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Donnerstag, 31. Dezember 2009

Drei sind keiner zuviel


Pünktlich zum Jahreswechsel erreichte uns ein Brief von Tom. Vorneweg, es ist ein toller Brief, für den ich mich ganz herzlich bedanke. Und weil er so großartig ist, wird er nun (nicht nur) hier zu lesen sein. Vielen vielen Dank lieber Tom und euch allen ein guten Rutsch.

Pünktlich zum Weihnachtsfest pflegt Frau Tom mit viel Liebe und Herzblut einen Rundbrief zu verfassen, mit dem nahe und weniger nah wohnende Verwandte und Freunde über das ins Bild gesetzt oder an das erinnert werden, was sich im vergangenen Jahr bei Toms so alles zugetragen hat. Das Umfeld von Herrn Tom erwartet die Ankunft dieses Briefs durchaus gespannt, Herr Tom selbst und seine Kids die unvermeidlichen Reaktionen hin und wieder auch mit leicht gemischten Gefühlen. Vor dem Unterschreiben des Werkes durch die ansonsten unbeteiligten Mitglieder der Sippe erfolgt daher akribisches Gegenlesen und Ergänzen, der ein oder andere kleine Seitenhieb wird pflichtschuldig hingenommen, da man es selbstverständlich nicht besser verdient hat. Das ein oder andere kleine Malheur wird behoben, wenn etwa der 50. Geburtstag der besten Freundin – natürlich ist hier nicht die des Ehemannes gemeint!! - aus unerfindlichem Grund vergessen worden ist. Einschübe in epischer Breite sind dabei allerdings unerwünscht. So stieß etwa der berechtigte Wunsch des Filius auf angemessene Würdigung des Saisonverlaufs der A-Jugend von Concordia Eschersheim unverständlicherweise nur auf wenig bis gar keine Gegenliebe.

Wie überhaupt die Behandlung der wichtigsten Nebensache der Welt einen durchaus heiklen Punkt darstellt. Bei der Erwähnung des Besten aller Ehemänner hieß es nämlich an einer Stelle nur weitgehend nebulös, er sei in diesem Jahr an den Wochenenden unverständlicherweise immer häufiger Richtung Waldstadion entschwunden und zudem aus unerfindlichen Gründen auch irgendwelchen Internet-Blogs der Frankfurter Eintracht vollständig verfallen. Gut, es hätte Schlimmer kommen können: Etwa in Gestalt der natürlich absurden Behauptung, Herr Tom käme an diversen Donnerstagen nur noch zu mitternächtlicher Stunde stark alkoholisiert und eine Eintracht-Fahne schwenkend aus Richtung Konstablerwache nach Hause gewankt. Doch auch ohne dieses worst-case-Szenario könnte fälschlicherweise der Eindruck entstehen, es bestehe ernsthaft Grund zur Sorge: Fußball, immer nur Fußball, allenfalls noch unterbrochen von virtuellen Stammtischparolen auf niederem Niveau und einem lauten: „Hopp, hopp, hopp. Schoppe in de Kopp!!!“.

War das so? Ja, da war wirklich was. Wie meistens im Leben ist aber auch hier die Wahrheit komplexer und genaueres Hinschauen lohnenswert. Ausführliche Erläuterungen und Richtigstellungen im Weihnachtsbrief bei der Chefredaktion sind in derart brisanten Fällen allerdings schwierig. Dazu kann Herr Tom nun mal nicht kurz. Schon gar nicht, wenn es um Eintracht Frankfurt geht. Zumindest da ist er nicht ganz allein. Aber jedenfalls: so einfach stehen bleiben kann das nicht. Hier gibt es Erläuterungsbedarf und einiges zu berichten. Und das nicht zu kurz. Wem das Herz voll ist, dem geht eben der Mund über. Und wenn es dabei zu Huldigungen der beteiligten Personen kommt, so sind diese zum Jahreswechsel nicht nur beabsichtigt, sondern teuer verdient und berechtigt. Leben, um davon zu erzählen, heißt ein Buch von Gabriel Marcia Marquez. Es gibt viel zu erzählen. Ich beginne. Aber wo? Vielleicht einfach mit einer Vorstellung der eigentlich Verantwortlichen. Es sind im Grunde drei.

Da ist erst mal Stefan. Stefan ist der Spiritus Rector von Blog_G, dem Blog der Frankfurter Rundschau zu Eintracht Frankfurt. Im Gegensatz zum Forum, dem offiziellen Eintracht-Blog auf der Webside des Vereins, gibt es hier nicht eine Fülle von Themen zum Verein des Herzens, die Tag für Tag in epischer Breite abgehandelt werden. Nein: hier kocht der Chef selbst. Stefan leitet jeden Morgen – und zwar meist am sehr frühen Morgen – mit einem fachkundigen Beitrag ein, dessen Thema zu seinem Leidwesen zwar nicht immer, aber doch sehr oft, begierig aufgegriffen und den Tag über in – ich übertreibe nicht – oft hunderten von Beiträgen diskutiert wird. Untermalt wird das Ganze regelmäßig durch brilliante Fotografien, die auch ohne Worte immer wieder Geschichten erzählen. Denn Stefan hat eine Akkreditierung für den Innenraum des Frankfurter Fußballtempels und entzückt die Gemeinde regelmäßig zu den Spielen mit Aufnahmen vom Spielfeldrand.

Die vielen Schreiber, die regelmäßig ihr oft jahrzehntelang mühsam erworbenes und am Samstag regelmäßig aufgefrischtes Wissen zum Besten geben, an dieser Stelle vorzustellen, würde den Rahmen dieser Ausarbeitung sprengen, vielleicht auch in ein kleines „Who is Who“ der Frankfurter Anwaltschaft einmünden, worauf wir aus Gründen der Diskretion gerne verzichten. Das Mysterium der ehemaligen Diva vom Main, die seit etlichen Jahren im grauen Mittelfeld der Bundesliga einzementiert ist, hat allerdings noch keiner dieser selbst ernannten Experten ergründe(l)t, was sich nicht selten in grotesken Fehleinschätzungen über Verlauf und Ergebnis des nächsten Spiels niederschlägt. Und Herr Tom ist da natürlich ganz vorne mit dabei.

Zwei weitere Namen dürfen an dieser Stelle allerdings nicht fehlen: Beve und Kid. Diese beiden sind wie viele andere auch regelmäßig durch ihre Beiträge in Blog-G präsent. Aber nicht nur das: Sie haben auch ihre eigenen Blogs. Es ist ähnlich wie bei einer erfolgreichen Fernsehserie, von der es ja oft auch sogenannte spinn-offs gibt. Ein neue Serie, die wegen des großen Erfolges aus der alten heraus kreiert wird. Hier Nebendarsteller, dort schillernde Hauptfigur. Ob Beve und Kid ihre Blogs schon vor Blog-G entwickelten, weiß ich allerdings gar nicht. Es ist auch nicht so wichtig. Wichtig ist vielmehr, dass sich hier drei ganz eigenständige Kunstwerke gegenüberstehen, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten. Drei sind hier keinesfalls einer zuviel.

Bei Stefan, Typ knurriger Mahner und Warner mit dem goldenen Herzen, hat die virtuelle Kneipe den ganzen Tag geöffnet. Bei der Arbeit wird kurz reingeschaut (wenn auch nicht von Herrn Tom, der vorwiegend nacht- und wochenendaktiv ist, damit im Reich von Blog-G die Sonne nicht untergeht), jeder kann und darf so reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, einfach mal so zu allem Möglichen und Unmöglichen seine Meinung beisteuern kann, am besten kurz und knapp („Tach“), aber pointiert und voller Witz, wobei zumindest tagsüber fast nie ein gewisses intellektuelles Niveau unterschritten wird. Fast nebenbei fungiert der Blog, insbesondere durch diverse Links, als Nachrichtenbörse par excellence. Wer hier mitliest, dem entlockt der Sportteil am nächsten Tag oft nur noch ein müdes Lächeln.

Beve, seines Zeichens Schriftsteller, Taxifahrer, Museumsmitarbeiter, -moderator, und Stadionsprecher der Eintracht-Amateure ist auch und vor allem der Erzähler, herausragend seine ehrlichen, auch mal rauhen Berichte von den Auswärtsfahrten zu den Stadien der Republik, Texte eines Fans für die Fans, nie banal, nie mittelmäßig, immer wortgewaltig, emotional, auch mal zornig, traurig, enttäuscht, ein Traditionalist des Fußballs, der immer ein gutes, angemessenes Wort parat hat.

Ein Analytiker und „Faktenhuber“ vor dem Herrn ist Blogger Nr. 3: Kid aus der Klappergass. Messerscharf und brilliant kommt er daher, ein Virtuose des Wortspiels und der Feder. Ein Meister der Exegese des Frankfurter Blätterwalds zu Eintracht Frankfurt, vor dem kein Widerspruch verborgen bleibt, den vor allem die Zeitung mit den vier großen Buchstaben im Übermaß produziert. Mit einer schier unerschöpflichen Arbeitskraft ausgestattet, bedeutet eine Ankündigung von ihm, er trete nun mal kürzer, meist lediglich, dass jetzt gleich drei Beiträge auf einmal eingestellt werden. So ganz klar wird es zwar nie gesagt, aber: Mit ihm sitzt ein vielbeschäftigter Manager vor dem PC und da wird dann auch schon mal kritisch die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis denn Aufwand und Ertrag zueinander stehen, wenn die Zahl der Kommentare sich in überschaubaren Größen hält. An Herzblut und Emotionalität steht er Beve in nichts nach und persönlich öffnet er sich vielleicht von allen drei am meisten.

Zwischen diesen drei Blogs gibt es vielfältige Vernetzungen, gemeinsame Projekte, Anliegen, gleiche Leser wie Herrn Tom. Man kennt sich, man verlinkt sich, man arbeitet zusammen. So begleiten Stefan und Beve in dieser Saison gemeinsam den Frankfurter Jungprofi Marcel Titsch-Rivero im Nachwuchs-Projekt „18mal18“. Kid engagiert sich in verdienstvoller Weise gemeinsam mit vielen anderen in einem Hilfsprojekt für die kleine Lea. Wo Kid ist, sind Stefan und Axel nicht weit, und umgekehrt. Gute Freunde kann eben niemand trennen.
Um es zusammenzufassen: Ja, ich bin begeistert, wenn schon nicht immer über das Spiel unserer Kicker, so doch über Engagement und Schreibe der drei wackeren Musketiere.

Und dies um so mehr, weil es nicht beim virtuellen Austausch von anonymen Individuen bleibt, sondern durch das Netzwerk der großen Drei ganz real Menschen zusammengeführt und Kontakte geknüpft worden sind und werden, Bekanntschaften, Freundschaften entstanden sind. Für viele sind diese Treffen wichtig geworden. Man kennt sich, man versteht sich, teilt dieselbe Leidenschaft. Und natürlich – zur Freude der stets anwesenden Anwälte - streitet man sich ab und an auch. Wäre ja auch noch schöner ...

Donnerstags an der Konstabler beim Schoppen kommt man – wenn es denn die Zeit erlaubt - zusammen und babbelt über Gott und die Welt. Bei Heimspielen trifft man sich am Parkplatz Gleisdreieck, vom – und wo gibt es das schon noch – „Banker bis zum Hartz IV-Empfänger“ und spricht eine gemeinsame Sprache. Im Eintracht Frankfurt Museum, einem ganz besonderen Kleinod, trifft man sich, tauscht Erinnerungen aus und erlebt Veranstaltungen, von denen noch lange danach geschwärmt wird. Und schön im wahrsten Sinne, dass sich bei all diesen Treffen nicht nur eine reine Männergesellschaft zusammenfindet, ganz im Gegenteil. Ohne Geist und Charme der versammelten Frauenpower wäre das alles nur die Hälfte wert. Wenn überhaupt.

Ja, darüber lässt sich schreiben, ja darüber lassen sich Geschichten erzählen. Von diesem Bazillus kann man sich anstecken lassen, und kriegt dabei doch nur einen Bruchteil von dem mit, was so alles abgeht. Nein, das sind auch nicht immer schöne Geschichten, denn die Frankfurter Eintracht hat auch ein schwieriges Jahr hinter sich, das auch manche Wunde geschlagen hat. Ja, auch Frust, Müdigkeit, sogar Hass waberte teilweise durch die Reihen der Arena, nichts Menschliches und manchmal auch Unmenschliches ist dem Fußball fremd und der ein oder andere fragte sich schon einmal, was denn das eigentlich alles solle. Und ja: immer geht es auch um Zeit, wertvolle Zeit, die nur einmal verschenkt werden kann. Und um viele andere Dinge, die anstehen und warten, getan zu werden.

Die ewige Frage, gerade bei der Eintracht immer wieder mit Inbrunst gestellt: Ist das Glas jetzt halb leer oder halb voll? Für „Seiteneinsteiger“ Tom keine Frage, denn jedem Anfang wohnt ein Zauber inne: ja, es hat sich gelohnt. Schon weil es eben nicht nur Fußball war. Ja, es hat Spaß gemacht, darüber zu schreiben: Über freundliche Menschen, die einfach da waren, mit denen man klönen konnte, Menschen mit Humor, die Fußball mögen und noch einiges mehr in der Birne haben: Danke Euch allen. Danke Euch für die Karten (ihr hättet auch andere mitnehmen können). Danke für die tollen Veranstaltungen im Museum, etwa mit Thomas Rohrbach und vor allem: Bernd Hölzenbein (das war einfach „großartig“). Danke für den Vortrag im Jüdischen Museum zum Museumsuferfest. Schade um die vielen tollen Sachen, die ich noch verpasst habe und Danke für die Bilder, die ich mir davon ansehen durfte. Danke für 18mal18. Danke fürs gemeinsame Jubeln, für viele gute Gedanken, Berichte, Erzählungen, Analysen und für allen Nonsense, fürs (zwischenzeitliche) gemeinsame Leiden, für viele Bembel Stöffche, gute Suppen und überhaupt: War schön mit Euch.

Und ganz großes Danke vor allem eben auch an die „Drei von der Tankstelle“ Stefan, Axel und Kid. Ja, Ihr habt hat ein wenig Zeit gekostet, vor allem auch Zeit, um davon zu erzählen. Aber es hat sich gelohnt.Leben, um davon zu erzählen. Nicht das Schlechteste, findet Herr Tom. Und wird diese Zeilen dezent streuen. Vielleicht auch an den ein oder anderen Leser unseres Weihnachtsbriefs. Von denen Herr Tom auch mal gerne den einen oder anderen mitbringt, wenn sie es denn mögen und wenn es die Zeit erlaubt. Im nächsten Jahr.

Auf ein Neues in 2010.

9 Kommentare:

  1. Besser analysiert & gewürdigt geht nicht mehr. Danke dafür & danke den unermüdlichen Recken & Helden, Mahnern & Warnern, Hinschauern & Geschichtenerzählern. Vielen Dank! Auf ein Neues in 2010.

    Viele Grüße & weiterhin sichere Straßen,
    Fritsch.

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  2. tom, das hast du sehr schön geschrieben!

    ich bin sehr froh dich zu kennen. die persönlichen gespräche mit dir auch über kleinere problemchen nicht nur rund um die eintracht weiß ich sehr zu schätzen. die gehen weit übers gebabbel hinaus und das ist prima.

    danke!

    allen einen guten rutsch ins neue jahr! bleibt gesund und munter.

    grüße
    pia :-)

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  3. Ähm - früher gab's bei den "Drei von'ne Konsti" auch ein wenig mehr Vielfalt. :)

    Aber auch hier die besten Wünsche für 2010 & guten Rutsch!

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  4. Tom wurde bereits gedankt, hier nochmal mein Dank an Beve und Pia. Ohne Euch wäre sehr viel nicht möglich gewesen.

    Und Hamburg ist gar nicht so mies wie das Wetter.

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  5. Mir ist gerade in den letzten Tagen einiges klar geworden. Unter anderem auch wie privilegiert ich bin. Und damit meine ich nicht nur Informationen, Unterlagen oder Unterstützung, die ich von Frank, Petermann, Matze und dem Eintracht Museum, Pia, Beve, gereizt und Stefan bekomme. Es reicht ja schon, euch alle zu kennen, um sich bevorzugt zu fühlen.

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  6. Liebe Pia, lieber Axel,

    über Euren Silvestergruß per SMS habe ich mich riesig gefreut.

    Und vielen Dank allen auch nochmals für die netten Kommentare.

    Na, dann lasst uns 2010 mal beginnen. :-)

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