Eine geschlagene Arbeitswoche lang lag ich bei strahlendem Sonnenschein im Bett, auf dem Boden verstreut Papierchen von Salbeibonbons und Asterixhefte; auf dem Tisch daneben dampfte eine Tasse Kamillentee während ich mir die Seele aus der Lunge hustete. Freitag Mittag sagte ich schweren Herzens die geplante Schifffahrt nach Mainz ab und verkabelte anschließend merkwürdige Laute von mir gebend die Anlage im Museum, um die lange Nacht der Museen vorzubereiten. Abends entschied ich mich dann doch nach Mainz zu fahren, im Zweifel mit der S-Bahn.

Da Pia wegen eines privaten Termins mit dem silbernen Golf unterwegs war, saß ich nun in einem Citroen, ein Eintracht-Schal im Heckfenster kündete von unserer Gesinnung und im Autoradio liefen erstaunlicherweise die Smiths, als wir über Rhein und Weisenau nach Mainz

So röchelte ich von Zeit zu Zeit vor mich hin, als wir uns so langsam per Pedes Richtung Bahnhof und von dort Richtung Stadion aufmachten. Der Bus der 05er rollte an uns vorbei, Fähnchen flatterten lustlos an Wohnhäusern und sobald wir in die unmittelbare Nähe der Bruchbude kamen, hatte uns die Wirklichkeit eingeholt. Polizeiketten trennten die Guten von den Bösen während die Sonne auf den schwer bewachten Gästeeingang knallte. Peu a peu trudelten die Busse ein und brachten die Schifffahrer (erkennbar an knallroten Gesichtern) zum Eingang, während ich in neutraler Kleidung den nahe gelegenen Supermarkt aufsuchen wollte, um Wasser für uns zu besorgen. Der erste Versuch, die Polizeikette zu durchbrechen scheiterte am aufopferungsvollen Kampf eines Polizisten, der mich mit eisernem Griff am Arm packte. Ich guckte ihn verständnislos an und dachte, was man in solche Fällen zu denken pflegt - er aber stierte zurück und singsangte nach einer Weile: Was guggsten misch so aaaaa - wobei das aaaaa melodisch tiefergelegt war. Isch mach auch nur mei Aaaabeit.
Um mich herum marschierten Mainzer vor dem Gästeeinang, auf der anderen Seite Frankfurter im Mainzer Bereich - je nachdem wer von wo ankam - ich aber, der weder als Frankfurter noch als Mainzer zu erkennen war, ließ den singsangenden Arbeitmacher links liegen und marschierte ein paar Meter weiter fröhlich durch die Polizisten hindurch und sah, wie ein Eintrachtler von einer ganzen Gruppe schwer gepanzerter Arbeitmacher isoliert, gefilmt und polizeilich aufgenommen wurde.
Im Supermarkt war der Bereich für alkoholische Getränke säuberlich durch Folie verhängt und durch Mitarbeiter bewacht, die sich sichtbar unwohl fühlten, der Bereich Buttermilch und Wasser jedoch war frei zugänglich und so enterte ich mit drei Flaschen Wasser in der Hand erneut den Gästebereich.
Vor dem einzigen Eingang stapelten sich die Eintrachtler, so dass ich es vorzog, an einem Mäuerchen im Schatten die Zeit vergehen zu lassen. Thomas, der das FuFa-Schiff organisiert hatte, tat es mir gleich und erst als die Menschentraube kurz vor Beginn des Spiels auf überschaubare Maße zusammen geschrumpft war, betrat ich die Blechschüssel.



Bernie und Uli hatten mittlerweile die Polizeisperre nach Spielende durchbrochen und sammelten mich am Bahnhof auf. Gemeinsam mit Anno marschierten wir zum Auto und nach einem kurzen Stau vor der Autobahn sausten wir wieder in Richtung Heimat.
Gegenüber unseres Stadions verabschiedete ich mich von meinen Mitfahrern und latschte über die Brücke in Richtung Museum. Später flatterte Attila vorbei, noch später legte Henni Nachtsheim einen lustigen Auftritt hin, wiederum später plauderte ich mit Alex Schur über seine Sicht des Spiels und seine Mannschaft, die U17, die sich anschickt, Süddeutscher Meister zu werden und um die Deutsche Meisterschaft mit zu spielen und noch später sang der Polizeichor live und in Farbe: Im Herzen von Europa.

Schöner Bericht, Beve. Aber welches Wetter hatten denn Deine zwei Mitfahrer erwartet? Hatten die den Frühling noch nicht erwartet? Der Kerl links sogar im Mantel?
AntwortenLöschendas war der grund, weshalb er die sperre durchbrechen konnte. naja, so ein zettel gehörte auch noch dazu :-)
AntwortenLöschenVerstehe. Der Mantel als Zettel-Depot. Raffiniert.
AntwortenLöschenFußball ist immer noch geil. Wenn nur das Drumherum nicht wäre. Danke für dieses und alle anderen Heimspiele, Beve, und weiter gute Besserung! Gruß vom Kid
AntwortenLöschenKid hat Recht: Fußball ist immer noch geil. Und das wegen der grandiosen Heimspielserie. Das wirkliche Drumherum. Danke, Beve, danke!
AntwortenLöschenViele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
Fritsch.
danke euch, langsam geht's wieder. das drumherum ist ja oft auch ganz nett - solange es keine uniform trägt :-)
AntwortenLöschen"...und so enterte ich mit drei Flaschen Wasser in der Hand erneut den Gästebereich."
AntwortenLöschenMein glasklarer Lieblingssatz der Woche. Vielen Dank.
Ergänzungsspieler
"...und so enterte ich mit drei Flaschen Wasser in der Hand erneut den Gästebereich."
AntwortenLöschenMein glasklarer Lieblings(neben)satz der Woche. Vielen Dank.
Ergänzungsspieler
...ahhh. Anwenderfehler meinerseits. Wieder einmal.
AntwortenLöschenErgänzungsspieler