Yassas.
Die Anreise inclusive Flug und Nachtbus gestaltete sich diesmal etwas komplizierter als sonst - von daher blieb der silberne Golf zuhause. Leider auch Pia, während ich mich mit neun anderen Eintrachtfans auf den Weg nach Athen machte. Allen gemein ist die Tätigkeit für das Eintracht-Fanzine Fan geht vor, das monatlich ganz oldschool als Heft erscheint. Zum Indiehandnehmen und Lesen, sowas kennen die jungen Leute ja sonst gar nicht mehr.
Einmal im Jahr steht im Rahmen der Fgv eine Winterreise an; heuer gings Richtung Griechenland - und ich war dabei. Wir machten nach der Landung in Athen eine Rundreise über Peleponnes, betrachteten uns den Tunnel von Korinth ebenso wie das Gelände der antiken olympischen Spiele und hoben später so manch Weinkaraffe nebst Ouzo in den Tavernen im Hafen von Piräus, derweil wir uns von Souvlaki ernährten und den Bouzoukis lauschten. Wir wanderten hoch zur Akropolis, durchforsteten die Plaka und marschierten auf einer Prachtstraße zum Stygmata-Platz, vorbei an den verkrüppelten Bettlern mit verkrümmten Füßen oder verbrannten Gesichtern, die zwischen den modernen Geschäften den Flaneuren ihre Becher hinhielten. Darüber und noch einiges andere könnt ihr in der nächsten Ausgabe lesen, die zum Heimspiel gegen Hannover erscheinen wird.
Natürlich stand auch Fußball auf dem Programm. Während die erste Reisegruppe die Gelegenheit nutzte, sich das Spiel Olympiakos Piräus gegen Iraklis Saloniki anzusehen, saßen wir noch im Flieger. Da die Partie von Panathinaikos wegen Zuschauerausschreitungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt finden sollte, blieb uns also das Spiel von Panionios Athen gegen Skoda Xanthi - laut unseren Informationen angesetzt am Samstag Abend um 17:15. Panionios Athen ist der Verein, in dem unsere Nummer 31 Georgios Tzavellas vor seinem Wechsel zur Eintracht gespielt hatte. Auch Mantzios hatte hier schon gespielt.
Noch während der Straßenbahnfahrt fiel uns auf, dass scheinbar nur wenige Fans dass Spiel sehen wollten - um genau zu sein, lief uns niemand mit Fanutensilien über den Weg. Nicht in der Bahn, nicht am und auch nicht im Stadion, die Partie sollte nämlich erst am nächsten Mittag um 15:00 angepfiffen werden, wie wir vor Ort erfuhren. Wir nutzten die Gelegenheit, um uns ein wenig umzuschauen. Das Stadion lag mitten im Stadtbezirk Nea Smyrni. Graffitis der Pantheras, der hiesigen Ultras, zierten das 11.700 Zuschauer fassende Rund; Flutlichtmasten ragten in die Höhe. Es war still im Stadion, der Vater eines Nachwuchskickers las Zeitung und nur im VIP-Bereich war Bewegung; Spieler waren wohl auf dem Weg zum Training. Dabei erfuhren wir, dass der verletzte Tzavellas zum morgigen Spiel kommen würde, er war aus Belek nach Athen geflogen, um sich behandeln zu lassen. Als Alternativen für das quasi ausgefallene Spiel aber boten sich die Wasserballpartie zwischen Panionios und Panathinaikos oder ein Basketballspiel zwischen AEK Athen und Saloniki an. Wir fuhren zunächst mit der Bahn am Ionischen Meer entlang, verpassten eine Station und wanderten zurück zur Olympiahalle. Ein paar Polizisten warteten gelangweilt auf dem Vorplatz, wir aber öffneten eine Tür, dann noch eine weitere - und standen unvermittelt auf den Rängen der Basketballhalle und wurden von schwarz gewandeten Zuschauern argwöhnisch beäugt. Es waren Fans der heimischen Mannschaft, von AEK, Gästefans waren keine anwesend. Wir schlichen wortlos ein paar Meter weiter auf freie Plätze und blickten uns um. Hinter den Körben hingen Banner, das Team von AEK wurde supported - bis Saloniki Korb um Korb warf und im letzten Viertel klar davon zog. Schon Minuten vor dem Abpfiff wurden die Banner eingerollt, verließen die Fans die Halle. Leider war nach einer knappen viertel Stunde unserer Anwesenheit das Spiel zu Ende - so dass wir uns zurück nach Nea Smyrni machten, um die Wasserballhalle von Panionios zu suchen.
Im Ort selbst wusste man zunächst nicht so ganz genau Bescheid, doch die freundlichen Athener waren stets bemüht, uns den Weg zu weisen. Zunächst den zurück zum Panionios-Stadion, in dessen unmittelbarer Nähe ... Handball gespielt wurde. Dort aber wurde uns der Weg zum Wasserball erläutert - und mit Hilfe der modernen Navigations-Software in noch moderneren Handies fanden wird den Weg nach einem Marsch durch den Stadtteil auch recht flott. Eine Truppe Polizei erwartete uns schon vor der Halle, aus der das Quietschen von Turnschuhen auf Hallenböden erklang. Ein kurzer Blick bestätigte den Verdacht: Hier wurde Volleyball gespielt. Aber nur ein paar Schritte entfernt lag der Eingang zu einer weiteren Halle. Welcome to hell war mit großen Buchstaben auf eine Mauer gesprüht. 5 Euro später saß ich in der Schwimmhalle und erblickte die ersten live-Wasserball-Minuten meines Lebens. Auch hier mussten wir eine Gruppe schwarz gewandeter Fans passieren, auch hier gab es keine Gästefans, auch hier unterlag die heimische Mannschaft Panionios unter dem Gepöbel der einheimischen Fans den Gästen - und auch hier sahen wir nur ca 10 Spielminuten, die durch die Unterbrechungen sich jedoch etwas ausdehnten und in denen es ordentlich zur Sache ging. Die Spieldauer beträgt offiziell vier mal acht Minuten, verlängert sich aber bei Unterbrechungen, da die Zeit angehalten wird. Eine schöne Idee für die Lebenszeit. Hey, Gott - Time Out. Wird nachgelebt. Der Gästetrainer beschwerte sich trotz des Sieges beim Schiedsrichter vor der Heimtribüne - auf dem Rückweg in die Kabine empfing ihn ein Hagel aus Bechern und Feuerzeugen. Da auch das Spiel spannend anzusehen war, hat mich die Gesamtperformance Wasserball überzeugt - sollte ich wieder einmal in der Nähe sein, schaue ich sicherlich vorbei.
Sonntag - Kurz nach Akropolis
Wir nahmen erneut die Straßenbahn Richtung Nea Smyrni, stiegen an der Station Megalou Alexandrou aus und befanden uns nun auf bekannten Pfaden. Diesmal waren schon einige Fans mehr unterwegs, es verdichtete sich die Gewissheit, dass die Partie zwischen Panionios und Xanthi heute auch angepfiffen würde. Auf kleinen Grills dampften Souvlaki-Spieße, andere verkauften Nüsse und aus den Restaurants holten sich die Fans Dosenbier und Cola.
Am Container beim Eintrittskartenerwerb wurden wir ob der Eintrachtadler sehr schnell als Frankfurter und damit vom Tzavellas-Verein identifiziert. Der Ticket verkaufende Ultra erwähnte erneut die Anwesenheit von Tzavellas im Stadion, fragte ob wir VIP-Tickets oder Stehplätze. wollten Wir entschieden uns für Stehplätze, Tzavellas werden wir wohl in Frankfurt noch häufiger sehen, den Support aus einer griechischen Kurve heraus eher nicht.
Noch war Zeit bis zum Spielbeginn; einem kurzen Ausflug zum Fanshop (in dem ich beinahe ein Wasserball-Shirt erstanden hätte) folgten chillige Momente in der Sonne vor dem Stadion. Die Pantheras ließen es sich nicht nehmen, jedem von uns einen Kalender ähnlich unserem Ultra-NWK-Kalender zu schenken - derart beglückt marschierten wir zu Gate 3, undwanderten an mit Graffitis verzierten Betonwänden zum Eingang. Ob unserer Herkunft verwunderte Polizisten tasten uns kurz ab und alsbald standen wir in der unüberdachten Panionios-Kurve. Rechter Hand hinter dem Tor fehlte die Kurve vollständig - ebenso wie Gästefans auf der anderen Seite. Kaum hatten wir unsere Plätze eingenommen, gings auch schon los - doch die Vorfreude auf ein Spektakel der Heimmannschaft währte nur kurz: nach 10 Minuten hatte Xanthi das 0:1 erzielt - der Torschütze feierte den Treffer vor der Panionios-Kurve mit einigen Salti, was diese naturgemäß mit wüstem Gepöbel beantwortete. Inmitten der folgenden Supportversuche erzielte Xanthi das 0:2. Diesmal fiel der Jubel moderat aus, während ein Chipsverkäufer aus seinem Korb neben Chips und Cola ein paar Bier versteckt hatte, die er eigentlich gar nicht verkaufen durfte - dies aber dennoch zur Freude einiger der mitgereisten Frankfurter dennoch machte.
Von Minute zu Minute wurde es leiser im Stadion, Panionios war nicht in der Lage auch nur ansatzweise Druck zu entfalten, während Xanthi nicht mehr als nötig machte. Ein paar Kracher flogen auf den Spielfeldrand, später hörte ich Worte wie Xanthi und Πουτάνα sprich Putana - es schien in der Übersetzung eindeutig zu sein. Im Grunde braucht man nur noch zwei weitere Worte - und kann mitreden; Beim Fußball genauso wie im Wasserball oder Basketball: Malakas und ela.
Von Zeit zu Zeit versuchte Panionos erfolglos anzugreifen, die Minuten verannen - und am Ende stand ein 0:2 der trostlosen Sorte. Vielleicht sollte die Eintracht mal Caio oder Heller vorspielen lassen - unter normalen Umständen könnten hier Volkshelden geboren werden.
Einige Pantheras hüpften über die Zäune, kickten die Werbebanden um, während sich ein anderer beim Wurf mit der Eckfahne beinahe den Arm gebrochen hätte. Der nächste versuchte, die elektronische Werbebande unter der Anfeuerung seiner Kumpels umzutreten - doch das Teil zeigte sich widerborstig. Ein paar Polizisten näherten sich nun der Kurve und dann war auch schon wieder Ruhe; Die Fans verließen das Stadion, einer sogar mit einem Kampfhund an der Leine und wir hatten einen munteren Nachmittag mit katastrophalem Fußball unter den rot-blauen erlebt. Lässige Stimmung, weit weg von Arena-Business-Hochsicherheits-Fußball. So soll das sein. Ela.
Klingt cool.
AntwortenLöschenBierbecher- und Foierzeugwürfe beim Wasserball. Der Grieche als solcher weiß zu leben. Bei denen ist der Oiro gut investiert, gab sowieso zu wenig Reparartionszahlungen. ;-)
Was macht eigentlich der Mantzios? Den hatte ich schon völlig verdrängt...
Sehr schöne Reise anscheinend und mal wieder ein wunderbar launig geschriebener Text. Ja, Athen ist schon ne tolle Stadt, kann ich aus eigener Erfahrung auch nur immer wieder sagen.
AntwortenLöschenda sind pia und ich aber echt neidisch, dass wir da nicht dabei sein konnten. wir haben uns hier statt dessen durch schneebematschte und regenüberschwemmte straßen gekämpft :-)
AntwortenLöschenSchöner Bericht über eine bestimmt eindrucksvolle Reise, Beve.
AntwortenLöschenUnd die griechischen Ultras scheinen perfekt organisiert zu sein. Oder wie schaffen sie es, neben dem Fussball jede Abteilung ihres Vereins, incl. der neuen Trendsportart Wasserball *grins*, so zahlreich zu unterstützen?
Gruss Holger
Ich lese deine "Heimspiel"-Beiträge sehr gerne.
AntwortenLöschenMach doch mal am Ende einer Saison ein Buch mit allen Beiträgen und schönen Fotos, ich würde eins kaufen. Bin halt auch noch old school und brauch etwas in die Hand zu nehmen :-)
Gruss Takahara
Ich würde auch eines nehmen, Takahara, aber ich würde kein Buch machen, das ich dann nur ein paar Dutzend Mal verkaufe.
AntwortenLöschenDanke für die Eindrücke aus Athen, Beve.
Gruß vom Kid
dankeschön fürs feedback; ein büchlein könnte man tatsächlich mal machen. kid, ein buch, dass ich nur ein paar dutzend mal verkaufe habe ich ja schon. da ist ein zweites schon ok :-)
AntwortenLöschenmantzios scheint laut wiki nach funchal ausgeliehen zu sein; der ist ja erst 27 - hätte ich nicht gedacht.
wasserball ruleZ :-)
viele grüße
beve