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Montag, 8. November 2010

Schwarzweißbunt


Es regnet. Nicht überraschend aber so ist es nunmal im November. Als Pia und ich Richtung Straßenbahn laufen, bimmelt in meiner Straße eine Glocke, der Kartoffelmann ist da. Doch er ruft nicht etwa ein schnödes Kaddoffel in den Tag, nein er singt förmlich: Kartoffeln, dicke gelbe Kartoffeln - und auch Äpfel und wir marschieren lachend vorbei.

Schon in der Straßenbahn die durch Oberrad rumpelt sitzen Eintrachtler, Schals um die Hälse gebunden - alle mit dem gleichen Ziel, das Bundesligaspiel gegen Wolfsburg zu sehen. Am Mühlberg steigen wir in die S-Bahn um und mit jeder Station steigen mehr Eintrachtfans zu, Mütter mit Kinder rücken zusammen, ab und an ertönt ein Schlachtruf, klimpert Flaschenbier, bis wir am Bahnhof Stadion ausgespuckt werden, der bis zur WM 2006 noch Sportfeld hieß; ein Begriff aus der NS-Zeit. Auf dem Weg zum Parkplatz treffen wir Carola und Stefan, die Stimmung ist gut, der Regen juckt nicht und ich hole am UF-Container unser Schwarze-Bembel-Banner ab, das wir anlässlich des Pokalspiels gegen den HSV wie andere EFCs auch über die Ultras haben anfertigen lassen. Groß ist es - unser erstes eigenes Banner.

Auf dem Parkplatz am Gleisdreieck treffen sich seit Jahren jede Menge Eintrachtler, die sich überwiegend über das Eintrachtforum kennen gelernt haben. Arndt bringt meist frisch gekelterten Abbelwein mit, wenn er nicht da ist, springen Richi und Laura in die Bresche, dazu schleppen die Fans von Spundekäs bis Grillgut je nach Lust und Laune alles mögliche zum Verzehr herbei, verhungert oder verdurstet ist hier noch niemand. Als Begrüßungstrunk wird in der Regel ein Boni gereicht, ein kleiner Kräuterschnaps, der dir alles zusammenzieht und den ich hier und nur hier trinke.

Als ich ankomme, stehen schon jede Menge Leute vor Ort und quatschen, sie alle aufzuzählen, würde den Rahmen sprengen aber es ist immer so, dass die Zeit verfliegt. Pedro, der sich ein bisschen über das Banner beschwert hat, kommt spät - ich drücke es ihm in die Hand und wir lassen ein Foto machen, soviel Spaß muss sein. Schon geht es durch die Unterführung Richtung Stadion, hier steht Sigi und verkauft die Fan geht vor, in digitalen Zeiten ein Fossil. Nicht der Sigi, die Zeitung. Wenn aber all die geschriebenen Worte, die Fotos in den Tiefen der virtuellen Welt verschwunden sind, dann liegt vielleicht noch irgendwo eine alte Zeitung herum - und wir können nachlesen, wie es damals wirklich war. Gerne wird gesagt, dass das Internet nichts vergisst - doch viele Links, die vor Jahren erstellt wurden, funktionieren heute nicht mehr; die Inhalte sind verschwunden - so sie nicht irgend jemand gespeichert hat.

Der Einlass am Stadion geht relativ schnell, mein Banner interessiert niemanden, ich will es ja auch nicht aufhängen - nur aufbewahren. Dann nehme ich die Stufen, um auf meinen Platz zu kommen, Reihe 14 im Oberrang, das ist ganz schön steil und als ich oben ankomme, sind sie schon da: Pia, die sich ein bisschen früher aufgemacht hat und Daddy, der wie immer über die Louisa durch den Wald ins Stadion marschiert ist.

Kaum sitze ich, geht es auch schon los; die Eintracht ohne Chris und Meier - dafür aber mit einem tollen Tor nach 26 Minuten; Gekas hat kurz vor dem Strafraum abgezogen und Benaglio keine Chance gelassen. Wolfsburg, mit den vermeintlichen Stars Diego, Dzeko, Grafite sieht blass aus; die Eintracht kämpft, spielt. Jung und Ochs auf rechts, Köhler und Schwegler in der Mitte und hinten spielt Nikolov die Saison seines Lebens. Tzavellas und Altintop beackern die linke Seite, während mittig hinten Franz und Russ nichts anbrennen lassen. Caio ist auch dabei.

Sensationell das 2:0, aus nahezu 30 Metern donnert Schwegler die Kugel ins Netz, High Five, Staunen, Jubel.

Nach der Pause dann das 3:0, Franz wird im Strafraum umgerupft, Elfmeter für die Eintracht. Durfte Altintop noch gegen den HSV antreten, während Gekas sich die Kugel in St. Pauli schnappte, obgleich Altintop auch schießen wollte, so war die Situation heuer deutlich; Altintop überlässt Gekas den Ball und dieser verwandelt zum 3:0, Benaglio war fast noch dran, hätte er die Arme lang gemacht, hätte er den Ball gehalten - aber wenn es läuft, dann läuft es. Wahnsinn.

Wolfsburg ist keine schlechte Mannschaft, dies kann man nach dem dritten Treffer erkennen, humorlos der erste Treffer für die Gäste. Die Eintracht wankte, aber sie fiel nicht. Nikolov hält die Adler im Spiel, entschärft einige Bälle, während andererseits Benaglio gegen Jung und Fenin klären kann. Skurril die Szene, als Ochs an der Außenbahn nach einem Zweikampf mit Mandzukic vor diesem steht und Wolfsburgs 18 völlig sinnfrei auf dem Boden zusammenbricht, um eine Karte zu provozieren. Er wird wissen müssen, dass wir uns seinen Namen gemerkt haben. So endet ein tolles Fußballspiel mit einem völlig verdienten 3:1 für die Eintracht, die kurzzeitig auf den dritten Platz hüpft, Seligkeit allenthalben. Nikolov und Gekas werden besonders gefeiert, selbst Attila hebt die Flügel zur Feier des Tages und ein großer Applaus prasselt von den Rängen hernieder

Während Pia und Daddy zum Auto marschieren, wandere ich noch einmal ans Gleisdreieck, trinke einen Abbelwein und freue mich mit all den anderen über eine bislang überragende Saison. Es ist schon recht ruhig, als ich dann zur S-Bahn-Station aufbreche; Blaulicht kreist ins Dunkel - ich denke mir nichts dabei. Erst spät am Abend erfahre ich, dass hier nach dem Spiel ein junger Eintrachtfan über die Gleise laufend von einem Zug erwischt wurde und gestorben ist. Welch ein tragisches Ende für ein so dollen Nachmittag.

Die S-Bahn rollt ein, ich gucke aus dem Fenster; Menschen kommen und gehen, während ich ein paar Fotos mache. Mittlerweile bin ich ja quasi nackig, wenn ich nicht zumindest meine kleine Lumix dabei habe. Keine Ahnung, was ich mit all den Bildern machen soll, ein paar habt ihr ja sicherlich schon hier entdecken können - aber es macht alleine schon Spaß, mit den Augen der Kamera zu denken.

Am Mühlberg steige ich aus, die Linie 16 kommt schon angerollt und bringt mich ins dunkle Oberrad. Eigentlich will ich ja nur kurz meinen Ausweis für das sonntägliche U23-Spiel holen um dann gleich weiter ins Nordend zu fahren - doch die Straßenbahn fährt mir vor der Nase weg. Und so entscheide ich mich, am Main über die Schleuse zum Kaiserlei zu laufen; kaum ein Mensch ist unterwegs, Die Lichter der Schleuse spiegelen sich im Fluss, ab und an schippert ein Kahn vorbei und die Nacht wirkt schwarz-weiß. In der Ferne rauscht der Verkehr.

Ich wandere über die Kaiserleibrücke und durch die Unterführung an der Hanauer Landstraße. Ein fantastischer Ort unter dieser gigantischen Kreuzung. Tunnels voller Graffiti in jede Richtung, Neonlicht dazu. Am Ostpark vorbei geht es zur Eissporthalle und da kommt auch schon Pia angesaust, die mich für die letzten Meter ins Nordend mit dem Golf abholt. Nun ist es warm und wieder bunt; ein seltsamer Tag geht zu Ende, schwarzweißbunt mit tollen Eindrücken, traurigen Momenten und einem grandiosen Sieg der Eintracht.

Wie immer könnt ihr den Spielbericht bei Kid nachlesen und den Spieler des Tages wählen, beim Stefan gibt es die passenden Fotos dazu.




Foto 1: Wib

Fotos 2-6: Beve

Sonntag, 8. Februar 2009

Eintracht Frankfurt - 1.FC Köln 2:2


Da war es also, das erste Heimspiel im Jahr 2009.

Es begann mit Regen, es endete mit Regen. Schon früh machten wir uns vom Nordend in Richtung Oberrad auf; ich brauchte noch ein paar Sachen - eine regenfeste Jacke zum Beispiel - und alsbald rollten Pia und ich durch die Oberräder Gärten über den Sachsenhäuser Berg in Richtung Louisa, dem Ort, an dem nicht nur das Fanhaus der Eintracht steht, sondern auch seit Jahr und Tag unser Auto, wenn die Eintracht spielt. Mit Daddy hatte ich ausgemacht, dass wir uns im Block treffen - so hatten Pia und ich Zeit, uns am Treff Gleisdreieck blicken zu lassen. Wir durchschritten die Unterführung, die sich langsam mit Wasser füllte und marschierten mit schweren Schuhen und leichten Gedanken durch den regennassen Stadtwald - den Weg, den wir schon so oft gegangen sind - man hat machmal das Gefühl, man könnte jeden einzelnen Baum per Handschlag begrüßen. Das Fanhaus hatte geschlossen und bald kamen wir an die Kennedyallee. Scheibenwischer der vorbeifahrenden Autos schwappten mühsam das Wasser von den Scheiben - und ich glaubte mich zu erinnern, dass wir vor gar nicht allzulanger Zeit schon einmal das erste Heimspiel nach der Winterpause gegen den 1.FC Köln hatten. Vor dem damaligen Spiel hieß der Trainer Felix Magath, danach nicht mehr. Heuer wurde der Vertrag mit Friedhelm Funkel, dem derzeitigen Trainer der Eintracht, vorzeitig um ein weiteres Jahr verlängert - und manch einer unter den Fans war nicht so recht glücklich mit der Entscheidung, die nach etlichen kleineren Scharmützeln vom Vorstand vorgelegt und vom Aufsichtsrat im Laufe der Woche einstimmig abgesegnet wurde. Im gleichen Hotel übrigens, in dem meine Schwester vor ein paar Jahren ihre Hochzeit gefeiert hatte. Im Wirtshaus im Spessart.

Wir überquerten die Allee und tapsten die Flughafenstraße entlang, Autos sausten an uns vorbei - und die meisten achteten darauf, dass sie nicht durch die Pfützen fuhren, um die wenigen Fußgänger nicht zu duschen. Viel war noch nicht los, die Ordner in gelben Warnwesten froren im Nass des Tages und wiesen die ankommenden Fahrzeuge durch schweres Geläuf auf die Plätze, die satte 4,50€ kosteten. Schon von weiten erkannten wir den grünen Pavillon, den Arndt bei schlechtem Wetter stets aufbaut, um die muntere Schar halbwegs trocken zu halten. Und da standen sie auch, dicht gedrängt unter dem schützenden Dach, Richi und Laura versorgten uns mit den Bonis, die seit gefühlten Ewigkeiten den Ankommenden zur Begrüßung gereicht wurden, kleine Magenbitter, welche dein Gesicht seltsam verzerrt wirken lassen. Viele User aus dem Forum der Eintracht (und nicht nur) treffen sich hier, trinken Apfelwein und Bier oder essen Frikadellen samt Aioli, welche die Filzlaus unter Zurhilfename etlicher Kilos Knoblauch zuzubereiten versteht. Es ist immer wieder schön, altbekannte Gesichter zu treffen; hier schenkte mir Kine meinen Eintracht-Becher mit Apfelwein ein, (einen Becher, den Pia dankenswerterweise in ihre Tasche gepackt hatte) dort grinste mich Klaus an und sogar Brady wurde gesichtet, für viele ein Phantom aus einer anderen Welt, der Welt des Gebabbels im Forum :-) . Hilde hatte etliche Jungs aus Bröndby im Schlepptau, Bernie seine Tochter - tausend kleine Gespräche und die Zeit vergeht wie im Flug. Richis blauer Focus stand mit geöffneter Heckklappe daneben und der Kofferraum spuckte etliche Schoppen aus; von Zeit zu Zeit wird ein Sparschwein herum gereicht und von den Anwesenden meist ordentlich gefüttert - auf dass auch in der kommenden Woche Speis und Trank parat stehen.

Auffällig ist, dass die Haltung zur Situation der Eintracht; zu Spielweise und Vertragsverlängerung mit dem Trainer unter den regelmäßigen Besuchern der Spiele in der Regel weitaus unaufgeregter gesehen werden, als es sich im Internet darstellt. Wir freuten uns auf das Spiel und zeigten uns zufrieden, dass wir dort waren, wo wir waren. Bald rollte der Zug aus Köln ein, ein paar Sprüche flogen uns aus den geöffneten Fenster entgegen und wir lachten und erhoben unsere Becher und dachten: Fußball!

Ich marschierte etwas später in Richtung Futterkrippe Wach; Matze hatte mich gebeten, eine Videokamera mitzubringen, er wollte die geplante Schweigeminute zu Ehren des im Dezember verstorbenen Alfred Pfaff aufnehmen. Wie immer traf ich noch etliche bekannte Gesichter, ein Guude hier, ein Morsche dort und schon stieß ich auf Matze und drückte ihm die Kamera in die Hand. Am Ultrá-Container vorbei gings zurück über die matschigen Wege Richtung Treffpunkt, ein letzter Schoppen und los gings zum Eingang, der uns wahlweise in die Hölle oder ins Paradies befördern wird - das ist das schöne am Fußball. Hamlet stirbt am Ende immer - die Eintracht aber (und das gilt für jedes Fußballspiel) liefert dir stets ein Schauspiel, dessen Ausgang du nicht kennst. Zugegeben, im Moment läuft das ein wenig durchlässiger: Wir gewinnen gegen die Teams die hinter uns stehen, verlieren gegen die, die über uns stehen und gegen die beiden um uns herum spielen wir unentschieden - von kleinen Ausnahmen einmal abgesehen.

Vor dem Eingang traf ich noch auf Siggi, der im Regen tapfer die Fanzeitung Fan geht vor verkaufte und relativ zügig schlüpfte ich durch die Einlasskontrolle. Pia war schon vorausgegangen und nachdem ich eine Zigmeterbreite Pfütze umrundet hatte trafen wir uns vor dem Block 35, dort schwatzen noch einige Eintrachtler, die über den Rundschau Blog-G zusammen geführt wurden - unter anderem der Spessartadler, den ich vor einiger Zeit irgendwo auf einer Raststätte in Deutschland kennen gelernt hatte - und auch hier freuten sich die Jungs auf das Spiel und waren guter Dinge.

Unsere Heimat ist der Block 41 im Oberrang - und wir machten uns auf den Weg dorthin - just als die ersten Klänge von Im Herzen von Europa ertönten marschierten wir singend die steilen Treppen hinauf und schlängelten uns auf unsere Plätze, Daddy war schon da und auch die Jungs aus Bornheim, die stets vor uns sitzen. Wir begrüßten lautstark unsere Mannschaft (mit der Nummer 29, unser Brasilianer ... CHRIS), gegenüber war der Kölner Block ordentlich gefüllt und schon wurden wir um Ruhe gebeten; die Schweigeminute für Don Alfredo sollte beginnen - ergriffen gedachten wir unserem Ehrenspielführer, sahen einige Bilder seines Lebens auf dem Videowürfel - während die Ultrás eine Choreo vorbereitet hatten. Natürlich pfiffen einige Kölner, was aber der Erhabenheit des Momentes nicht wirklich schaden konnte.


Auf dem Würfel oben wurde dann nicht nur der aktuelle Spielstand eingeblendet, sondern auch ein kleines Bild von Alfred Pfaff, der dann von oben mit ansehen musste, wie ein Eintracht-Fan beim Abhängen der Choreo vom Zaun vier Meter in die Tiefe stürzte - und sich (wie sich später herausstellte) schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzte. Sanitäter eilten herbei, Fotografen versuchten Bilder zu machen, wurden aber von den Fanbetreuern Rudi und ZoLo weggescheucht und es dauerte eine ganze Weile, bis der Verunglückte in einen Krankenwagen gelegt wurde - und bis der Krankenwagen dann losfuhr verging eine weitere Weile.

Dies und der Tod von Don Alfredo drückte natürlich auf die Stimmung und auf den Support; es war recht leise in der Kurve - und die Kölner hatten logischerweise einen gewissen Vorteil. Wobei ich ganz ehrlich der Meinung bin, dass es auf Grund der Häufung unglücklicher Umstände und der damit verbundenen Stille in der Kurve gestattet sein muss, sich grundsätzliche Gedanken zum Thema zu machen. Mir ist völlig klar, dass es zuweilen Wichtigeres als Fußball gibt, viele von uns mussten in den letzten Wochen und Monaten dies schmerzlich erfahren; der Verlust von Freunden und Angehörigen. Und richtig ist auch, dass die Trauer im Rahmen von Eintracht Frankfurt stattfindet, wenn der Anlass gegeben ist. Sei es Banner, Choreos, Schweigeminuten, Video-Einblendungen oder Lied-Einspielungen. Und ich habe vollstes Verständnis dafür, wenn die Leute aus dem direkten Umfeld, Freunde und Bekannte, nicht willens sind, die Eintracht zu unterstützen; wenn die Gedanken um andere Dinge kreisen und der Support zweitrangig wird. Dennoch bin ich der Ansicht, dass der Support außer in Ausnahmefällen nicht kollektiv unter der Tragik des Einzelnen dauerhaft außer Kraft gesetzt werden soll, schließlich dient die Unterstützung im besten Falle einem Sieg der Eintracht - und die Nachricht, dass die Eintracht gewonnen hat, lässt manche Wunde schneller heilen. Sagen wir es mal so: Wenn ihr erfahren solltet, dass mir irgendetwas zugestoßen ist, dann bitte ich euch darum, neben den obligatorischen Schock-Minuten unsere Jungs lauter als jemals zuvor anzufeuern, peitscht unsere Jungs zum Sieg - und habt kein schlechtes Gewissen dabei; macht die Trauer bunt.

Wir konnten nach dem Unfall des Eintrachtlers die Stille in der Kurve nicht genau deuten. Galt sie Alfred Pfaff - obgleich die Info, dass die ersten 45 Minuten Stille herrschen sollte nicht zu uns durchgedrungen war - galt sie dem Verunfallten, dessen Gesundheitszustand den meisten von uns nicht bekannt war, übrig blieb eine Irritation und zaghafte Supportversuche im Rund die relativ bald verebbten.

Unabhängig davon machte die Eintracht das Spiel, Mondragon, der Kölner Torhüter, konnte einen Schuss Fenins gerade noch so an die Latte lenken und nach einem Freistoß von Steinhöfer (O-Ton Beve: Der ist gut, der ist sehr gut - der ist drin) schlupfte Marco Russ den Ball mit dem Kopf zum 1:0 für die Eintracht ins Kölner Herz. Da von Köln wenig zu sehen war, ging es mit der wohl verdienten Führung in die Halbzeit. Im Gang traf ich schusch, der zum Einen mir berichten konnte, dass der Verunglückte zwar schwere Kopfverletzungen davon getragen hatte, aber ansprechbar war und zum anderen mit mir übereinkam, dass die Zäune unten endlich weg müssen; Banner hin oder her. Im End war es nur eine Frage der Zeit, bis durch die Höhe ein Unfall passiert - der heute leider eingetreten ist. An dieser Stelle gute Besserung und alles Gute dem Eintrachtler, der heute das Gleichgewicht verloren hatte.

Mit Beginn der zweiten Hälfte setzte der Support ein, Martin gab über seine Anlage die Richtung vor und zunächst erscholl aus Hunderten von Kehlen ein Alfred Pfa-aff, Alfred Pfa-aff welches wundersamer jedoch die Kölner zu beflügeln schien - und so kam es, wie es kommen musste. Novakovic nutzte eine Unachtsamkeit der Eintracht-Abwehr und schlenzte die Kugel zum Ausgleich ins Netz. Doch keine fünf Minuten später flankte Steinhöfer auf Fenin und dieser nahm den Ball volley und schickte ihn als Aufsetzer zwischen Mondragon und dem Torgehölz zur erneuten Führung ins Tor der Kölner.

Wenig später konnte Pröll einen Schuss nur in die Mitte des Strafraums abwehren, ein Kölner war zuerst am Ball, Chris stocherte von hinten der Kölner fiel, der Schiri pfiff - zum Entsetzen von uns allen Elfmeter. Und in der Aufregung zeigte der Herr Winkmann gar Chris noch die rote Karte, eine Entscheidung, die weder nachvollziehbar noch begründet war. Der Elfer war ausnahmsweise drin und so wehrten sich zehn Frankfurter gegen elf Kölner und hatten das Glück dann doch noch auf ihrer Seite. Zunächst zoppelten die Herren Russ und Ochs ungeahndet an den Trikots ihrer Gegenspieler und dann tat uns der Herr Ishiaku den Gefallen, eine glasklare Chance zu versemmeln, so dass es am Ende beim 2:2 blieb. Da konnte auch die Einwechslung unserer Nummer neun, Kweuke, nichts daran ändern.

Naja, besser als verloren, dachten wir, beklatschten unsere Jungs und schoben uns dann dem Ausgang entgegen, warfen noch einen kurzen Blick ins Museum, um die Kamera abzuholen und erfuhren, dass sich Frau Pfaff sehr gerührt ob des Gedenkens an ihren verstorbenen Alfred zeigte. Wir erfuhren auch, dass für Don Alfredo sein Lieblingslied gespielt wurde, das kleine Haus am Ende der Welt, leider zu einem Zeitpunkt, als wir noch nicht im Stadion waren.

Und so marschierten wir durch den strömenden Regen zurück, liefen an den regendunklen Autos vorbei, an den Menschenmengen, die sich in die Straßenbahnen schoben und wanderten durch den Stadtwald zurück zu den Autos, Daddy hatte ja auch dort geparkt. BAP sangen einst .. es bleibt länger hell jetzt, obwohl es ist immer noch Februar ... - und wie jedes Jahr dachte ich an den Song Alexandra, nit nor do. Zum einen heißt meine Schwester auch Alexandra, zum anderen blieb es tatsächlich länger hell und zum dritten sind BAP Kölner, was mir aber im Moment völlig egal war.

Die Unterführung an der Louisa war mittig inzwischen völlig unter Wasser, wir wateten hindurch, verabschiedeten uns von Daddy und rollten nach Sachsenhausen, um unsere traditionelle Pizza beim Petro zu verputzen. Dort trafen wir auf Alex, tauschten die letzten Infos aus und tauchten ab ins Dunkel der Nacht. Nächste Woche geht's weiter, ein nächstes Heimspiel wartet auf uns, Wolfsburg kommt - und darf durchaus verlieren. Wir werden das unsrige dafür tun.



Nachtrag:

Pia war nach dem Korrektur-Lesen der Überzeugung, dass die Alfred Pfa-aff Rufe direkt nach der Schweigeminute durchs Rund hallten und nicht erst zu Beginn der zweiten Halbzeit. Dort begann der Support mit Anfeuerungsrufen für die Eintracht. Ganz sicher waren wir beide nicht, falls sich jemand von euch an die Situationen noch genau erinnert, scheut euch nicht, dies hier zu benennen.


Die Fotos sind von Stefan Krieger. Vielen Dank dafür.

Montag, 10. November 2008

The light will stay on


Der 9. November ist ein historischer Tag in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Zunächst wurde im Jahr 1918 die deutsche Republik von Scheidemann ausgerufen bzw. die Räterepublik durch Liebknecht, dann brannten im Jahr 1938 (nicht nur) die Synagogen in Nazi-Deutschland, die Reichspogromnacht markierte den Übergang von Diskriminierung zur Massenvernichtung der Juden. Im Jahr 1974 starb Holger Meins, Mitglied der RAF an den Folgen eines Hungerstreiks und 1989 fiel die Berliner Mauer.

Der 9.11.2008 stand unter zwei Vorzeichen. Zum einen erwartete die Eintracht um 17:00 den VfB Stuttgart und zum anderen hatte der kleine Noah Geburtstag, seinen allerersten. Noahs Papa Marcus ist am 29.Oktober verstorben, einfach so. Marcus' Onkel, Kid Klappergass, hat in seinem Blog die Geschichte der beiden nieder geschrieben, neun bewegende Beiträge, die dich zu Tränen rühren.

Und so saß ich Sonntagmorgen vor meinem Laptop, las Kids Geschichte, blickte ungläubig auf die Bilder und hörte den Song The light will stay on von den Walkabouts, der Song, mit dem Kid seine Beiträge zu Marcus beendete.

Draußen war's feucht, der Regen umspülte den Tag, ich kramte in alter Musik, stieß auf Cure, nothing left but faith, auf R.E.M. So.Central Rain und war so gar nicht auf Fußball geeicht, zu grau der Morgen, die Welt, die Gedanken.

Gegen 14:00 kam Pia vorbei, ein Lichtblick an diesem trüben Tag, auch sie hatte Kids letzten Beitrag gelesen, war traurig und so tranken wir einen Kaffee, rauchten eine Cigarette und machten uns dann auf in Richtung Stadion. Da mein Daddy heute mit Mama Beve in Urlaub gefahren ist (er hatte die Abfahrt auf den Sonntag gelegt, in der Hoffnung, die Eintracht möge Samstags gegen den VfB kicken, allein der Spielplan spielte nicht mit) waren wir heute zu zweit und tuckerten nach Niederrad, um den Golf am Parkplatz in der Bürostadt abzustellen.

Unser Ziel lag am Gleisdreieck, genauer gesagt am dortigen Parkplatz. Seit Jahren treffen sich dort Eintrachtfans zum Trinken und Schwatzen, die meisten kennen sich schon lange aus dem Eintracht-Forum und es ist stets ein großes Hallo. Meist organisieren Arndt oder Richie ein paar Schoppen für uns, wir werfen ein bisschen Geld in das bereitgestellte Sparschwein und haben so eine schöne Zeit vor dem Spiel, so auch diesmal.

Ein Pavillon war aufgespannt, die Meute stand bei Äppelwoi oder Bier beisammen und Arndt drückte uns den obligatorischen Boni in die Hand. Boni steht in diesem Falle nicht für unlautere Zahlungen an massenentlassende Manager, sondern für einen Magenbitter, der dir die Schuhe auszieht, quasi der Begrüßungstrunk für die Härtesten der Harten. Für uns.

Hier am Gleisdreieck scheint die Welt noch in Ordnung, auch wenn man von Zeit zu Zeit Teenager entdeckt, die die Schnute verziehen und der seltsamen Erwachsenenwelt so gar nichts Vergnügliches abgewinnen können. Aber die meisten sind vergnügt und freundlich, Männlein wie Weiblein, alt wie jung, arm wie reich - ein Prost, ein Augenzwinkern, ein Hallo.

Die Zeit verflog, kaum angekommen näherte sich der Anpfiff des Spiels und wir schoben uns mit der Menge in Richtung Eingang, wurden schnell durchgelassen und verteilten uns auf unsere Plätze in der Arena, die für uns stets Waldstadion heißen wird.

Viele große Schwenkfahnen waren heute im Oberrang positioniert, was uns ein wenig verwunderte, da diese sonst unten geschwenkt werden - aber schon wenig später erkannten wir den Grund: Die Ultras der Eintracht hatten riesige Blockfahnen gebastelt, die sie beim Einlauf der Teams über den kompletten Unterrang zogen, da war natürlich kein Platz für die großen Fahnen, die nun von oben dazu geschwenkt wurden; ein schönes Bild der Kurve entstand dadurch, das wir leider nur von oben ahnen konnten.

Pias Jüngster Nick saß heute auf der Gegentribüne und durfte ihre schwarz-weiß-karierte Fahne mit ins Stadion nehmen, die er unter vollem Einsatz und unter Beobachtung der stolzen Mama schwenkte - und es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis der kleine Kerl unten in der Kurve steht, vergessen sind dann Weihnachtsmann, Zahnfee und Wrestling-Chips, die eben noch den Sinn des Daseins verkörperten. Wir geben alles für unseren Verein.

Die Eintracht begann forsch und erzielte auch bald einen Treffer, der allerdings keine Anerkennung fand, da der Schiedsrichter schon im eigenen Strafraum einen Vorteil unterbunden hatte. Aber nur wenig später traf Liberopoulos zum 1:0 für uns, nicht unverdient. Das Spiel wogte hin und her, der Stuttgarter Lanig mit der 7 auf dem Rücken kurbelte das Spiel ür den VfB an, die Eintracht hielt dagegen und kurz vor Ende der ersten Halbzeit fischte Nikolov einen Ball aus dem Winkel, so dass es mit der knappen Führung in die Pause ging.

In der zweiten Hälfte tankte sich Fenin allen Versuchen ihn zu halten zum Trotz in den Strafraum, schnippte den Ball noch zu Liberopoulos, der mit seinem zweiten Treffer aus kurzer Distanz dem ehemaligen National-Keeper Jens Lehmann keine Chance ließ: 2:0 für die Eintracht und wir brüllten unsere Freude ins Flutlicht der Nacht.

Dies währte allerdings nur kurz, Lanig erzielte den Anschlusstreffer und der VfB drückte. Schiedsrichter Rafati zeigte ein ums andere Mal gelb, unter anderem auch Ochs, der nun in Dortmund fehlen wird. Tsoumou kam für Korkmaz, Ljubicic für Toski, die Zeit tickte runter - und dann lag der Ball im Netz. Ausgleich.

Ich bete ja jedesmal, dass der Schiedsrichter aus irgendeinem unerfindlichen Grund einen Treffer gegen die Eintracht nicht gibt - und diesmal wurden meine Gebete erhört, es ging weiter mit Freistoß für die Eintracht.

Dachte ich.

Aufregung.

Hatte Rafati zunächst auf Freistoß entschieden, so ließ er sich von Nationalspieler Mario Gomez, der den vermeintlichen Treffer erzielt hatte, noch umstimmen - unter Zuhilfenahme des Linienrichters, der nach einem Dialog mit Gomez auf Tor entschied.

Also doch, 2:2. In der 87.

Von den Rängen hallte es Fußballmafia DFB, es sollte aber nichts nutzen, es blieb beim Ausgleich und die Eintracht hatte Glück, dass ein weiterer Schuss nur knapp an Okas Tor vorbeisauste. Im Anschluss kam Fenin über links, setzte sich durch und - hob im Strafraum ab, wie nur selten ein Flugzeug abhebt, formvollendet, überzeugend in A- und B-Note. Ein Traum.

Phase I - Abheben


Phase II - Der Flug


Dass der Schiri in einem solchen Fall nicht auf den Elfmeter-Punkt zeigt, ist nachvollziehbar, allein die folgende Ecke war ein Geschenk, doch es wurde seitens der Eintracht nicht angenommen. Abpfiff. Unentschieden. Frust.

Wir verließen ungehalten unsere Plätze und statteten dem Museum noch einen kurzen Besuch ab. Vor dem Museum kamen Stefan und Eel zu uns, klärten uns über die verworrene Situation beim Ausgleich auf, während zuvor ein paar Stuttgarter irgendwas von Frankfurter Arschlöcher krakeelten. Da ich sowas im eigenen Stadion so gar nicht brauchen kann, pöbelte ich zurück und kurz hatte es den Anschein, dass die Situation eskalieren könne, aber die Schwaben schwebten weiter und schon kam Matze, der noch ein paar Infos für mich für die kommende Veranstaltung dabei hatte und erzählte beiläufig, dass am gestrigen Freitag zwei Stuttgarter kurz vor 15:00 bei ihm waren und sich wunderten, dass noch keine Bierbuden offen seien, immerhin begänne das Spiel doch gleich.

Und ihr wundert euch nicht, dass niemand hier ist und kein Mensch das Eintrittsticket sehen wollte? hatte Matze gefragt und die Stuttgarter begannen zu begreifen, dass sie sich im Tag geirrt hatten. Jaja, wir können alles - außer hochdeutsch. Wer's glaubt.

Auf dem Rückweg trafen wir auf die Fanbetreuer Marc und Rudi, plauschten a wengele und wanderten weiter durch Müllberge von gelben Seiten, die kaum ausgeteilt auf dem Boden landeten und trafen am Gleisdreieck auf den Rest der Forumsmafia.

Noch lange standen wir zunächst mit der werdenden Mama Miriam und Papa Laupi, später mit Arndt bei einem Äppelwoi, räumten dann den Platz auf und marschierten durch den Wald zurück zum Auto, das noch brav an Ort und Stelle auf uns wartete. In Sachsenhausen gab's noch Thai Food für kleines Geld und dann war ein 9.November zu Ende, der trübe begonnen hatte und dann doch noch das ein oder andere Erlebnis brachte, so wie meist, wenn man zum Fußballgucken unterwegs ist. Für andere war es ein trüber Tag. Aber so Gott will, scheint die Sonne eines Tages auch für euch. Denn: The Light will stay on:


The Walkabouts - The Light will stay on



Die Fotos des flying-fenin stammen von Stefan Krieger. Danke dafür.