Seiten

Mittwoch, 28. November 2007

Das Eintracht Frankfurt Museum


Während sich im November 2007 die Profi-Mannschaft der Frankfurter Eintracht standhaft weigert, ein Pflichtspiel zu gewinnen, wird unweit des Spielfeldes im Frankfurter Waldstadion Geschichte geschrieben. Nach langen Jahren des Sammelns und Archivierens, nach vielen Worten, endlosen Bitten und Kämpfen hat es Matthias Thoma endlich geschafft: Das Museum der Frankfurter Eintracht eröffnet seine Pforten und zeigt in einer Dauerausstellung Exponate von den Anfängen der Eintracht im Jahre 1899 bis Heute, 2007.


Eigentlich hieß die Eintracht anno 1899 noch gar nicht Eintracht, erst im Jahre 1920 taucht der Begriff - Eintracht - offiziell im Namen des Sportvereins auf. Vielleicht begann alles sogar noch viel früher, 1861 nämlich, als Frankfurter Turner die Frankfurter Turngemeinde gründeten oder 1894, als es einen Fußballclub mit dem Namen Germania gab, aus dem heraus sich am 8.März 1899 der Frankfurter Fußball-Club Victoria von 1899 gründete. Erster Vorsitzender des FFV war der Uhrmacher Alfred Pohlenk, der damals in der Eckenheimer Landstraße 57 wohnte und dessen filigranes Werkzeug heute zusammen mit einem alten rot-schwarz-weißen Wimpel und der Gründungsurkunde der Victoria in einer Vitrine im Museum der Eintracht zu bestaunen ist.


Neben der Victoria gründete sich 1899 noch ein weiterer Fußballverein, nämlich der Frankfurter Fußball-Club von 1899, welcher sich kurz darauf mit den Männern der Frankfurter Kickers zu dem Frankfurter Fußball-Club Kickers von 1899 vereinte. Diese wiederum vereinten sich mit der Victoria im Jahre 1911 zu dem Frankfurter Fußballverein (Kickers-Victoria) von 1899, welcher wiederum mit der Turngemeinde von 1861 im Jahre 1920 zu der Turn- und Sportgemeinde Eintracht Frankfurt von 1861 fusionierte - und da haben wir sie also, unsere Eintracht. Ganz schön kompliziert, gell?


Und diese Eintracht, die sich 1927 von den Turnern wieder trennen musste und sich fortan Sportgemeinde Eintracht Frankfurt (F.F.V.) von 1899 nannte, hat nun ein eigenes Museum. Und dieses Museum ist nicht wie manch einer meinen könnte auf umtriebige VereinsBosse zurück zu führen, sondern auf: Fans der Eintracht. Diese nämlich fanden zum Beispiel vor einigen Jahren die Gründungsurkunde und den Wimpel zur Deutschen Meisterschaft auf dem - Müll. Ja, ihr habt richtig gelesen. Und so kam es, dass besagter Wimpel nicht nur einige Wochen über dem Bett des Herrn Kaufmann hing, sondern sich einige Fans Gedanken über ein Archiv machten - und in stillen Nächten sogar von einem eigenem Museum träumten. Mittlerweile hatte sich die Fan- und Förder-Abteilung gegründet und präzisierte den Gedanken des Eintracht-Museums, während sich Matthias Thoma an die Arbeit machte und die Geschichte der Eintracht archivierte. Unterdessen hatten Fans Geld gesammelt - und unter Federführung der FuFa Replikate sowohl der Meisterschale, als auch des DFB-Pokals und des Uefa-Cups herstellen lassen. Die Zeit zog ins Land, eine Museums-Arbeitsgruppe gründete sich, die WM brach über uns herein und brachte uns ein neues Stadion und als die WM Geschichte war, gelang es der Eintracht nach langem hin und her, einen 402 qm² großen Raum anzumieten, der die Heimat des neuen Museums werden sollte. Dies alles liest sich locker fluffig - aber die Entwicklung war holprig und wäre Matze Thoma all die Jahre nicht hartnäckig am Ball geblieben, es gäbe bis heute kein Museum. Und es hätte keine Eröffnung gegeben, die am Abend des kalten 27. Novembers 2007 für geladene Gäste statt fand. Noch kurz vor Erscheinen der Presse war Matze ein Nervenbündel, noch mussten Vitrinen und Pokale geputzt werden, während die freundlichen Fachleute der Firma Holz und Stahl die letzten Schrauben eindrehten. Sogar beim Hemdenbügeln wurden sie gesichtet.


Seit August waren die Jungs am Arbeiten, nachdem sie die Ausschreibung auf Grund des gelungenen Konzeptes gewonnen hatten. Alle Bauteile sind Einzelanfertigungen, jedes Gewinde wurde eigenhändig geschnitten - und so ist schon die Erscheinung des Museums ohne ein einziges Ausstellungsstück bewundernswert.

Am Nachmittag des 27.11 drehte zunächst der HR seine Runden im Museum der Eintracht, interviewte Matthias Thoma und machte bald Platz für die Journalisten der schreibenden Zunft, die - bewaffnet mit Kamera und Notizblock - zunächst den einführenden Worten Matzes lauschten, um danach die Exponate zu fotografieren. Kaum war die Presse außer Haus, trudelten die ersten Gäste ein. Geladen waren vor allem diejenigen, die zum Gelingen des Museums einen Beitrag geleistet haben, sei es finanzieller Natur oder durch Leihgaben aller Art. Die Eintracht hat nicht nur manchmal erstklassige Fußballer in ihren Reihen, sondern auch - und vielleicht vor allem - Menschen, die sich mit Hingabe den kleinen Dingen widmen, die die Eintracht erst zur Eintracht machen. Matze nannte in seiner Rede etwas später beispielhaft Uli Matheja, den Autor des Buches - Schlappekicker und Himmelsstürmer - sowie Doc Hermann und Frank Gotta - uns auch bekannt durch den wunderbaren Bildband -Im Herzen von Europa -, welche sich als leidenschaftliche Sammler erweisen und etliche Exponate ihrer Sammlungen zur Verfügung gestellt haben.

Als es draußen dunkel wurde, füllte sich der Vorraum des Museums mit Legenden der Geschichte der Eintracht. Ich will und kann hier gar nicht alle aufzählen, beispielhaft sei hier Alfred Pfaff genannt, der Kapitän der Meistermannschaft von 1959, der in vertrauter Runde mit Adolf Bechtold und Dieter Lindner plauderte, am Nebentisch Dr. Peter Kunter und unser erster - weißer Brasilianer - Wolgang Solz. Auch Heinz Ulzheimer, erster Medaillengewinner Deutschlands bei Olympischen Spielen nach dem Zweiten Weltkrieg (Bronze im 800 Meter-Lauf 1952 in Helsinki, anschließend nochmal Bronze in der 4*400m Staffel) war anwesend (und stiftete noch am Abend seine Bronzemedaille dem Museum), ebenso wie Alexander Loulakis, dem legendären Besitzer des wohl größten Schellack-Platten Archivs Deutschlands, langjähriges Eintracht Mitglied, der Matze schon bei dessen Recherchen zu seinem Buch - Wir waren die Juddebube - hilfreich zur Seite gestanden hat und der nun im Museum einen Text zur Geschichte der Eintracht während der NS-Zeit gesprochen hat, den die Besucher per Knopfdruck anhören können.


a. loulakis - a pfaff

Einen, oder besser gesagt zwei Texte hat auch Kurt Schmidt gesprochen, diese betreffen die Anfangstage der Frankfurter Kicker auf der Hundswiese, als Muttis mit Kinderwagen noch quer über das Spielfeld gewackelt sind, um sich anschließend bei der Stadt über das rüde Treiben der Fußballer zu beschweren.

Natürlich war auch der Vorstand der Fußball AG ebenso wie das Präsidium des Vereins anwesend - und Peter Fischer, seines Zeichens Präsident der Eintracht, nahm Matze Thoma in den Arm und war sichtlich stolz auf die Arbeit des jetzigen Geschäftführers des Museums. Heiko Beeck erinnerte an die Kosten des Museums und an den Beitrag der Eintracht Frankfurt Fußball AG - die nun auch Einnahmen erwarte, wobei hier gesagt werden muss, dass unser Museum ja keine Geldgenerierungs-Maschine ist, sondern ein Beitrag zur Historie der Eintracht, die im Laufe der Zeit genug Geld für unwichtigere Dinge pulverisiert hat.

Matze bedankte sich u. A. bei dem langjährigen Abteilungsleiter der FuFa, Guido Derckum und sehr herzlich bei den Jungs von Holz und Stahl, überreichte diesen jeweils ein aktuelles Trikot der Eintracht mit ihren Namen und somit waren sowohl das Buffet als auch das Museum eröffnet.


Ich will hier gar nicht zuviel über die ausgestellten Exponate erzählen, schließlich sollt ihr sie euch ja selbst entdecken und den Rundgang mitmachen, der von den Gründungstagen, als auf der Hundswiese gekickt wurde über die Zeit des ersten Weltkrieges führt, weiter zu den Titeln der süddeutschen Meisterschaften, dann über die finstre NS-Zeit hin zu den Wiederbelebungen nach dem Krieg, und über die Deutsche Meisterschaft von 1959 bis hin zum verlorenen Pokal-Endspiel von 2006, als die Eintracht denkbar knapp gegen die Bayern aus München verlor.

Das Museum, ganz in schwarz-rot gehalten erinnert an die WM von 1974, an die Olympischen Spiele von 1936, als es Tilly Fleischer gelang, die bislang einzige Goldmedaille für die Eintracht zu holen und ihr könnt die Goldmedaille von Betty Heidler entdecken, der frischgebackenen Weltmeisterin im Hammerwerfen von Osaka 2007.


Eine Vitrine ist den Fans gewidmet, - so sehen wir z.B. die Kutte von Andy Backer aus den 70gern oder die von Siggi Kasteleiner zehn Jahre später - eine andere dem Endspielball von Glasgow 1960, den sich Richard Kress nach dem Schlusspfiff geschnappt hatte.


Es gibt noch viel mehr zu sehen und zu hören, Ausschnitte aus einem Farbfilm der fünfziger Jahre, Meisterschale, Pokal und Uefa-Cup sowie Hotte Ehrmantrauts Stuhl zum Beispiel, welcher dankenswerter Weise von einem Angestellten der damaligen Stadion GmbH gerettet wurde. Auf über 400 qm² dokumentieren über 300 Details die Geschichte der Eintracht.


Das Museum ist an allen Tagen außer Montags geöffnet. Der Eintritt beträgt fünf Euro, ermäßigt drei Euro fünfzig, fachkundige Führer leiten euch bei Interesse durch die Zeit und erklären euch vielleicht, was ein Kugelfang ist - und das Riederwald vor dem Krieg nicht gleich Riederwald nach dem Krieg ist. - und ihr werdet es nicht bereuen, auch mehrmals im Jahr vorbei zu schauen.

Ich finde es geil - und das, obgleich Matze durchaus Material hat, um einen doppelt so großen Raum zu füllen. Warten wir's ab. Wer das Museum unterstützen will, kann dem Förderverein beitreten und somit sein Scherflein zum Bestehen beitragen.


Öffnungszeiten:

Dienstag bis Sonntag 10.00 - 18.00 Uhr
Mittwoch 10.00 - 20.00 Uhr
Montag geschlossen


An Heimspieltagen hat das Eintracht Frankfurt Museum ab Stadionöffnung nur für Stadionbesucher mit einer gültigen Eintrittskarte für das Heimspiel geöffnet. Die Eintrittskarte für das Eintracht Frankfurt Museum können Sie auch an Spieltagen wie gewohnt an der Museumskasse erwerben. Das Museum schließt 30 Minuten vor Spielbeginn.

Donnerstag, 1. November 2007

Heimspiel in Dortmund 31.10.2007

2. Runde im DFB-Pokal

Mittwoch, 13:00 – Die Sonne beschien die Autobahn A5 aufs herbstlichste, aus den Lautsprechern rockte Phillip Boa Drinking and belonging to the sea und wir fuhren gemächlich Richtung Gambacher Kreuz.
Seit Wochen grüßen uns die braun-orange-grünen Blätter der Bäume entlang der Schnellstraßen, ab und an steigt leichter Nebel aus den Tälern – und aus der Distanz betrachtet wirkt dieses Land wie ein Nachbau aus der Märklin-Modell-Landschaft. Wetterau, Siegerland, Sauerland – wenn du auf der Autobahn dahinsaust und in die Wälder blickst, kommt schon der Wunsch auf, sich in diesen Wäldern zu versenken und sich einem romantisierendem Weltbild hinzugeben, das nicht von den Wirklichkeiten des Alltages dominiert wird, sondern von erhabenen Naturgefühlen aus einer Zeit, in der die Waldgeister noch lebendiger waren als die Spiele der Frankfurter Eintracht, die seit Wochen keine Träume mehr zulassen.

Bei Hagen standen wir in einem Stau, der sich nach wenigen Kilometern auflöste und so rollten wir nach etwas über zwei Stunden an den Westfalenhallen vorbei in Dortmund ein. In einem Wohngebiet zwischen City und Stadion fanden wir schnell einen Parkplatz und marschierten frohen Mutes Richtung Innenstadt, vorbei am Fanshop der Borussia, vorbei an zu vermietenden Ladengeschäften und wunderten uns über die Ampeln, die nicht nur rote und grüne Männchen präsentierten, sondern auch einen bei rot blinkenden Schriftzug: Warte.

In der Innenstadt war Mittelaltermarkt, Händler in mittelalterlicher Kleidung boten nicht nur Hüte aus der Zeit der Waldläufer an, sondern auch Lebensmittel und Schmuck, die sie sich in Talern oder Goldstücken bezahlen ließen, auch getrocknete Wildlilien (orange) und die Rose von Jericho, ein getrocknetes Etwas, dass sich bei Wasserberührung grün färbt und wie eine lebendige Pflanze aussieht, wurde feil geboten. Eine Musikkapelle rockte zu Schalmeienklängen, in einem Gatter tummelte sich eine Wollsau, daneben schnatterten einige Gänse und weiter hinten lag eine schwarz-weiße Sau, an deren Zitzen sechs schwarz-weiße Ferkel um die Wette nuckelten. Direkt daneben gab es die Einzelteile einer anderen Sau zu kaufen. Fische wurden nach alter Art auf Buche geräuchert und an einem weiteren Stand wurde demonstriert, wie aus Flachs gesponnenes Garn produziert wurde. Riffeln, rotten, schäben, hecheln, spinnen. So wurde geflachst. Ein Mann raunte mir (der einen schwarz-roten Schal trägt) zu: Hautse weg, die schwarz-gelben und der Verkäufer der getrockneten Pflanzen verspricht Pia bei einem Sieg der Eintracht einen Fünf-Euro-Gutschein – so ganz scheint selbst Dortmund nicht in schwarz-gelben Händen zu sein.

Irgendwann ruft es Beve, und im Glauben, mich verhört zu haben drehte ich mich um – und erkannte tatsächlich Andy und Dirk, meine ehemaligen Mitstreiter von eintrachtfans.tv, an der Trambahnhaltestelle, die mit einem Prospekt der Dortmunder Fan- und Förderabteilung wedelten. Geboren am Borsigplatz heißt das neue Vereinslied des BVB, für welches geworben wurde und so machten wir uns auf, die Spuren der Geschichte der Dortmunder Borussia zu atmen. Auf zum Borsigplatz.

Die Straßenbahn 404 ruckelte durch die Straßen, der Blick aus dem Fenster gemahnte an Offenbach und ein Fahrgast, der einer Mutter samt Kinderwagen in die Bahn geholfen hatte, gab sich als Aachener zu erkennen und stieg mit uns am Borsigplatz aus. Direkt am Eck entdeckten wir die Kneipe Big Boss und sahen aus den Augenwinkeln durch den offenen Eingang zu Schlagermusik tanzende ältere Menschen – na, wenn das nicht das Herz Dortmunds ist. Wir marschierten hinein, orderten vier Bier, die von der freundlichen Bedienung mit osteuropäischem Akzent sofort gezapft wurden und sahen uns um.

Am Stammtisch saßen einige Leute, Männlein wie Weiblein, allen war das gelebte Leben ins Gesicht geschrieben und alle strahlten ein gleiches aus, nämlich: Das Leben beißt – und wir lassen uns dennoch nicht die Lust verderben, und wenn es nur ein paar Stunden in unserer Kneipe sind, bei Bier und Zigarettenrauch und Schlagern, die von Heimat und Paradies handeln – und manchmal auch davon, dass du schön bist, wenn ich voll bin.

Durch den Raum waren die Fähnchen der WM - Teilnehmer von 2006 gespannt, gehäkelt von den anwesenden Damen während des Sommermärchens, vier weitere kleine Bier und wir kamen mit dem ein oder anderem ins Gespräch und es schien, als hätte der liebe Gott uns einen Platz gezeigt, in dem der Text des alten Peter Alexander-Schlagers Die kleine Kneipe erfunden wurde. Hier fragt dich keiner, was du hast oder bist.

Auf dem Herrenklo hing neben den Urinalen ein weiteres Becken an der Wand, zu hoch, zum pieseln, ohne Wasserhahn und Dirk und ich kamen überein, dass es sich um ein Kotzbecken handeln muss – dieser Gedanke hüpfte einem geradezu ins Hirn und entlockte uns ein breites Grinsen. Nach weiteren vier Bier drängte die Zeit, doch als wir uns grad zum Aufbruch bereit machten, erklärte uns ein freundlicher Dortmunder, dass rund um den Borsigplatz nicht nur Messingplatten mit den Namen verdienter Sportler in die Bürgersteige eingelassen waren, sondern sich nur wenige Meter davon entfernt das Gründungshaus der Borussia befindet. Da wo jetzt die Bude „Pommes Rot-Weiß“ ist.

Wir zahlten sechzehn Euro für sechzehn Schöppchen und dackelten hinaus in die Borussenwelt und fanden einige Messingplatten – unter anderem von der Leichtathletik-Ikone Annegret Richter und von Hans Jürgen Bäumler und Marika Kilius. Marika Kilius? In Dortmund? Hallo, Marika Kilius ist ein Frankfurter Mädchen – da gibt’s mal gar keine Diskussionen. Aber was willst du erwarten in einer Stadt, die sogar eine Möllerbrücke hat.

Die Verkäuferin bei Pommes rot-weiß war nett und bewies Humor. Auf die Frage, wieso es denn hier Essener Pommes gibt, antwortete sie: ich kann sie auch ein bisschen länger drin lassen, dann habter schwarz-gelbe. Wir lachten und lehnten dankend ab.

Neben der Pommes-Bude hing am Haus eine gravierte Metallplatte, durch welche auf die Gründung der Borussia im Gasthaus Wildschütz im Jahre 1909 durch 18 Männer, darunter der Gastwirt Heinrich Trott, hingewiesen wurde.

Dunkel war es derweil geworden, mit der Straßenbahn 404 ging’s zurück in die City und die U-Bahn Linie 42 brachte hunderte Dortmunder und uns Frankfurter Richtung Stadion. Dort kostete das Bier dann drei Euro dreißig, ausgeschenkt vom nächsten Massencaterer und ich fragte mich, wie die Menschen, die am Borsigplatz die Stellung halten, jemals so viel Geld für nen lauwarmen Schoppen aufbringen sollen – gerade in Dortmund, einer Stadt, die lange durch Kohle und Hoesch geprägt wurde, und noch immer im Gegensatz zu München oder Frankfurt als Arbeiterstadt gilt. Ich weigerte mich, eins zu kaufen und werde dies auch fürderhin so handhaben. Egal ob Karte oder bar – ich lass mir doch nicht von den großen Institutionen die paar Märker aus der Tasche ziehen, die so mühsamverdient werden.

Während Dirk und Andy noch zu deren Auto mussten, marschierten Pia und ich zu den Gästeeingängen. Hier ein Hallo, dort ein Guude und bald standen wir im Block 61 und blickten auf die Gelbe Wand. Auf dem Platz wurden große Fahnen geschwenkt, aus den Lautsprechern dröhnte – weshalb auch immer - You’ll never walk alone und wir nahmen zur Kenntnis, dass weder Meier noch Inamoto von Beginn an spielen sollten, dafür Takahara und der wieder genesene Spycher.

Flott ging es los und prompt köpfte Amanatidis nach schöner Vorarbeit durch Spycher in der 10. Minute das 1:0 für unsere Eintracht, die in der Folgezeit noch zwei Chancen hatte. Zudem wurde ein ziemlich eindeutiger Elfmeter für uns verweigert, wie Öri im Stadion deutlich behauptete – und später im TV bestätigt wurde. Pröll musste einmal in höchster Not klären, Kyrgiakos rette auf der Linie und schon in der ersten Hälfte zeichnete sich ab, was später Gewissheit werden sollte. Dede und Tinga rannten, als ging es um ihr Leben, während die Eintracht für meinen Geschmack einen Tuck zu schablonenhaft spielte.

Sekunden nach dem Anpfiff zur zweiten Hälfte fiel der Ausgleich, Pröll hatte einen Ball auf Brzenska abgeklatscht und von diesem hoppelte der Ball ins Netz. Irgendwie fühlte ich mich an das Spiel in Istanbul erinnert – bis auf den gravierenden Unterschied, dass unser Support in der Türkei das Wörtchen anfeuern verdient hatte. Hier feuerte gar nichts – weder auf dem Platz, noch auf den Rängen. Die Dortmunder suchten den Sieg und die Eintracht spielte nicht wirklich so, als stünde der Einzug in die nächste Runde auf dem Spiel und die damit verbundene Hoffnung auf ein erneutes Endspiel in Berlin. Da war kein unbedingter Wille zu erkennen, kein Aufbäumen, keine Leidenschaft, kein auf geht’s, da war nur ein laues Spiel der SGE, das Petric nach etwas über einer Stunde mit einem Distanzschuss entschied, nachdem er sich schon den Ball zehn Meter vorgelegt hatte und kein Frankfurter sich daran störte oder gar eingriff.

Was ebenfalls überhaupt nicht funktionierte, war die Kommunikation zwischen dem Spiel und den Rängen. Lieder singen ist ja gut und schön – von mir aus, wenn wir dreieins führen, auch die Pipi Langstrumpf ist ne prima Sache. Bei einer netten Führung in der zweiten Halbzeit. Aber doch nicht in einem Spiel, dass auf Messers Schneide steht, da will ich Eintracht, Eintracht hören oder Kämpfen und Siegen oder die Hurensöhne, von mir aus Pfiffe gegen den BVB oder einfach nur Eintracht Frankfurt. Ich bin hier nicht beim Arbeitergesangsverein, oder bei der Theatergruppe „Choreographie fürs Auge des Gegners“ – und schon gar nicht will ich mir die Spannung des Spiels nehmen lassen, indem meine Aufmerksamkeit auf das nächste Lied gerichtet wird. Und wenn wieder jemand hinter mir rummault, dass ein paar Leute nicht supporten werde ich grantig.

Wenn ihr Liedchen singen wollt, dann fahrt mit dem Kirchenchor. Unser Support muss gerade bei einem Pokalspiel Einfluss auf dass Spielgeschehen nehmen, muss unsere Jungs pushen und den Gegner verunsichern. Da scheiße ich darauf, dass im Nachhinein irgendjemand was von sah toll aus, wie die Kurve gehüpft ist faselt. Wie kann man bei einem Eckball für uns damit beschäftigt sein, die Arme in der Luft zu koordinieren? Wir sollten den Ball ins Tor blasen, fertig ab.

Weshalb dann Meier für Weissenberger kam und nicht Thurk, dessen beherztes Spiel möglicherweise irgendwann einmal auf seiner Wunschposition hinter den Spitzen für Belebung sorgen wird, bleibt Noch-Trainer Funkels Geheimnis. Es war einfach nur ärgerlich.

Naja, aus der schweigenden gelben Wand wurde gegen Spielende, genauer gesagt: nach deren Führung durchaus eine lautere Wand, der wir wenig entgegen zu setzen hatten, genau wie die Eintracht auf dem Platz – und somit zog der BVB durch dieses 2:1 verdient in die nächste Runde ein – und wir haben leichtfertig ein Spiel und Berlin aus der Hand gegeben, weil Feuer und Leidenschaft fehlten.

Zurück ging es mit der U-Bahn zur Haltestelle Saarlandstraße und zum Auto. Von dort fuhren wir flugs Richtung Autobahn, standen eine dreiviertel Stunde im Stau und sausten dann mit den Klängen der neuen Platte von And also the trees durch die Dunkelheit und stellenweise Nebel nach Frankfurt, vorbei an den Bussen der Griesheimer und Per sempre und landeten müde aber unglücklich im Herzen von Europa.

Schön war der Ausflug – sieht man einmal vom Fußball ab. Und von der Tatsache, dass die violetten Farben des Dortmunder Hauptsponsors im Verhältnis zum dortigen Gelb einfach nur grausam aussehen. Nächste Woche spielt die Eintracht bei den Bayern. Das macht sie dann ohne mich. Da bin ich dann wirklich im Wald. Aber das ist eine andereGeschichte.