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Sonntag, 28. März 2010

Heimspiel in Bochum


Auf vielfachen Wunsch und mit einem seufzenden Nagut:

Eben noch tappste der Frühling sonnig in den Tag - und jetzt regnete es. Die Badeente, die noch vor wenigen Tagen im Roten Meer gebadet hatte, hockte nun auf dem Armaturenbrett und lugte neugierig aus der Windschutzscheibe auf die Autobahn. Die Scheibenwischer schoben die Tropfen und den Schmutz beiseite und aus der Anlage perlten zunächst leise die chilligen Klänge eines alten Buddha Bar Samplers. Der silberne Golf war wieder auf Tour, Pia dabei und auch Christian und Stefan, den wir zuletzt noch in Kalbach aufgegabelt hatten. Die Nähe Ikeas ließ Pia unruhig werden, doch sie blieb standhaft.

Kaum rollten wir von der A661 auf die A5, steckten wir im ersten Stau, beginnender Berufsverkehr sowie der Ferienbeginn lockte die Autos auf die grauen Handtücher und bis Friedberg sollte es nicht besser werden, erst danach floss der Verkehr nach Plan.

Ungewohnt das grau nach all den Fahrten durch das verschneite Deutschland; weniger ungewohnt die Strecke - zuletzt schnurrten wir ja vor wenigen Wochen auf dem Weg nach Dortmund durch das Siegerland - und kehrten bekanntermaßen als Sieger zurück; da fährt es sich heutzutage doch mit ganz anderem Selbstbewusstsein.

Aus den grünen Hügel dampfte der Nebel, der Soundtrack gab uns die Melodie der Straßen von San Francisco bis kurz vor Hagen ein Stau Stillstand bedeutete - und ihr wisst: Stillstand ist Rückschritt. Vergeudete Zeit. Was will man machen, außer das beste daraus? Genau: Fluchen.

Hinter dem Westhofener Kreuz lief es dann wieder flüssig, auch der Verkehr ließ nach und in der großen Serie der tollsten Parkplatznamen findet heute der Parkplatz Johannes Erbstollen seinen Eingang in die Annalen. Der St.-Johannes-Erbstollen ist auch heute noch in Betrieb; er entwässert nach wie vor das Bergbaurevier um die Burgruine Hardenstein. Das Mundloch des Stollens befindet sich direkt unterhalb der Ruine und entwässert in die nahe gelegene Ruhr. so steht es in Wikipedia und nun auch einem Blog über die Frankfurter Eintracht, was sich der Johannes Erbstollen so sicherlich nicht gedacht hätte.

Wir aber folgten der Abfahrt Bochum und verließen die A45, um nach wenigen Kilometern über die A40 mittenmang hinein nach Bochum zu fahren. Opel grüßte freudig rechter Hand, auf einer Brücke skandierten ein paar mäßig frisierte Jugendliche ihren Berufswunsch Hooligans - was uns aber kalt ließ. Wie von Zauberhand geleitet landeten wir ohne Navi und Karte vor dem Bochumer Knast und parkten ohne Angst vor Autodiebstahl genau davor. Ein Begrüßungsschoppen als Belohnung und nach wenigen Metern ein Imbiss, der diesen Namen auch verdient. Bratwurst vom Grill, als Curry 2,10 - und fürwahr, es war eine gute Bochumer Currywurst - vielleicht sogar der Ausgangspunkt für Grönemeyers Song. Als ich zum Würstchen noch ein Bier holen wollte, steckte in meinem Geldbeutel nur ein Fünfzig Euro Schein, zuviel für die Bierbude, die nicht wechseln konnte; ich kratzte meine letzten Münzen zusammen, sortierte die Piaster aus - und tatsächlich bekam ich das Bierchen für 1,65 statt für zwei Euro; es war wie immer: wer wenig hat, verzichtet gerne mal - hart bleibt der, der im Überfluss lebt - ich war gerührt.

Einige Schritte dahinter das Ruhrstadion, dessen Flutlichtmasten in den Abendhimmel ragten. Die Häuser hinter dem Gästeeingang waren blau-weiß gestrichen, die Bratwurstbude nicht viel größer als der Verkäufer und da wir noch jede Menge Zeit hatten, umrundeten wir das Stadion einmal - in Zeiten des modernen Fußballs nahezu eine Sensation für Gästefans. Wir trafen auf Christus, der die Rollifahrer betreute während sich langsam die Dunkelheit über die Blume des Reviers senkte. Gerre und Ralf zogen ihrer Wege, und ich traf auf Ina, die noch eine Karte für mich hatte - somit stand dem Weg ins Stadion außer einem Weg nichts mehr im Weg.

Sorgfältig wurde ich abgetastet, es schienen die Nachwehen der Partie gegen Nürnberg zu wirken und schnurstracks marschierten wir unter das Dach - in Bochum immer ein guter Platz, wenn es im Block zu voll wird. Bochum ist immer eine Reise wert, vielleicht nicht, was das Ergebnis angeht, für die Eintracht gab es in den letzten Jahren wenig zu holen, aber hier handelt es sich zweifelsfrei um Fußball. Man sollte das Stadion unter Denkmalschutz stellen, um zu gewährleisten, dass bauliche Veränderung nur mit Gesetzesänderungen möglich sind; die Nähe zum Spielfeld, die Flutlichtmasten und die Soundkulisse sind einfach klasse.

Die Eintracht, ganz in Rot (zum wiederholten Male passten die Hosen farblich nicht ganz zu den Trikots) Bochum in dreckig blau-weiß. Im Vergleich zum Triumph über die Bayern nahm Ochs Hellers Platz auf Rechts ein, während Korkmaz von Beginn an spielte; Köhler war auf Spychers Position gerutscht. Dieser verhuschte prompt gemeinsam mit Russ das Leder an Hashemian, dessen flache Hereingabe von Leihgabe Holtby humorlos zur VfL-Führung versenkt wurde. Doch die Eintracht ließ sich nicht verunsichern, übernahm sogleich das Kommando und kombinierte gekonnt aus der Abwehr heraus - folgerichtig erfolgte nach einigen Chancen auch der Ausgleich. Köhler platzierte einen Freistoß gekonnt in den Fünfer - dort stieg Kollege Russ in die Luft und hinterköpfelte die Kugel zu unserer großen Freude ins Netz.

Die Kurve nutzte die Akustik des Stadion aufs Trefflichste und sang wie in guten Tagen schon vor dem Spiel bis in die Halbzeit hinein und auch darüber hinaus. Die Belohnung erfolgte nach 64 Minuten durch Caio, der bislang ein hervorragendes Spiel gemacht hatte und nun einige Meter vor dem Strafraum eine Lücke erspähte, wodurch das Bällchen stramm ins Tor sauste. Hochverdient die Führung, die bis zum Schlusspfiff anhalten sollte. Auswärtssieg. 41 Punkte. Stoff für Träume.

Was nun folgte war unbeschreiblich; kaum einer der Eintrachtfans wollte das Stadion verlassen, allezallezallezooo, allezallezallezooo, Eintracht Frankfurt allez, nur die SGE tönte es durchs enge Rund und noch als die Bochumer zum Auslaufen aufs Spielfeld zurückkehrten sangen und trommelten die Eintrachtler zum Erstaunen der unterlegenen Spieler - eine dreiviertel lang ununterbrochen, bis - ja bis tatsächlich die Mannschaft der Eintracht noch einmal frisch geduscht und geföhnt auf das Spielfeld zurückkehrte, um uns zu winken. Damit nicht genug ertönte Im Herzen von Europa durchs Stadion, gesungen aus Tausend heiseren Eintrachtkehlen - es war großartig.

Beglückt verließen wir das Ruhrstadion, tranken noch eine Cola - wiederum überforderte ich die Bedienung mit meinem Fuffi und alsbald rollte der Golf wieder auf die Autobahn. Vorbei am Parkplatz Johannes Erbstollen, vorbei an Lüdenscheid und erhobenen Hauptes ließen wir das Siegerland hinter uns und erreichten wohlbehalten Hessen und später Frankfurt. Jetzt fehlt nur noch, dass wir auch nach einem Spiel in Gelsenkirchen als Sieger durchs Siegerland fahren. Aber dies wird eine andere Geschichte.


Allezallez-allezooo

Was war ist längst vergangen

Typisch Eintracht, kaum habe ich mich entschieden, die Internet-Situation eine zeitlang nicht mehr mit Worten zu füttern, legt die Diva vor meinen Augen eine Performance hin, die so nicht zu erwarten war. Noch als ich in Ägypten Bakschisch verteilte, vergeigten die Jungs die Partie in Hannover und zudem hatten sich Franz und Teber vorzeitig verabschiedet, während Ochs nach der fünften gelben Karte gleichfalls für ein Spiel ausfiel. Die alles geschah, während ich auf den Spuren der Pharaonen weilte und noch am gleichen Tag nur wenig später mit Daddy und Pia den Nil überquerte - also genau das Team, welches eine Woche danach Augenzeuge des jetzt schon legendären Sieges gegen die Bayern wurde.

Hah, ich hab's doch gewusst werden einige von euch jetzt sagen - erst kommt die vollmundige Ankündigung, den Blog Blog sein zu lassen - und nur einen Wimpernschlag später kann er die Griffel nicht von der Tastatur lassen. Inkonsequent mein Lieber, höchst inkonsequent.

Jaja, ihr habt Recht - und auch doch nicht.

Wie kam es eigentlich zu diesem Blog? Lange Zeit schrieb ich regelmäßig im Forum der Frankfurter Eintracht - in einer Zeit, als wir mit anderthalb Beinen in der Regionalliga standen und kaum jemand einen Pfifferling auf die Eintracht gab. Jedes Wort kostete damals bares Geld; DSL und Flatrate waren noch nicht erfunden, wir loggten uns via Modem ins Netz ein und wussten: Zeit ist Geld.

Dies erscheint nun wie ein Rückblick in eine Zeit des schwarz-weiß Fernsehens, obgleich das alles noch gar nicht so wahnsinnig lange her ist. Etwas später wurden Poldi und Schweini ebenso wie die Flatrate erfunden; die WM brach über den Fußball herein wie ein Ikea-Katalog mit Happy Family Angeboten in ein Sechziger Jahre Arbeitszimmer - Fußball sollte zu einem Event für Groß und Klein werden - das nackte sportliche schien nicht mehr so wichtig, solange bunte Farben im Gesicht für nette Fernsehbilder sorgten und die Beteiligten ihren Spaß hatten. Es war ja auch eine nette Zeit; aus Sorge um unschöne Fernsehbilder hielt sich Polizei und Sicherheitspersonal merklich zurück, Engländer hüpften in den Main und die Deutschen entdeckten die mediterane Lebensform für sich - und alles was nicht in die dolle Stimmung passte, wurde einfach nicht gesendet und gab es somit auch nicht.

Sollten heute Fußballfans von Brücken in den Main springen oder im Gerechtigkeitsbrunnen baden, haben wir es nicht mehr mit unbeschwerter Lebensfreude resp. Sommermärchen zu tun, sondern mit unbelehrbaren Chaoten. Sogenannten.

Wie dem auch sei, die Eintracht setzte schon im Jahr 2006 zu einem Höhenflug an, erreichte das Pokalendspiel und damit verbunden sogar den Einzug in den Europapokal - der in Istanbul unglücklich aber nicht enttäuschend endete. Das war die Belohnung für die mageren Jahre, die mit dem ersten Abstieg 1996 begonnen hatten und mit dem beinahe Lizenzentzug 2002 ihren Höhepunkt fanden.

Fanclubs schossen wie Pilze aus dem Boden, die Fanabteilung verdoppelte ihre Mitgliederanzahl und sogar der Dauerkartenverkauf wurde begrenzt; die Eintracht war hip und die Zahl der angemeldeten User im Eintrachtforum stieg exorbitant - nicht immer ein Indiz für eine Qualitätssteigerung.

Kurz und gut, ich fühlte mich mit der Zeit im Forum immer weniger heimisch. Zeitgleich entdeckte ich die Möglichkeit der Blogs. Kid Klappergass hatte begonnen, seine Inhalte in seinem eigenen Blog aufzuarbeiten; kurz zuvor hatte der Blog-G der Frankfurter Rundschau seine Pforten geöffnet - zunächst weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit.

Mittlerweile hatte ich meinen eigenen Blog installiert und wollte zunächst nur alte Forumsbeiträge, wie Heimspiel in ... sortieren und aufbewahren - ohne dies öffentlich frei zu schalten. Als Kid dann aus privaten Gründen seinen Blog schloss, gab es wenig außerhalb der Medien zu lesen - und so entschied ich mich, Beves Welt öffentlich zu machen. Wenig später ging Kid wieder online - und auch der Blog-G gewann an Zulauf, nicht zuletzt durch User, die früher vorwiegend im Eintracht-Forum gewortet hatten. Und so kam es, dass urplötzlich neben dem Forum gleich drei doch recht häufig frequentierte Blogs am Start waren - was der Übersicht wegen kein Einfaches war. Wer sich informieren wollte, hatte nun die Qual der Wahl.

Mittlerweile ist aber auch die Bloggerei Mainstream geworden - es gibt jede Menge davon und man kann Tage mit nichts anderem im Netz verbringen, als Fußballblogs zu lesen. Blogs verlinken sich gegenseitig; interviewen sich gegenseitig, finden sich gegenseitig wahnsinnig toll und wichtig und es soll sogar eine eigene Blogger-Szene geben.

Jetzt ist es so, dass der Betrieb eines Blogs sehr zeitaufwendig sein kann. Recherche, tippen, Bilder machen, bearbeiten, einfügen - da gehen Stunden bei drauf. Wer einigermaßen Wert auf Qualität legt, der sollte von Zeit zu Zeit auch mal bei den Kollegen vorbei schauen, sich informieren etcetera pp. Und das ist ein Fulltimejob. Und wie es so ist - wenn aus etwas Besonderem ein Allgemeines wird, dann bringt die Beschäftigung damit mit sich, dass nicht nur nützliche oder schöne Informationen ins Hirn dringen, sondern jede Menge Unfug. Über den kann man sich aufregen. Oder einen Blogeintrag machen. Ich will mich aber eigentlich gar nicht mit Unfug beschäftigen; schon gar nicht deshalb, damit die Zeit rum geht. Denn davon habe ich eindeutig zu wenig. Und deshalb habe ich beschlossen, kaum noch im Netz zu lesen - und wenn, dann gezielt. Wenn irgendwo zu einem Thema Hunderte von Kommentare zu lesen sind, dann lege ich die Hand dafür ins Feuer, dass nahezu fast alle schon Sekunden nach dem Verfassen oder Lesen keine Sau mehr interessieren. Weshalb also vorher lesen?

Was bleibt?

Vielleicht die Erinnerung an Tage, an denen man das Gefühl hatte, gelebt zu haben. Dies ist in Ausnahmefällen sogar im Internet möglich. Und deshalb wird es sicherlich auch von mir den ein oder anderen Beitrag geben - auch auf vielfältige Bitten von eurer Seite hin, insbesondere was die Heimspielserie oder Museumsberichte angeht.

Aber seht es mir nach, wenn meine Präsenz oder mein Verlinken von anderen Seiten rapide nachlässt. Jeder dürfte ja mittlerweile wissen, wo es was zu lesen gibt. Ihr müsst mich ja auch nicht verlinken; ihr müsst auch nicht kommentieren. Ihr könnt aber. Vielleicht ist es ja auch nicht verkehrt, zu angeln.


Freitag, 19. März 2010

F5


Es gibt ein Leben außerhalb der F5 Taste. Unglaublich.

Von daher habe ich fürs erste entschieden, dieses Blog nicht weiter zu füttern. Wer weiß, ob und wann ich anders denke. So verabschiede ich mich zunächst von euch, bedanke mich für die Treue und vielen Kommentare und verbleibe freundlich

euer Beve


Fern der Heimat


Montag, 8. März 2010

111 Jahre Eintracht Frankfurt

Beve sagt:

Herzlichen Glückwunsch - und danke für Alles.


* 08.03.1899



Nachtrag:


Vor allem für dies (Ausriss):



Die Eintracht Matrix stammt von Matthias Thoma. Ihr findet sie hier komplett.

Sonntag, 7. März 2010

Klarer Fall von Denkste.


Noch letzte Woche in Stuttgart dachte ich, der Frühling naht mit großen Schritten - und nur ein paar Tage später starre ich auf: Schnee. Frühling? Klarer Fall von Denkste.
Eine nette Redewendung, wie ich meine - ohne einen blassen Schimmer zu haben, woher sie stammt. Erinnert an eine Zeit, als Jugendliche noch Spatzenschleudern in der Hosentasche trugen und auf Coladosen geschossen haben, deren Verschlüsse als fliegende Ufos dienten, insofern man den Ring von der Lasche trennte und ihn mit Schwung fliegen ließ.

Dolle Zeiten das.

Schnee also; warm eingepackt den Weg von der Louisa zum Stadion durch umherfliegende Baumstämme hinweg gestapft; eingereiht in die Strömenden, heißer Apfelwein beim Bratwurst-Walter, eine Fan geht vor, ein Hallo im Museum, ein Schwarz auf Weiß geschnappt, hoch die Treppen der Arena, die ausverkauft war - was nicht zuletzt an den vielen blauweißen Schalkern lag. Fußball. Und ein Schalker Kuttenträger, der sich blauweißrotschwarze Extensions an die Mütze geflochten hatte. Schalke und der Glubb.

Maik Franz spielte nicht, er hatte sich ja an einem Dummie verletzt. Ob er dieses wie neulich noch den Herrn Bancé angebrüllt hat, ist nicht überliefert. Sebastian Jung nahm also Franz´Position auf rechts ein, Russ und Chris in der Mitte und Spycher hinten links. Im Mittelfeld die Herren Teber, Schwegler, Köhler und Ochs, davor Meier und Altintop, der einst beim Gegner spielte und nun für die Eintracht.

Schalke ohne Streit, Jones und Kuzorra aber mit Neuer im Tor, der einen mausgrauen Sweater trug, was Pia nicht sonderlich zusagte. Noch weniger sagte uns aber zu, was sich unten auf dem Platz zu trug. Standard Schalke. Kopfball Schalke. Tor Schalke. Da sich dies binnen drei Minuten wiederholte, weil die Spieler Russ und Meier sich nicht entscheiden konnten, wer denn nun den Ball wegköpfen soll und der Schalker Höwedes einfach so ein Tor erzielte, war das Ding gelaufen.

Klarer Fall von Denkste. Köhler scheppelte noch einen Freistoß knapp am Tor vorbei - was manch einer erst mit Verzögerung merkte und blieb nach dem Pausentee in der Kabine, um Caio Platz zu machen. Keine Ahnung, wer zuletzt in der Kabine einen Pausentee getrunken hat. Was ich aber weiß ist, dass im Wort Pausentee sich das Wort Ente versteckt - spielt hier aber keine Rolle.

Caio schob das Bällchen zu Ochs der pressflankte in den Strafraum und Meier (siehe auch Phantom, das) schob zum Anschlusstreffer ein. Jetzt erwachte das Stadion, die Eintracht wirbelte und hatte ein ums andere Mal den Ausgleich auf den quietschbunten Schlappen, während sich immer wieder ein Schalker Spieler anschickte, auf dem Spielfeld zu versterben, - um es sich nach Pfiff des Schiedsrichters aber jeweils anders zu überlegen und weiter lebte.

Korkmaz kam für Teber, der für seine Verhältnisse ein anständiges Spiel dar geboten hatte und verlor den Ball am gegnerischen Strafraum. Der folgende Konter brachte Schalke wieder mit zwei Toren in Front, während Schneepulver ganz sachte vom Dach in die Arena staubte. Immerhin erlebten wir nach langer Zeit wieder einen Kurzauftritt von Martin Fenin, dessen Einwechslung in der 82.Minute für Spycher das Ruder herum reißen sollte. Dies gelang nicht, dafür aber ein weiteres Tor für Schalke - aus abseitsverdächtiger Position, was aber im End keinen Unterschied machte. Abpfiff; 1:4.

Was bleibt? Ein seltsam lauter Jubel, als auf dem Videowürfel die Führung der Kölner gegen die Bayern eingeblendet wurde (!ausgerechnet! Podolski) und ein Mittelstürmer Altintop, der sich meist auf Außen herum trieb und entsprechend mittig fehlte. Naja, ausgeträumt waren sie, die zaghaften Träume von Europa - womit aber im Ernst niemand gerechnet hat. Schalke macht aus fünf Chancen vier Tore und rückte dadurch den Bayern auf die Pelle. 1958 - in jenem Jahr feierten die Königsblauen die letzte Meisterschaft und ich drücke alle Daumen, dass dies auch fürderhin so bleibt. Das dürfte mein Schalker Freund Thomas völlig anders sehen, dem ich wie nach quasi jedem Spiel gegen Schalke gratulieren durfte.

Trainer Magath ließ nach dem Spiel laut FR dem Vorstandsvorsitzenden der Eintracht Heribert Bruchhagen angeblich ausrichten: Einen schönen Gruß an Herri, er soll langsam mal in die Tasche greifen. Das muss er auch sagen, schließlich hat Schalke so viel nicht vorhandenes Geld in den letzten Jahren verbraten, dass es ihnen ganz recht sein dürfte, so sich andere um Kopf und Kragen riskieren.

Das Fazit Jetzt wird die Eintracht nach unten durchgereicht dürfte die FR exklusiv haben; phasenweise hat die Eintracht nämlich den aktuellen Tabellenzweiten ganz ordentlich unter Druck gesetzt und obgleich die Niederlage verdient war, ist sie zu hoch ausgefallen. Caio hat gezeigt, was er kann. Zehn, fünfzehn Minuten im positiven Sinne, den Rest im Negativen und letztlich ist die beste Meldung die, dass Fenin wieder dabei ist.

Wie auch immer, nach dem Kick bin ich nochmal rüber an den Container und weiter ans Gleisdreieck, habe einen heißen Apfelwein bekommen und einen Lift von Uli ins Nordend; danke dafür. Später ging's noch ins Backstage, obgleich die Bembelbar diesmal im Bahnhofviertel bei Lili Marleen statt fand. Da sich aber Apfelwein und Auto nicht vertragen, hatten wir wir uns fürs Heimspiel entschieden - und sollten es nicht bereuen; ein muntrer Trupp plauderte zur Musik des juvenilen Ergänzungsspielers bis in die Puppen. Glut und Asche. Ich hätte ja gerne noch den Song Road Down von den Killigans gehört, der stand aber nicht zur Debatte.

Jetzt geht's nach Hannover - und ich werde nicht dabei sein. Das liegt daran, dass ich morgen Mittag in die Sonne fliege - ein noch nicht ganz zu begreifender Gedanke. Meine Eltern haben heuer Jubiläumsgeburtstag und den gesamten Anhang zum all-inclusive-Urlaub im fernen Ägypten eingeladen. Hoffentlich sind dann auch die Punkte in Hannover inklusive. Ob es kommende Woche also ein Heimspiel in Makadi Bay gibt, steht in den Sternen. Vielleicht liege ich ja kommenden Samstag mit einem Drink am Strand, lasse mir gebratene Spieße vorbei bringen und schaue gedankenverloren ins schwarz-rote Meer wo ein Entchen treibt und habe dabei völlig vergessen, dass die Eintracht kickt.

Also bleibt sauber, feiert schön den 111ten der Eintracht und denkt daran:

Aus.Wärts.Sieg!

Die Eintracht feiert Geburtstag. Auch im Museum.

Am Montag, den 8. März 2010 feiert unsere Eintracht den 111. Geburtstag. Aus diesem Grunde zeigen wir im Eintracht Frankfurt Museum ab 19.30 Uhr den Film Träume in Schwarz und Weiß, der der Öffentlichkeit im vergangenen Herbst vorgestellt wurde.

Zur Filmvorführung erwarten wir auch die beiden Produzenten, Andreas Heller und Ralf Holl, die die Eintracht über zwei Jahre lang mit der Kamera begleitet haben. Herausgekommen ist ein Film, in dem Fans, Freunde, Sportler und Offizielle des Vereins gezeigt werden und zu Wort kommen.

Außerdem sind zahlreiche Spielszenen der letzten 50 Jahre und Interviews mit Jürgen Grabowski, Anton Hübler, Karl-Heinz Körbel, Alex Schur und vielen anderen zu sehen. Dabei wird die Eintracht nicht nur als ein erfolgreicher Bundesligist abgebildet, sondern auch als Sportverein mit all seinen Facetten.

Nach dem Hauptfilm bieten wir den Besuchern im Museum noch ein besonderes Highlight: In einem Zusammenschnitt unter dem Titel Die Eintracht im Film zeigen wir das Geburtstagskind in Filmsequenzen, in denen man die Riederwälder nicht erwartet. Denn aufmerksame Cineasten haben längst entdeckt: Auch in internationalen Produktionen treffen wir auf Schauspieler mit Adler auf der Brust.

Montag, 8. März 2010
Start: 19:30 Uhr

Eintritt: 5,00 €, erm. 3,50 €


Leider kann ich nicht mit dabei sein, wünsche euch aber viel Spaß. Feiert schön.

Mittwoch, 3. März 2010

Tradition zum Anfassen: Fanszene der Neunziger im Museum


Tatort: Museum der Frankfurter Eintracht
Veranstalter: Museum und FuFa
Thema: Tradition zum Anfassen: Kurvendiskussion - Die Fans der Neunziger Jahre

Nachdem wir im vergangenen Jahr die Fanszene der achtziger Jahre beleuchtet hatten, den verlorenen Kampf um ein Fanhaus, Heysel und die Folgen, erste Fanzeitungen, widmeten wir uns nun der Fanszene der Neunziger. Eingeladen waren der Allesfahrer und langjährige Fansprecher Andreas "Pferd" Hornung, der damalige Leiter des Fanprojektes Dr. Fedor Weiser, die damals aktiven Ultras Sascha Heibel und Kai Kauermann sowie Andreas Klünder, dem die Eintracht so schöne Sachen wie die Traditionstrikots anlässlich des 100jährigen Bestehens oder eine eigene Internetseite zu verdanken hat. Die Veranstaltung stieß auf großes Interesse, so waren nicht nur etliche Aktivisten aus der damaligen Zeit erschienen, sondern auch junge Leute, die damals gerade das Licht der Welt erblickten und natürlich Kurt E. Schmitt, unser erster Ultra - Anno 1959. Sogar Axel Hellmannn, damals Fan wie wir, heute Vizepräsident des Vereins, wohnte der Veranstaltung bei.

1990 - 1999 das sind zehn Jahre voller Höhen und Tiefen; Jahre voller Emotionen, die für viele bis heute unvergessen sind. Über Fußball 2000 nach Rostock zu Heynckes direkt in die zweite Liga und über Ehrmantraut zum Klassiker gegen Kaiserslautern, als Fjörtofts 5:1 in letzter Sekunde den Klassenerhalt 1999 bescherte - natürlich konnten nicht alle Erlebnisse an einem einzigen Abend erzählt und beleuchtet werden - aber unsere Gäste lieferten einen schönen Überblick über eine Dekade, die noch ohne Handy und Internet begonnen hatte und mit der Angst vor Systemabstürzen anlässlich der Jahreszahl 2000 endete.

Das erste Pflichtspiel der Neunziger bestritt die Eintracht am 24.02.1990 gegen den VfB Stuttgart - und sie siegte mit 5:1; das letzte Pflichtspiel brachte am 18.12.1999 ein 0:3 beim SSV Ulm. Bei beiden Spielen hieß der Trainer Jörg Berger, der jedoch nach dem Spiel in Ulm entlassen wurde, wie zuvor schon im April 1991, als die Eintracht im Waldstadion gegen den HSV mit 0:6 unterlag.

Die Fanszene der Eintracht war zu Beginn des Jahrzehnts überschaubar; Fanclubs und Fanprojekt boten die organisatorische Plattformen und die Ende 1991 gegründete und bis heute existierende Fanzeitung Fan geht vor diente als Sprachrohr. Noch dachte niemand an Logen oder Arenen; die Heimat der altgedienten SGE Fans war der G-Block, in den Blöcken daneben verloren sich die anderen Anhänger auf den Stehplätzen oder auf der Gegentribüne. Die Haupttribüne war schon damals von VIPs besetzt. Die Zahl der Auswärtsfahrer schwankte erheblich - mal waren von Pferd handgezählte 23 Fans in Bremen, mal weit über 10.000 in Rostock. Auch die Zuschauerzahlen bei Heimspielen waren höchst unterschiedlich, ausverkauft waren stets die Spiele gegen die Bayern, ansonsten konnte man ohne Schwierigkeiten Eintrittskarten an der Tageskasse erstehen, um Stein, Bein, Falke oder Yeboah zaubern zu sehen. Man trug Kutte oder Trikot; das Merchandising wurde seitens der Eintracht sträflich vernachlässigt - allein im noch heute existierenden Fanshop in der Bethmannstraße konnten sich die Fans mit Eintrachtutensilien eindecken.

Das Fanprojekt organisierte von Zeit zu Zeit Fußballspiele und Treffen zwischen den Fans der jeweiligen Gegner - überhaupt bestimmten Fanfreundschaften das Bild. So kam es zu vielen Treffen zwischen Frankfurter und Duisburger Anhängern - aber auch mit Fans von Dynamo Dresden oder Hansa Rostock - wir erinnern uns: Die Wiedervereinigung steckte noch in den Kinderschuhen; bis vor wenigen Wochen war die DDR für uns noch Ausland gewesen. Auch Bildungsurlaube wurden vom Fanprojekt organisiert.

Fedor betonte, dass die Fanszene zu Beginn der Neunziger von einzelnen Köpfen gelebt hatte - Anjo Scheel, Pferd, Axel Gonther, Rainer Kaufmann, Thommy Kummetat um einzelne Aktivisten zu nennen. Die Adlerfront hatte den ganz großen Reiz verloren - obwohl noch immer im Stadion präsent - Fanpolitik wurde vorwiegend in Gremien gemacht, Fanvertreterversammlungen oder der Fanbeirat als wesentliche Institutionen. Eine dynamische Fanszene wie wir sie heute kennen gab es nicht, die Stimmung mit der Situation nach dem ersten Abstieg 1996 nicht vergleichbar.

Die ersten Fahnenpässe wurden eingeführt, nachdem große Fahnenstöcke zwischenzeitlich sogar verboten waren. Mit Reiner Schäfer, Geschäftsführer der Eintracht zu Beginn der 90er, hatten die aktiven Fans einen verständigen Ansprechpartner.

Während heute vielfältige Informationen jederzeit über das Internet abrufbar sind, bestand die Öffentlichkeitsarbeit mehr oder weniger aus Leserbriefen an die großen Zeitungen. Eigene Kommunikationsstrukturen funktionierten von Mund zu Mund - und erreichten natürlich nur einen Bruchteil der Fans - bis es nach dem Bockenheimer Bembel und dem Fußball-Fan-Kurier mit der Fan geht vor die in den Neunzigern dominierende Fanzeitung geben sollte.

Höhepunkte in den frühen Neunzigern waren sicherlich die Reisen nach Europa. Lodz, Moskau, Dnepropetrowsk, Ljubljana, Bukarest - erlebnisreiche Fahrten standen auf dem Programm - vor allem die Fahrt in die Ukraine blieb in nachhaltiger Erinnerung. Dnepropetrowsk, die Heimatstadt von Leonid Breschnew war ein Zentrum der Rüstungsindustrie und somit militärisches Sperrgebiet. Der Eintrachtflieger war im Zeichen von Glasnost und Perestroika die erste westliche Maschine, die dort landen durfte. Mannschaft, Journalisten und auch die Fans (genau 23 an der Zahl) - sie alle saßen im gleichen Flugzeug; Pferd hatte damals dafür gesorgt, dass auch die Fans mitfliegen durften und der erste der damals dem Flugzeug entstieg war kein Geringerer als Fanurgestein Adi Adelmann - in der Hand einen Kanister Apfelwein. Die Landung wurde live TV übertragen. Auf dem Rückflug spielten Fans und Spieler gemeinsam Karten - heute kaum vorstellbar. Als großer Vorteil erwies sich zudem, dass mit Adrian stets ein Eintrachtfan als Dolmetscher dabei gewesen ist.

In Moskau wurde über das Fanprojekt versucht, ein Treffen mit Fans zu organisieren - was daran scheiterte, dass es bei Dynamo Moskau offiziell keine Fans gab. In einer Halle kam es dann zu einem Fußballspiel zwischen Fans der Eintracht (bestehend aus Fanclubmitgliedern, Reiseveranstalter und Hools) gegen eine Moskauer Traditionsmannschaft, deren Innenverteidigung aus Altinternationalen bestand, die 1958 bei der WM gegen Pelé gespielt hatten. Nach dieser Partie (0:4) kam es zu einem Bankett. Flüssig. Die Eintracht aber sollte siegreich in Moskau bestehen. 6:0 lautete das Endresultat damals.

Für Furore sorgte die Aktion United colors of Bembeltown gegen den alltäglichen Rassismus. Initiiert von Anjo, ausgeführt von Rainer Kaufmann trug halb Frankfurt die legendären T-Shirts, die bis heute im Stadion zu sehen sind. Noch vor anderthalb Jahren ließen die Fanclubs diese Aktion erneut aufleben, sogar die Mannschaft spielte zu Beginn der Saison 2008/09 statt mit Werbeflock mit dem Slogan United Colors of Frankfurt auf der Brust. In den Neunzigern sorgte diese Aktion für großes Aufsehen, der griffige Slogan wurde gerne von den Medien aufgegriffen und die Eintrachtfans waren positiv in aller Munde. Bildlich gesprochen.

Brisant waren die Partien im Uefa-Cup gegen Galatasaray Istanbul; in Frankfurt dominierten die Fans von Galatasaray und verwandelten das Heimspiel in eine Auswärtspartie für die Eintracht. Am End brannte eine türkische Fahne im Frankfurter Block, was naturgemäß die Fans von Gala zur Weißglut brachte. In der Türkei wurden die Eintrachtler heiß empfangen, ein Auto mit einem Sarg obenauf parkte vor dem Hotel und auch die Situation im und vor dem Stadion glich einem Spießrutenlauf.

Pferd betonte, dass vor allem der Wechselgesang der Istanbuler beim Rückspiel die Eintrachtler schwer beeindruckt hatte, bislang waren solche Formen des Supports in Frankfurt gänzlich unbekannt gewesen: auch aus Lodz wurden Formen des Supports übernommen: Das Einhaken der Fans und das gesamte Hüpfen des Blocks kannten die Eintrachtfans von dort.

Wenige Monate zuvor kam es zu einem der dramatischsten aber auch traumatischsten Erlebnis in der Historie der Eintracht. Fuhr das Team und mit ihm über 10.000 Fans am letzten Spieltag als Tabellenführer nach Rostock so kehrten sie geschlagen als Dritter nach Hause zurück. Die Eintrachtler befanden sich in einem Meer der Tränen, zumal die Mannschaft noch in der Woche zuvor es nicht geschafft hatte, europapokaltrunkene Bremer im Waldstadion zu besiegen. Selbst bei einem der wichtigsten Spiele der Vereinsgeschichte war das Stadion damals nicht ausverkauft. Eine Situation, die heute undenkbar wäre.

Bis 1995 spielte die Eintracht regelmäßig international, eines der skandalösesten Spiele trug sich dabei in Wien zu, als die Eintracht dort auf Austria Salzburg traf: Es war nicht nur ein Spiel zweier Fußballmannschaften, es war ein Spiel Deutschland gegen Österreich und der Zorn der Österreicher richtete sich nicht nur gegen die Deutschen, sondern vor allem gegen Tony Yeboah, der nahezu von allen Österreichern rassistisch verhöhnt wurde. Sogar der Trainer von Salzburg, Otto Baric, fiel aus der Rolle und hatte Kachaber Zchadadse bespuckt. 2000 Frankfurter skandierten Nazis raus.

La Coruna, Napoli, Juventus - etliche Reisen brachten dolle Erinnerungen; die letzten internationalen Fahrten führten die Eintracht im UI-Cup nach Plovdiv, Vilnius und Bordeaux; ein 0:3 gegen Zidane und Co besiegelten das Ende im Wettbewerb 95/96. Zehn Jahre sollte es dauern, bis es wieder auf internationales Parkett ging.

Sechs Eintrachtler, machten sich auf nach Plovdiv, 37 waren in Vilnius dabei - Zahlen und Erlebnisse aus einer vergangenen Zeit. Letztlich waren es aber auch diese Reisen, welche die Eintrachtfans zusammen geführt haben; gemeinsame Erfahrungen von Hools und Kutten, Normalos und Fanclubmitgliedern legten den Grundstein für das, was nun folgen sollte; verbindend die Sehnsucht nach gemeinschaftlichen Erlebnissen.

Generell hatten die Eintrachtfans zur damaligen Zeit bundesweit keinen allzuguten Ruf. Wenig Stimmung, wenig Leute, kaum Kreativität, sieht man von einigen wenigen Geschichten ab; dazu das große Waldstadion, unüberdacht in den Kurven, das auch nur wenig an Stimmung zugelassen hatte.

Noch vor dem ersten Abstieg zogen die ersten Fans von der Kurve auf die Gegentribüne; zunächst vereinzelt, wurden es mit den Jahren immer mehr Fans, die unter dem Tribünendach dafür sorgten, dass es auch im Waldstadion immer lauter wurde.

Gerade die jungen Fans, die bei den älteren nur schwer Fuß fassen konnten, begannen sich in neuen Fanclubs, vorwiegend im Umland, zu organisieren. Der EFC Wiesbaden und die Bembelraver gründeten sich und wurden zunächst argwöhnisch beobachtet. Die ersten Schwenkfahnen hielten Einzug und mit ihnen zogen peu a peu die Insignien moderner Fankultur ins Waldstadion ein; Rauch und Pyro, Choreos und Support.

Binding Szene, Inferno Schwalbach, Brigade Nassau hießen neben den schon erwähnten Bembelravern und dem EFC Wiesbaden die neuen Fanclubs einer Eintracht, die ab Sommer 96 nicht mehr nach Neapel oder Moskau fuhr, sondern nach Gütersloh, Meppen und Lübeck - zu sonntäglichen Zweitliga-Partien. Dem sportlichen Niedergang folgte das erste Aufkeimen der Fanszene - und die Gründung der Ultras; der UF97.

Die alten Fanclubs standen den jungen Wilden zunächst distanziert gegenüber; Griesheim, Sossenheim, Hessen 90 fuhren zwar noch auswärts - der Jugend aber fehlte der Bezug und so begannen sie sich selbst zu organisieren. Erstaunlicherweise inspiriert von den Fans des KSC, die sich wiederum am französischen Style (Straßbourg) orientierten, wandelte sich der Begriff Stimmung zum Support.

Die Ultras waren im Grunde ein Zusammenschluss der neuen Fanclubs, deren Logistikzentrum der EFC Wiesbaden bildete. Nun fuhren etliche Busse in die Lande; über 1000 Fans wollten die Eintracht beim ersten Spiel in Lübeck begleiten. Federführend in Frankfurt war dabei Daniel Reith, dessen Wirken auch die Brücke zu den Älteren baute und der maßgeblich den Gedanken von Choreografien in die Kurve hinein trug. Zu dieser Zeit begann auch die Rivalität zu Mainz 05; einem Verein, der bis dato für die Eintrachtfans höchstens eine Rolle gespielt hatte, als dass diese selbst Spiele der Mainzer besucht hatten. Dem Nachwuchs, der Spiele gegen Offenbach nur vom Hörensagen kannte, war nun ein Gegner in unmittelbarer Nähe gegeben.

Nicht nur die Fanszene, auch die Zweite Liga gewann an Bedeutung. Neben der Eintracht war mit dem 1.FC Kaiserslautern auch ein weiteres Gründungsmitglied der Bundesliga abgestiegen; die Zuschauerzahlen schnellten in die Höhe und das Fernsehen nutzte in Form des DSF die Gelegenheit, einzelne Spiele live im TV zu zeigen. Montag abends konnten die Fans nicht nur die Eintracht sehen, sondern auch sich selbst und ihre Aktionen. Rauch und Feuerwerk, auch Choreografien wurden nun bundesweit bekannt - und zogen immer mehr Jugendliche in den Bann. Martin Stein etablierte sich als Vorsänger und gab in der Kurve den Ton vor; nicht jeder war damit einverstanden - die heutige Akzeptanz in der Kurve musste sich erkämpft werden.

Ein wesentlicher Faktor der Bewegung war der Spaßfaktor. Nicht immer wurde das Erlebnis am Ergebnis des Spiels festgemacht; ein vor allem für Ältere irritierendes Moment. Die Bewegungsfreiheit war zu diesem Zeitpunkt für alle gegeben; vom Schwimmbad- bis zum Biergartenbesuch wurden vielfältige Möglichkeiten der Freizeitgestaltung im Rahmen von Fußballspielen genutzt.

Die Ultrabewegung der Eintracht war eine Jugendbewegung mit Kern im Umland, die sich zunächst eher unpolitisch sah. Die großen Veränderungen auch im Bereich der Sicherheit, die im Wesentlichen in der WM 2006 manifestierten, lagen noch in einiger Entfernung; noch war Fußball oldschool - das Manifest der Ultras des AS Rom aber spielte in Frankfurt keine tragende Rolle. Dennoch erhielt die Gruppierung der Ultras zunächst nicht die Zulassung als Fanclub. Über diverse Umwege und Fanclubgründungen erhielten die Ultras dann doch noch vergünstigte Dauerkarten. Kai betonte, dass es ihn mit Stolz erfüllt, wenn er nun die Eintrachtkurve mit ihren Fahnen und Doppelhaltern, mit Choreos und den großen Schwenkfahnen sieht - und er daran denkt, wie klein alles angefangen hat; nicht zuletzt durch Leute wie ihn.

Brachte Rostock 1992 uns das Leiden bei, so lehrte uns der Abstieg, dass in der Not eine Kraft liegt, welche Neues gebären kann. Und wenn die Gegenwart trostlos daher kommt, besinnt man sich der Tradition, der Vergangenheit. Hatte sich bei den Verantwortlichen der Eintracht jahrelang niemand um das historische Erbe gekümmert, so brachten die Bemühungen von Leuten wie Andy Klünder oder Matthias Scheurer nicht nur die Gründungsurkunde ans Tageslicht, woraufhin das offizielle Gründungsdatum vom 1. Mai 1899 zum 8. März 1899 geändert wurde. Im Rahmen der Vorbereitungen zum 100jährigen Jubiläum fand Thomas Bauer den Wimpel zur Deutschen Meisterschaft eingestaubt nach längerer Suche in einem verbautem Schrank am Riederwald. Nicht nur bei Andy Klünder hing dieser Wimpel einige Zeit zuhause. Nun hat er seinen Platz im Museum.

Andy Klünder und Matthias Scheurer kümmerten sich nicht nur mit anderen um das Eintracht-Archiv, sondern schenkten der Eintracht auch mit Dirk Chung eine Homepage und das erste Forum. Als sich erste Erfolge einstellten und das Internet immer mehr an Bedeutung gewann, wurden mit dem Einstieg von Octagon die drei jedoch von Seiten der Eintracht ins Abseits manöveriert. Zuvor wollten die Fans aber auch bei der Eintracht Kontakte knüpfen und ihre Interessen formulieren - die Anfänge der Fan- und Förderabteilung, welche sich dann 2000 gründete, sind in dieser Zeit begründet. Als sich die Fans in den Verein begaben, verabschiedete sich der Profifußball von jenem - dies aber sind Themen der nächsten Kurvendiskussion, wenn es um die Jahre 2000 bis 2010 gehen wird.

Das Team belohnte die Fans mit dem Aufstieg 1998. Legendär wurde die erste Bundesligasaison nach dem Wiederaufstieg, als über 60.000 Zuschauer Zeuge wurden, wie Jan Aage Fjörtoft mit seinem Übersteiger der Eintracht sensationell den Klassenerhalt sicherte. Ein halbes Jahr später zierte die Eintracht abgeschlagen das Tabellenende. Für Salou, Guie-Mien, Heldt, Bulut oder Kracht wurden Millionen ausgegeben und nach der Ehrmantrautschen Bescheidenheit auf dem Gartenstuhl wurde auch dank der ISPR-Millionen wieder geklotzt und nicht gekleckert; Retter Jörg Berger wurde im Anschluss an das letzte Spiel in Ulm gefeuert und durch Felix Magath ersetzt; die Eintracht aber, deren Zukunft noch im Sommer rosig ausgesehen hatte, stand an der Schwelle zu einem neuen Jahrtausend wieder einmal am Abgrund.

Es war wie immer, die sportliche Bilanz konnte mit den Ausgaben nicht mit halten; aber eines konnte die Eintracht nun aufweisen: eine Fanszene die ihresgleichen suchte. Innerhalb weniger Jahre war aus einem mehr oder minder belächelten Haufen in Zeiten von Fußball 2000 eine der angesagtesten Szenen der Liga geworden. Und das, obwohl sich die Eintracht sportlich so desaströs zeigte, wie selten zuvor. Legendäre und typische Momente lieferte die Eintracht anlässlich des vermeintlich ausverkauften Uefa-Cup-Spiels gegen Neapel, als eine ganze Menge Eintrittskarten nach dem Spiel am Riederwald gefunden wurden oder das erste Heimspiel der Zweiten Liga gegen den FSV Zwickau, als die Eintracht nicht genügend Eintrittskarten gedruckt hatte und es zu leichten Tumulten an den Kassen kam.

So waren sie, die Neunziger - und so waren sie auch doch nicht. Jeder hat seine eigene Sichtweise auf die Zeit und es ist unmöglich jeden Sachverhalt im Detail zu durchdringen. Eines aber ist klar; die Fanszene der Eintracht hatte sich in zehn Jahren unglaublich gewandelt; wie sich auch die Inszenierung des Fußballs gewandelt hat. Wie schon angedeutet, richtete sich vieles auf die WM 2006 aus - und mit dem Aufkommen einer neuen Fankultur ging die Schwierigkeit seitens der Vereine, die immer mehr zu Unternehmen wurden, damit zu Recht zu kommen, Hand in Hand. Aber auch der DFB und die Polizei reagierten zunehmend repressiv - aus dem Fan wurde ein Sicherheitsrisiko. Dies aber wird wie so manch anderes Thema der nächsten Veranstaltung zur Fanszene sein. Die Kurvendiskussion geht weiter. Ganz sicher.


Um sich auch über Spiele und Tore der Eintracht in der damaligen Zeit einen Überblick zu verschaffen, empfehle ich euch: klickt euch durch Franks Eintracht-Archiv - das wir sicherlich auch in der nächsten Kurvendiskussion beleuchten werden.

Montag, 1. März 2010

Mütze. Schwarz -Weiß.


Ihr habt sie ja alle schon gesehen, die Mützen, welche von der UF in Nürnberg verkauft wurden. Reißender Absatz war ihnen gewiss. Wer noch keine hat, dies aber ändern möchte und dabei noch für einen noch näher zu definierenden guten Zweck seinen Beitrag leisten möchte, der kann hier bis zum Donnerstag, dem 11.03 bis 20 Uhr zuschlagen.

Weitere Infos sind hier nach zu lesen.

Drei, zwei, eins. Deins.


Das Foto der Mütze wurde der UF-Homepage entnommen.