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Samstag, 9. Mai 2009

Heimspiel in Hannover - 09-05-2009

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Da Pia mit ihrem Jüngsten für Samstag Mittag einen Flohmarkt gebucht hatte und zudem durch das Nachspielen des Grillunfalls von Martin Fenin gehandicapt ist, machten sich die graue Maus und ich alleine auf Richtung Backstage, denn Suse, Arne und Muelli hatten sich dankenswerter Weise bereit erklärt, uns auf die weite Reise nach Hannover mitzunehmen. So saßen wir bald in einem flotten Audi und sausten zwischen Rapsfeldern und Windrädern durch Hessen. Der aus dem Fenster flatternde Eintracht-Schal pockte aufs Dach, Kings of Leon pluckerten aus dem CD-Player und Landschaft wehte am Fenster vorbei. Grün die Hügel, grün die Bäume - und grün die Hoffnung; die Hoffnung auf ein ansprechendes Spiel und auf ein entsprechendes Ergebnis.
Hannover gegen Frankfurt, das klingt in diesen Tagen wie unbunt gegen grau und doch sprach die leuchtende Sonne, der blaue Himmel und der orangene Audi dagegen.

Bei Kassel rollten wir auf den Rastplatz neben der Autobahn, nebenan hielt der Bus des EFC Fürth; Zeit für Kaffee und Zigaretten; Zeit für schwarz-roten Eintrachtkuchen.

Bald ging's weiter, Hannoversch Münden, Hameln, Hildesheim, Hannover - und nebenan lungerte irgendwo der Harz rum. Kurz vor der Hauptstadt Niedersachsens drehten wir eine kleine Ehrenrunde und erwischten dann doch noch Hannover. Wir hielten uns Richtung Maschsee, den wir flugs erreichten - kleine Böötchen mit bunten Segeln schipperten gemächlich im glänzenden Wasser - und näherten uns dem Stadion. Entgegen der Prognosen erwischten wir auf dem Schützenplatz einen Parkplatz in Steinwurfweite vom Stadion, kostenlos und unaufgeregt. War die Einfahrt zuvor noch exclusiv für VIP's ausgewiesen, so konnten wir nur wenige Meter später lässig das Grundstück entern. In der Nähe splitterte Glas, die Frankfurter waren da - und wir inmitten des Fußballnachmittags. Wenige Schritte vom Parkplatz entfernt marschierten die Hannoveraner in ihre Nordkurve - wir mussten in den Süden und hatten es allerdings nicht allzuweit.

Im Gegensatz zu Düsseldorf, wo das dortige Stadion schon von Weitem zu erkennen ist, versteckt sich das Niedersachsenstadion hinter einem grünen Wall von Bäumen, nebenan mäandert gemächlich ein Flüsslein und selbst die Polizei hielt sich merklich zurück. Die Polizeipferde waren unbehelmt, die Reiterinnen bezopft und schon das Schreiben an die Fans, welches unter der Woche nach Frankfurt verschickt wurde, schlug einen äußerst moderaten Ton an - und so ließ sich der Tag weiterhin entspannt an.

Frankfurter und Hannoveraner mengten sich untereinander und ich telefonierte mich mit Christian und Uwe zusammen, die auch bald zu uns stoßen sollten. Wir hockten auf einem Mäuerchen an der Stadionbrücke, tranken Flaschenbier zu einem Euro, winkten Anika, Kine und Domenico, die mit dem Per-Sempre-Bus (der in Wirklichkeit der der Geiselgnagster war) an uns vorbei rollten, und ließen uns die Sonne auf den Pelz scheinen. Eine Flaschensammlerin fragte nach den leeren Pfandflaschen, die wir ihr gerne überließen und zum Dank verkaufte sie uns weitere Schöppchen zu einem Euro. Prost.

Suse, Arne und Muelli marschierten bald ins Stadion, wir anderen warteten, bis sich der Trubel am Eingang gelegt hatte und passierten dann ohne großartige Warterei die Kontrolle und wanderten die Stufen hinauf. Block S 18 - Eingang Süd-West.

Mein Leben dir vermacht, jeden Tag und jede Nacht ... erklang es schon einiges vor Spielbeginn aus dem vollbesetzten Eintracht-Block, hier stand Yves aus Berlin, dort die Sossenheimer, überall winkten bekannte Gesichter und wie schon vor dem Stadion war auch im Gästebereich die Stimmung merklich entspannt. Das Stadion selbst unterscheidet nur wenig von anderen modernen Arenen dieser Größenordnung, manchmal weiß man nur anhand der Reklame, in welcher Stadt man sich gerade aufhält. Die Bestuhlung ist wie in Frankfurt blau, obgleich die Vereinsfarben entweder schwarz-grün und die Trikots rot sind; auch trugen viele 96er einen blauen Anteil im Schal, eine überflüssige Reminiszenz an einen Sponsor, der Finanzoptimierer ist - und scheinbar Logen bei Hannover 96 gebucht hat und dem Stadion seinen temporäreren Namen gegeben hat, aber allem Anschein nach nicht für den Verein arbeitet - immerhin ist deren Präsident Kind einer der Vorreiter wenn es darum geht, die 50+1 Regelung aus den Angeln zu heben. Die Eintrittspreise werden zur nächsten Saison drastisch erhöht und die erste Aufgabe des neuen Managers Schmadtke dürfte sein, dies den eigenen Fans schmackhaft zu machen.

Rechts neben uns wurde eine zu vernachlässigende Choreo gezeigt, die Nordkurve präsentierte ein Banner Niedersachsenstadion für immer und hoffte auf den Verbleib des Nationaltorhüters Robert Enke und bezog zudem klar Stellung zu den angekündigten Preiserhöhungen. Preise runter stand auf einem weiteren Transparent.

Anpfiff. Die Eintracht ganz in weiß, - Pröll im Tor, Mahdavikia sowie Korkmaz in der Anfangsformation, Steinhöfer und Liberopoulos auf der Bank - machte das Spiel und zum kurzzeitigen Entsetzen aller erzielte Hannover nach Vorarbeit durch Schlaudraff und nach Stellungsfehler in der Eintracht-Abwehr das Tor durch Brugging. 1:0, 9. Minute.

Der Support setzte direkt nach dem Gegentreffer wieder ein - und sollte bis Spielende durchgezogen werden, Eintracht, Eintracht schallte es durchs Stadion und die Eintracht nahm den Kampf und das Spiel auf. Ein ums andere Mal vergab die Eintracht gute Chancen, ließ sich aber dadurch nicht beirren und wurde in der 42. Minute belohnt, als sich Fenin fein durchsetzte und Korkmaz per Flugkopfball den Ausgleich erzielte. Tooooooor, Jubel, Gimme Five. 1:1. Seltsamerweise wurde auch der Ausgleich der Cottbusser gegen die Bayern bejubelt - obgleich es tabellarisch für uns sinniger gewesen wäre, die Bayern hätten getroffen - was sie in der zweiten Hälfte ja dann auch taten.

In der Halbzeit traf ich Lars aka zico_b und wir schwatzten in den Anpfiff zur zweiten Hälfte hinein, in der wir dann eine dominierende Eintracht sahen, die aber aus etlichen guten Gelegenheiten keinen Treffer mehr zu Stande brachte und da Hannover nicht wirklich gewillt war, das Spiel zu gewinnen, blieb es nach 90 Minuten beim 1:1 - für die Eintracht zwei verlorene Punkte.

Wir feierten unser Team, das endlich wieder einmal leidenschaftlich Fußball gespielt hatte, Fenin feuerte sein Trikot in die Ränge und sodann verließen wir den insgesamt doch recht gastfreundlichen Ort. Die Polizeikette hinderte uns nicht am durchbrechen und so wanderten wir wieder am Stadion entlang zum Parkplatz. Uwe blieb aus familiären Gründen in Hannover, während sich Christian auf den Weg nach Hamburg machte, wir aber suchten bald den Weg zur Autobahn in Richtung Frankfurt.

In der Stadt stauten sich zunächst die Autos, besondere Aufmerksamkeit erregte dabei ein alter-Golf-Fahrer, dessen Auspuff mächtig sportlich röhrte - sämtliche Fenster waren auf Halbmast gesenkt - und dessen Heckscheibe mit einem Aufkleber "Mein anderes Spielzeug hat Titten!!!" gesegnet war. Ein kurzer Blick auf den Fahrer ließ den Schluss zu, dass es sich bei besagtem Spielzeug nur um eine Puppe handeln konnte. Gott, was hast du dir dabei gedacht?

Nach kurzer Zeit erreichten wir wieder die Autobahn und rollten in den untergehenden Tag. Das Gelb der Rapsfelder mengte sich mit dem Grün der Bäume und dem Blaugrau der dräuenden Nacht, die Windräder drehten sich stoisch um sich selbst und bei Göttingen-West rasteten wir und trafen auf Siggi, der mit den Limburgern im Hölzenbein-Bus unterwegs war.

Kaum in Hessen, öffnete der Himmel seine Schleusen, Muelli aber hielt den Audi sicher auf der Straße. Eine lustige Cover-Version von Nur geträumt wummerte aus den Lautsprechern, Kassel, Berfa, Taunusblick, Frankfurt. Ein Kanu auf einem Anhänger hatte es geschrottet, nur wenige Kilometer dahinter ein zweiter Unfall, Blaulicht, regenglänzende Straßen, A66, Miquelallee. Heimat. Wir verabschiedeten Arne, nur wenig später verließ ich Suse und Muelli, bedankte mich für die relaxte Fahrt und trottete wenige Meter durch die Frankfurter Nacht nach Hause.

Abends schaute ich mir noch das aktuelle Sportstudio an; Spielbericht Cottbus-Bayern. Der Kommentator kommentierte: ... van Bommel zu lahm ... Ich wunderte mich, waren die Bayern doch gerade am Drücker. Und ich verstand: van Bommel zu Lahm. Philipp Lahm. Aha!

Schön war's, gefehlt hat nur ein einziges Tor - aber das sollte auch kein Beinbruch sein, weder Bochum, noch Karlsruhe, noch Bielefeld, noch Cottbus hatten ihre Spiele gewonnen. Wenn Gladbach heute Abend auch nicht gewinnt, sollte der Klassenerhalt in trockenen Tüchern sein. Aber wir wissen, wie es ist: Solange rechnerisch noch alles möglich ist, wird nicht gefeiert. Denn sonst wäre alles:

7 Kommentare:

  1. Ach Beve, ich sauge sie auf, Deine Worte. Du Meister des gepflegten Kurzsatzes & des reduziert-auf-das-Wesentliche. Vielen Dank dafür!

    Und Recht hast Du auch aus der Ferne: Schön war's, gefehlt hat nur ein einziges Tor.

    Die graue Maus hat es ja nun nicht zum Wort des Monats geschafft aber Du lässt sie gut aussehen. In jeder Situation. Im Blumenkasten. In Hannover. Großartig!

    Und vielleicht ist das Spielzeug ohne Titten ja das Spielzeug vom Sohnemann. Man weiß es nicht. Man weiß es einfach nicht.

    Vielen Dank für diesen tollen Bericht. Du weißt: Ich liebe Sie, diese Berichte!

    Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
    Fritsch.

    P.S. Deine Anregung im hobokollektiv mit den Postkarten trägt erste Früchte: Nächste Woche könnte eine erste Produktion starten. Der Erstdruck ist natürlich für Dich reserviert :-)

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  2. Wieder mal ein sehr schöner Bericht, lieber Axel :) Nur eine kleine Korrektur: Per Sempre war's nicht, Anika, Domenico, Geetha und ich waren mit den Geiselgangstern unterwegs.

    Was den gastfreundlichen Ort angeht, stimme ich Dir voll und ganz zu, selten habe ich so freundliche, höfliche und besonnen handelnde Ordner und Polizisten erlebt, wie in Hannover!

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  3. wie immer sehr schön zu lesen....

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  4. danke filzlaus, danke kine, danke fritsch. als ich auf dem mäuerchen saß, konnte ich nur mit müh und not anika, kine und domenico erkennen, geetha habe ich gar nicht gesehen - und mehr schon gar nicht, die spiegelnde scheiben und die sonne verhinderten dies.

    auf die postkarten freue ich mich, die graue maus auch. vielleicht schafft sie es ja das nächste mal zum wort des monats. oder es gibt eine neue kategorie: maus des monats :-)

    viele grüße

    beve

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  5. Moin Beve,

    da bin ich wieder - in Hamburg. Muttertag ist zu Ende. :-)

    Ich hoffe ihr hattet eine angenehme Fahrt nach FFM. Ich denke, wir haben ein gutes Spiel gesehen. Ich war überrascht wie wenig Hannover getan hat. Aber das lag auch eindeutig an unseren Adlerträgern. Die haben den Hannoveranern immer wieder den Schneid abgekauft, mit teilweise aggressivem Pressing, das war schon eine super Balleroberung teilweise. Und diesmal konnten die Buben auch etwas mit dem Ball anfangen. Es wurde clever, gekonnt und souverän *GESPIELT*. Bellaid habe ich im Gegensatz zur FR ziemlich stark gesehen, bis auf 1-2 seltsame Patzer, die aber nie gefährlich waren.
    Meier, ganz stark.

    Hach, ich bin immer noch begeistert. Und euphorisiert. Wenn wir eine solche Leistung konstant abrufen, dann könnte die nächste Saison sehr interessant werden.

    Liebe Grüße

    Uwe

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  6. moin uwe, ich glaube, wir haben das gleiche spiel gesehen :-)

    yves ist wieder in berlin, du in hamburg, suse, arne, christian, muelli und ich in frankfurt - und doch werden wir alle wieder irgendwo in deutschland uns treffen - und hoffen, dass das schwarz-rote gewinnt :-)

    viele grüße

    axel

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  7. Die graue Maus kommt ganz schön rum. Ich beneide sie.

    Vielen Dank für den Bericht, Beve! Irgendwie bin ich ja dann doch dabei gewesen. :-)

    Gruß vom Kid

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