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Montag, 15. Februar 2010

Maskottchenwochen


Wolfsburg, Bremen, Köln und nun Freiburg - Das vierte Heimspiel in Folge bei eisiger Kälte, dazu der Narrenumzug in Frankfurt und schon schrumpft die Zahl der Zuschauer auf 34.900 - Saisonminusrekord. Da sag mal einer, die Anzahl der Zuschauer steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg oder gar der attraktiven Spielweise. Würde es danach gehen, wäre die Hütte nach dem grandiosen Triumph in Dortmund gegen Freiburg ausverkauft gewesen, doch: Pustekuchen. Was auch immer das ist. Ein Pustekuchen.

Doch der Reihe nach. Gegen 16:30 stampften drei warmbejackte Wanderer durch den Winterwald und achteten streng auf die Schrittfolge, der Untergrund war vereist, der Weg holprig. Einem heißen Apfelwein beim Bratwurst-Walter folgte ein flotter Einlass, bei Niels der Erwerb zweier Fan geht vor und der Gang am seit Wochen eingeschneiten Trainingsplatz entlang bis sich unsere Wege kurz trennten. Während Daddy und ich noch im Museum vorbei schneiten, wo Billy außen tapfer die Stellung hielt und Devotionalien, vorwiegend Mützen verkaufte, marschierte Pia zu einem Treffpunkt vor Block 35. Bernd und Gisela achteten am Einlass des Museums darauf, dass alles seine Richtigkeit hat während Steffen wie immer am Tresen sich den Fragen der Gäste widmete. Apropos Museum: Noch am Samstag verbrachte ich höchstselbst den Tag dort und bekam hohen Besuch im Rahmen meiner Maskottchenwochen.
Hatte ich in Dortmund noch unfreiwillig die Bekanntschaft mit Emma geschlossen, so wackelte nun Paule zu mir herein. Paule ist das DFB-Maskottchen und war im Stadion mit einem Filmdreh beschäftigt. Auf meine Frage, weshalb sich der DFB denn einen Raben als Maskottchen hielt wenn doch ein Adler das Wappentier ist, antwortete Paule - oder vielmehr der freundliche junge Mann, der darunter steckte - dass Paule sehr wohl ein Adler sei, dies aber wahrlich nicht zu erkennen ist. Ich drückte Paule eine Apfelschorle in die Hand, half ihm, sich wieder in sein Kostüm zu wickeln und fragte mich, was denn kommende Woche in Hamburg auf mich wartet. Das war am Samstag.

Am Sonntag verließen wir das Museum nach unserer kurzen Runde und marschierten auf unsere Plätze. Schwegler war entgegen der Ankündigung nicht im Kader, die Eintracht begann mit der gleichen Elf wie in Dortmund; das heißt auch mit Sebastian Jung als rechter Verteidiger. Doch bevor es los ging, wurde Mehdi Mahdavikia verabschiedet, der ja in der Winterpause die Eintracht verlassen hatte und extra zum Abschied für dieses Spiel eingeflogen war.

Völlig in die Hose ging zu meinem Entsetzen im Herzen von Europa. Irgendein Held hatte sich das Mikro der Kurve geschnappt und sinnfrei vor sich hinein gebrabbelt, der Unterrang schwenkte zwar hübsch schwarze, rote und weiße Fähnchen schien aber gesanglich mit etwas anderem beschäftigt. Dazu passte es, dass die Aufstellungsverkündung alles andere als synchron mit den Bildern auf dem Videowürfel ablief. Gibt Schlimmeres, war aber nicht schön.

Nicht schön war auch die erste Hälfte, zerfahren das Spiel. Immerhin durften wir Du-Ri Cha auf Seiten der Freiburger begrüßen, der als Rechtsaußen auftrat und einige gute Szenen hatte. Einen Freistoß des SC konnte Nikolov noch aus dem Winkel fischen, ein Schlenzer von Köhler flog knapp über das Freiburger Tor und nur wenig später segelte eine Flanke von Cha zu Nikolov, einen Ball, den dieser souverän fallen ließ, auch im Nachfassen nicht erhaschen konnte und so lautete der Spielstand nach 25 Minuten 0:1; Cissé hatte eingeschoben. Schon zuvor hatte Ralf Fährmann begonnen, sich hinter dem Tor warm zu machen; Towarttrainer Andy Menger schob ihm die Bälle zu.

Auffällig bei der Eintracht war bislang vor allem Benny Köhler, der seine klasse Leistung in der 43. Minute mit einem tollen Freistoß krönte, der zum Ausgleich an Mauer und Torwart vorbei ins Netz segelte. Sekunden später erspähte Altintop einen Rückpassversuch und donnerte das Leder frei stehend an den Außenpfosten, das wäre es gewesen. Halbzeit: 1:1.

In der Pause sahen wir: Einen Hydranten, eine Biene Maya, ein Schwein, einen Seemann mit Papagei auf der Schulter: Helau.

Nach dem Wechsel wollte so recht auch kein erwärmendes Spiel aufkommen, Höhepunkte waren die Einwechslung von Caio, der Sekunden danach von einem Freiburger 20 Meter vor dem Tor den Ball bekam, nicht lange fackelte und Pouplin zu einer Glanztat zwang. Danach befreite sich Freiburg ein wenig, ohne nennenswerte Chancen heraus zu spielen. Korkmaz kam (mit Maske) für Köhler und Caio donnerte einen Ball mit Schmackes an den Pfosten; einen Ball, den ich schon weit im Toraus gesehen hatte und der sich dann doch noch senkte, so dass ich nach dem klatschende Geräusch mit offenem Mund da stand.

Der Freiburger Keeper ließ sich nun bei Abschlägen lange Zeit, ich wünschte ihm die Pest an den Hals und die Kugel ins Netz - doch es schien (wie so oft) vergeblich. Zwei Minuten wurden als offizielle Nachspielzeit angezeigt. Der Ball landete gefährlich nah am Frankfurter Tor; Chris trat darüber. Nicht über das Tor, über den Ball, doch Franz drosch die Kugel nach vorne. Meier verlängerte per Kopf zu Altintop, der auf Pouplin zu flitzte und das Bällchen clever über diesen ins Freiburger Tor lupfte. Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa. Da war er, der Siegtreffer. 2:1 in der Nachspielzeit. Sollte die Tage die Meldung durchsickern, dass der Freiburger Keeper die Pest am Hals haben sollte, weise ich jede Schuld von mir. Das klägliche Häuflein mitgereister Freiburger Fans sackte nun vollends in sich zusammen, die Frankfurter feierten und so endete ein eiskalter Spieltag mit einem versöhnlichem Ergebnis und einem tappsigen Heimweg durch den Frankfurter Stadtwald. Blöd nur, dass ich vor lauter Aufregung vergessen habe, den Endstand auf dem Videowürfel zu fotografieren.

Zwei Punkte steht die Eintracht nun hinter den Europapokalplätzen, wer hätte dies vor der Saison gedacht? Die nächsten Spiele in Hamburg, Stuttgart und gegen Schalke werden den Weg weisen. Holt die Eintracht nichts, wäre dies kein Beinbruch - in den vergangenen Jahren normal gewesen. Punkten die Adler aber, so kann alles möglich sein, warten wir's ab. Immerhin hat die Eintracht jetzt schon mehr Punkte erspielt, als in der vergangenen Saison nach 34 Spielen, das ist doch was.

Sonntag, 13. September 2009

Heimspiel in Freiburg


Lange ist's her, dass die Eintracht in Freiburg gespielt hat, der Trainer hieß damals Reimann, der Spieler Bajramovic kickte für die Freiburger und Cha für die Eintracht während Schiedsrichter Fröhlich einen derartigen Unfug zusammen pfiff, dass die Eintracht keine andere Wahl hatte, als mit 0:1 zu verlieren - was einem Kumpel von mir das Handy kostete.
 
Knapp sechs Jahre sind seither vergangen - und vieles hat sich verändert; einiges ist gleich geblieben - so zum Beispiel die Option, eine Fahrt nach Freiburg mit einem Ausflug zu Freunden zu verbinden.
 
Freitag, 11.09.2009
 
Etwas später als geplant rollt ein silberner Golf durch die Baustelle der Friedberger Landstraße, das schwarze Badeentchen lugt aus der Beifahrerseite in den sonnigkühlen Tag, die letzten Stunden des Sommers sind angebrochen. Über den Frankfurter Flughafen geht's auf die A5, hinter uns Frankfurt im Rückspiegel und vor uns der Highway.
 .
hang up the chick habit
hang it up, daddy,
or you'll be alone in a quick
hang up the chick habit
hang it up, daddy,
or you'll never get another fix 
 
Lässig spulten wir die Kilometer runter, ebenso lässig und fast so cool wie die Mädels in Death Proof flogen die Köpfe zur Musik hin und her bis wir auf einem kleinen Parkplatz einen kurzen Stopp einlegten. Fliegwiese, kein guter Platz um länger als nötig zu verweilen. Für uns. Für andere mag dies anders aussehen, die an die Wände gekritzelten Sprüche zeugen von reger Kommunikation. Auf dem Parkplatzschild pappt ein Aufkleber des infernalischen SV Wehen - ob ein Zusammenhang besteht, scheint unklar.
 
Dave Dee, Dozy, Beaky Mick and Tich schrammeln hold tight, Heidelberg, Karlsruhe, Baden Baden - Oos. In Baden Baden-Oos wurde zu Beginn der Siebziger ein Video zu Barry Ryans Song Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt gedreht, Zeit für uns die A5 zu verlassen; Zeit, gemütlich durch den Schwarzwald zu cruisen. Wir schlängeln durch Baden Baden und rollen auf die Schwarzwaldhochstraße, die 75 PS des Golfs haben nun kräftig zu arbeiten, Mink deVille unterstützte ihn dabei:

Nebel zerwaberte die Täler des Schwarzwaldes, Ausflügler und Touristen sind rar an diesem Freitag, von Zeit zu Zeit fuhren wir rechts ran, ließen einen flotten Einheimischen überholen und spielten akinator. Das Spiel ist ganz einfach, einer denkt sich eine Figur aus (Idefix, Bruce Springsteen, Jack the Ripper, etc ) und der andere muss Fragen stellen, die mit ja, nein, teilweise, nicht wirklich oder weiß nicht beantwortet werden - bis man auf den Trichter kommt, wer gemeint ist. Ich denke, ich finde es lustiger als Pia, die aber tapfer mitspielt. Wir raten nacheinander Fritz Becker, die Runkelroiweroppmaschin oder Rex Gildo. Die Schwarzwaldtäler ziehen vorüber und bieten fantastische Ausblicke, die Orte heißen Zuflucht oder Kniebis und wer weiß, ob nicht in einem der Täler der Holländer Michel dem Kohlenmunk-Peter das kalte Herz angedreht hat.
 
Mittlerweile nagte der Hunger, allein die Suche nach einem Metzger gestaltete sich schwierig, selbst als wir die Höhe des Schwarzwaldes verlassen ist die Mittagsruhe in jener Gegend ein hohes Gut, bloß Holz, das hätten wir in rauen Mengen kaufen können. Wie ausgestorben reihten sich die Ortschaften aneinander, auf Papptafeln warb Herr Fuchtel um Wählerstimmen; jener Herr Fuchtel, dessen Webseite derzeit von Google als gefährlich eingestuft wird und der sich ganz bestimmt nicht die Haare färbt, was aber völlig egal ist.
 
Wolfach. Die Kinzig mäandert durchs Tal und wir parkten den Golf am Straßenrand um zu Fuß den Metzger zu finden, den es doch hier irgendwo geben muss. Ein langes Floß harrte im Wasser einem kommendem Fest, Touristen schlenderten die Hauptstraße entlang und wir entschieden uns zu guter Letzt dann doch für einen Bäcker, der jedoch auch Fleischkäs'weck im Angebot hatte und so geht ein großer Dank an die Stadtbäckerei Schmieder, die uns dem Hungertod entriss.
 
Keine fünf Minuten später entdeckten wir eine Metzgerei - es war ja nicht anders zu erwarten, wir aber gönnten uns ein Eis und zöckelten dann weiter in Richtung Emmendingen, der ersten Etappe unserer Reise. Wir überquerten binnen weniger Minuten mindestens fünf mal die Kinzig während Pia noch souverän Mike den Stuntman erriet und schon parkten wir den Golf und klingelten bei unseren Freunden. Das Gastgeschenk, unter Anderem ein schwarzes Badeentchen sorgte für Gelächter.
 
Samstag, 12.09.2009
 
Nach dem Besuch des kleinen Marktes in Emmendingen und einem kleinen Schwatz mit Yorick, der tapfer eingelegte Oliven und Schafskäse verkaufte und mit Lea, die nebenan Obst und Gemüse unters Volk brachte sowie einer eingelösten Wettschuld in Form einer Rolle Smarties für Keshia verließen wir den Platz. Nebenan wurde eine Bühne für den bevorstehenden Auftritt des Ministerpräsidenten hergerichtet, während alle anderen Parteien origineller Weise Luftballons verteilten. Eine Wahl scheint bevor zu stehen.
 
Kurze Zeit später rollten wir über die Elz nach Freiburg. Wir umkurvten die Innenstadt mit dem Ziel, nahe der Schwarzwaldstraße zu parken und dann die restlichen Meter zu laufen - ein tückisches Unterfangen, denn in dem Wohngebiet war Parken nur mit Parkschein erlaubt und das Verlassen des Wohngebietes endete kurz und schmerzlos auf einer Autostraße die in einem Tunnel mündete, der uns aus der Stadt hinaus führte. Ein weiter Tunnel folgte und alsbald blieb uns nichts anderes übrig, als eine Ehrenrunde zu drehen und einen erneuten Versuch zu wagen, der erfolgreicher verlief.
Ein Tannenzäpfle später marschierten wir an der Dreisam entlang Richtung Stadion. Das Flüsslein perlte über Steine, ab und an lag jemand im Gras und schlief während der ein oder andere Anhänger des Sportclubs gleichfalls am Wasser zum Sport wanderte.
 
Bald ragte das Flutlicht in die Höhe, das Stadion, etliche Jahre nach dem Fluss benannt heißt nun nach einem Energieversorger und wird malerisch umrahmt vom Schwarzwald. Im Biergarten nebenan hockten Freiburger und Frankfurter beisammen, tranken Bier und schwatzen, während nur ein paar Meter entfernt die wirkliche Welt wartete, Polizeiwagen reihte sich an Polizeiwagen während ich nach Ina suchte, die noch unsere Tickets hatte. Ein Hallo hier, ein Guude dort und schon hockten wir wieder bei einem Schöppchen beisammen. Koi war unterwegs, ebenso wie die Sossenheimer (ja, wir sind's wirklich) oder die Griesheimer, die Nieder oder die Geiselgangster wie die Ultras, all die Bekloppten, die Woche für Woche durch die Republik reisen, um immer wieder den gleichen Polizeiwagen und -taktiken ins Gesicht zu glotzen.
 
Freiburg ist bekanntlich ein hartes Pflaster, zumindest was den Besuch von Fußballspielen angeht - als Gästefan. Irgendwie müssen die glauben, dass die Frankfurter gleich hinter den Taliban verantwortlich für das Übel in der Welt seien, entsprechend die Eingangskontrollen; entsprechend der Empfang. Da wir keine Lust hatten, uns stundenlang vor dem Einlass in Menschentrauben zu stürzen, warteten wir, bis sich das Menschenknäuel aufgelöst hatte und trafen noch auf die Geiselgangsterin die noch nicht ganz entschieden hatte, wo sie sich das Spiel anschauen soll. Pia musste ihre Schuhe beim Einlass ausziehen und als wir es
endlich nach Oben geschafft hatten, trat genau das ein, was zu befürchten war: Der Block war dermaßen überfüllt, dass es nicht wirklich möglich war, einen Blick aufs Spielfeld zu erhaschen. Zwischen Dach und Köpfen bestaunten wir die Hügel des Schwarzwaldes auf denen sich munter Windräder drehten; mit Ach und Krach erspähten wir auf der Anzeigetafel, dass Chris von Beginn an dabei war und Caio auf der Bank schmoren musste. Oberhalb der Stehränge hing ein Fernsehgerät an der Decke, so konnte man immerhin die ein oder anderen Spielszene erkennen. Da dies aber nicht das Gelbe vom Ei war, nutzte ich die Gelegenheit für einige Hintergrundgespräche, bestaunte die Mitglieder von Per Sempre die anlässlich des fünjährigen Bestehens allesamt in Hawaiihemden aufgelaufen waren und ärgerte mich darüber, dass ich in einem Fußballstadion kein Fußball sehen konnte, obgleich ich dafür bezahlt hatte. 
Da es Pia nicht anders ging, verließen wir nach der Pause den Schuppen und hockten uns nebenan in die Kneipe zu einem weintrinkenden Badener, der freundlich dem Spiel beiwohnte. Endlich Fußball. 
Peu a peu trudelten dann jede Menge Frankfurter ein, Oli hockte sich zu uns und gemeinsam bejubelten wir den Führungstreffer von Maik Franz. Es fühlte sich an, wie die gerechte Rache die Alex Meier nach Vorarbeit von Köhler noch auf die Spitze trieb. 90. Minute: 0:2. Ja. Jaa. Jaaaaa
Zwischenzeitlich hatte Nikolov zwar noch ein paar Bällchen zu halten, im End aber stand ein Auswärtssieg zu Buche, der kräftig gefeiert wurde - und so langsam kehrte die gute Laune zurück. 
 
Der Biergarten füllte sich nun zusehends und wir blieben noch eine ganze Weile, bis wir an der Dreisam zurück zum Golf wanderten. Nach einem Abschiedsessen in Emmendingen und dem Versprechen, uns bald wieder blicken zu lassen tuckerten wir über die B3 zurück auf die Autobahn. Durch die Dunkelheit rauschten wir an Offenburg vorbei, an Baden Baden und Karlsruhe, an Heidelberg und Darmstadt, über Flughafen und Miquelallee zurück in die Heimat. Todmüde blieb noch ein kurzer Blick auf die Wiederholung des Sportstudios, doch noch während Ribery seinem Trainer in die Arme hüpfte robbten wir in das Reich der Träume.
 
Heute morgen besiegte dann die U19 das Team von Darmstadt 98 mit 3:0 und holte sich endlich den ersten Saisonsieg. Trotzdem: Der Herbst kommt. Und falls ihr mal in Emmendingen seid und es ist zufällig Samstag früh, dann kauft dem jungen Mann am Stand Schafskäse und Oliven ab. Und grüßt ihn von mir.
 

Sonntag, 7. Dezember 2008

Tradition zum Anfassen - Istvan Sztani und Du Ri Cha im Museum der Frankfurter Eintracht


Am 13. November 2008 fand im Eintracht Frankfurt Museum die vierte Auflage der von der Fan- und Förderabteilung und dem Museum gemeinsam organisierten Veranstaltungsreihe Tradition zum Anfassen statt. Unter dem Motto United Colors of Frankfurt, ausländische Spieler bei Eintracht Frankfurt waren drei ehemalige Spieler der Eintracht geladen, die aus ganz unterschiedlichen Generationen stammen und beim Stichwort Heimat nicht zwangsläufig an Rippsche mit Kraut denken: Istvan Sztani, Du-Ri Cha und Lajos Detari.

Während ich mich am Nachmittag um die Verkabelung der Anlage kümmerte, wollte sich Matze gegen vier Uhr auf den Weg zum Airport machen, um Detari dort abzuholen. Welcher Eingebung auch immer folgend, checkte unser Museumschef noch einmal seine Mails – und blickte wenig später etwas bedröppelt aus der Wäsche, dabei entsponn sich folgender kleiner Dialog:

Beve, er kommt nicht.
Wer?
Detari.
Quatsch.
Doch.
Ohje.

Wir versuchten noch auf die Schnelle, über alle möglichen Kanäle Ersatz aufzutreiben, so etwa unseren derzeit verletzten Mannschaftskapitän Ioannis Amanatidis, aber letztlich scheiterten alle gut gemeinten Versuche, und so blieb uns nichts anderes übrig, als uns den enttäuschten Erwartungen zu stellen; immerhin hatten Sztani und Cha ihre feste Zusage gegeben.

Da ich wieder einmal die große Ehre hatte, die Veranstaltung zu moderieren, machte mir die Absage Detaris einen gewaltigen Strich durch die Vorbereitung. Gerade auf die Gemeinsamkeiten – aber auch Unterschiede – der beiden Ungarn Detari und Sztani hatte ich einen Gutteil des Abends ausrichten wollen – aber gut, wir sind bei Eintracht Frankfurt und demzufolge das Improvisieren gewohnt.

Zu unserer großen Freude trafen dann auch unsere beiden Gäste pünktlich ein und wurden zunächst von Billy betreut, bis sie sich unter Applaus und DuDuDuDuDuuu...-Gesängen den Weg durch 180 Zuschauer bahnten, darunter langjährige Eintrachtler wie der Tennis-Ehrenspielführer Alexander Loulakis oder Riederwald-Architekt Karl Heinz Fleckenstein, die schon in den Dreißigern erstmals zur Eintracht gingen. Sztani, hessisch-mondän im Anzug inklusive Stiefeletten und blauer Sonnenbrille, Du-Ri lässig in Jeans und Chucks. Ich wackelte hintendrein und wusste immer noch nicht so genau, wie ich den Ausfall unseres Pokaltorschützen von 1988 kompensieren sollte; eine überflüssige Denkerei, wie sich im Verlauf des Abends zeigen sollte.

Matze verkündete zunächst die Hintergründe des Fernbleibens von Lajos Detari. Dieser war nämlich von seinem bisherigen Club als Trainer gefeuert worden und weilte nun irgendwo in Europa, um über einen neuen Job zu verhandeln. Alsbald begrüßte FuFa-Abteilungsleiter Stefan Minden unsere Gäste, und schon befanden wir uns auf einer Zeitreise in die Fünfziger Jahre.



Sztani spielte Ende 1956 mit der ungarischen Jugendnationalmannschaft in Europa, als in seiner Heimat der Aufstand losbrach. Zunächst war der Rückweg versperrt, und so tingelte das Team durch Europa, bis etliche Spieler bei westeuropäischen Teams unter Vertrag standen und zu guter Letzt auch Sztani, der eigentlich nach Ungarn zurück wollte. Nachdem sich schon zwei andere Spieler der Eintracht angeschlossen hatten (Janos Hanek und Tibor Lörinc), fragte auch er, ob Platz für ihn sei. Der damalige Trainer der Eintracht, Adolf Patek, ein gebürtiger Österreicher verpflichtete ihn quasi mit den Worten: Gemma, Gemma. Nicht zuletzt die Aussicht auf einen PKW der Marke Karmann-Ghia bewog den lebenslustigen Ungarn, im Westen zu bleiben.
Die einjährige Sperre nutzte er, um durch Kinobesuche Deutsch zu lernen und spielte dabei in der Amateurmannschaft der Eintracht, in welcher er etliche Tore schoss. Erst ab Januar 1958 war Sztani für die Eintracht spielberechtigt – und schaffte auch gleich den Sprung in die erste Mannschaft. Außerhalb des Fußballs fand er sich in der Nachkriegsbundesrepublik leicht zurecht, zunächst auch ohne Sprachkenntnisse – innerhalb des Teams musste er sich, wie jeder andere Jungspund, durchsetzen.

Sztani erinnerte sich an das verlorene Regensburgspiel im April 1958, in dem Pfaff einen Elfmeter verschossen hatte – oder wie seinerzeit Alfred selbst anmerkte: Ich habben net verschosse, der hadden gehalde. Die Mannschaft sei trotz der Niederlage, welche die Teilnahme an der Endrunde zur deutschen Meisterschaft verhindert, von jubelnden Fans empfangen worden. Ein richtiger Fan steht auch bei Niederlagen zu seinem Team verkündete er unter dem Beifall der Zuschauer.

Seinen größten Auftritt hatte er im Endspiel um die deutsche Meisterschaft 1959, bei dem er nicht nur zwei Tore zum 5:3 gegen die Kickers beisteuerte, sondern auch das erste Mal seit seinem Wechsel zur Eintracht seinen Vater sehen konnte. Der ungarische Fußballverband hatte das Hundertfache eines ungarischen Monatslohnes im Wäscheschrank seiner Mutter gebunkert, um Sztani zur Rückkehr nach Ungarn zu bewegen – doch dieser entschied sich für einen Wechsel zum belgischen Spitzenclub Standard Lüttich. Zwar wusste man auch im Gulaschsozialismus (Zitat Sztani) Ungarns zu leben, die Vorteile des Westens sprachen jedoch für sich. Annähernd fünf Jahre sollte es dauern, bis das Einzelkind Sztani, der um das Leid des verlorenen Sohnes seiner Eltern wusste, wieder in Ungarn weilen sollte.

Sztani, der Fußball lieber spielen als kämpfen sehen möchte, (von Bruder zu Bruder un zurigg) erinnerte wie vor kurzem Dietrich Weise an die Vorzüge des Kopfballpendels und erklärte gut gelaunt die Taktikbesprechung des Meistertrainers Paul Osswald vor dem Spiel gegen den OFC.

Osswald: Wenn der Berti Krauß da hin geht, übernimmst du ihn; wenn er dorthin geht, übernimmst du ihn; wenn er hier hingeht du und wenn er wiederum da lang geht dann ... lasse mern laafe sei ihm Alfred Pfaff ins Wort gefallen.

Überhaupt, die Trainer mögen heute mehr das technische Spiel lehren – und was machen sie? Waldläufe. Er selbst habe mit dem Schäferhund Osswalds trainiert, der stets nach dem Ball schnappte (ohne jedoch zu beißen) und somit die eigene Ballbehandlung geschult.
Angebote vom AC Milan und Barcelona musste Sztani in Diensten von Lüttich ablehnen, der Verein brauchte kein Geld, sondern Spieler. In Frankfurt sei dies anders gewesen, dort hätte man häufiger den Spruch gehört: Für des Geld fahr ischn mim Schubbkarrn dahin.

Weitaus zurückhaltender erzählte Du-Ri Cha seinen eigenen Lebensweg. In Frankfurt geboren, aufgewachsen ebendort sowie in Leverkusen ist er im Alter von neun Jahren von Deutschland anch Südkorea gezogen, als die großartige Karriere seines Vadders Bum-Kun Chas in Deutschland zu Ende gegangen war. Du-Ri, der als Kind nur deutsch gesprochen hatte, fragte sich unter dem Gelächter der Anwesenden, wie er eigentlich in jenen Jahren mit seinem Vadder kommuniziert hätte, der bekanntermaßen bis heute mehr schlecht als recht deutsch spricht. Aber Väter und Söhne verstehen sich halt. Irgendwie.



Du-Ri, der in jungen Jahren in Südkorea sehr wohl ans Kopfballpendel musste, wechselte nach der für ihn und sein Land sehr erfolgreichen WM 2002 auf Anraten von Reiner Calmund nach Deutschland, zunächst nach Leverkusen. Bayer verlieh ihn aber sofort nach Bielefeld, bevor er 2003 zur Eintracht kam. Ebenfalls nur ausgeliehen wurde er später verpflichtet und hatte maßgeblichen Anteil am direkten Wiederaufstieg in der Saison 2004/05.

Das darauffolgende Bundesligajahr brachte für den äußerst sympathischen Cha Höhen und Tiefen; großartig das gewonnene Halbfinale im DFB-Pokal gegen Bielefeld oder das Hammertor aus 30m in Dortmund, welches den vorzeitigen Klassenerhalt bedeuten sollte (und im Museum noch einmal gezeigt wurde), bitter natürlich die Nichtberücksichtigung beim Pokalfinale selbst und vor allem die Nichtnominierung für den Kader Südkoreas bei der WM 2006. Cha verpasste dadurch sogar ein WM-Spiel in der Frankfurter Arena – traurig für einen Frankfurter Bub. Diese Erlebnisse bewogen ihn dazu, trotz eines erneuten Vertragsangebotes der Eintracht einen Neuanfang zu wagen und zu Mainz 05 zu wechseln, ein Fehler wie Du-Ri selbstkritisch zugab.

Den schon häufiger zitierten Satz: Ich möchte lieber ein guter Mensch sein als ein guter Fußballer bestätigte Cha. Die Fußballzeit ist manchmal schneller vorbei als man denkt – und er möchte auf die Zeit danach vorbereitet sein. Im Umfeld seines Vaters habe er des Öfteren ehemalige Fußballer abstürzen sehen können, und auch Jungprofis seien davor nicht gefeit. Aber prinzipiell könne man auch ein guter Mensch sein – und ein guter Fußballer.

Ähnlich wie die Eintracht ist auch die TUS Koblenz, Du-Ris jetziger Verein, vom Verletzungspech verfolgt. Auf die Frage, woran so etwas liegen könne, wusste auch er keine endgültige Antwort, vielleicht sei bei jungen Leuten auch ein wenig die Einstellung oder die Ernährung ein Faktor – aber davon bricht so schnell kein Fuß.

Auf die Frage, was für ihn Heimat bedeute, antwortete er mit dem Gefühl der Sicherheit. Die Tendenz legte sich ein wenig in Richtung Seoul, dort leben seine Freunde, aber auch in Frankfurt fühle er sich heimisch. Istvan Sztani warf ein, dass seine Heimat Ungarn sei. Aber wenn er Ungarn verlässt, fährt er nach Hause, nach Frankfurt – wohin auch Du-Ri Cha gerne zurückkommt, auch ins Museum - SMS genügt.

Interessant ist, dass Sztani seinerzeit ein Angebot Sepp Herbergers zur Einbürgerung abgelehnt habe. Er müsse ja dann auch im Länderspiel gegen Ungarn spielen, dies könne er nicht.

Im Aufstiegsjahr 2004/2005 spielte die Eintracht eine grottige Vorrunde und rutschte den Abstiegsplätzen näher als den Aufstiegsrängen – und holte dafür in der Rückrunde sage und schreibe 13 Punkte auf. Am Trainer, damals wie heute Friedhelm Funkel, wurde von Bruchhagen auch in jener Zeit festgehalten, und er wurde belohnt. Cha (der gelernt hat, grundsätzlich keine Trainer zu kritisieren) wusste auf die Wellentäler auch keine rechte Erklärung, am ehesten mag es am Selbstbewusstsein liegen – aber weshalb an manchen Tagen jeder Ball in den Winkel geht und an manchen ins eigene Tor, dafür gibt es keine finale Antwort. Er machte dies am Beispiel Koblenz fest: Eben noch hatten sie das Spitzenteam aus Kaiserslautern mit 5:0 besiegt und eine Woche später sind sie in Rostock mit 0:9 baden gegangen. Das ist Fußball sprach er und gab uns damit ein schönes Schlusswort.

Letztlich verging die Zeit, wie im Flugkopfball und bei näherer Betrachtung war eigentlich gar kein Raum für Lajos Detari geblieben, der aber sicherlich bei einer der nächsten Veranstaltungen im Museum zu Gast sein wird. Zum Abschied überreichte Matze Du-Ri Cha noch das Buch von Henni Nachtsheim und Istvan Sztani bekam einen Stein vom Gebäude des alten Riederwaldes – in dem er nicht nur Fußball spielte, sondern sogar einst seine Hochzeit gefeiert hatte.

Cha und Sztani mussten noch für etliche Fotos und Autogramme herhalten und sorgten so für einen freundlichen Abschluss einer überaus gelungenen Veranstaltung, die unter dem prasselndem Applaus der Anwesenden zu Ende ging.



Der Text erschien erstmals in der Fan geht vor Nr. 170. Die Fotos sind von Stefan Krieger, der auch den Blog-G im Online-Angebot der FR betreut.

Sonntag, 16. November 2008

Du Ri Cha und Istvan Sztani im Eintracht-Museum

Da ich Jörg versprochen habe, einen Bericht über die Veranstaltung in der nächsten Fan geht vor zu veröffentlichen, stelle ich den Beitrag nach Erscheinen derselben hier online. Dies wird schätzungsweise Anfang Dezember der Fall sein.


Du Ri Cha - Museumsmitarbeiterin Pia Geiger