, der vor wenigen Minuten erneut im Netz gezappelt hatte, wechselten die Besitzer. Ein Junge hatte den Ball gewonnen, den er aus der Hand von
Fjörtoft entgegennahm - eine Kopfball-Stafette inclusive. Unter großem Jubel entledigte sich Fußballgott
Zampach in Erinnerung an den Aufstieg im Jahr zuvor seiner Oberbekleidung, weiter wollte er nicht gehen - immerhin waren ja auch Kinder anwesend.
Weiter ging es auf der Terrasse auf einer kleinen Bühne, nacheinander bat ich Zweier- oder Dreiergruppen zu mir, wir unterhielten uns kurz über den Tag und die zurückliegenden Jahre, fröhlich und ausgelassen schnappten sich
Alex Schur und Thomas Zampach das Mikro, zogen sich gegenseitig auf und foppten auch
Westerthaler ob dessen österreichischen Dialektes, während
Ansgar Brinkmann, nahezu staatsmännisch agierte; keinerlei Einzelheiten drangen aus seinem Munde über die Feierlichkeiten in der folgenden Woche in Ibiza, wohin das Team nach Saisonabschluss geflogen war: auch
Ralf Weber gab sich bedeckt.
Fjörtoft erinnerte an ein Spiel unter Fanz, als die Eintracht gegen den VfL Bochum mit 1:0 den einzigen Sieg einfuhr. Als sich
Chen Yang nach neun Minuten verletzte, bereitete sich
Fjörtoft auf seine Einwechslung vor - Trainer Fanz guckte ganz erstaunt - und brachte den völlig überforderten Amateur Stefan Zinnow ins Spiel. Erst nach 58 Minuten wurde dieser erlöst - und
Fjörtoft erzielte prompt den Siegtreffer. Die Taktik gegen Leverkusen zuvor bezeichnete er als: 4 - 6 - 0.
Auf Ehrmantrauts Frage, was für ein Stürmertyp
Fjörtoft (der von Rohr verpflichtet wurde) sei antwortete dieser:
Ein Weltklassestürmer. In der Stunde des größten Erfolges werden die größten Fehler gemacht hatte
Jörg Berger gesagt - ob er wohl meinte, dass das Team seinerzeit in Oxxenbach gefeiert hatte?
So endete der Abend mit der Jagd der Fans nach Autogrammen und Fotos und unsere Helden blieben noch eine ganze Weile, umringt von euch: denn immerhin war das Motto der Veranstaltung ja:
Tradition zum Anfassen. Ich denke, dies ist uns gelungen.
Helden leben lange. Legenden sterben nie.

Tolle Fotos und Kommentare zum Abend könnt ihr
hier nachsehen.
Ebenso
hier.
Ich bedanke mich bei allen, die diesen Abend möglich gemacht haben und bei euch, die ihr anwesend gewesen seid und viele Informationen, Bilder und kleine Videos des Abends für die Nachwelt erhalten habt.
Das Foto der Jungs stammt von Stefan Krieger. Die anderen beiden incl. Maus von Pia. Danke.Die Abschlusstabelle