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Mittwoch, 21. Oktober 2009

Wer war's?


Derzeit ist wiederholt die Rede davon, dass der Berliner Club Hertha BSC auf dem besten Wege sei, die scheinbar für die Ewigkeit geltenden Rekorde eines anderen Berliner Vereins zu brechen. Nämlich den von Tasmania 1900 Berlin. Ob unser ehemaliger Trainer Friedhelm Funkel, der nun die Hertha betreut, den Abwärtstrend der Berliner aufhalten kann, bleibt abzuwarten.

Es war die Saison 1965/66, Hertha BSC wurde nach Ende der Saison 1964/65 zum Zwangsabstieg verurteilt; sie hatten gegen DFB-Statuten verstoßen und Tasmania 1900 Berlin rückte völlig überraschend nach, da ein Berliner Verein im Oberhaus vertreten sein sollte. Gänzlich überfordert stieg Tasmania nach diesem Jahr als Tabellenletzter sang und klanglos ab - und hält bisher jede Menge Negativrekorde; die wenigsten Siege, die meisten Niederlagen, die meisten Gegentore, die wenigsten geschossenen Tore undundund...

Im Einzelnen liest sich die Bilanz so:

34 Spiele, zwei Siege, vier Unentschieden und 28 Niederlagen; 8:60 Punkte bei einem Torverhältnis von 15:108.

1973 löste sich Tasmania auf und gründete sich neu, zunächst als SV Tasmania 73 Neukölln; 2001 wurde der Verein in SV Tasmania Gropiusstadt 73 umbenannt.

Nützliches Wissen also; begleitet von einer Quizfrage, die ohne Google beantwortet werden sollte:

108 Gegentore sind eine Menge Holz; wer aber erzielte den 100sten Gegentreffer?

Viel Vergnügen beim Knobeln.


Flotter Nachtrag: untouchable hat das Rätsel gelöst; Klasse. Im Kommentar seht ihr die Auflösung; bemerkenswert sicherlich noch, dass es dem 1.FC Kaiserslautern nicht gelungen ist, gegen Tasmania zu gewinnen - eigentlich ein Job für unsere Eintracht. Die aber ließ sich nicht beirren: 4:0 und 3:0 lauteten die Endergebnisse. Dafür unterlagen die Jungs zuhause gegen Borussia Neunkirchen mit 1:2, das ist doch auch etwas ...

Das Bild entstammt Franks Archiv; Danke

Freitag, 22. Mai 2009

Der Tag als der Regen kam

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Nachdem am Mittwoch-Abend die Rundschau den bevorstehenden Abschied von Friedhelm Funkel verkündet hatte, beseitigte die Pressekonferenz vom Donnerstag letzte Zweifel. Nach offizieller Aussage hatte Funkel selbst um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2009 gebeten. Es gibt Stimmen, die dem widersprechen, sei's drum. Am Samstag wird Friedhelm Funkel zum letzten Mal auf der Trainerbank der Eintracht sitzen - und es wird einen Nachfolger geben, soviel ist sicher. Sicher war auch, dass Eintracht Frankfurt auf der Startseite der Homepage statt Inhalten zur aktuellen Situation einen beachtlichen Aufmacher präsentierte:

und durch die hohen Zugriffszahlen mehr oder weniger in die Knie ging; nur spärlich tröpfelten die Informationen über den ebenfalls überlasteten Live-Ticker, bis es gegen 12:30 zur Gewissheit wurde: die Ära Funkel geht zu Ende.

Viele Namen werden gehandelt, traditionell diejenigen, deren Träger derzeit ohne Arbeitsverhältnis dastehen. Interessant dabei ist, dass der Hessische Rundfunk ohne Not den Namen Lothar Matthäus ins Spiel brachte. Der gleiche HR, der ohne Not dem ehemaligen Manager von Fortuna Düsseldorf, Thomas Berthold, in der Sendung Heimspiel Raum zur Selbstdarstellung bot. Berthold, sichtlich nicht in die Geschehnisse bei Eintracht Frankfurt involviert, nutzte zum wiederholten Male die Gelegenheit, sich ausführlich zur Eintracht zu äußern. Selbstverständlich habe er aber derzeit kein Interesse, für Eintracht Frankfurt zu arbeiten; zwei kommende Weltmeisterschaften werfen ihre Schatten voraus, er habe genug zu tun. Man möchte hinzufügen: Zum Beispiel den Namen des im Winter verpflichteten Spielers Nikola Petkovic zu lernen, wenn denn schon über ihn gesprochen wird. Oder sich über die Einsatzzeiten des Spielers Caio ins Bilde zu setzen, wenn schon schwadroniert wird, dass dieser nie von Beginn an gespielt habe. Dazu passt es ins Bild des HR, dass selbst von Andreas Möller eine Stellungnahme eingeholt wurde. Matthäus, Möller, Berthold - allesamt Spieler mit einer beachtlichen Karriere - die in Frankfurt (außer beim HR) dennoch kaum Kredit haben. Und das ist auch gut so.

So endete die Pressekonferenz im Stadion mit einem Banner am Treppenaufgang, was einen Fan bewog, sich die Frage zu stellen, was denn Größenwahn mit dem Wunsch nach Einsatz und ein paar Siegen mehr zu tun habe. Egal, die Ära Funkel neigt sich unwiderruflich nach fünf ereignisreichen Jahren dem Ende zu. Das Plakat wurde ein beliebtes Fotomotiv, etliche Pressevetreter verweilten noch eine ganze Weile am Gelände - doch nur die Wenigsten sollten bis zum Schluss ausharren.

Hunderte von Fans, vorwiegend Ultras, versammelten sich vor der Westkurve, um den Spielern freundlich mitzuteilen, dass nicht nur der Trainer sondern auch die Mannschaft in der Pflicht steht. Diese wiederum wurde zum Laufen in den Stadtwald geschickt, das für 14:00 Uhr angekündigte Training am Stadion fiel aus. Die Weicheier verpissen sich schimpfte jemand neben mir - und hatte damit nicht so ganz unrecht.

Für das Museum schlug die Gunst der Stunde, war es doch der einzige Ort im Stadion, wo es Getränke zu erwerben gab - vielleicht sollte solch ein Tag der offenen Tür des Öfteren abgehalten werden. Torhüter Nikolov begann mit Trainer Menger zu trainieren, Heribert Bruchhagen, der gemeinsam mit Friedhelm Funkel dessen Abgang doch noch stilvoll inszenierte, verließ das Stadion - nicht jedoch die Ultras, die sich auf die Suche nach den Spielern begaben. Einen jedoch verpassten sie, den jungen Juhvel Tsoumou, der die Treppen hinunter humpelte, das verletzte Bein durch eine Manschette stabilisiert- wann mit ihm wieder zu rechnen ist, steht in den Sternen.

Wir nutzten die Gelegenheit für einen Abstecher ins Museum und tranken mit Gerd ein Schöppchen. Glücklich war niemand, voller Zuversicht ebenfalls keiner - es war ein seltsamer Tag, der immerhin die Gewissheit mit sich brachte, dass die befürchteten Hässlichkeiten im Stadion beim letzten Spiel gegen den HSV durch den vorzeitigen Abgang des Trainers wohl nicht Wirklichkeit werden. Funkel wird die Eintracht auch im letzten Saisonspiel betreuen, am 30.06 ist dann endgültig Schluss. Möge ihm der Respekt entgegen gebracht werden, den er sich durch seine Arbeit und seinen Abgang verdient hat.

Auf dem Rückweg zum Auto fragten wir einen Fan nach dem aktuellen Stand der Dinge; der Kaptiän der Eintracht, Ioannis Amanatidis, hatte wohl nach der Laufeinheit einige Worte mit den Fans gewechselt, dies allerdings enttäuschte jenen Fan, denn ausgerechnet Amanatidis, der über ein halbes Jahr verletzt war, kann man schwerlich den Vorwurf des mangelnden Einsatzes machen. Andere Spieler waren nicht in Sicht, von daher hatte sich der Fan auf den Heimweg gemacht. Er sollte ein kleines Highlight verpassen.


Dunkle Wolken zogen auf, etwas braute sich zusammen - hätte man meinen können. In der Nähe der Geschäftsstelle hörten wir Applaus, wir wanderten zurück und erkannten die Spieler Fink, Korkmaz, Ochs und Steinhöfer, die sich dann doch noch den Fragen der Ultras und anderer Fans gestellt hatten.

Am Rande der Anhänger stand weitgehend unbeachtet Faton Toski, der sich das Treiben ansah. Faton hatte am Dienstag in Hoechst nach langer Verletzungspause sein erstes Spiel über 90 Minuten gemacht. Wenn alles gut geht, wird er in der kommenden Saison wieder angreifen - und wenn zu seiner überragenden Technik noch ein kyrgiakosischer Kampfgeist hinzukommt, wird die nächste Saison vielleicht der Durchbruch für Faton, der seit der F-Jugend bei Eintracht Frankfurt spielt.

Als die anderen Spieler im Gespräch dann versicherten, fürderhin alles für die Eintracht zu geben, brandete Beifall auf, Sprechchöre hallten durch den Tag, zunächst Eintracht, dann Ultras und inmitten des friedlichen Endes der Veranstaltung platzten die ersten Regentropfen, Hagelkörner fielen hinab und es schien, als hätte der Himmel mit seinen Tränen auf den passenden Moment gewartet. Vielleicht war es das symbolische reinigende Gewitter, was die Eintracht im passenden Moment ereilte. Wir aber werden die bewegten Tage zum Ende der Saison 2008/09 niemals vergessen; dennoch gilt auch hier: Lebbe geht weiter.



Foto 1: Beve
Foto 2: Pia
Foto 3: Pia
Foto 4: Stefan Krieger

Donnerstag, 21. Mai 2009

Der Abschied zeichnet sich ab

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Gestern Abend vermeldete die Frankfurter Rundschau die bevorstehende Trennung von Trainer Friedhelm Funkel, inklusive Kommentar. Der Blog_G verabschiedete den Trainer daraufhin würdevoll - interessant dabei ist, dass bislang noch keine offizielle Meldung seitens der Eintracht vorliegt. Dass Ingo Durstewitz von der FR nicht leichtfertig Spekulationen in die Welt setzt, scheint klar: Sollte sich diese Meldung als Ente erweisen, hätte er seinen Ruf verspielt.

Stellt sich die Frage, wer vor der offiziellen Pressekonferenz die Information über die bevorstehende Entlassung der FR zugespielt hat - und vor allem weshalb. Seriös ist die nicht; es untergräbt letzten Endes die Souveränität des Vorstandes, dessen ureigentliche Aufgabe, die Entscheidung und die Kommunkation zur Entlassung in den eigenen Händen zu halten, sichtbar entgleitet. Wir dürfen gespannt sein, wie sich Eintracht Frankfurt auf Führungsebene entwickelt.

Also nehmen wir an, dass Friedhelm Funkel bei Eintracht Frankfurt Geschichte ist, noch ehe die Saison beendet wurde. Die ist zwar einerseits traurig, Funkel hat viel für Eintracht Frankfurt geleistet, andererseits aber angesichts der relativ verheerenden Bilanz der letzten anderthalb Jahre nachvollziehbar. Zwar wird die Eintracht auch in dieser Saison die Klasse halten, vor allem aber das jüngste 0:2 in Bochum, als die Mannschaft viel zu wenig tat, um das vorherige 0:5 gegen Bremen vergessen zu lassen, zeigte, dass einiges im Argen liegt. Das Team tat nichts, um die Situation zu entschärfen, die in den letzten Wochen und Monaten phasenweise eskalierte. Hackerangiffe auf die offizielle Eintracht-Seite, Busblockädchen, Prügeleien der Fans untereinander, Beschimpfungen der übelsten Sorte; es schien als hätten etliche nur darauf gewartet, sich in der Ablehnung es Trainers, der Eintracht Frankfurt wieder in der Bundesliga zu etablieren vermochte, zu übertreffen. Vor diesem Hintergrund mutet es nahezu seltsam an, dass Funkel nach dem Bochum-Spiel davon sprach; es sei alles ok.

Als Nachfolger wird Michael Skibbe gehandelt, zumindest von der FAZ. Dies bemüßigt die Spezialisten unter den Fan's, weiterhin, die Messer zu wetzen: Die ersten Skibbe raus Rufe hallten durch das Internet - und sie werden bei Misserfolg auch durchs Stadion tönen, machen wir uns nichts vor. Der Souverän hebt oder senkt den Daumen und goutiert das entstehende Spektakel; die Konsequenzen müssen andere ertragen.

Erstaunlicherweise hat sich die Frankfurter Medienlandschaft nahezu geschlossen bis zum Spiel der Eintracht in Bochum zurückgehalten; Friedhelm Funkel ist nicht an der Medienwelt gescheitert - er ist am Unwillen der Fans gescheitert, an der miserablen Außendarstellung von Eintracht Frankfurt und an seinem Team, das den Schwanz einzog, als es darauf ankam, Flagge zu zeigen. Es ist nicht gelungen, die Notwendigkeit des Klassenerhaltes als Erfolg zu verkaufen. Die Spieler selbst suchten nicht die Kommunikation mit den Fans, keiner von ihnen fand den Mut, inhaltlich überzeugend mit denen zu kommunizieren, die Woche für Woche dem Team hinterher fahren und lange Jahre die Eintracht über die Gebühr unterstützten, wobei andere sagen würden: sich selbst unabhängig vom Spiel feierten. Kein Spieler redete Tacheles in der Öffentlichkeit, niemand wagte es, die Anfeindungen bspw. gegen Alex Meier oder Benny Köhler anzuklagen; das Treiben auf den Rängen hatte mit dem Treiben auf dem Platz nicht mehr viel gemein: Die da oben und die da unten - zwei verschiedene Kosmen.

Sämtliche Spieler die Eintracht Frankfurt abgeben wollte, haben bei anderen Vereinen bestätigt, dass es richtig war, sie abzugeben: Lenze, Husterer, Reinhard, Rehmer, Cimen, Weißenberger - um nur einige zu nennen - der Trainer scheint ein so falsches Auge nicht zu haben, was die Beurteilung der Qualität angeht. Die Abgänge, die sportlich schmerzten, gingen auf Initiative der Spieler zurück: Kyrgiakos, Jones, Streit - im End auch Takahara. Unstrittig dürfte in den meisten Fällen auch die Wahl der Spieler sein, die Friedhelm Funkel eingesetzt hat. Spychers Qualität fiel auf, als er verletzt war, Mehdi saß zurecht meist auf der Bank - bis Steinhöfer schwächelte. Ochs, Russ, Fenin, Fink, Chris, Liberopoulos waren mehr oder minder gesetzt - kaum jemand hätte dies anders gesehen. Pröll oder Nikolov - wer wollte einen Torhüter eindeuig präferieren, zumal auf Grund von Verletzungen sich die Frage meist nicht stellte, wer spielt. Amanatidis, Bajramovic, Preuß, Vasoski waren oder sind langzeitverletzt. Bellaid oder Inamoto spielten - oder sie spielten nicht- kaum jemand von uns hätte großartig anders gehandelt. Korkmaz und Meier haderten mit mehrfachen Verletzungen. Toski, ein begnadeter Techniker , bot im End zu wenig und wanderte auf die Bank. Köhler wurde als linker Verteidiger gestellt - dies war nicht überzeugend - aber aus der Not geboren. Einzig an der Personalie Caio entzündete sich der wohlwollend gesagt: Unmut. Dabei stellt sich die Frage, weshalb ein Trainer, der die richtigen Spieler abgegeben hat, und meist die richtigen Spieler eingesetzt hat, ausgerechnet bei einem Spieler so völlig konträr zur Meinung vieler steht - und dies zu den bekannten Szenarien führte. Die vielen, die ganz gerne übersehen, dass ein Spieler noch weit weniger Einsätze bekam als Caio und der seit etlichen Jahren bei Eintracht Frankfurt spielt; dazu noch im U21 Nationalteam seines Landes. Die Rede ist von Kreso Ljubicic, dessen Abgang klaglos hingenommen wurde. Wenn einer keine Chance bekam, dann ist es Kreso. Wenn einer nach Trainingsleistung und nicht nach dem Spiel bewertet wurde, dann ist es der junge Mann aus Maintal/Kroatien mit dem Adler im Herzen.

Danke Friedhelm Funkel. Danke dafür, dass wir auch in der kommenden Saison in der ersten Liga spielen werden; aller Voraussicht nach wieder gegen den Abstieg, was durchaus auch einen einstelligen Tabellenplatz beinhalten kann. Egal, wer die Eintracht trainiert. Die Fans aber haben in den letzten Wochen und Monaten ein Gesicht gezeigt, dass es mir fürderhin verbietet von Wir zu sprechen. Und das ist vielleicht der tragischste Verlust; der Zusammenhalt der Fanszene und der Glaube, dass es Gemeinsamkeiten geben könnte.

Freitag, 13. März 2009

Der Kopf stinkt vom Fisch her


Warum hab ich bloß den Bullen erschossen
er hat mir doch gar nichts getan
ich war weder stoned, noch war ich besoffen
das Grün brachte mich so in Wahn
...

... sang Marius Müller Westernhagen im Jahr 1982 im Song Ich hab keine Lust mehr im Regen zu steh'n; am 13. März 2009 tönten die Worte aus dem offenen Fenster des silbernen Golfs, der durch die ersten zaghaften Frühlingssonnenstrahlen durch Frankfurt tuckerte. Die Mädchen auf den Straßen trugen Sonnenbrillen und die ersten Krokusse schoben sich aus der Erde, als Pia und ich in Niederrad nahe unseres Lieblingsimbiss parkten. Die Besitzerin grüßte freundlich wie immer und wir orderten vier Burger inclusive Getränke und futterten bald zufrieden auf Bierbänken sitzend gut gelaunt unsere Frühlingsburger. Ein kleiner Lieferwagen bog um die Ecke und hupte kurz auf, wir erkannten am Steuer Tristan, im wahren Leben Eintrachtfan und - Schornsteinfeger, wir winkten zurück und freuten uns zum einen über die kleine Begegnung und zum anderen über das kleine Symbol des Glücks, welches uns der liebe Gott mirnichtsdirnichts vorbei geschickt hatte.

Pappsatt marschierten wir zum Golf und rollten durch Niederrad in Richtung Stadion, vorbei am Union-Sportplatz und schon fuhren wir durch Tor 3 und parkten vor dem Museum. Auf dem Trainingsplatz erkannten wir unseren Kapitän Ioannis Amanatidis, der zusammen mit Reha-Trainer Farbacher und vor allem mit einem Ball trainierte, vorbei die Zeit, als er mit Krücken an der Seite stand. Im Museum packte die Praktikantin Geburtstagspäckchen für anstehende Kindergeburtstage; wir sagten Hallo, tranken einen Kaffee, begrüßten Stefan, der mit seinem uralten Golf samt nagelneuer TÜV-Plakette und funktionierender Fahrertür angerollt kam und während Pia und Stefan bei einer Zigarette unserem Captain bei der Arbeit zusahen, fidelte ich kurzerhand Matze im Tischfußball mit 10:6 ab. All zu oft darf ich dies nicht machen, ich müsste mir sonst einen anderen Job suchen. Aber Matze nahm's sportlich.

Wir verließen vorerst das Museum, denn die Jungs unserer Eintracht trudelten peu a peu auf dem Trainingsplatz ein. Auch Peter war schon anwesend - und hatte vorgehört. Es scheint hoffnungslos, ein Teil der Kibitze war sich sicher, dass die Eintracht morgen mit 0:5 untergeht und überhaupt, der Fisch stinke vom Kopf her, spätestens zum Jahresende müssen alle weg und so weiter und so fort; manchmal stellt sich ja durchaus die Frage, wie es so mancher Zeitgenosse über die Runden schafft, so ohne einen Funken Selbstironie, ohne Spaß an der Sache; aber just diesen wollten wir uns nicht nehmen lassen. Auch wenn das Leben manchmal kompliziert ist, die deutsche Sprache ist es sowieso. Die Mehrzahl von Globus lautet bekanntlich Globen. Und die Mehrzahl von Krokus? Mitnichten Kroken, nein, es sind die Krokusse. Ähnlich wie bei Bus; auch dort heißt es nicht Ben sondern Busse. Oder aber Kuh - Kühe. Wer jetzt denkt die Mehrzahl von Schuh würde Schühe lauten ist ebenso schief gewickelt wie derjenige, der denkt Mühe wäre der Plural von Muh. Nunja, zurück zum Sport.

Während sich Pia ob der Waden von Kweuke gar nicht mehr einkriegen sollte, gesellten sich die beiden Ulis zu uns und gemeinsam stellten wir fest, was nur emsigen Trainingsbeobachtern auffällt. Pröll hatte sich die Haare gefärbt und Spycher neue Strähnchen, sah für Fußballer recht flott aus - ein wenig unpassend finden wir generell nur die Stutzen, durch welche die Waden leicht durchschimmern, das hat sowas von Nylonsocken für Männer - eher uncool.

Andi Menger wummste den Torhütern Pröll und Nikolov ein paar Bälle um die Ohren, dass man glauben konnte, unser Torwarttrainer sei der beste Standard-Schütze der Eintracht - vielleicht sollte er mal mit den Buben Ecken üben. Weiter hinten stand ein Mann mit verschränkten Armen und bewegte sich nicht; nein es war nicht Bellaid sondern unser erster Übungsleiter, der beiläufig den ganz in schwarz gekleideten jungen Männer beim Spiel zuschaute. Nein, nicht unseren Ultras, unserer ersten Mannschaft, die heute ohne Liberopoulos und Ochs trainierte. Auch die Herren Toski, Preuß und Vasoski fehlten schriftlich entschuldigt, während Krük und Zimmermann wohl bei der U23 weilten. Der Herr Caio trug Handschuhe bei frühlingsmilden Temperaturen und der Herr Kweuke ganz kurze Socken zu roten Kickschuhen. Ümit Korkmaz bevorzugte laubfroschgrünes Schuhwerk und Zlatan Bajramović eine schwarze Mütze. Überhaupt Bajramović , er lachte während des gesamten Trainings ein ums andere Mal, ob dies allerdings an den Handschuhen von Caio lag, ist nicht übermittelt.

Es folgte eine Trainingseinheit, die wir Spielzug nannten. Einzelheiten verrate ich hier nicht, nicht dass es morgen gegen 17:20 heißt, ich hätte unserem Gegner intimste Geheimnisse ausgeplaudert - und sei fortan Schuld für Geheimtraining ohne Zuschauer. Am Rand des Platzes standen einige Vertreter der schreibenden Zunft, die wir mit einem herzlichen deutsche Presse halt die Fresse begrüßten.

Nein, machten wir natürlich nicht, wir beobachteten eine wunderschöne Choreografie unserer Mannen, diesmal aus der Disziplin Synchrontorschleppen. Jeweils vier Spieler an einer Seite trugen im Gleichschritt ein Tor zu einer Linie, drehten sich formvollendet und setzten das Tor punktgenau auf die Linie, das macht uns so schnell keiner nach; die Bewegungen gingen derart geschmeidig ineinander über, da merkt man erst die Handschrift des langjährigen Trainers, der sich später tatsächlich bewegte.


Es folgte ein munteres Trainingsspielchen, wo zunächst ich selbst durch ein butterweiches Ballzurückspiel auffiel, nur wenig später schaffte Stefan ein gleiches noch eleganter, was ihm spontanen Szenenapplaus einbrachte, den er huldsam wie eine Königin entgegen nahm.

Fink schoss einen wunderbaren Treffer, der uns zu wahren Begeisterungsstürmen hinriss, Kweuke guckte doof, wenn Pröll "Leo" rief und Sebastian Jung schleppte später die gelben Männchen übers Grün, während sich Chris einen Ball unter sein Leibchen steckte derweil er noch ein paar Flanken schlug; sage einer, die Buben hätten den Ernst der Lage nicht begriffen.

Unser Trainer hatte sich im Laufe des Tages nicht nur bewegt, nein: er hatte sogar gesprochen. Nah bei nah stand er mit Nikolov beisammen und plauderte mit ihm, wir können nur raten, was er gesagt hat, vielleicht sowas wie: Du glaubst doch wohl selbst nicht, dass du morgen spielst. Wenig später legte er jovial den Arm auf die Schulter unserer Nummer 11 und zeigte Menschlichkeit, wie sonst nur im Kölner Karneval. Was er zu Korkmaz sprach ist ebensowenig überliefert, wie die Worte zu Oka. Könnte es gewesen sein, dass er zu unserem Außenflitzer gesagt hat: Österreicher von Beginn an? Nicht solange ich Trainer bei Eintracht Frankfurt bin. Und könnte Ümit geantwortet haben: Naja, die zwei, drei Wochen kann ich es verschmerzen.

Nein, das ist bloß erfunden, lasst euch nicht veräppeln.

Später wollte der freundliche Zlatan Bajramović unbedingt noch ein Bild mit uns machen; selbst wenn wir geschlaucht vom Training sind, müde vom sich zum Abend neigenden Tag finden wir immer noch ein Minütchen, um auf die Wünsche der Spieler einzugehen; Pia knipste und ist also gedanklich dort zu finden, wo im Moment eure Augen sind.


Kurz danach kam sogar noch Kid vorbei, er hatte dem Museum einen kurzen Besuch abgestattet und wir unterhielten uns ein bisschen über die wenig erfreuliche Situation des Internetforums der Frankfurter Eintracht und über den Ausblick für das morgige Spiel. Sehr erbaulich war dabei die Information, dass Trainer Rangnick seinerzeit wegen der Trennung AG-e.V. nicht zur Eintracht wollte, da er keinerlei Verfügungsgewalt über den Nachwuchs haben sollte. Also, am Geld hat es damals nicht gelegen. Niemals.

Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu bauen.

Kid will morgen unbedingt gewinnen - und da ich der gleichen Ansicht bin, kann ja nun nichts mehr schief gehen. Während Uli telefonisch noch eine Karte erstehen konnte, machte sich der andere Uli vom Acker, auch Stefan verließ uns und so marschierten Pia, Kid und ich zurück ins Museum, wo Matze und Billy gerade dabei waren diverse Exponate an der Wand zu verdübeln, jener Matze der unlängst von Henni Nachtsheim zum Trainer der Eintracht geadelt wurde.

Matze legte eine DVD ein, welche Filmaufnahmen unserer Kurve während des Pokalendspiels in Berlin 2006 zeigte, jener Höhepunkt der letzten Jahre, der heute in dieser Art undenkbar ist; zuviel ist geschehen, zuviele tummeln sich im vierten Jahr der Erstklassigkeit der Eintracht im Umfeld, deren Ansprüche weit über das bestehende hinausgehen; der Zusammenhalt, der uns über Jahre hinweg mehr oder weniger auszeichnete, ist passé.

Für Kid hatten die Szenen natürlich eine besondere Bedeutung, sah er dieses Spiel doch mit seinem Neffen Marcus, der tragischerweise im letzten Jahr gestorben ist; ihm gingen die Bilder sichtlich nahe und er verabschiedete sich traurig von uns.

Als der Auftritt Tankards gezeigt wurde, durchliefen mich nicht nur Schauer der Erinnerung sondern mir flossen tatsächlich einige Tränen die Wangen hinab. Die Erinnerung an die Tage in Berlin, die Traurigkeit Kids und der erlebte Tag forderten ihren Tribut.

Nebenbei gewannen wir dann doch noch den DFB Pokal und verabschiedeten uns von Matze, der morgen wie wir alle im Stadion sein wird, wenn die Eintracht souverän und in dieser Höhe auch verdient die Emporkömmlinge der TSG Hoffenheim mit 4:1 nach Hause schickt.

Auf dem Rückweg konnten wir aus den Augenwinkeln den Mannschaftsbus der Mannschaft entdecken, die in meinen Augen sozusagen die Silikonbrüste des deutschen Fußballs sind.

Im CD-Player lief ein Lied des leider auch schon verstorbenen Georg Danzer mit dem Titel Weiße Pferde; es begleitet mich schon etliche Jahre und es ist ein wunderbarer Song, der mich immer wieder zu Tränen rührt. Irgendwie passte er zur Heimfahrt, Berufsverkehr auf der A3, Pendler, Handwerker, das wirkliche Leben. Kühl ist es geworden. Aber morgen scheint die Sonne, da bin ich sicher.