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Sonntag, 11. April 2010

Heimspiel in Gladbach


Die Frühlingssonne lachte mir keck ins Gesicht, als ich am Freitag-Nachmittag den Alleenring entlang spazierte. Osterglocken schossen wie Polizeipräsidien aus dem Boden, die Oberfinanzdirektion stand stramm in der Sonne und der Feierabendverkehr rauschte an mir vorbei. An der viel befahrenen Straße werkelte eine Frau im Vorgärtchen, um dem brausenden Verkehr ein Feinstaub-Idyll entgegen zu setzen; rechter Hand der Hauptfriedhof - und weiter vorne die U-Bahn Haltestelle Adickesallee. Adickes war ganz nebenbei bemerkt Bürgermeister der Stadt Frankfurt, als die Eintracht unter dem Namen Victoria gegründet wurde - ob er jemals in Mönchengladbach gewesen ist, entzieht sich jedoch meiner Kenntnis.

Auch die U2 war noch nicht in Mönchengladbach - dafür aber in Kalbach, dem ersten Etappenziel meines Ausflugs. Keine zwei Minuten nach meiner Ankunft in der Tiefebene rauschte die Bahn an, pickte mich auf und glitt über die Eschersheimer Landstraße und Heddernheim Richtung Bahnhof Kalbach, im Ohr blubberte chillige Housemusik des MP3-Players. Ihr merkt schon, zwei wesentliche Aspekte einer Auswärtsfahrt fehlen bereits. Natürlich Pia, die heute im Museum arbeitete und dann auch der silberne Golf, der ebenfalls im Museum zu Gange war.

Kalbach Bahnhof. Da ich recht früh dran war, drehte ich eine Runde im gegenüberliegenden Park; zwei metallne Fußballtore begrenzten ein Spielfeld, durch dessen Mitte ein Trampelpfad in die nahe gelegene Wohnsiedlung führte. Nur wenig später gabelte mich Stefan auf und wir rollten durch den Taunus, um in Brehmtal noch einen Mitfahrer aufzugabeln - gegen 15:45 ging's weiter, Stefan, Marius und der Herr Beverungen auf dem Weg nach Gladbach.

Wir nahmen die Autobahn Richtung Koblenz und rollten stressfrei durch den sonnigen Tag. Auf einem Parkplatz trafen wir auf die Binding-Szene, auch die Ultra Busse rollten an; Guude hier, guude da, eine Zigarette später wurden die letzten Kilometer in Angriff genommen.

Ruckzuck erreichten wir Mönchengladbach, es war noch nicht mal halb sieben, als wir am Nordpark die Autobahn verließen und auf dem Parkplatz P4 parkten - 5 Euro zahlten wir dafür, ein Heidengeld - es ist noch gar nicht so lange her, da konnte man für diesen Betrag ein Bundesligaspiel sehen.

In unmittelbarer Nähe des Parkplatzes befindet sich das Hockeystadion, Drehkreuze stehen mitten im Weg, wer möchte, spaziert einfach links und rechts davon daran vorbei. Bunte Plastiksitze prägen das Bild des Stadions, während auf dem Kunstrasen unbeachtet von der Öffentlichkeit ein Nachwuchsfootball-Team trainierte. Wir drehten eine Runde und entdeckten dahinter einen großen Supermarkt, in dem sich die eintrudelnden Fans mit Getränken versorgten und bei Bedarf auch das Maskottchen Jünter kaufen konnten; ein Grillwurststand davor rundete das Bild ab.

Hinter dem Fußball-Stadion im Borussia-Park, dessen Konturen im Gegenlicht in den Himmel wuchsen, versank schweigend die Abendsonne, von überall strömten nun die Fans zu den Eingängen, Gladbacher, Frankfurter - eine relative Ruhe lag über der Szenerie und wir begrüßten alle naslang bekannte Gesichter. Hier Steff, dort Michael und Gabi, Öri, Stefan, Kine und noch viele mehr - all die, die (fast) immer dabei sind - und es sind viele, die fast immer dabei sind. Und es sind viele, die schon lange dabei sind.

Nach drei Siegen in Folge war die Stimmung verhalten optimistisch, weshalb sollte es der Eintracht nicht gelingen, hier zu punkten? - obgleich Sebastian Jung und Pirmin Schwegler verletzt ausfielen und Maik Franz ob der zehnten gelben Karte gesperrt war.

Wir passierten die Einlasskontrolle unkompliziert und marschierten im Stehblock ganz nach oben. Dort hielten schon André und Sandy die Stellung und wir gesellten uns dazu.

Auch hier in Gladbach fristet ein Plüschmaskottchen sein Dasein, ein Fohlen soll es darstellen, Jünter - benannt nach Günter Netzer, der einst mit wehenden Haaren, flotten Autos und einer Discothek namens Lovers Lane Glamour in eine Stadt brachte, die ohne Fußball selbst in Deutschland weitestgehend unbekannt geblieben wäre. Jünter hüpfte also über das Spielfeld und mit der Elf vom Niederrhein spazierten die Teams auf den Rasen; Gladbach in Dunkelgrün, die Eintracht ganz in Weiß.

Grüne Neonlampen beleuchteten die Ränge, und die Eintrachtler sangen schon vor Beginn das Lied, mit dem wir in Bochum noch lange nach Spielende gefeiert hatten. Allezalleeezaalleeezooo - so ging los.

Zu feiern gab es allerdings hier wenig. Sauste der erste Schuss der Gladbacher noch über das Tor, so durfte Nikolov nach sechs Minuten das erste Mal hinter sich greifen, Marco Reus hatte aus kurzer Entfernung eingenickt, nachdem Bobadilla unseren Torhüter überlupft hatte. Einkommende SMSse berichteten von Abseits, allein der Treffer zählte und die Eintracht lag traditionell in dieser Saison mit 0:1 hinten. Stefan meinte noch kurz zuvor: Auf den Reus müssen wir aufpassen.

Döpp döpp döpp dedödöppdöppdöpp - ich hasse sie. Die Tormusik der Borussia.

Wer gedacht hatte, dass die Eintracht nun gepflegt auf den Ausgleich spielte, der wurde arg enttäuscht - das Spiel entwickelte sich in eine Richtung, in der einem schon bald das Gefühl beschleicht, hier geht heute nichts. Das ist natürlich Unsinn, ein überraschendes Tor und ein Fußballspiel kann eine ganz andere Wendung nehmen - sogar in den letzten Minuten - aber für heute stand im Buch der Geschichte: Rien ne va plus.

Zu allem Überfluss verdrehte sich der ins Team zurück gekehrte Spycher das Knie und wurde noch vor der Pause gegen Marcel Heller ausgewechselt (Auch Petkovic hatte sich erstaunlicher Weise warm gelaufen). Köhler übernahm Spychers Position und sollte fortan zum besten Eintrachtler werden - obwohl auch ihm keineswegs alles gelang. Gladbach stand gut im Raum, Dante organisierte die Abwehr und Nikolov hielt nun, was zu halten war - nach vorne aber ging bei der Eintracht gar nichts.

Und das sollte auch in Halbzeit zwei so bleiben. In der 56.Minute fiel der zweite Treffer für die Gladbacher, Dante schob nach einem Freistoß unbedrängt ein. Das wars, bis zum Schlusspfiff zeigten sich die Adler zwar bemüht - aber es gelang nichts. Meier, Caio, Altintop - sie alle spielten weit unter ihren Möglichkeiten, während Gladbach dankenswerterweise Chance um Chance versemmelte, so dass es am Ende nur 2:0 stand - es hätte ein Debakel werden können; daran änderten auch die Einwechslungen von Fenin und Tsoumou nichts. Gegen Ende feierten dann die Borussenfans, die sich während der Partie zunächst nur verhalten bemerkbar machten. Der harte Kern platziert sich im Stadion in zwei unterschiedliche Bereichen, die einen unten hinter dem Tor, die anderen im Oberrang in der Ecke - und für alle stand nun definitiv fest: Borussia Mönchengladbach bleibt auch in der kommenden Saison erstklassig.

Nach Spielende ein schnelles Tschüss, ein Umrunden des Stadions und schon rollten wir wieder auf die Autobahn. Ausgeträumt, die zaghaften Träume von Europa. Wir röhrten durch die Nacht, passierten den Parkplatz In Dürpel, hielten für eine kurze Pause an einer Hamburger Braterei und erreichten gegen 2:00 Frankfurt, nachdem wir zuvor Marius noch in Brehmtal abgesetzt hatten und durch den Taunus gerollt sind.

Am End stand ein schöner Ausflug zu Buche, der einen völlig verdienten Sieg der Borussia gebracht hatte. Freitag Nacht - das Wochenende ist gelaufen. Wass'n Mist.

9 Kommentare:

  1. was'n mist, genau. nur das "heimspiel in ...", das ist kein mist.

    danke, beve.

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  2. achja, danke auch fuer die mehr als gelungenen fotos. :-)

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  3. "Drüben" beim Kid habe ich heute - für mich - schon zweimal den Spieltag für beendet erklärt.

    Ich hätte wissen müssen, dass noch etwas fehlt. :-)

    Danke!

    Womit "Gladbach" jetzt aber für diesmal endgültig Geschichte ist: Rien ne va plus.
    Im Gegensatz zu Dir ist unserem bemühten Adler diesmal halt leider nichts gelungen.

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  4. Eine Killer-Bilderfolge, Beve. Mit Erotik hatte es zwar diesemal wahrlich nichts tun. Wass'n Mist! Aber es gibt immer etwas Basalm für die Seele: Die Worte des Meisters, Deine Worte. Vielen Dank, Beve!

    Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
    Fritsch.

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  5. danke euch. die pics stammen alle von meiner kleinen lumix - passt in die hosentasche und gibt an wie ne große :-)

    viele grüße

    beve

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  6. Spiel Mist / Bericht sehr schön - vielen Dank. Schade, hätte gerne noch etwas länger den vagen Europatraum geträumt.

    Endlich darf auch ich mal klugscheißen: 10. - Franz saß seine 10. gelbe ab.

    usw.
    Ergänzungsspieler

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  7. ui, da hätte ich von selbst drauf kommen können, hab's geändert :-)

    danke und viele grüße

    beve

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  8. Danke Beve!

    Sicherlich war das Spiel Mist und ich hätte auch lieber gewonnen.

    But always look on the bright side of life:
    Wir haben unsere Eintracht wieder, die letzten drei Wochen waren doch sehr beängstigend :-)

    LG

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  9. Ich träume weiter. Bis halt gar nix mehr geht. Und dann fange ich wieder von vorne an. Danke und Gruß vom Kid

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