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Sonntag, 28. März 2010

Was war ist längst vergangen

Typisch Eintracht, kaum habe ich mich entschieden, die Internet-Situation eine zeitlang nicht mehr mit Worten zu füttern, legt die Diva vor meinen Augen eine Performance hin, die so nicht zu erwarten war. Noch als ich in Ägypten Bakschisch verteilte, vergeigten die Jungs die Partie in Hannover und zudem hatten sich Franz und Teber vorzeitig verabschiedet, während Ochs nach der fünften gelben Karte gleichfalls für ein Spiel ausfiel. Die alles geschah, während ich auf den Spuren der Pharaonen weilte und noch am gleichen Tag nur wenig später mit Daddy und Pia den Nil überquerte - also genau das Team, welches eine Woche danach Augenzeuge des jetzt schon legendären Sieges gegen die Bayern wurde.

Hah, ich hab's doch gewusst werden einige von euch jetzt sagen - erst kommt die vollmundige Ankündigung, den Blog Blog sein zu lassen - und nur einen Wimpernschlag später kann er die Griffel nicht von der Tastatur lassen. Inkonsequent mein Lieber, höchst inkonsequent.

Jaja, ihr habt Recht - und auch doch nicht.

Wie kam es eigentlich zu diesem Blog? Lange Zeit schrieb ich regelmäßig im Forum der Frankfurter Eintracht - in einer Zeit, als wir mit anderthalb Beinen in der Regionalliga standen und kaum jemand einen Pfifferling auf die Eintracht gab. Jedes Wort kostete damals bares Geld; DSL und Flatrate waren noch nicht erfunden, wir loggten uns via Modem ins Netz ein und wussten: Zeit ist Geld.

Dies erscheint nun wie ein Rückblick in eine Zeit des schwarz-weiß Fernsehens, obgleich das alles noch gar nicht so wahnsinnig lange her ist. Etwas später wurden Poldi und Schweini ebenso wie die Flatrate erfunden; die WM brach über den Fußball herein wie ein Ikea-Katalog mit Happy Family Angeboten in ein Sechziger Jahre Arbeitszimmer - Fußball sollte zu einem Event für Groß und Klein werden - das nackte sportliche schien nicht mehr so wichtig, solange bunte Farben im Gesicht für nette Fernsehbilder sorgten und die Beteiligten ihren Spaß hatten. Es war ja auch eine nette Zeit; aus Sorge um unschöne Fernsehbilder hielt sich Polizei und Sicherheitspersonal merklich zurück, Engländer hüpften in den Main und die Deutschen entdeckten die mediterane Lebensform für sich - und alles was nicht in die dolle Stimmung passte, wurde einfach nicht gesendet und gab es somit auch nicht.

Sollten heute Fußballfans von Brücken in den Main springen oder im Gerechtigkeitsbrunnen baden, haben wir es nicht mehr mit unbeschwerter Lebensfreude resp. Sommermärchen zu tun, sondern mit unbelehrbaren Chaoten. Sogenannten.

Wie dem auch sei, die Eintracht setzte schon im Jahr 2006 zu einem Höhenflug an, erreichte das Pokalendspiel und damit verbunden sogar den Einzug in den Europapokal - der in Istanbul unglücklich aber nicht enttäuschend endete. Das war die Belohnung für die mageren Jahre, die mit dem ersten Abstieg 1996 begonnen hatten und mit dem beinahe Lizenzentzug 2002 ihren Höhepunkt fanden.

Fanclubs schossen wie Pilze aus dem Boden, die Fanabteilung verdoppelte ihre Mitgliederanzahl und sogar der Dauerkartenverkauf wurde begrenzt; die Eintracht war hip und die Zahl der angemeldeten User im Eintrachtforum stieg exorbitant - nicht immer ein Indiz für eine Qualitätssteigerung.

Kurz und gut, ich fühlte mich mit der Zeit im Forum immer weniger heimisch. Zeitgleich entdeckte ich die Möglichkeit der Blogs. Kid Klappergass hatte begonnen, seine Inhalte in seinem eigenen Blog aufzuarbeiten; kurz zuvor hatte der Blog-G der Frankfurter Rundschau seine Pforten geöffnet - zunächst weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit.

Mittlerweile hatte ich meinen eigenen Blog installiert und wollte zunächst nur alte Forumsbeiträge, wie Heimspiel in ... sortieren und aufbewahren - ohne dies öffentlich frei zu schalten. Als Kid dann aus privaten Gründen seinen Blog schloss, gab es wenig außerhalb der Medien zu lesen - und so entschied ich mich, Beves Welt öffentlich zu machen. Wenig später ging Kid wieder online - und auch der Blog-G gewann an Zulauf, nicht zuletzt durch User, die früher vorwiegend im Eintracht-Forum gewortet hatten. Und so kam es, dass urplötzlich neben dem Forum gleich drei doch recht häufig frequentierte Blogs am Start waren - was der Übersicht wegen kein Einfaches war. Wer sich informieren wollte, hatte nun die Qual der Wahl.

Mittlerweile ist aber auch die Bloggerei Mainstream geworden - es gibt jede Menge davon und man kann Tage mit nichts anderem im Netz verbringen, als Fußballblogs zu lesen. Blogs verlinken sich gegenseitig; interviewen sich gegenseitig, finden sich gegenseitig wahnsinnig toll und wichtig und es soll sogar eine eigene Blogger-Szene geben.

Jetzt ist es so, dass der Betrieb eines Blogs sehr zeitaufwendig sein kann. Recherche, tippen, Bilder machen, bearbeiten, einfügen - da gehen Stunden bei drauf. Wer einigermaßen Wert auf Qualität legt, der sollte von Zeit zu Zeit auch mal bei den Kollegen vorbei schauen, sich informieren etcetera pp. Und das ist ein Fulltimejob. Und wie es so ist - wenn aus etwas Besonderem ein Allgemeines wird, dann bringt die Beschäftigung damit mit sich, dass nicht nur nützliche oder schöne Informationen ins Hirn dringen, sondern jede Menge Unfug. Über den kann man sich aufregen. Oder einen Blogeintrag machen. Ich will mich aber eigentlich gar nicht mit Unfug beschäftigen; schon gar nicht deshalb, damit die Zeit rum geht. Denn davon habe ich eindeutig zu wenig. Und deshalb habe ich beschlossen, kaum noch im Netz zu lesen - und wenn, dann gezielt. Wenn irgendwo zu einem Thema Hunderte von Kommentare zu lesen sind, dann lege ich die Hand dafür ins Feuer, dass nahezu fast alle schon Sekunden nach dem Verfassen oder Lesen keine Sau mehr interessieren. Weshalb also vorher lesen?

Was bleibt?

Vielleicht die Erinnerung an Tage, an denen man das Gefühl hatte, gelebt zu haben. Dies ist in Ausnahmefällen sogar im Internet möglich. Und deshalb wird es sicherlich auch von mir den ein oder anderen Beitrag geben - auch auf vielfältige Bitten von eurer Seite hin, insbesondere was die Heimspielserie oder Museumsberichte angeht.

Aber seht es mir nach, wenn meine Präsenz oder mein Verlinken von anderen Seiten rapide nachlässt. Jeder dürfte ja mittlerweile wissen, wo es was zu lesen gibt. Ihr müsst mich ja auch nicht verlinken; ihr müsst auch nicht kommentieren. Ihr könnt aber. Vielleicht ist es ja auch nicht verkehrt, zu angeln.


Donnerstag, 29. Januar 2009

Es gab mal Zeiten


Folgenden Text habe ich zuerst im Forum der Eintracht veröffentlicht, weil er da auch hingehört - aber wer weiß, vielleicht verirrt sich ja jemand hierhin - und dann kann er/sie ihn auch hier lesen.


Es gab mal Zeiten, als Eintracht Frankfurt sich in der zweiten Liga wiederfand; wir kickten gegen Zwickau, Meppen und Fortuna Köln. Wir stiegen auf und ab und mit den Jahren kristallisierte sich ein "Wir-Gefühl" heraus. Die Ultras sorgten für Choreos, wir rockten die Republik und insgesamt waren wir gar nicht so viele, nicht im Stadion, nicht im Forum, nicht am Gleisdreieck.

Es gab mal Zeiten, da hing die Lizenz der Eintracht am seidenen Faden, Überlegungen zur Neuaufbau in unteren Ligen wurden aufgestellt, Hunderte hingen am Live-Ticker der Gerichtsverhandlungen - und am End waren wir froh, dass wir noch am Leben sind. Montero, Bürger, Keller oder auch Tsoumou-Mazda kickten für uns und als wir wieder in der ersten Liga waren, da feierten wir trotz einer 1:4 Klatsche gegen Leverkusen; ließen uns die gute Laune auch nicht durch ein 0:2 bei der Hertha verderben, Arie van Lent traf damals ins eigene Netz; jener Arie der in dem Jahr zuvor lange Zeit nicht getroffen, und dem die gesamte Kurve den Ball gegen Oberhausen ins Netz supportet hatte.

Wir liebten Cha und Lexa, vergaben ihnen etliche Flops; wir feierten in der Bembelbar und hatten einen ganz eigenen Geist oder Spirit, der nicht brutal erfolgsabhängig war. Forumsleute organisierten einen Bus nach Freiburg, daraus erwuchs später der Fanclub Per Sempre; wir hatten Forumskicks, Tischkickerturniere, tranken Schöppchen und babbelten bspw. über Reimann durchaus kontrovers, denoch gibt es bspw. einen Bericht von schusch über das letzte Spiel im Jahr 03/04 in Hamburg als wir verloren haben und danach sogar abgestiegen sind - schusch beschreibt uns dennoch diesen Tag kurz und knackig als einen der Größten im Eintracht-Leben; lest das mal nach. ich selbst war damals in Frankfurt geblieben und guggte im Schlippche mit Kumpels, das Backstage war voll.

Es gab mal Zeiten, da hast du dich mit Leuten getroffen, über die Eintracht gebabbelt und Spaß gehabt; wir waren zurecht stolz auf den Auswärtssupport, auf die Verbundenheit und auf unser Selbstbewusstsein; wir waren Vorbild für etliche Fanszenen; wir hatten Fanclubs, eine FuFA, eine Fernsehsendung und vieles mehr - und wir hielten die Fahne hoch, stets die Aktivitäten der Vereins/AG-Führung kritisch begleitend - aber seltend polarisierend und identitätsstiftend..

Wir hatten Power. Obgleich wir zwischen den Ligen gependelt sind.

Heute stehen wir finanziell gesund und ohne akute Abstiegssorgen da, die Hütte ist auch gegen Cottbus oder Bielefeld fast voll - und dennoch ist kaum noch etwas übrig geblieben von dem, was uns einst verbunden hat - und seinen Höhepunkt vielleicht beim Pokalfinale 2006 erreichte. Oder in Istanbul, - wir in dem Käfig, Pfiffe - und dann führen wir 2:0 - Wahnsinn.

Wo ist er hin, der Geist?

Wenn ich heute mich umhöre, dann scheint es so, dass egal auf welcher Ebene, die Auseinandersetzung mit dem jeweils nächsten den Tagesablauf bestimmt; ohne Feindbild gehe ich nicht mehr aus dem Haus; egal ob User, Funkel, Verein, Toski, Caio, FuFa, FSG, Vorstand, Rundschau - was weiß ich - man könnte meinen, ein Großteil der Leute wartet nur darauf, dass irgend etwas passiert, um die tägliche Dosis Uffgereschtheit ja zu erreichen - und dann fliegen wieder die Fetzen. Leute teilen ungefragt mit, dass die Dauerkarte nicht verlängert wird - (wir haben eine Perspektivmannschaft, keine Schulden und haben ne ganze Menge Teams tabellarisch hinter uns), andere scheinen zu hoffen, dass wiederum andere Fehler machen um ja im Meinungsstreit Recht zu behalten (Caio/Toski - AG/EV).

Es gab mal Zeiten, da freuten wir uns über Tore der Eintracht, weil die das Wichtigste für uns waren. Vielleicht weil wir uns selbst nicht so wichtig genommen haben.

Es gab mal Zeiten, da war unser Ansinnen Spaß - und wenn wir uns im Forum gezofft haben, taten wir dies nicht über Monate mit dem gleichen Thema, ja mit den gleichen Worten - unser Gegner war Mainz oder Lautern oder Schalke, nicht unser Trainer, unser Sitznachbar, unsere Spieler. Außer Meier vielleicht - Gruß an ZoLo

Es gab mal Zeiten, da war auffem Platz wichtiger, als das ganze Geschwafel um vermeintliche Details innerhalb der Führung - obgleich die gleichen Leute im Vorstand/Präsidium waren, wie heute.

Es gab mal Zeiten, da war die Eintracht für uns ein Hobby - und nicht medialer Lebensinhalt zum Zwecke der Selbstinszenierung.

Aber da gab es auch noch keine WM 2006.

Unsere Themen könnten Fan-Themen sein, Preisgestaltung, Eventisierung, 50+1, Polizeitaktik/behandlung, dort können wir unsere Kräfte mit vollem Einsatz in die Waagschale werfen, das ist, was uns das Leben schwer macht, zumindest meiner Ansicht nach. Und zwar möglichst geschlossen. Dort sind unsere Erfahrungen, dort wissen wir genau Bescheid, dort haben wir etwas zu sagen. Natürlich müssen wir auch die Entwicklung der SGE begleiten, aber Hand aufs Herz, ist denn die Situation im Moment derart dramatisch, dass wir uns zu großen Reden aufschwingen müssen?

Der ganze Rest ist doch Pillepalle, Funkel, Caio, Bruchhagen, Vorstand, AR - mein Gott, bringen die uns wirklich ins Grab? Müssen wir so tun, als wüssten wir mehr als der liebe Gott - und hier permanent jeden Stein drei Mal umdrehen, um eine Bestätigung für unsere Meinung zu finden, um sich unserer eigenen Identität zu vergewissern? Kann man nicht das ein oder andere einfach mal gut sein lassen, vielleicht gar e bissi Witzischkeit an den Tag legen. Mal Frank ne Eintrittskarte schicken, mal ins Museum gehen, sich auf Kweuke oder Petkovic freuen, mal lächelnd die Rundschau beiseite legen, sich aufs Berlinspiel freuen - und egal wer kickt oder Trainer oder Vorstand ist unsere Jungs zum Sieg brüllen? Ob Meier oder Caio, Köhler oder Toski, scheißdehunddruff, es sind unsere Vertreter, sie geben das Beste und sind sicher keine Drecksäcke und wir rocken vielleicht wieder mal gutgelaunt die Hauptstadt, wie wir es beinahe schon verlernt haben - ohne gleich im Uefa-Cup zu landen oder so. Einfach weil es unser Leben ist, unsere Zeit und unser Tag.

Auswärtssieg!

Beve

Sonntag, 5. Oktober 2008

Heimspiel in Mannheim


Eigentlich begann das Spiel schon am Abend zuvor, als wir beim Italiener in Neu Isenburg einen Gutschein verfutterten. Im Hintergrund schickten sich Ostwestfalen an, ihr Heimspiel gegen den KSC zu verlieren, im Vordergrund genoss unsere Nummer 29 den freien Abend und die Krönung des ganzen war dann ein überaus freundlicher Paolo, der uns nicht nur einige Euros der Rechnung erließ, sondern uns gar eine eigene Autogrammkarte unterschrieb.

Als sich dann um Mitternacht mein Geburtstag näherte, drückte mir Pia ein Carepaket für den Samstag in die Hand; Becher, Salzstangen, Würstchen – und ne Karte für das Spiel inklusive einem Platz in einem der Autos, die sich nach Mannheim aufmachen wollten.

Und so kam’s dann auch. Gegen elf marschierte ich alleine mit meinem Beutelchen in Richtung Konsti, (Pia hatte familiäre Verpflichtungen und Stefan beauftragt, allzeit ein wachsames Äuglein auf mich zu haben, damit mir ein SV erspart bleiben möge. Sie kennt mich.) erstand einen Fünf-Liter-Kanister Sonnenhof-Äbbelwoi und wanderte zur Bahnhof Nordseite, wo eine bunte Mischung aus Fanclublern., Forumsnasen und Bloggern schon wartete. Händegeschüttel, Happy Birthday, Prost. Das letzte Mal, als die Eintracht an meinem Geburtstag kickte, war Anno 2003. Damals gab’s ein 0:1 gegen Dortmund, heuer war also ein Sieg fällig.

Die Fahrt verlief entspannt, wobei es nicht ganz einfach ist, aus einem Kanister während der Fahrt in ein Becherchen zu gießen, ein schwarz-weißer Schal flatterte im Fahrtwind, die Sonne blinzelte auf die A67 und während wir noch siegesgewiss fachsimpelten, glitten wir schon über die Einfahrtsstraße nach Mannheim. Schon eine Woche zuvor hatte es hier ja den Probelauf gegeben – als unsere U23 Buben hier gegen Waldhof antraten – und mit 1:2 verloren. Mannhaft hatten sie sich gegen die Niederlage gestemmt, allein, es sollte nicht sein.

War der Parkplatz während des Waldhof-Spiels noch kostenlos, so mussten wir nun 4 Euros berappen, was nach einigem Gesuche und Gekruschpel auch gelang. Und so stellten wir die Kiste ab, öffneten den Kofferraum, wo unser Fahrer Doctore Hammer noch einige kulinarische Schmankerln in Petto hatte und wir schmausten und schwatzten, dass der liebe Gott einen Gefallen an uns gehabt hätte. Die Zeit verging wie im Flug, jede Menge Eintrachtler defilierten an uns vorbei, etliche bekannte Gesichter blieben stehen, es wäre ein Ding der Unmöglichkeit, sie alle aufzuzählen– und da der Gründel Heinz mir im Forum öffentlich gratuliert hatte, so wussten natürlich einige davon, dass ich heute gealtert bin und gratulierten herzlich, sehr nett anzuschauen war dabei das Eintracht-Küchelchen von Kallewirsch incl. brennendem Kerzlein. Alle naslang bimmelte mein Handy oder wurde mir eine Hand entgegen gestreckt. Von daher auch nochmal an dieser Stelle an alle ein Vielen Dank für die Glückwünsche.

Plötzlich kam Aleks Vasovski an uns vorüber, erblickte mich, gab High Five und meinte salopp: Alles Gute, Beve, du Lump. Heute rocken wir hier schwer einen, oder?

Naja ich gebs zu, so war es nicht. Aber er kam wirklich vorbei; ich erblickte ihn, rief seinen Namen und schickte ein Alles Gute hinterher, er stockte kurz, lächelte - und marschierte weiter.

Aus allen Ecken strömten Eintrachtler Richtung Stadion, es gab phasenweise leichte Verwirrung ob des zu begehenden Weges – da viele von uns ja keine Karten für den Gästeblock besaßen, trennten sich einige Wege. Von der Straße ertönte Blaulicht, scheinbar war der Mob aus Frankfurt im Anmarsch, was mich auch nicht sonderlich interessierte, überall ein Guude, ein Morsche und im Großen und Ganzen war’s ein eher lässiger Anmarsch, bei dem ich so ganz nebenbei erfuhr, was es mit den Katten auf sich hat.

Lässig war auch die Eingangskontrolle, meine Karte wollte niemand sehen, angefasst wurde ich auch nicht und so lungerten wir noch ein Weilchen vor den Aufgängen zu den Blöcken herum, tranken ein Schöppchen und schoben uns dann auf unsere Plätze in diesem Fußballstadion, dass noch ein Fußballstadion ist. Etwas dämlich war nur, dass ich noch mal nachguckte, wo denn Block 21 sei – bis ich feststellte, dass ich zu Block 19 musste. Die 21 war der Eintrittspreis. Prost Herr Beverungen. Kaum stand ich, ging’s auch schon los. Nicht nur die Gästekurve war fest in unserer Hand, auch der gegenüberliegende Block war komplett mit Frankfurtern gefüllt und auch zwischendrin hockten etliche Adler. Aus den Boxen röchelte gefühlte zwanzig Mal der White Stripes Song seven nation army, die Blauen unten flitzten um die Wette und die Eintracht begann wie immer defensiv, die Hauptrolle im Mittelfeld übernahm traditionsgemäß ein großes Loch. Linker Hand parkte der Eintracht Bus, rechts im Eck stapelten sich überdimensionale aufblasbare Reklame-Bierkästen und Amanatidis hockte auf der Bank.

Kurve und der Gegenüberliegende Block hatten mittlerweile komplett die Kontrolle im Stadion übernommen, und wir versuchten so gut es ging, unsere Jungs nach vorne zu peitschen. Nikolov hielt wie ein Großer, und so stand’s zur Halbzeit Nullnull. Auf meinem Weg nach draußen traf ich Rudi, der gleichfalls Geburtstag hatte – und musste erfahren, dass Marc von einem Polizeihund attackiert und gebissen wurde, und kaum hörte ich’s, sah ich ihn auch schon mit badagiertem Arm. Arme Socke und gute Besserung, Fußball ohne Leiden gibt's nicht. APDAB*

Als ich noch am Büdchen anstand, ließen mich die Geräusche im Inneren erahnen, dass etwas unschönes passiert sein musste – und so war es auch, die Eintracht hatte einen Treffer kassiert, was die Sangeslust in unserem Bereich leider merklich trübte. Dennoch spycherte sich unser Schweizer in der 66. Minute irgendwie durch, wuppte das Bällchen in den Strafraum und Steinhöfer traf zum Ausgleich. Dies muss unseren Trainer gewurmt haben, denn er wechselte ihn aus, und prompt gelang es unseren Helden, nur wenig später den zweiten Treffer zu kassieren, was so manchen in Mannheim veranlasste, lautstark über einen Trainerwechsel nachzudenken.

Die Eintracht wehrte sich noch ein bisschen, aber das 1:2 aus unserer Sicht hatte auch nach 90 Minuten Bestand, und so schlichen wir mit hängenden Köpfen aus dem Stadion. Zumindest die meisten, nur zwei Mädels hatten Glück. Sie konnten nämlich das Trikot von Amanatidis ergattern, der gleichermaßen enttäuscht an den Zaun kam und zudem noch einen Ball zu den Fans kickte.

Dass das Ergebnis innerhalb kürzester Zeit in meiner Wahrnehmung zweitrangig werden sollte, wusste ich zu dem Zeitpunkt noch nicht, denn kurz nach Verlassen des Blockes traf ich Roland und er konfrontierte mich mit der traurigen Nachricht, dass sich Steffen, Museumsmitarbeiter, Allesfahrer und U23 Stadionzeitungsmacher am Vorabend bei einem Autounfall schwer verletzt hatte. Es war wohl das erste Spiel seit Jahren, dass Steffen deshalb nicht sehen konnte und von daher meine flehentliche Bitte, dass er bald wieder auf die Beine kommt. Wir brauchen dich.

Bedröppelt marschierte ich dann in Richtung der Parkplätze und traf unterwegs auf meine Mitfahrer. Da es an der Kreuzung weiter vorne grade zu Rennereien kam, die einen hatten weiße Helme auf, die anderen nicht, blieben wir noch ein Weilchen außerhalb des Spielfeldes bis sich die Lage beruhigt hatte und wir seelenruhig zum Auto marschierten. Dort gab’s noch die ein oder andere Diskussion und es war bald klar, dass niemand großartig traurig wäre, wenn Eintracht Frankfurt einen Trainerwechsel publik machen würde. Allerdings wollte auch niemand in der Haut unseres Vorsitzenden stecken, denn auch wir hatten niemanden im Gepäck, dem wir die Lösung der hiesigen Probleme adäquat zutrauen würden. Schwierig, das Ganze.

Zurück ging’s flott über die Autobahn und ich saß zum ersten Mal in einem Auto, in welchem du mittels einer Kamera den Bereich hinter deinem Auto auf einem Monitor angucken kannst. Was es nicht alles gibt.

Als die ersten schon in der Klapper beim Schoppen hockten, passierten wir Pfungstadt und nur wenig später lief auch der gebeutelte Rest dort ein, schwatzte über dies und jenes und nicht uninteressant war die Ansicht über unser Kurvenverhaltens aus verschiedenen Blickwinkeln. RedZone, der im Stehblock das Spiel verfolgt hatte, schwärmte von unserem Auftritt, ich jedoch, der am anderen Ende der Kurve stand, mäkelte an der lustlosen Haltung etlicher Fans während des Rückstandes um mich herum herum. Alles eine Frage des Standpunktes. Auch der Standpunkt.

Später kam dann doch noch Pia, die verzweifelt versucht hatte, mich anzurufen – während mein Handy in der Gastwirtschaft mangels Empfang stumm wie ein Goldfisch in der Kugel blieb. Aber dies ist eine andere Geschichte.

So ging dann peu a peu ein Tag vorbei, an dem ne ganze Menge passiert ist, Marcs Wunden wahrscheinlich schneller heilen als Steffens und vor allem die Erkenntnis bleibt: Es gibt wichtigeres als Fußball.





*APDAB - All PoliceDogs Are Bastards