Lange ist's her, dass die Eintracht in Freiburg gespielt hat, der Trainer hieß damals Reimann, der Spieler Bajramovic kickte für die Freiburger und Cha für die Eintracht während Schiedsrichter Fröhlich einen derartigen Unfug zusammen pfiff, dass die Eintracht keine andere Wahl hatte, als mit 0:1 zu verlieren - was einem Kumpel von mir das Handy kostete.
Knapp sechs Jahre sind seither vergangen - und vieles hat sich verändert; einiges ist gleich geblieben - so zum Beispiel die Option, eine Fahrt nach Freiburg mit einem Ausflug zu Freunden zu verbinden.
Freitag, 11.09.2009
Etwas später als geplant rollt ein silberner Golf durch die Baustelle der Friedberger Landstraße, das schwarze Badeentchen lugt aus der Beifahrerseite in den sonnigkühlen Tag, die letzten Stunden des Sommers sind angebrochen. Über den Frankfurter Flughafen geht's auf die A5, hinter uns Frankfurt im Rückspiegel und vor uns der Highway.
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hang up the chick habit.
hang it up, daddy,
or you'll be alone in a quick
hang up the chick habit
hang it up, daddy,
or you'll never get another fix
Lässig spulten wir die Kilometer runter, ebenso lässig und fast so cool wie die Mädels in Death Proof flogen die Köpfe zur Musik hin und her bis wir auf einem kleinen Parkplatz einen kurzen Stopp einlegten. Fliegwiese, kein guter Platz um länger als nötig zu verweilen. Für uns. Für andere mag dies anders aussehen, die an die Wände gekritzelten Sprüche zeugen von reger Kommunikation. Auf dem Parkplatzschild pappt ein Aufkleber des infernalischen SV Wehen - ob ein Zusammenhang besteht, scheint unklar.
Dave Dee, Dozy, Beaky Mick and Tich schrammeln hold tight, Heidelberg, Karlsruhe, Baden Baden - Oos. In Baden Baden-Oos wurde zu Beginn der Siebziger ein Video zu Barry Ryans Song Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt gedreht, Zeit für uns die A5 zu verlassen; Zeit, gemütlich durch den Schwarzwald zu cruisen. Wir schlängeln durch Baden Baden und rollen auf die Schwarzwaldhochstraße, die 75 PS des Golfs haben nun kräftig zu arbeiten, Mink deVille unterstützte ihn dabei:
Nebel zerwaberte die Täler des Schwarzwaldes, Ausflügler und Touristen sind rar an diesem Freitag, von Zeit zu Zeit fuhren wir rechts ran, ließen einen flotten Einheimischen überholen und spielten akinator. Das Spiel ist ganz einfach, einer denkt sich eine Figur aus (Idefix, Bruce Springsteen, Jack the Ripper, etc ) und der andere muss Fragen stellen, die mit ja, nein, teilweise, nicht wirklich oder weiß nicht beantwortet werden - bis man auf den Trichter kommt, wer gemeint ist. Ich denke, ich finde es lustiger als Pia, die aber tapfer mitspielt. Wir raten nacheinander Fritz Becker, die Runkelroiweroppmaschin oder Rex Gildo. Die Schwarzwaldtäler ziehen vorüber und bieten fantastische Ausblicke, die Orte heißen Zuflucht oder Kniebis und wer weiß, ob nicht in einem der Täler der Holländer Michel dem Kohlenmunk-Peter das kalte Herz angedreht hat.
Mittlerweile nagte der Hunger, allein die Suche nach einem Metzger gestaltete sich schwierig, selbst als wir die Höhe des Schwarzwaldes verlassen ist die Mittagsruhe in jener Gegend ein hohes Gut, bloß Holz, das hätten wir in rauen Mengen kaufen können. Wie ausgestorben reihten sich die Ortschaften aneinander, auf Papptafeln warb Herr Fuchtel um Wählerstimmen; jener Herr Fuchtel, dessen Webseite derzeit von Google als gefährlich eingestuft wird und der sich ganz bestimmt nicht die Haare färbt, was aber völlig egal ist.
Wolfach. Die Kinzig mäandert durchs Tal und wir parkten den Golf am Straßenrand um zu Fuß den Metzger zu finden, den es doch hier irgendwo geben muss. Ein langes Floß harrte im Wasser einem kommendem Fest, Touristen schlenderten die Hauptstraße entlang und wir entschieden uns zu guter Letzt dann doch für einen Bäcker, der jedoch auch Fleischkäs'weck im Angebot hatte und so geht ein großer Dank an die Stadtbäckerei Schmieder, die uns dem Hungertod entriss.
Keine fünf Minuten später entdeckten wir eine Metzgerei - es war ja nicht anders zu erwarten, wir aber gönnten uns ein Eis und zöckelten dann weiter in Richtung Emmendingen, der ersten Etappe unserer Reise. Wir überquerten binnen weniger Minuten mindestens fünf mal die Kinzig während Pia noch souverän Mike den Stuntman erriet und schon parkten wir den Golf und klingelten bei unseren Freunden. Das Gastgeschenk, unter Anderem ein schwarzes Badeentchen sorgte für Gelächter.
Samstag, 12.09.2009
Nach dem Besuch des kleinen Marktes in Emmendingen und einem kleinen Schwatz mit Yorick, der tapfer eingelegte Oliven und Schafskäse verkaufte und mit Lea, die nebenan Obst und Gemüse unters Volk brachte sowie einer eingelösten Wettschuld in Form einer Rolle Smarties für Keshia verließen wir den Platz. Nebenan wurde eine Bühne für den bevorstehenden Auftritt des Ministerpräsidenten hergerichtet, während alle anderen Parteien origineller Weise Luftballons verteilten. Eine Wahl scheint bevor zu stehen.
Kurze Zeit später rollten wir über die Elz nach Freiburg. Wir umkurvten die Innenstadt mit dem Ziel, nahe der Schwarzwaldstraße zu parken und dann die restlichen Meter zu laufen - ein tückisches Unterfangen, denn in dem Wohngebiet war Parken nur mit Parkschein erlaubt und das Verlassen des Wohngebietes endete kurz und schmerzlos auf einer Autostraße die in einem Tunnel mündete, der uns aus der Stadt hinaus führte. Ein weiter Tunnel folgte und alsbald blieb uns nichts anderes übrig, als eine Ehrenrunde zu drehen und einen erneuten Versuch zu wagen, der erfolgreicher verlief.
Ein Tannenzäpfle später marschierten wir an der Dreisam entlang Richtung Stadion. Das Flüsslein perlte über Steine, ab und an lag jemand im Gras und schlief während der ein oder andere Anhänger des Sportclubs gleichfalls am Wasser zum Sport wanderte.
Bald ragte das Flutlicht in die Höhe, das Stadion, etliche Jahre nach dem Fluss benannt heißt nun nach einem Energieversorger und wird malerisch umrahmt vom Schwarzwald. Im Biergarten nebenan hockten Freiburger und Frankfurter beisammen, tranken Bier und schwatzen, während nur ein paar Meter entfernt die wirkliche Welt wartete, Polizeiwagen reihte sich an Polizeiwagen während ich nach Ina suchte, die noch unsere Tickets hatte. Ein Hallo hier, ein Guude dort und schon hockten wir wieder bei einem Schöppchen beisammen. Koi war unterwegs, ebenso wie die Sossenheimer (ja, wir sind's wirklich) oder die Griesheimer, die Nieder oder die Geiselgangster wie die Ultras, all die Bekloppten, die Woche für Woche durch die Republik reisen, um immer wieder den gleichen Polizeiwagen und -taktiken ins Gesicht zu glotzen.
Freiburg ist bekanntlich ein hartes Pflaster, zumindest was den Besuch von Fußballspielen angeht - als Gästefan. Irgendwie müssen die glauben, dass die Frankfurter gleich hinter den Taliban verantwortlich für das Übel in der Welt seien, entsprechend die Eingangskontrollen; entsprechend der Empfang. Da wir keine Lust hatten, uns stundenlang vor dem Einlass in Menschentrauben zu stürzen, warteten wir, bis sich das Menschenknäuel aufgelöst hatte und trafen noch auf die Geiselgangsterin die noch nicht ganz entschieden hatte, wo sie sich das Spiel anschauen soll. Pia musste ihre Schuhe beim Einlass ausziehen und als wir es
endlich nach Oben geschafft hatten, trat genau das ein, was zu befürchten war: Der Block war dermaßen überfüllt, dass es nicht wirklich möglich war, einen Blick aufs Spielfeld zu erhaschen. Zwischen Dach und Köpfen bestaunten wir die Hügel des Schwarzwaldes auf denen sich munter Windräder drehten; mit Ach und Krach erspähten wir auf der Anzeigetafel, dass Chris von Beginn an dabei war und Caio auf der Bank schmoren musste. Oberhalb der Stehränge hing ein Fernsehgerät an der Decke, so konnte man immerhin die ein oder anderen Spielszene erkennen. Da dies aber nicht das Gelbe vom Ei war, nutzte ich die Gelegenheit für einige Hintergrundgespräche, bestaunte die Mitglieder von Per Sempre die anlässlich des fünjährigen Bestehens allesamt in Hawaiihemden aufgelaufen waren und ärgerte mich darüber, dass ich in einem Fußballstadion kein Fußball sehen konnte, obgleich ich dafür bezahlt hatte.
Da es Pia nicht anders ging, verließen wir nach der Pause den Schuppen und hockten uns nebenan in die Kneipe zu einem weintrinkenden Badener, der freundlich dem Spiel beiwohnte. Endlich Fußball.
Peu a peu trudelten dann jede Menge Frankfurter ein, Oli hockte sich zu uns und gemeinsam bejubelten wir den Führungstreffer von Maik Franz. Es fühlte sich an, wie die gerechte Rache die Alex Meier nach Vorarbeit von Köhler noch auf die Spitze trieb. 90. Minute: 0:2. Ja. Jaa. Jaaaaa.
Zwischenzeitlich hatte Nikolov zwar noch ein paar Bällchen zu halten, im End aber stand ein Auswärtssieg zu Buche, der kräftig gefeiert wurde - und so langsam kehrte die gute Laune zurück.
Der Biergarten füllte sich nun zusehends und wir blieben noch eine ganze Weile, bis wir an der Dreisam zurück zum Golf wanderten. Nach einem Abschiedsessen in Emmendingen und dem Versprechen, uns bald wieder blicken zu lassen tuckerten wir über die B3 zurück auf die Autobahn. Durch die Dunkelheit rauschten wir an Offenburg vorbei, an Baden Baden und Karlsruhe, an Heidelberg und Darmstadt, über Flughafen und Miquelallee zurück in die Heimat. Todmüde blieb noch ein kurzer Blick auf die Wiederholung des Sportstudios, doch noch während Ribery seinem Trainer in die Arme hüpfte robbten wir in das Reich der Träume.
Heute morgen besiegte dann die U19 das Team von Darmstadt 98 mit 3:0 und holte sich endlich den ersten Saisonsieg. Trotzdem: Der Herbst kommt. Und falls ihr mal in Emmendingen seid und es ist zufällig Samstag früh, dann kauft dem jungen Mann am Stand Schafskäse und Oliven ab. Und grüßt ihn von mir.
Auswärtssieg und Heimspiel in einem. Besser geht nicht, Beve. Danke!
AntwortenLöschenUnd by the way, so müssen Photos mit Rückspiegeln aussehen. Ungeschlagene Diva, Traumwochenende & Traumbericht, mein Freund.
Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
Fritsch.
Den ganzen Tag habe ich auf deinen Bericht gewartet und mich auf ihn gefreut. Jetzt ist er da. Danke, Beve.
AntwortenLöschenStell' dir vor, im Stadion gibt es Fußball, aber du kannst ihn nicht sehen, obwohl du dort bist. Fürwahr bizarr.
Der Sommer geht zu Ende, Death Proof liegt noch immer ungesehen vor dem Player und Willy DeVille wird nie mehr live für mich singen. Heaven stood still - aber die Erde dreht sich weiter. Bizarr auch das.
Gruß vom Kid
fritsch, dass das bild mit dem rückspiegel was geworden ist, fand ich höchst überraschend. 15 sekunden belichtung und das gehoppel auf dem highway -und dann eine gewisse klarheit. wenn du sowas machen willst, dann klappts nicht.
AntwortenLöschenkid, willy rockt und träumt eine etage weiter oben - open air sozusagen. death proof hat was inspirierendes - sozusagen. heaven stood still: toller song, danke.
auswärtssieg!
danke und viele grüße
beve
Einer der doch recht freundlichen Ordner war so nett, mich kurz in der Oberrang zu lassen: Ich kann folglich bestätigen, dass es direkt vor dem Gästeblock tatsächlich ein Fußballfeld gibt und das unsere Jungs dort kickten.
AntwortenLöschenIch hab' ja wirklich nichts gegen alte Stadien - das des KSC z.B. gefällt mir richtig gut, aber sehen will ich das Spielfeld eigentlich schon. Möge Freiburg so schnell als möglich wieder aus der Liga verschwinden.
och wieso, war doch lustig in der wirtschaft :-)
AntwortenLöschenaber so schlimm wie am samstag habe ich es noch nie erlebt; keine dolle sicht kenne ich - aber keine sicht war mir neu.
viele grüße
beve
Ja Beve, es sind immer die unerwarteten Bilder, die etwas werden. Wer probt kann nichts, sagten wir früher. Spontanität & Kopf ausschalten, dann kommt es ganz von allein. Und das ist Dir einmal mehr eindrucksvoll gelungen.
AntwortenLöschenViele grüße & weiterhin sichere Straßen,
Fritsch.
Dein Bericht erinnert mich ein bisschen an eine Geschichte von Nick Hornby, die ich irgendwo (ich glaube in den „50 songs“?!) mal gelesen habe. Er erzählt, wie er (oder war es ein Freund von ihm?) von London nach Liverpool fährt, um sich dort ein Dylan-Konzert anzuschauen. Vorher geht er, direkt an der Halle, in eine Kneipe. Dort läuft eine Fernsehübertragung, Fußball-Länderspiel – England vs. ??. Er will nur die erste HZ kucken, dann zum Konzert, aber das Spiel lässt ihn nicht los. Es geht in die Verlängerung, es gibt ein 11-Meter-Schießen. Und als er sich schließlich Richtung Konzert aufmacht, kommt ihm die Dylan-Crowd schon wieder entgegen. Das Konzert ist vorbei. Und so ist der Mensch in der Geschichte also von London nach Liverpool gefahren, nur um sich dort in einem Pub ein Fußballspiel am Fernseher anzuschauen. Und trotzdem war es ein großartiger Tag. Wie anscheinend ja auch euer Zum-Auswärstspiel-fahr-aber-eigentlich-kein-Spiel-gesehen-Ausflug nach Freiburg.
AntwortenLöschenVielen Dank für sprachlichen und bildlichen On-The-Road-Impressionen. Hat Spaß gemacht zu lesen!