Folgenden Text habe ich zuerst im Forum der Eintracht veröffentlicht, weil er da auch hingehört - aber wer weiß, vielleicht verirrt sich ja jemand hierhin - und dann kann er/sie ihn auch hier lesen.
Es gab mal Zeiten, als Eintracht Frankfurt sich in der zweiten Liga wiederfand; wir kickten gegen Zwickau, Meppen und Fortuna Köln. Wir stiegen auf und ab und mit den Jahren kristallisierte sich ein "Wir-Gefühl" heraus. Die Ultras sorgten für Choreos, wir rockten die Republik und insgesamt waren wir gar nicht so viele, nicht im Stadion, nicht im Forum, nicht am Gleisdreieck.
Es gab mal Zeiten, da hing die Lizenz der Eintracht am seidenen Faden, Überlegungen zur Neuaufbau in unteren Ligen wurden aufgestellt, Hunderte hingen am Live-Ticker der Gerichtsverhandlungen - und am End waren wir froh, dass wir noch am Leben sind. Montero, Bürger, Keller oder auch Tsoumou-Mazda kickten für uns und als wir wieder in der ersten Liga waren, da feierten wir trotz einer 1:4 Klatsche gegen Leverkusen; ließen uns die gute Laune auch nicht durch ein 0:2 bei der Hertha verderben, Arie van Lent traf damals ins eigene Netz; jener Arie der in dem Jahr zuvor lange Zeit nicht getroffen, und dem die gesamte Kurve den Ball gegen Oberhausen ins Netz supportet hatte.
Wir liebten Cha und Lexa, vergaben ihnen etliche Flops; wir feierten in der Bembelbar und hatten einen ganz eigenen Geist oder Spirit, der nicht brutal erfolgsabhängig war. Forumsleute organisierten einen Bus nach Freiburg, daraus erwuchs später der Fanclub Per Sempre; wir hatten Forumskicks, Tischkickerturniere, tranken Schöppchen und babbelten bspw. über Reimann durchaus kontrovers, denoch gibt es bspw. einen Bericht von schusch über das letzte Spiel im Jahr 03/04 in Hamburg als wir verloren haben und danach sogar abgestiegen sind - schusch beschreibt uns dennoch diesen Tag kurz und knackig als einen der Größten im Eintracht-Leben; lest das mal nach. ich selbst war damals in Frankfurt geblieben und guggte im Schlippche mit Kumpels, das Backstage war voll.
Es gab mal Zeiten, da hast du dich mit Leuten getroffen, über die Eintracht gebabbelt und Spaß gehabt; wir waren zurecht stolz auf den Auswärtssupport, auf die Verbundenheit und auf unser Selbstbewusstsein; wir waren Vorbild für etliche Fanszenen; wir hatten Fanclubs, eine FuFA, eine Fernsehsendung und vieles mehr - und wir hielten die Fahne hoch, stets die Aktivitäten der Vereins/AG-Führung kritisch begleitend - aber seltend polarisierend und identitätsstiftend..
Wir hatten Power. Obgleich wir zwischen den Ligen gependelt sind.
Heute stehen wir finanziell gesund und ohne akute Abstiegssorgen da, die Hütte ist auch gegen Cottbus oder Bielefeld fast voll - und dennoch ist kaum noch etwas übrig geblieben von dem, was uns einst verbunden hat - und seinen Höhepunkt vielleicht beim Pokalfinale 2006 erreichte. Oder in Istanbul, - wir in dem Käfig, Pfiffe - und dann führen wir 2:0 - Wahnsinn.
Wo ist er hin, der Geist?
Wenn ich heute mich umhöre, dann scheint es so, dass egal auf welcher Ebene, die Auseinandersetzung mit dem jeweils nächsten den Tagesablauf bestimmt; ohne Feindbild gehe ich nicht mehr aus dem Haus; egal ob User, Funkel, Verein, Toski, Caio, FuFa, FSG, Vorstand, Rundschau - was weiß ich - man könnte meinen, ein Großteil der Leute wartet nur darauf, dass irgend etwas passiert, um die tägliche Dosis Uffgereschtheit ja zu erreichen - und dann fliegen wieder die Fetzen. Leute teilen ungefragt mit, dass die Dauerkarte nicht verlängert wird - (wir haben eine Perspektivmannschaft, keine Schulden und haben ne ganze Menge Teams tabellarisch hinter uns), andere scheinen zu hoffen, dass wiederum andere Fehler machen um ja im Meinungsstreit Recht zu behalten (Caio/Toski - AG/EV).
Es gab mal Zeiten, da freuten wir uns über Tore der Eintracht, weil die das Wichtigste für uns waren. Vielleicht weil wir uns selbst nicht so wichtig genommen haben.
Es gab mal Zeiten, da war unser Ansinnen Spaß - und wenn wir uns im Forum gezofft haben, taten wir dies nicht über Monate mit dem gleichen Thema, ja mit den gleichen Worten - unser Gegner war Mainz oder Lautern oder Schalke, nicht unser Trainer, unser Sitznachbar, unsere Spieler. Außer Meier vielleicht - Gruß an ZoLo
Es gab mal Zeiten, da war auffem Platz wichtiger, als das ganze Geschwafel um vermeintliche Details innerhalb der Führung - obgleich die gleichen Leute im Vorstand/Präsidium waren, wie heute.
Es gab mal Zeiten, da war die Eintracht für uns ein Hobby - und nicht medialer Lebensinhalt zum Zwecke der Selbstinszenierung.
Aber da gab es auch noch keine WM 2006.
Unsere Themen könnten Fan-Themen sein, Preisgestaltung, Eventisierung, 50+1, Polizeitaktik/behandlung, dort können wir unsere Kräfte mit vollem Einsatz in die Waagschale werfen, das ist, was uns das Leben schwer macht, zumindest meiner Ansicht nach. Und zwar möglichst geschlossen. Dort sind unsere Erfahrungen, dort wissen wir genau Bescheid, dort haben wir etwas zu sagen. Natürlich müssen wir auch die Entwicklung der SGE begleiten, aber Hand aufs Herz, ist denn die Situation im Moment derart dramatisch, dass wir uns zu großen Reden aufschwingen müssen?
Der ganze Rest ist doch Pillepalle, Funkel, Caio, Bruchhagen, Vorstand, AR - mein Gott, bringen die uns wirklich ins Grab? Müssen wir so tun, als wüssten wir mehr als der liebe Gott - und hier permanent jeden Stein drei Mal umdrehen, um eine Bestätigung für unsere Meinung zu finden, um sich unserer eigenen Identität zu vergewissern? Kann man nicht das ein oder andere einfach mal gut sein lassen, vielleicht gar e bissi Witzischkeit an den Tag legen. Mal Frank ne Eintrittskarte schicken, mal ins Museum gehen, sich auf Kweuke oder Petkovic freuen, mal lächelnd die Rundschau beiseite legen, sich aufs Berlinspiel freuen - und egal wer kickt oder Trainer oder Vorstand ist unsere Jungs zum Sieg brüllen? Ob Meier oder Caio, Köhler oder Toski, scheißdehunddruff, es sind unsere Vertreter, sie geben das Beste und sind sicher keine Drecksäcke und wir rocken vielleicht wieder mal gutgelaunt die Hauptstadt, wie wir es beinahe schon verlernt haben - ohne gleich im Uefa-Cup zu landen oder so. Einfach weil es unser Leben ist, unsere Zeit und unser Tag.
Auswärtssieg!
Beve
Danke Beve, für den notwendigen Hinweis, die Richtung und die richtige Bewertung der Dinge.
AntwortenLöschenKonzentration auf das Wesentliche: Es ist nicht nur unser Leben, unsere Zeit und unser Tag. Es ist auch unsere Mannschaft, unsere Musik und unser Tanz. Also lasst uns rocken! Die Hauptstadt braucht & verträgt anständige Rocker, denn wie sagte ein von mir sehr geschätzter Schreiber einst: "Heute gibbet auffe Öhrchen, die SGE ist da."
Mediale Selbstinszenierung wird überbewertet & Du kennst meine Meinung: Weniger ist fast immer mehr.
Viele Grüße & selbstverständlich Auswärtssieg!
Fritsch.
"heute gibbet auffe öhrchen"
AntwortenLöschenso wird das sein. und wenn nicht, dann gibt's auch ein morgen :-)
Der Geist ist immer noch da, Beve. Ich finde ihn beispielsweise in deinem Blog, in Franks Archiv und in unserem Museum.
AntwortenLöschenUnsere Jungs zum Sieg brüllen, egal, ob Caio spielt und Funkel Trainer ist? Nach den Spielen gegen Rostock und den KSC glaube ich daran nicht mehr.
Es gibt Menschen, die sich zufällig ebenfalls für Eintracht Frankfurt interessieren - jeder auf seine Art und seine Weise. Einen gemeinsamen Geist gibt es nicht, vielleicht gab es ihn nie, vielleicht war er nur eine Illusion.
Am Ende hat es Goethe mal wieder auf den Punkt gebracht, so dass ich an dieser Stelle nicht nach Worten suchen muss, ich muss die Worte des Erdgeistes an Faust nur verallgemeinern: Wir alle gleichen dem Geist, den wir begreifen. Es sind unterschiedliche Geister.
Auswärtssieg!
Kid
Jawoll man, so sieht's aus!
AntwortenLöschenLetzten Endes geht's um Fußball und das, was wir damit verbinden. Das, was wir dabei erleben. Alles andere ist schnullibulli. Vor allem das Forum, in dem ich gerade deinen Beitrag kommentieren wollte.. Himmelherrgott, dann doch lieber gleich hier.
Ich erinnere mich noch an alte Zeiten wo wir auch damals sagten: Früher war alles besser.
AntwortenLöschenHier schließt sich zwar nicht der Kreis, aber die Kontinuität solcher Aussagen.
Beve, schon bald werden wieder die Away-Fresspakete gepackt, der Schal umgebunden und diese widerlich, schönen Boni's getrunken. Und dann rollt er endlich wieder: Der Ball, ganz wie früher.
PS: Was haben wir eigentlich damals immer mit unseren Gedanken angestellt, als es dieses Internet noch nicht gab....?
*grübel*....ich brauch en Bier^^
kid, ich bin ja schon froh, wenn ich meinen geist finde. kämpfen und siegen jungs, und trotz allem den spaß nicht verderben lassen. harter job, ich weiß.
AntwortenLöschenmatze, damals ohne internet? wir haben gewartet, bis es endlich funktioniert :-)
tube, wir sehen uns!
machts gut
beve
Lieber Beve,
AntwortenLöschenDir gebührt wirklich eine Rubrik im Stadionmagazin für Deine flammenden Aufrufe, ehrlich! Du triffst den Nagel einfach auf den Kopf und erinnerst mich immer wieder in so wunderschöner Art und Weise daran, warum ich eigentlich überhaupt die Eintracht so liebe.
Beste Grüße!
Thorsten
Fast gespenstisch, wenn man den Text nach den Reaktionen auf die Niederlage in Berlin nochmal liest.
AntwortenLöschendanke thorsten :-)
AntwortenLöschenach stefan, ist doch klar, dass man das rasen der erde nicht aufhalten kann - aber wenn nur ein paar leutchen mit nem besserem gefühl nach berlin gefahren sind, dann ist es doch ok.
wat willste machen? köln weghauen und dann mal gugge :-)