Seiten

Dienstag, 25. November 2008

Winterbeginn


Die Zeit verfliegt fiel zu schnell, Erlebnisse der besonderen Art haben kaum Zeit, sich zu setzen - und eh wir uns umsehen liegen wir in der Gruft und
hatten dabei doch noch soviel vor.

We should remember to slow down more often, maybe we will.
There's a lotta good things coming our way right now.

A lotta bad had passed but we survived the breakdowns.

All is forgiven, water under bridges now.


The gaslight anthem - Boomboxes & dictionairies

Fahren, immer nur fahren, aus den Boxen wummert der Beat und alles fällt ab, all die sägenden Gedanken, all das Drehen deines Hirns, all die Idiotien eines Daseins, die dir jeden klaren Gedanken verkleistern. Die dir die vermeintlichen Notwendigkeiten des Alltags schmackhaft machen sollen und dich doch nur verblöden lassen, Wolken ziehen vorüber, der Tag zur Nacht, die Nacht zum Tag.

Everything these days seems to be some kind of sign
No one cares anymore where you've been
So you find a quiet place to shed that old skin
You won't need it again


New Model Army - Orange Tree Roads



www.hobokollektiv.net




Der Blick zurück:

Eben noch eine Lesung in Halle, Übernachtung in einer kleinen Pension, rauf auf die Autobahn, nach 400km runter von der Autobahn, Abfahrt F-Ost, Bornheimer Hang, das Schneechaos ließ auf sich warten, Mikrofon an: Eintracht Frankfurt begrüßt sie ganz herzlich zum 14. Spieltag in der Regionalliga Süd. 90 Minuten später: Zwei Tore der Eintracht U23, keines des KSC II, Spitzenreiter und das erste Spiel von Alexander Krük für die Eintracht. Abbauen, heim, ausruhen - der Husten hörte sich nicht gut an.

Als ich am Samstag morgen aufwachte, merkte ich, dass ich nicht in der Reih' bin, wie meine Oma zu sagen pflegte, draußen ist's kalt, ungemütlich und eigentlich hätte ich nichts dagegen gehabt, mich mit Tee und Lebkuchen vor den Fernseher zu knallen und mich auszuruhen - und ich hätte es sicherlich auch gemacht, wenn nicht die Eintracht spielen würde. Ich glaube, die letzten Heimspiele habe ich verpasst, als ich im Winter 2004 in Indien weilte, die SGE holte Punkt um Punkt - und erst als ich wieder im Lande war verlor die Eintracht drei Tage später in Lautern. Wäre ich damals bloß länger geblieben.

Wir fuhren so gegen 14:00 in Richtung Louisa, so wir es eigentlich immer machen, Pia steuerte den Golf während ich daneben kauerte, warm eingepackt, seit langem mal wieder mit Schal und Mütze und Handschuh. Als wir unser Ziel erreichten, wartete Daddy schon auf uns; der kleine Mitsubishi-Jeep parkte an gewohnter Stelle, wir gesellten uns dazu und marschierten durch die Unterführung (in welcher wohl Frankfurts einzige Tropfsteine zu bestaunen sind) am Fanhaus vorbei durch den Wald Richtung Stadion.

Viel war im Verhältnis zu sonst nicht los, aber in den letzten Jahren haben sich die Dinge geändert, ich glaube nicht, dass in der Geschichte bei viel mehr Spielen gegen Hannover mehr als die später bekannt gegebenen 39.800 Zuschauer anwesend waren. Eintracht Frankfurt gegen Hannover 96 - ein Spiel des Mittelmaßes, 12. gegen 13. - aber so langsam scheint sich der WM-Hype wieder zu relativieren und wer weiß, möglicherweise gibt es ja im nächsten Jahr auch wieder Dauerkarten für diejenigen, die sich für die Eintracht interessieren - auch wenn der Erfolg ausbleibt, der Erfolg, der sich an den eigenen Erwartungen misst; Erwartungen, die nicht zwingend viel mit der Realität der Frankfurter Eintracht im Herbst 2008 zu schaffen haben müssen.

Während unsere Nummer Drei, Aaron Galindo es nicht geschafft hatte, rechtzeitig vom Länderspiel in Mexico an den Main zurück zu kommen und entsprechend nicht im Kader war, so wurde unserer Nummer 30, Caio, die Ehre zu Teil, in der Anfangsformation zu stehen. Deuteten zunächst die kurzen Hosen beim Aufwärmen schon darauf hin, so gab die Startaufstellung des Stadionsprechers endgültige Gewissheit. Der Stadionsprecher, der es übrigens versäumte, Alex Vasoskis Platz auf der Bank zu verkünden.

Da ihr in den üblichen Zeitungen, Foren und Blogs jede Menge Details zum Spiel lesen könnt, beschränke ich mich aufs Wesentliche.

  • Tor nach Standard: Ecke Steinhöfer, Flugkopfball Liberopoulos, 1:0
  • Tor nach Flanke Finks, Fenins Kopfball der ins Feld zurückprallt und von Russ köpflich versenkt wird, 2:0
  • Zusammenprall Nikolovs mit Hanke. Leichtes Humpeln.
  • Fenin setzt sich über Außen durch, spielt den Ball aber nicht zum wartenden Liberopoulos, welcher ihm erklärt, wie es besser geht.
  • Nach der Halbzeit kommt Pröll für Nikolov. Dieser hat einen Sehnenanriss und fällt lange aus.
  • Hanke und Bellaid gehen im Frankfurter Strafraum zum Ball, alles erwartet Ecke. Der Schiri gibt ... Elfer für Hannover. Die Debatten vom Stuttgart-Spiel wiederholen sich, der Linienrichter erklärt seine Sicht der Dinge, der Elfer wird zurückgenommen.
  • Fenin erkämpft sich den Ball, zeigt, dass er aufgepasst hat, passt zu Liberopoulos. Dieser zeigt uns, wer gelernt hat: Fenin - 3:0

Mein Daddy musste ausnahmsweise früher gehen und Pia fiel ein, dass möglicherweise zu Hause noch eine Kerze brennt. Egal, da ändern auch zwei Minuten nichts mehr daran. Wir blieben. Und wurden mit dem 4:0 durch Fenin belohnt. Abpfiff.

Wir hasteten aus dem Stadion, durchfroren, und eilten kalten Fußes durch den Wald. Zuhause angekommen stellten wir fest, dass die Kerze natürlich aus war. Aber das Feuer der Eintracht brannte wieder. Andersrum wäre es schlimmer.

Eigentlich wollte ich ja mal wieder in die Bembelbar, die am Abend im Backstage geplant war. Aber zuviel ist zuviel - ich liege flach. Tee, Lebkuchen, Fernsehen. Und ein Dach über dem Kopf.



Das Foto der Wolkenstraße durfte ich dankenswerter Weise dem wunderbaren Blog vom Fritsch entnehmen, dort gibt es noch viel mehr dieser Art, schaut es euch an, das Hobokollektiv.

10 Kommentare:

  1. Das Dach überm Kopf hat nicht jeder, ich weiß es zu schätzen, noch mehr als den Sieg der Eintracht, der mir einfach nur gut getan hat.

    Und den Blog vom Fritsch schaue ich mir heute Abend, wenn mein Tag hoffentlich etwas ruhiger geworden ist, gerne an. Das Foto ist wunderbar und schon allein deswegen werde ich mir die Zeit nehmen, von der keiner weiß, wie viel uns von ihr noch übrig bleibt.

    Danke, Beve.

    AntwortenLöschen
  2. Und gute Besserung!

    Kid, der manchmal schneller "klickt" als er denken kann

    AntwortenLöschen
  3. "das dach über dem kopf hat nicht jeder"

    das stimmt, benny hat dazu im eintrachtforum einen der seltenen bemerkenswerten beiträge hinterlassen:

    http://www.eintracht.de/meine_eintracht/forum/17/11154577/

    der blog vom fritsch ist auch klasse, wenig bilder, wenig worte - aber sie schicken dich auf eine gedankenreise, eine wohltat in zeiten der vermassung.

    danke für die besserung, kanns brauchen.

    AntwortenLöschen
  4. Hallo Beve,
    Dein Bericht bringt einige Erinnerungen zurück an die eigenen Winterreisen, an hektische Mahlzeiten in unzähligen Autobahnraststätten und grausame Übernachtungen in einer Behausung über dem legendären Subrosa in Dortmund. Ich war jünger damals und getrieben davon, meine Musik unter die Leute zu bringen.
    Heute weiß ich, daß weniger häufig mehr ist & Zeit nicht nur kostbar, sondern auch der kreative Moment ist. Vielen Dank einmal mehr für Deinen Bericht und wie sagte Marcel Proust einst: "Lange Zeit, habe ich mich früh schhlafen gelegt"
    Entspanne Dich, erhole Dich & gute Besserung, Beve & weiterhin sichere Straßen,
    Fritsch.

    AntwortenLöschen
  5. Tempus fugit, lieber Axel, Du hast es klar erkannt, die Restzeit schwindet mit jeder Sekunde, doch dieses Bewusstsein hilft den Nachdenklichen, ihr Leben sinnvoller zu gestalten und sich auf das zu besinnen, was wirklich wichtig ist.

    Schöner Beitrag ... schade, dass nach der Lesung nicht mehr Muße blieb, das gerade Erlebte sich ordentlich setzen zu lassen. Nimm' Dir Zeit und "cuidate", wie Jackeline immer sagt, gute Besserung und liebe Grüße,

    Biber

    AntwortenLöschen
  6. Brrrr - kalt! Das mit der Kerze kenne ich. (Gruß an Pia) Habe eine Einladung für diesen Freitag ins Olympiastadion zu Berlin bekommen, Hertha gegen FC Köln - Bedingung: Im Kölner Fanblock sitzen. Glücklicherleiderweise musste ich kurzfristig absagen (mit gutem Grund!). Sagen wir so: Für jemanden, dessen Herz sich nicht für einen der beteiligten Vereine erwärmt, ist es in einem Stadion einfach saukalt. So komme ich also drumherum. (puh!) Gute Besserung!

    AntwortenLöschen
  7. so langsam bin ich wieder auf dem damm - und muss gleich raus. gott sei dank, nicht den 1.fc köln angucken.

    kerze ausmachen, selbstreflektieren und auf sich aufpassen :-) - das mache ich.

    danke für eure beiträge und happy travelling wünscht:

    beve

    AntwortenLöschen
  8. ("Melancholie in der Südsee")

    Gude Beve,

    irgendwie schwirrte schon den ganzen Tag dieses wunderbare Lied von Ideal in meinem Kopf. Zumindest dachte ich es bis eben.
    ("Melancholie in der Südsee")
    Irgendwie stimmte mich dieses Lied den ganzen Tag auf deinen Beitrag ein, von dem ich ja noch nicht wissen konnte, dass es ihn überhaupt gibt. Sozusagen als "Forshadowing". Und als ich deinen Text gelesen hatte, wusste ich nicht mehr, was zuerst da war: Die Melodie im Kopf, die Erinnerung an die Zeit als sich dieser Song in mein Hirn einbrannte - oder dein Text, der all diese Erinnerungen erst frei schaufelte.

    Dein Text schleuderte mich ganz spontan (und ziemlich verstörend) zurück in eine seltsam im Gedächtnis haftende Jugendzeit in Mainz-Finthen. Kleines, enges Zuhause, hysterische Mutter, die mich beim Knutschen mit meiner ersten Freundin erwischt.
    ("Melancholie in der Südsee")
    Und jetzt erinnere ich mich auch an den Namen meiner ersten Freundin... Julia Stein.

    Irgendwie dachte ich schon den ganzen Tag an Julia Stein, wie sie jetzt wohl aussieht, was sie jetzt wohl macht, ob sie sich an mich erinnert.

    (Ich war der erste Junge, der ihre Brüste gestreichelt hat.)

    Aber vielleicht denke ich nur jetzt, NACHDEM ich deinen Text gelesen habe, dass ich schon den ganzen Tag an Julia denke.

    Texte, so auch deiner - können phantastische Zeitmaschinen sein.

    ("Melancholie in der Südsee")

    Sorry für die Verwirrung.

    Und einen lieben Gruß aus Hamburg

    Uwe

    AntwortenLöschen
  9. Gudn Beve,

    endlich zurück aus Berlin, dieser tollen Stadt welche mich noch nie anzog und es wohl auch nie wird (außer zu einem Pokalfinale unserer Eintracht). Nicht einmal Zeit, kurz bei Andy Hallo zu sagen, Job eben.

    Zurück in der Werreraa, endlich mal ein wenig Zeit, zu lesen, sich zu besinnen, oder auch nicht. Der Kleine hält unruhig sein Mittagsschläfchen, das Bad muss geptzt werden, die Wohnung gesaugt, einkaufen auf dem Bauernmarkt, Kochen, Männerabend und morgen geht´s ab 9:00 in die finalen Runden in Sachen Weihnachtsdeko.

    So ist die Zeit nur eine Illusion, oder ein für wenige Augenblicke wahr gewordener Wunsch. Die Realität holt einen immer ein - sie ist die wohl einzige Konstante, wenn auch eine zumeist unbekannte.

    Dein Text und die Antworten geben all dies wieder, bestätigen einen immer so herrlich. Man ist nicht alleine in diesem Strudel des Lebens geraten, welcher einen scheinbar wahllos durcheinander wirbelt, aufspült oder herab zieht, gerade wie es Ihm beliebt, gleich in welche Richtung man gegensteuert, oder ob man sich einfach treiben lässt. Schön ist es zwischendurch die Luft zu atmen und die Sonne zu sehen, Freunde und geliebtes ein paar Momente bei sich in diesen Strömungen zu haben. Sie helfen die Momente zu ertragen, wenn man herab gerissen wird, wenn Licht und Luft schwinden, wenn man sich an Hoffnungen klammert und nicht weiss worauf man sie begründet.

    Pias, Eure Kerze war aus, selten erfreulich, daß einmal ein Licht erloschen und kalt war, aber so ist das eben, im Leben. Dir geht es besser, warten wir ab wie es am Sonntag morgen unserer leicht genesenen Eintracht geht und welche Überraschungen uns in den nächsten Minuten, Stunden und Tagen erwarten.

    So ist das manchmal mit mir, erst liest man lange garnichts, dann solch trübe Töne/Worte. Dir an dieser Stelle einfach mal ein Dankeschön, nicht nur für diesen Beitrag, Deine Bilder, diesen Blog, einfach für Deine Art und Deine Worte - Deine ehrlichen Worte.

    Ich wünsche Dir und Pia ein warmes, sonniges Wochenende, auch wenn die Sonne "nur" im Herzen scheinen mag und ich wünsche dies auch allen Lesern Deines Blogs und dem des Kids aus der Klappergass.

    Man sieht sich, wohl leider erst 2008
    Liebe Grüsse
    Arndt

    AntwortenLöschen
  10. es gefällt mir, wenn ich lese, dass euch die texte irgendwo hin schicken, assoziationen auslösen und so die kleinen grauen zellen in bewegung geraten - manchmal dorthin, wo man es gar nicht vermutet hätte.

    "Give me the beat boys to soothe my soul
    I wanna get lost in your rock and roll and drift away" sang ein gealteter lad in jüngeren jahren. lasst euch nicht aus der spur bringen - und danke!

    lou, ich dachte schon, du meintest 2009 :-)

    viele grüße und alles gute

    beve

    AntwortenLöschen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.