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Dienstag, 7. Dezember 2010

Willkommen in der Heimat ...


... mit diesen Worten eröffnete der ewige Versammlungsleiter Helmut Weintraut die Mitgliederversammlung der Frankfurter Eintracht am 6.12.2010. Es ist nahezu ein historisches Datum, öffnete doch das neue Leistungszentrum, der neue Riederwald, seine Tore für die Öffentlichkeit - etwas mehr als zwei Jahre nach dem Abriss des alten Riederwaldes.

Security weist den Weg zum Parkplatz in Richtung Pestalozzischule. Ich stelle den Golf zu den ehemaligen Containerbüros und erklimme die Stufen der alten Gegengerade - oben angekommen erspähe ich den Neubau, angestrahlt von weißen und roten Leuchten glänzt er stolz in die Riederwälder Nacht. Vereist der Sportplatz davor. Wolfgang Steubing Halle steht in schwarzen Lettern an der Halle, daneben leuchtet der Adler. Jede Menge Autos des Hessischen Rundfunks parken auf der Rückseite des über 14 Millionen Euro teuren Gebäudes, immerhin soll heute die Sendung "Heimspiel" in der neuen Gaststätte "Diva" aufgezeichnet werden, während zeitgleich in der Dreifelderhalle die Mitgliederversammlung über die Bühne gehen wird.

Ich marschiere um den Sportplatz herum, denke zurück an die Zeit, als ich mit Billig CD-Player und einem uralt Mikro mit meterlangem Kabel jahrelang die Ansagen bei Spielen der U23 und der U19 gemacht hatte - um mich herum saßen die Zuschauer auf den alten Bänken und aus dem Durchgang kommend waren die Spieler froh, dem moderndem Bau entkommen zu sein. Zwischen modern und modern ist's nur eine Frage der Betonung - heute verspricht das neue Gebäude stolz und prächtig eine neue Ära.

Vor dem Eingang treffe ich RedZone und wir machen einen Rundgang durch den neuen Riederwald. Im Erdgeschoss befindet sich nicht nur der Fanshop, sondern auch die Funktionsräume für die Fußballer: Umkleide, Sauna, Dusche - alles neu, geschmackvoll aber nicht zu pompös. Alex Schur steht als Trainer der U17 im Gang und berichtet über die Verwandlung, er kannte den Riederwald ja auch noch anders.
Vor allem die Sauna steht sinnbildlich für die Wandlung der letzten beiden Jahre; auch am alten Riederwald gab es eine Sauna - doch diese schien in den Siebzigern zuletzt genutzt, man tat gut daran, nichts anzufassen. Auf der gegenüberliegenden Seite hat die neue Gaststätte namens Diva ihre Heimat gefunden - Mitarbeiter des HR legen noch die letzten Kabel für die bevorstehende Sendung, der Zutritt ist heute nicht gestattet.

Die Treppen führen uns nach oben. Während auf der einen Seite die Büros und die Wohnungen liegen, entdecken wir den neuen Kraftraum. Mit Blick auf den Sportplatz können hier die Sportler ihre Muskeln stählen. Slaven Skeledzic; Trainer der U19 erklärt, dass seine Mannschaft die Räume schon einige Wochen nutzt - während die einen in der Halle kicken, können andere zeitgleich im Kraftraum trainieren - was für ein Unterschied zum alten Gebäude, in dem Verwesung in allen Ecken hauste.

In der Halle wurde über Nacht ganze Arbeit geleistet, der Boden wurde mit Teppichplatten abgedeckt, ein Gerüst für die Beleuchtung installiert, eine Bühne samt Rednerpult und Leinwand aufgebaut und die Halle komplett bestuhlt. Der Eintrachtadler leuchtet auf uns herab - wie man sagen muss, dass das ganze Gelände deutlich zeigt, wo man ist: bei der Frankfurter Eintracht. Man kann erahnen, was es bedeuten würde, wäre das Waldstadion in Besitz der Eintracht - dort muss man den Adler, die Eintrachtfarben, überhaupt das gesamte Corporate Design mit der Lupe suchen, die blauen Sitzschalen, die gelbe Dachreklame lassen den Eintrachtfan spüren: Hier bist du Gast, hier bist du fremd. Einzig Museum, Fanshop, der (auswechselbare) Plexi-Adler im Tresen des Business-Bereichs oder der rote Kunstrasen im Spielertunnel weisen dort den richtigen Weg, kleine Kleckse des Heimatgefühls. Am Riederwald jedoch verweist alles auf das, was die Frankfurter im Herzen suchen; auf Heimat.

Willkommen in der Heimat; es ist kein Zufall, dass die Versammlung mit diesen Worten eröffnet wird - und es sind viele gekommen; nicht nur die Lizenzspieler Amanatidis, Ochs, Jung sind anwesend, auch der Profinachwuchs Marcos Alvarez, Sonny Kittel, Marcel Titsch-Rivero und Cenk Tosun, die wie Jung und Ochs den alten Riederwald nur zu genau kennen sind heute dabei. Natürlich dürfen die Meisterspieler nicht fehlen, ich entdecke Friedel Lutz, Dieter Lindner und Dieter Stinka - diese konnten ja noch den alten Riederwald in seiner Blüte erleben - ja sie haben ihn durch ihren Fußball erblühen lassen. Natürlich ist der Vorstand der Fußball AG anwesend, die Herren Bruchhagen und Pröckl und auch das Aushängeschild der Leichtathletik, Ariane Friedrich ist angekündigt, noch steckt sie im Stau - aber sie wird eintreffen.

Über 500 Eintrachtler sind gekommen, knapp 100 Gäste dazu - die Halle ist voll. An einem Tisch sitzen die Journalisten der Tageszeitungen, an einem anderem die U23, die Fußball AG usw. Und die Journalisten von der Rundschau hatte ganz genau hingeschaut:

Ehrengast und Laudator ist der Generalsekretär des DFB, Wolfgang Niersbach, er spricht lange und verweist darauf, dass Sebastian Jung mittlerweile im Notizbuch des Bundestrainers stehen würde. Anschließend erklimmt Präsident Peter Fischer das Rednerpult und spricht in der ihm eigenen Art von Visionen und tollen Wochenenden, sein ganz besonderer Dank gilt Wolfgang Steubing, welcher dem Verein finanziell unter die Arme gegriffen hatte - und als nächster Redner anmerkt, dass die Situation, nach Niersbach und Fischer zu reden vergleichbar sei, wie nach dem Papst zu predigen - eine undankbare Aufgabe also. Nach ihm ergreift Heribert Bruchhagen das Wort; er verweist darauf, dass die Flut alle Boote hebt - und erinnert an die Ebbe. Recht hat er; die Profis Jung, Ochs, Nikolov und Russ haben es auch ohne chices Ambiente geschafft, sich in der Bundesliga zu etablieren - jenes Ambiente sei zwar notwendig - garantiert aber per se noch nichts. Ein Wille gepaart mit dem Ehrgeiz, es in die Bundesliga zu schaffen, sei zwingende Voraussetzung - dann kann das Ambiente gute Dienste leisten. Immerhin wenden sich Eltern nun nicht mehr mit Grausen ab, wenn sie den neuen Riederwald betreten - ins neue Ambiente schickt man seinen Nachwuchs gerne - ein Quantensprung für die Eintracht würde der Leiter des Nachwuchszentrums Armin Kraaz sagen. Eine Schwenkkamera im Raum gleitet auf und ab und zeichnet alles auf.

Im Anschluss an die Reden wurden die Berichte zügig abgefrühstückt - und die Erhöhung der Mitgliedsbeiträge bei nur wenigen Gegenstimmen durchgewunken. Klar, wer will an einem so feierlichem Tag schon als Querulant dastehen. Immerhin, bei der Aussprache erhielt ein Mitglied rauschenden Beifall als er anmahnte, dass die U23 in absehbarer Zeit wieder am Riederwald spielen solle - und nicht am Bornheimer Hang. Doch dazu muss der neue Riederwald regionalligatauglich gemacht werden - das ist vielleicht das einzige Manko: Herrenfußball oberhalb der Oberliga ist bei Eintracht Frankfurt im eigenen Stadion bis auf Weiteres nicht möglich. Ansonsten ist der neue Riederwald ein Schatzkästlein, das unterhalten - und mit Leben gefüllt werden will. Ein Anfang wurde gemacht, als ein Mitglied zur Überraschung aller zum Rednerpultschritt, etwas unbeholfen von einem schönem Tag sprach - und dann mit schöner Stimme klar und deutlich Ein schöner Tag nach der Melodie von Amacing grace sang. Und somit ist der neue Riederwald nun auch mit Lena Valaitis verbunden, wer hätte das gedacht.


9 Kommentare:

  1. Danke für diesen Bericht Axel!

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  2. Wie immer wundervoll geschreiben. Man konnte die Atmosphäre noch im Nachhinein aufsaugen, dafür den ersten großen Dank. Den zweiten Dank bekommst du für die Bilder, die einen Einblick geben, was dieses neue Leistungszentrum für die Eintracht bedeuten wird.

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  3. MOdern vs. modErn. Schlicht genial.

    Ich war ja noch nicht dort und habe jetzt Dank Deinem Bericht und den Fotos einen guten Eindruck. Scheint beeindruckend und traditionsbehaftet zugleich zu sein.

    Danke

    Uli

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  4. Huch - kein Herrenfußball oberhalb der Oberliga? Das finde ich befremdlich.

    Ansonsten: Sehr schön sieht er aus, der neue Riederwald. Konnte (und wollte) gestern aus verschiedenen Gründen nicht vor Ort sein und hoffe, mir das alles demnächst mal einfach so und außer der Reihe anschauen zu können.

    Danke für den Bericht.

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  5. "Ein Anfang wurde gemacht, als ein Mitglied zur Überraschung aller zum Rednerpultschritt, etwas unbeholfen von einem schönem Tag sprach - und dann mit schöner Stimme klar und deutlich Ein schöner Tag nach der Melodie von Amacing grace sang."
    Wahnsinn, das haette ich gerne miterlebt!!

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  6. Hier sind meine Bilder: http://www.facebook.com/album.php?aid=2075610&id=1177246814&l=0ee8e3e41a
    wib

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  7. Da kommt Freude auf. Hoffentlich habe ich bald Gelegenheit, mir selbst einen Eindruck zu verschaffen.

    Es geht voran. Die schmuddelige Eintracht ist Geschichte.

    ghost

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  8. hoffen wir mal, dass die schmuddelige eintracht geschichte ist. das neue gebäude ist erstmal toll.

    jetzt muss die arena noch rot schwarz weiß werden.

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  9. ... ich kanns ja kaum erwarten. Danke Axel für den feinen Bericht.

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